In dieser Arbeit werde ich die Funktion der Natur in den Gedichten Wordsworths darstellen und dabei einen Schwerpunkt auf philosophische Interpretationsansätze legen. Darüber hinaus werde ich nachweisen, daß Wordsworth kein pantheistischer Dichter war, wie dies in der Forschung des öfteren behauptet wird und in einigen Passagen von Wordsworths Gedichten scheinbar der Fall ist. Denn trotz des hohen Stellenwerts, den Wordsworth der Natur einräumt, ist sie nicht sein eigentliches Ziel – sie ist nur der Weg zu einem transzendenten Gott, der der Natur Leben einhaucht und sie im wörtlichen Sinne „inspiriert“.
Die Natur ist das Herzstück der Gedichte von William Wordsworth. Während sich Wordsworth zu Beginn seines Werkes zunächst auf soziale Themen konzentrierte und dabei ein besonderes Augenmerk auf diejenigen richtete, die von den Kriegen Englands gegen die amerikanischen Kolonien und später gegen das napoleonische Frankreich am schwersten getroffen waren, vollzog sich im Jahr 1798 ein Wandel in Wordsworths Weltbild.
Dieser Umbruch wird allgemein auf die Begegnung mit Samuel Taylor Coleridge zurückgeführt, der auf das weitere Wirken Wordsworths einen großen Einfluß ausübte, während Wordsworths Schwester Dorothy eine wichtige Rolle im emotionalen Leben des Dichters spielte. Wordsworth kam 1789 zu der Überzeugung, daß die Schönheit der Natur nicht etwa durch die Imagination des Betrachters hervorgerufen werden könne, sondern das sie eine Realität sei und die Natur ein Eigenleben besitzt, in das der Mensch als ebenfalls lebendiges Wesen eindringen kann. So vollzog sich auch ein Umschwung im politischen Denken Wordsworths, eine Entwicklung weg vom Glauben an den Willen der Allgemeinheit, wie er in der französischen Revolution postuliert wurde, hin zum Glauben an den Willen Gottes, der sich durch die Natur dem Menschen offenbart. Dementsprechend ist die lebendige Natur von Liebe, Freude und Freiheit durchdrungen, „love“, „joy“ und „freedom“ sind Schlüsselwörter in Wordsworths Gedichten.
Durch die Betonung der Schönheit in der Natur und deren spirituellen Charakters gilt Wordsworth neben Coleridge als einer der ersten englischen Romantiker. Al-lerdings war er nie ein reiner „Naturdichter“: Die oberflächlichen Aspekte natürli-cher Erscheinungsformen standen kaum im Mittelpunkt seines Interesses – „Land-schaft“ wird bei Wordsworth immer zur „mentalen Landschaft“, die die inneren Eindrücke und Emotionen des Betrachters reflektiert.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung: Wordsworth und das Zeitalter der Romantik
2. Der Einfluß der Natur auf den Menschen
2.1. Die Ebene der Regeneration
2.2. Die Ebene des Unbewußten
2.3. Die Ebene der Reflexion
2.4. Die Ebene des Transzendentalen
3. Abschließende Betrachtung: die Philosophie Wordsworths
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- Markus Becker (Autor), 1998, Die Naturvorstellung in den Gedichten von William Wordsworth, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/317917
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