Flächendeckend wirksame Reformprogramme zu entwickeln, die umsetzbar sind und allgemeine Akzeptanz finden, ist einer der an demokratische Politik gerichteten zentralen Wertmaßstäbe. Ausgehend von der Erkenntnis, dass strategische Reformpolitik das Ergebnis abstrakter Interaktionsabläufe realisiert, stellen sich drei Grundfragen: Wie sind Reformen im Zuge dieser Abstraktion durchsetzbar? Wer ist an diesen Abläufen maßgeblich beteiligt? Welches sind die nutzenmehrenden Strategieoptionen für die Akteure?
Das bundesrepublikanische Zweikammersystem sieht die Mitwirkung der Länderregierungen an der Bundesgesetzgebung vor (Ismayr 2006: 215). Konzeptioneller Rahmen der vorliegenden Arbeit ist die Vetospielertheorie in ihrem Zuschnitt auf die Vetopunkte der Konkordanz und der Legislative (Abromeit und Stoiber 2012: 50f.). Die von George Tsebelis 1995 autorisierte Vetospielertheorie verleiht diesem politikwissenschaftlichen Phänomen normativen Ausdruck (Blank 2012: 1). Sie fasst durchzuführende Politik aus modellhafter Sichtweise und gibt parlamentarischer Gesetzgebung einen authentischen Funktionsrahmen (Abromeit und Stoiber 2012: 46).
Die in Demokratien durchgeführten Wahlen führen stets zu Mehr- und Minderheiten, daher müssen die darin vertretenen parteipolitischen Gruppen ihre Handlungsmuster und Interessen auf ein denkbar gemeinsames ideologisches Niveau bringen. Hierbei ist die Entfaltung der Untersuchungsgrößen parteiübergreifende Deckungsgleichheit (Kongruenz) und interne Präferenzdichte (Kohäsion) von zentraler Bedeutung (Tsebelis 2002: 12). In sachlicher Übereinkunft mit Merkel (2003: 262) basiert mein Vergleich auf den politischen Leitmotiven policy seeking – Streben nach gesamtgesellschaftlicher Problemlösung, vote seeking – Streben nach Wählergunst und dem office seeking – Streben nach Ämterbesetzung. Tsebelis spricht im Hinblick auf eine gemeinsame Konsenslinie zwischen den Vetospielern vom policy winset (Abromeit und Stoiber 2012: 46f.).
Inhaltsverzeichnis:
1. Einleitung
2. Fragestellung und Hypothesenbildung
3. Die Vetospielertheorie im Spiegel der Institutionen
4. Die Länderkammer als Vetospieler in der Bundesrepublik
5. Der Bundesrat bei den Steuerreformen 1997 und 2000
5.1 Heterogenität im Bundesrat 1997 – 13. Bundestag
5.2 Heterogenität im Bundesrat 2000 – 14. Bundestag
6. Operationalisierung / Forschungsdesign – Die Steuerreformen 1997 und 2000
6.1 Fallbeschreibung- und erhebung gemäß Tsebelis' 4-stufiger Analyse (Merkel 2003: 260)
6.1.1 Identifizierung der Vetospieler
6.1.2 Absorbtion institutioneller Vetospieler durch parteipolitische Vetospieler
6.1.3 policy congruence der relevanten Vetospieler
6.1.4 Interne Geschlossenheit der Vetospieler
7. Befunde
8. Fazit
9. Literaturverzeichnis
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