Beschäftigt man sich mit dem Hoch- und Spätmittelalter so kommt man nicht drum rum, sich auch mit der Entwicklung der Städte auseinanderzusetzen. Im Gegensatz zur Zeit der Industrialisierung, wo die Großteils bereits bestehenden Städte an Größe zunehmen, zeichnet sich die Urbanisierung im Mittelalter speziell durch Städtegründung aus. Mit steigenden Zahl der Städte kommt es insgesamt zu Veränderungen im Reich, welche sich regierungs- und verwaltungstechnisch auswirken. Diese Veränderungen führen unter anderem zur Bildung von Residenzstädten, also von festen Wohn- und Regierungssitzen von Fürsten und Königen. Die folgende Arbeit versucht nun also zu zeigen, dass das Forschungsgebiet der Residenzstädte nicht nur in der Neuzeit anzusiedeln ist oder ihre Entstehung gar ein Phänomen aus dieser Zeit ist, sondern noch in der Zeit des Mittelalters zu verorten ist.
So werde ich zunächst einen kurzen Einblick in die Entwicklung des Städtewesens geben und in weiterer Folge auch schon auf die Residenzstadt im Allgemeinen. Hierbei stelle ich mir die Frage, welche Veränderungen es im Laufe des Hochmittelalters gegeben hat, die dazu führten, dass die Herrscher vom Reisekönigtum, welches bereits viel früher Gang und Gebe war, zur Residenzherrschaft übergingen. Auch werde ich einen kleinen Exkurs wagen, und auf die Bildung einer „Reichshauptstadt“ eingehen. Zu guter Letzt werde ich eine landesherrliche Residenzstadtbildung am Beispiel Heidelbergs im Schnelldurchlauf zeigen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die Entwicklung der Stadt im Mittelalter: Ein kurzer Einblick
3. Residenzbildung: Kein Phänomen der Neuzeit
3.1. Problem „Reichshauptstadt“
3.2. Heidelberg als Residenz
4. Conclusio
5. Bibliographie
1. Einleitung
Beschäftigt man sich mit dem Hoch- und Spätmittelalter so kommt man nicht drum rum, sich auch mit der Entwicklung der Städte auseinanderzusetzen. Im Gegensatz zur Zeit der Industrialisierung, wo die Großteils bereits bestehenden Städte an Größe zunehmen, zeichnet sich die Urbanisierung im Mittelalter speziell durch Städtegründung aus. Mit steigenden Zahl der Städte kommt es insgesamt zu Veränderungen im Reich, welche sich regierungs- und verwaltungstechnisch auswirken. Diese Veränderungen führen unter anderem zur Bildung von Residenzstädten, also von festen Wohn- und Regierungssitzen von Fürsten und Königen. Die folgende Arbeit versucht nun also zu zeigen, dass das Forschungsgebiet der Residenzstädte nicht nur in der Neuzeit anzusiedeln ist oder ihre Entstehung gar ein Phänomen aus dieser Zeit ist, sondern noch in der Zeit des Mittelalters zu verorten ist.
So werde ich zunächst einen kurzen Einblick in die Entwicklung des Städtewesens geben und in weiterer Folge auch schon auf die Residenzstadt im Allgemeinen. Hierbei stelle ich mir die Frage, welche Veränderungen es im Laufe des Hochmittelalters gegeben hat, die dazu führten, dass die Herrscher vom Reisekönigtum, welches bereits viel früher Gang und Gebe war, zur Residenzherrschaft übergingen. Auch werde ich einen kleinen Exkurs wagen, und auf die Bildung einer „Reichshauptstadt“ eingehen. Zu guter Letzt werde ich eine landesherrliche Residenzstadtbildung am Beispiel Heidelbergs im Schnelldurchlauf zeigen.
Zentrale Werke in meiner Arbeit stellen hierbei Gert Melvilles Aufsatz „Herrschertum und Residenzen in Grenzräumen mittelalterlicher Wirklichkeit“, Hans Patzes Aufsatz „Die Bildung der landesherrlichen Residenzen im Reich während des 14. Jahrhunderts“ sowie Johann Kolbs Arbeit „Heidelberg – Die Entstehung einer landesherrlichen Residenz im 14. Jahrhundert“ dar. Zum Forschungsstand ist allgemein aber zu sagen, dass er noch recht ungenau und wenig ausgearbeitet ist. So meinte Werner Paravicini, ein deutscher Historiker, noch 1984 bei einer Tagung des Konstanzer Arbeitskreises für mittelalterliche Geschichte, dass man mit der Erforschung von Fürstenresidenzen Neuland betrete, da es zu diesem komplexen Thema keine unmittelbaren Vorarbeiten gebe.1
2. Die Entwicklung der Stadt im Mittelalter: Ein kurzer Einblick
Der italienische Dichter und Geschichtsschreiber Francesco Petrarca (1304-1374) sah sich selbst am Ende einer finsteren Zeit. Diese finstere Zeit bezeichnete er als „medium tempus“, zu Deutsch „Mittelalter“. Zeitlich wird diese Epoche grob zwischen 500 bis 1500 nach Christus angesetzt und kann in Früh-, Hoch- und Spätmittelalter eingeteilt werden. Wenn man nun auf das Städtewesen des Mittelalters eingehen will, muss man sich speziell mit Quellen aus dem Hoch- und Spätmittelalters befassen, in dieser Zeit erlebten die Städte nämlich neuen Aufschwung und es kam zu zahlreichen Städtegründungen. Im Gegensatz dazu lässt sich im Frühmittelalter (grob 500 – ca. 1000) beobachten, dass verschiedene politische Entwicklungen einen Rückgang im Städtewesen verursachten. So schrumpften die zunächst noch offenen Städte zu ummauerten Festungen mit meist kleinerem Ausmaß. Probleme in der Agrarwirtschaft und der Rückgang des Handels in dieser Zeit ließen größere städtische Siedlungen nicht zu. Erst in der Periode der Kreuzzüge konnte man wieder eine nahezu intakte Urbanität im Orient und im byzantinischen Reich beobachten. Dies galt mit der Zeit dann auch für den Westen, wo sich wieder zentrale Orte mit städtischem Charakter herausbildeten.2
Speziell dort, wo weltliche oder geistliche Instanzen Wohnsitze hatten, bot sich die Möglichkeit zur Stadtbildung. Kirchliche Immunität und speziell die Nähe zur Burg waren ein großer Anreiz, sich dort anzusiedeln, so dass sich die Bezeichnung „Bürger“ ableiten lässt. Charakteristikum dieser mittelalterlichen Städte waren die Mauern, die diese umgaben. Hinter diesen Mauern eines Herrschaftssitzes konnte man bei Gefahr Schutz suchen. So war also die Erneuerung und Instandhaltung der Stadtmauern zunächst durch äußere Bedrohungen erforderlich, mit der Zeit wurde dies aber zu einem „sorgsam gehüteten Recht der Bürger“3.4
Neben diesem Recht waren die Städte auch mit dem Marktrecht versehen. Für die Bürger war es von großer Notwendigkeit, dass in periodischen Abständen ein Markt abgehalten wurde. So wurden nämlich Produkte des umliegenden Landes oder auch die von Händlern aus ferneren Ländern herbeigeschafften Waren in der Stadt zum Kauf angeboten, was speziell für die Versorgung der Bürger wichtig war. Der Fernhandel wurde zunächst von den Ausländern dominiert, meist Juden oder Orientale, die unter besonderem königlichen Schutz standen. Allmählich wurden diese aber von Einheimischen abgelöst, welche sich dann vor allem im Winter Standquartiere in urbanen Orten schufen. Diese Kaufmannssiedlungen wurden als „Wik“ bezeichnet, was man später mit Markt übersetzte. Solche Niederlassungen von Händlern blieben relativ klein, waren aber dennoch für so manche Stadtentstehung von großer Wichtigkeit. Auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands lässt sich eine planmäßige Städtegründung allerdings erst ab dem 12. Jahrhundert verorten.5
Im Hinblick auf die wachsende politische Bedeutung, rücken speziell diese Städte in den Vordergrund, in welchen die antike Kultur noch am besten erhalten war. Dies lässt sich vor allem in Italien beobachten, wo die Städte meist noch Verwaltungszentren waren und sich auch der Adel mehr zum städtischen Leben als zu jenem am Land hingezogen fühlte. Da aber meist die Kirche bereits die Stadtherrschaft erlangt hatte, wurde der Adel oft als Konkurrenz betrachtet. Diese Konkurrenz zwischen Adel und Kirche gipfelte im 11. Jahrhundert im Investiturstreit, der nicht nur in Italien zu einer neu erblühenden Stadtkultur führte, sondern auch nördlich der Alpen einen Aufstieg der Städte ermöglichte. Hier gab es speziell auf dem Gebiet zwischen dem Rhein und der Seine relativ früh Siedlungen urbanen Charakters. Bereits im 9. Jahrhundert wurden dort Marktprivilegien vergeben. Vor allem der Welfe Heinrich der Löwe (ca. 1130 – 1195) trat sowohl in Bayern als auch im Norden des Landes als Städtegründer hervor. So scheint es, dass Stadtbesitz auch als Kapitalanlage gelten kann.6
3. Residenzbildung: Kein Phänomen der Neuzeit
Im Hoch- und Spätmittelalter wurden Städte nicht nur gegründet, es kam auch dazu, dass sich die Regierungsform der Fürsten und Könige veränderte. Bis ins weit ins Mittelalter spielten sich nämlich Regierungstätigkeiten und auch das Hofleben auf Reisen ab. Dies rührte unter anderem auch daher, dass man zunächst noch der Auffassung war, dass das Staatswesen nur mit der Anwesenheit des Herrschers funktionierte. So musste doch das „Königsheil (musste) durch die leibhaftige Erscheinung vermittelt werden“7. Wirtschaftlich betrachtet, waren diese Ortswechsel auch deshalb notwendig, da sich die Ressourcen schnell erschöpften und zu lange Aufenthalte deshalb kaum möglich waren.8
Erst ab dem 12. Jahrhundert änderten sich die Bedingungen allmählich. So forderte die steigende Schriftlichkeit speziell in der Rechtsprechung, der Verwaltung und in der Wirtschaft gerade vom Fürsten die Einrichtung von personalstarken Behörden. Diese wurden zunehmend größer und unbeweglicher und mussten so ortsfest bleiben. Diese Sesshaftigkeit der Behörden war aber wiederum genau wegen der wachsenden Schriftlichkeit möglich, da so die Kommunikation besser und über eine größere Distanz möglich war. Auch der Ausbau des überregionalen Handels und die anwachsende Geldwirtschaft erlaubte eine gewisse Unabhängigkeit von einzelnen Produktionsplätzen der Naturalien. Da nun also die Gegenwart des Herrschers für effektives Handeln nicht mehr nötig war, wurde mit den Behörden auch dieser nach und nach selbst an einen Zentralort gebunden.9
Johann Kolb hat hierzu eine Auflistung von Faktoren, die in der Literatur die Residenzbildung bewirkt oder gefördert haben, zusammengestellt. So konnte die Residenz einerseits dem Hof folgen und wurde durch die fürstliche Hofhaltung mit Schloss und Nebengebäuden bestimmt, andererseits konnte sie auch, wie bereits erwähnt, durch ortsfeste Behörden entstehen. Eine lange Dauer der Aufenthalte der Fürsten war also nicht zwingend ausschlaggebend, sondern der feste Sitz der fürstlichen Behörden. Eine weitere These wäre der fürstliche Hof und die landesherrliche Zentralverwaltung, gemeinsam mit Kirchen, Stiften, Klöster und fürstlicher Grablege, Kunst, Kultur und Wissenschaft, sowie Wirtschaft und Verkehr. Dies alles gemeinsam sollte eine Residenz erst ausmachen. Auch wenn eine Stadt Wohnsitz und Herrschaftsmittelpunkt war, der Landesherr also von der älteren Burgverfassung abging und die Stadt zum Verwaltungsmittelpunkt erklärte, wird in der Literatur als ein Faktor der Residenzbildung gesehen. Zu guter Letzt kann noch die Betonung auf der Bedeutung der Aufenthaltshäufigkeit des Fürsten an einem bestimmten Ort ausschlaggebend gewesen sein.10
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1 Johann Kolb, Heidelberg. Die Entstehung einer landesherrlichen Residenz im 14. Jahrhundert (Residenzforschung, Bd. 8), Sigmaringen, 1999, S. 13.
2 Harald Zimmermann, Das Mittelalter. II. Teil von den Kreuzzügen zu den Entdeckungsfahrten, Braunschweig, 19882, S. 113.
3 Ebd.
4 Ebd.
5 Zimmermann, Das Mittelalter II, 19882, S. 114.
6 [6] Ebd., S. 114-115.
7 Gert Melville, Herrschertum und Residenzen in Grenzräumen mittelalterlicher Wirklichkeit, in: Fürstliche Residenzen im spätmittelalterlichen Europa, hrsg. von Hans Patze/Werner Paravicini, Bd. 36, Sigmaringen, 1991, S. 9.
8 Gert Melville, Herrschertum und Residenzen, 1991, S. 9.
9 Ebd., S. 9-10.
10 Johann Kolb, Heidelberg, 1999, S. 15-16.
- Quote paper
- Claudia Zocchi (Author), 2015, Residenzbildung. Die Stadt als Residenz im Mittelalter, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/316623
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