Lange Zeit waren weibliche Häftlinge und deren Schicksale und Erfahrungen nur Randerscheinungen in der einschlägigen Forschung. Nach 1945 beschäftigte sich die Geschichtsforschung nahezu gar nicht mit den Frauen im Nationalsozialismus. Allein die Trümmerfrauen wurden als Symbol für eine kämpfende Nation stilisiert, die mit aller Kraft und allem Mut das eigene Land wieder aufbauen möchte. Erst in den letzten rund 20 Jahren veränderte sich dies durch die feministische Geschichtsforschung, sodass auch den Frauen in den nationalsozialistischen Forschungen eine ebenbürtige Rolle zugewiesen worden ist. Der Prozess dieser Forschungen ist inzwischen fortgeschritten, jedoch kann keineswegs davon die Rede sein, dass dieser Prozess abgeschlossen ist. Noch immer gibt es einige sensible Fragestellungen, die nur schwer in einem historischen Diskurs zu verankern sind und deren Beantwortung auch stark von dem jeweiligen Mut der überlebenden Frauen abhängig ist, da sie als Zeitzeuginnen die entscheidende Rolle in den Nachforschungen spielen. Bevor man beginnen kann, das Alltagsleben von weiblichen Häftlingen innerhalb des deutschen Lagersystems zu untersuchen, ist es unumgänglich, zunächst die Genderkonzeption der Epoche zu betrachten. Im Endeffekt wurde im Nationalsozialismus die Geschlechterideologie der bürgerlichen Verhaltens- und Rollenvorstellungen fortgesetzt, wobei man feststellen muss, dass diese Vorstellungen den Höhepunkt ihrer Zuspitzung in jener Zeit erreichten. Die bürgerliche Moral und die Ideale, die sich in der Zeit des Bürgertums entwickelten, führten bereits vor dem Nationalsozialismus zu einer Rollenverteilung, die eine geschlechtsbezogene Arbeitsteilung vorsah, zudem die Sexualität normierte und die Begriffe Männlichkeit und Weiblichkeit entscheidend definierte. Männlichkeit wurde als die Basis der Nation und Gesellschaft betrachtet, und mit all seinen Führungseigenschaften war es der Mann, der sich stets in den Dienst der Nation und Gesellschaft zu stellen hatte. Konträr dazu stellte die Frau die ideale Hüterin der Moral dar. In der nachfolgenden Zeit des Nationalsozialismus waren es vor allem der Bund Deutscher Mädel (BDM) sowie die Schule, die die Hauptverantwortung der Mädchenerziehung trugen. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
-
- A.
- B.
- I. Entwicklung zum KZ-System
- Frauen-Konzentrationslager
- Ravensbrück
- Auschwitz-Birkenau
- C. Ankunft im Konzentrationslager
- D. Ausgewählte Alltagsprobleme von Häftlingsfrauen
- „Vernichtung durch Arbeit“
- Hygiene/Menstruation
- Sterilisationspolitik
- Mutterschaft und Schwangerschaft
- E. Sexualität und sexualisierte Gewalt
- Sexuelle Beziehungen unter Häftlingen
- „Liebschaften“ zu SS-Männern
- Gleichgeschlechtliche Beziehungen von Frauen
- Quellenlage und Probleme von sexualisierter Gewalt
- Entstehung und Funktion von Häftlingsbordellen
- Rekrutierung von Frauen für das Bordell
- F. Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit den Lebensbedingungen von Frauen in nationalsozialistischen Konzentrationslagern und analysiert die spezifischen Herausforderungen, denen sie im Lageralltag ausgesetzt waren. Im Mittelpunkt steht die Selbstwahrnehmung der betroffenen Frauen und ihr Umgang mit der vorgefundenen Situation.
- Die Entwicklung des KZ-Systems und die Rolle von Frauen-Konzentrationslagern
- Die spezifischen Alltagsprobleme von Häftlingsfrauen, wie „Vernichtung durch Arbeit“, Hygiene und Menstruation, Sterilisationspolitik sowie Mutterschaft und Schwangerschaft
- Die Bedeutung von Sexualität und sexualisierter Gewalt im Lageralltag, einschließlich sexueller Beziehungen unter Häftlingen, Beziehungen zu SS-Männern, gleichgeschlechtliche Beziehungen und die Entstehung von Häftlingsbordellen
- Die Analyse von Erinnerungen und Autobiografien ehemaliger Häftlinge, um die Selbstwahrnehmung und die Überlebensstrategien von Frauen im Konzentrationslager zu beleuchten
- Die Rekonstruktion der Ängste und Wahrnehmungen von Frauen im Konzentrationslager anhand von Interviews und anderen Quellenmaterialien
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung beleuchtet die historische Entwicklung der Forschung zum Thema Frauen im Nationalsozialismus und stellt die Bedeutung der Genderkonzeption in dieser Epoche heraus. Sie führt in das Thema ein und erläutert die Zielsetzung der Arbeit.
- Kapitel A und B: Diese Kapitel befassen sich mit der Entwicklung des KZ-Systems und den spezifischen Bedingungen in Frauen-Konzentrationslagern wie Ravensbrück und Auschwitz-Birkenau.
- Kapitel C: Dieses Kapitel schildert die Ankunft von Frauen im Konzentrationslager und die damit verbundenen Erfahrungen.
- Kapitel D: Dieses Kapitel untersucht ausgewählte Alltagsprobleme von Häftlingsfrauen, wie „Vernichtung durch Arbeit“, Hygiene und Menstruation, Sterilisationspolitik sowie Mutterschaft und Schwangerschaft.
- Kapitel E: Dieses Kapitel widmet sich dem Thema Sexualität und sexualisierter Gewalt im Lageralltag, einschließlich sexueller Beziehungen unter Häftlingen, Beziehungen zu SS-Männern, gleichgeschlechtliche Beziehungen und die Entstehung von Häftlingsbordellen.
Schlüsselwörter
Konzentrationslager, Frauen im Nationalsozialismus, Genderkonzeption, Alltagsprobleme, Hygiene, Sterilisation, Mutterschaft, Sexualität, sexualisierte Gewalt, Häftlingsbordellen, Erinnerungen, Selbstwahrnehmung, Überlebensstrategien.
- Citar trabajo
- Laura Krüger (Autor), 2013, Alltagsleben von Häftlingsfrauen in Konzentrationslagern, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/317762
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