Das Ergebnisprotokoll wurde im Fach "Geschichte der Philosophie" erstellt. Das Protokoll fast die Ergebnisse der Sitzung über Nietzsches Fabel "Wie die „wahre Welt“ endlich zur Fabel wurde." zusammen. Das Protokoll steht für sich selbst und ist auch für LeserInnen verständlich, die die Fabel nicht gelesen haben.
Zur Analyse der Fabel wurden drei Kommentare herangezogen:
- Heidegger. Nietzsches Umdrehung des Platonismus.
- Janke. Die wahre Welt als Fabel.
- Sommer, A.U. Ein philosophisch-historischer Kommentar zu Nietzsches Götzen-Dämmerung.
A. Aufbau des Seminars
Dem eigentlichen Thema der Stunde wurde noch ein Nachtrag aus dem vorherigen Seminar über den Philosophen Hegel vorangestellt. Das Seminar über Friedrich Nietzsche ist in vier Abschnitte gegliedert. Beginnend mit einleitenden Gedanken über den Philosophen und sein Leben, wird anschließend ein Auszug aus seinem Werk „Götzendämmerung“ thematisiert. Unter Zuhilfenahme von drei Kommentaren wir der Abschnitt „Wie die ‚wahre Welt‘ endlich zur Fabel wurde.“ untersucht. Das Protokoll richtet sich anhand des im Seminar erarbeiteten Ergebnisse aus und spiegelt nicht den temporalen Ablauf wider.
B. Das Seminar
a) Nachtrag zu Hegel
Hegel wird dafür kritisiert, dass bei ihm der Geist die herausragende Rolle spielt. Alles als Geist zu betrachten sei problematisch. Durch Hegel erlangte die „Geschichte der Philosophie“ ihren Status innerhalb der Philosophie. Hegel zufolge sei die Philosophie an einem Endpunkt angekommen, über den sich nicht mehr zu erheben sei. Während seines Lebens sehnte sich der Zeitgeist aufgrund der französischen Revolution und den napoleonischen Kriegen nach Ruhe. Es war eine Zeit des Konservatismus. Für Hegel ist die Dialektik ein geschichtliches Ideal. Damit befand er sich im Irrtum. Aufkommende Philosophen wie Karl Marx bedienten sich der Dialektik und nutzten sie für ihre Schriften als revolutionäres Ideal. Die Dialektik ein revolutionäres Ideal. Die Dialektik wird sowohl von linken wie rechten Theoretikern verwendet. Diese Entwicklung zeigt auch, dass der Endpunkt der Philosophie und der Geschichte noch nicht erreicht war.
b) Nietzsche, das Christentum und die Metaphysik
Nietzsche hat seit jeher ein ablehnendes Verhältnis dem Christentum gegenüber, was wohl nicht zuletzt auf seine Kindheit als Sohn eines evangelischen Pfarrers zurückzuführen ist. Er verurteilt den von ihm in frühen Jahren bewunderten Komponisten und Schriftsteller Richard Wagner für die christliche Auslegung der Philosophie Arthur Schopenhauers. Selbst brachte er seine Ablehnung des Christentums in seinen Schriften zum Ausdruck. Bezeichnend dafür ist der Name einer seiner Veröffentlichungen „Der Antichrist – Fluch auf das Christentum“. Auch „Ecce homo“ beschreibt er als ein Attentat auf alles Christliche, in der Fabel „Wie die ‚wahre Welt‘ endlich zur Fabel wurde.“ rechnet er ebenso mit dem Christentum ab. A.U. Sommer sieht in diesem Werk die Inversion des Sechs-Tagewerks Gottes. Wie Gott die Welt in sechs Tagen erschuf, so zerstört Nietzsche diese „wahre Welt“ in sechs Absätzen. Im behandelten Text greift Nietzsche nicht nur die Religion in Form des Christentums an, sondern er setzt die Metaphysik mit der Religion gleich. Er legt Platon die Worte in den Mund „ich, Plato, bin die Wahrheit“, dabei handelt es sich um ein abgewandeltes Bibelzitat „Jesus spricht zu ihm: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich“ (Johannes 14:6). Platon wird als Erfinderfigur des Weltendualismus angesehen. Platon nimmt eine Abstufung von Kosmos noetos und Kosmos aisthtetos vor. Statt Platon herrscht bei Nietzsche der Platonismus, die Rede einer scheinbaren und übersinnlichen Welt ist nicht mehr die Sprache des Platons. Für Nietzsche bilden Philosophie (Platonismus) und Kultur (Christentum) eine Einheit. Daraus folgend bezeichnet Heidegger Nietzsches Philosophie als Anti-Metaphysik. Sowohl Religion als auch Metaphysik wirft Nietzsche vor, die diesseitige Welt der jenseitigen Welt zu unterstellen. Dies hat zur Konsequenz, dass das Jenseits zum Nachteil des Diesseits besteht. Mit dem Jenseits kommt die Sünde im Diesseits auf, für die Sünder im Jenseits bestraft werden. Schmerzen können als Prüfstein für die jenseitige Welt als gut angesehen werden. Der Mensch hat keinen Zugriff auf die transzendentale Welt; diese Welt ist den Religionen und Philosophen überlassen. Nietzsche nennt daher das Christentum einen „verpöbelten Platonismus“. Damit entspricht Nietzsche anderen Philosophen dieser Zeit, mit denen er keinen Umgang pflegte. Nur Christen und Philosophen leben in dieser „wahren Welt“. Die jenseitige Welt ist in Nietzsches Text die „wahre Welt“, die letztlich zur Fabel werden soll. Die „wahre Welt“ ist, der Geschichtsphilosophie folgend, die sichtbare, nicht die übersinnliche. Die Umdrehung bietet keine Überwindung des Platonismus. Die jenseitige Welt ist für den Menschen unerreichbar, sie ist gleichermaßen uninteressant und bedeutungslos für ihn. Für Nietzsche wird diese Welt „sublim […], bleich, nordisch, königsbergisch“. An dem Adjektiv „königsbergisch“ ist zu sehen, dass sich Nietzsche hier auf Immanuel Kant und seine „Kritik der reinen Vernunft“ bezieht. Kant widerlegte alle Gottesbeweise und hielt dennoch an einer Moraltheologie der praktischen Vernunft fest. Er unterschied in Mundus sensibilis und Mundus intelligibilis. Mit dem Untergang der „wahre[n] Welt“ lässt Nietzsche die Sonne aufgehen und den „Hahnenschrei des Positivismus“ ertönen. Diese Stelle verglich Sommer mit der Verleugnung des Petrus, Jesus sagte während des letzten Abendmahls voraus, dass dessen vertrauter Jünger Petrus noch in derselben Nacht, bevor der Hahn krähe, ihn dreimal verleugne. Mit dem Aufkommen des Positivismus und der modernen Wissenschaft geht das Transzendentale unter. Mit dem Transzendentalen geht für Nietzsche auch der Idealismus unter, da Ideen aus dem Transzendentalen entspringen. Für Nietzsche ist ein freier Geist frei von Dogmen. Gott wird aufgrund der positiven Wissenschaft überflüssig. Das Geistige wird von der kalten Wissenschaft ersetzt. Diese kennt nur präzise, kontrollierbare Tatsachen, keine Fiktionen, oder Abstraktionen. Nietzsche gibt im vierten Abschnitt an, dass die „wahre Welt“ unbekannt ist. Im sechsten Abschnitt heißt es dann, die „wahre Welt“ sei eine Idee die von nun an zu nichts mehr verpflichten könne. Heidegger merkte hier an, dass etwas Unbekanntes auch zu nichts verpflichten könne. Im fünften Abschnitt stellt Nietzsche seine eigene Wandlung dar: er, Nietzsche überwindet den Platonismus. Bleibt bei der Überwindung des Platonismus stehen, für Heidegger muss der Positivismus als Repräsentant der scheinbaren Welt ebenfalls überwunden werden. Im sechsten Abschnitt seines Textes, am Mittag des Tages, lässt Nietzsche Zarathustra erscheinen, mit „INCIPIT Zarathustra“. Zarathustra war Begründer der persischen Philosophie und Religionsgründer. Bei Nietzsche wird Zarathustra in das Gegenteil verkehrt. Bei Nietzsche sterben in „Also sprach Zarathustra“ alle Götter und der Übermensch wird geboren. Der Übermensch gilt als Gottesbesieger. Nietzsche war wie viele andere Philosophen seiner Zeit ein Denker des Umsturzes. Er lebte zur gleichen Zeit wie Marx und Kierkegaard, nur war Nietzsches Umsturz elitär. Nietzsche studierte Altphilologie und besaß ein antikes, elitäres Menschenbild. Von sich selber sagte Nietzsche: „Ich bin kein Mensch, ich bin Dynamit.“ Nietzsche lässt in seinem Untergang der alten Philosophie einen Übermenschen entstehen. Dieser wird als zerrissen und gefährlich angesehen. Er ist die Reinheit, die das Schwache ausmerzt. Diese Figur wurde in der Geschichte für völkische Anschauungen und Biologismus genutzt. Als Übermensch steht der Mensch unter dem Einfluss des freien Geistes.
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- B.A. Martin Birkner (Author), 2016, Über Nietzsches Fabel "Wie die „wahre Welt“ endlich zur Fabel wurde", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/315307