Trotz ausreichender Verfügbarkeit von Wasser befinden wir uns in einer Wasserkrise. Laut dem Auswärtigen Amt hatten 2007 etwa 1,1 Milliarden Menschen keinen ausreichenden Zugang zu sauberem Trinkwasser und mehr als doppelt so viele keinen Zugang zu sanitären Einrichtungen. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und der damit einhergehenden Etablierung der freien Marktwirtschaft als einzig denkbare Wirtschaftsform der Welt, muss man konstatieren, dass es eben dieser Wirtschaftsform nicht gelungen ist, alle Menschen in ihren elementarsten Bedürfnissen zu befriedigen, geschweige denn allen Nationen zu Wohlstand zu verhelfen.
Um das Problem der Wasserversorgung zu lösen, wurden im Jahr 2000 die Millennium Development Goals von den Vereinten Nationen verabschiedet. Punkt sieben, die Sicherung der ökologischen Nachhaltigkeit, ist in Bezug auf die Wasserproblematik von Bedeutung, da sich die Mitgliedsstaaten in Zielvorgabe 10 dazu verpflichten, „bis 2015 den Anteil der Menschen um die Hälfte zu senken, die keinen nachhaltigen Zugang zu einwandfreiem Trinkwasser und grundlegenden sanitären Einrichtungen haben“.
Vor allem in Entwicklungsländern investieren die global agierenden Konzerne, ist dort das Wasser doch besonders knapp und somit besonders renditeträchtig. Lateinamerika, wo sich über 26 % des weltweit verfügbaren Süßwassers befinden (bei sechsprozentigem Anteil an der Weltbevölkerung), ist ein lukrativer Markt für Konzerne, die möglicherweise auch das Ziel haben, Wasser irgendwann im großen Stil zu exportieren.
Dieser Beitrag zeigt die Konsequenzen der Wasserprivatisierung in Lateinamerika auf und erläutert weshalb diese oft katastrophale Folgen nach sich zieht. Ebenso wird geklärt welche Anstrengungen unternommen werden müssen, um die Inwertsetzung des Wassers zu verhindern bzw. rückgängig zu machen.
Inhalt:
1. Exposition der Fragestellung
2. Wasser, ein Bedürfnis
3. Der Weltwasserrat
3.1 Das Weltwasserforum
3.2 Die Weltwasservision
4. Die Akteure: Interessen und Strategien
4.1 Transnationale Konzerne
4.1.1 Veolia Environment
4.1.2 Suez Environment
4.2 Nichtregierungsorganisationen
4.2.1 Die Weltbank
4.2.2 Der Internationale Währungsfonds
4.2.3 Die Welthandelsorganisation
4.3 Regierungen
5. Neoliberale Hegemonialansprüche in Lateinamerika
5.1 Der „Wasserkrieg“ von Cochabamba
5.2 Weitere Privatisierungsprojekte in Lateinamerika
5.3 Die Bank des Südens
6. Prämissen einer befriedigenden Wasserversorgung
Abkürzungsverzeichnis
Quellenverzeichnis
1. Exposition der Fragestellung
Trotz ausreichender Verfügbarkeit von Wasser befinden wir uns in einer Wasserkrise. Laut dem Auswärtigen Amt hatten 2007 etwa 1,1 Milliarden Menschen keinen ausreichenden Zugang zu sauberem Trinkwasser und mehr als doppelt so viele keinen Zugang zu sanitären Einrichtungen.[1] Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und der damit einhergehenden Etablierung der freien Marktwirtschaft als einzig denkbare Wirtschaftsform der Welt, muss man konstatieren, dass es eben dieser Wirtschaftsform nicht gelungen ist, alle Menschen in ihren elementarsten Bedürfnissen zu befriedigen, geschweige denn allen Nationen zu Wohlstand zu verhelfen. Um das Problem der Wasserversorgung zu lösen, wurden im Jahr 2000 die Millennium Development Goals von den Vereinten Nationen verabschiedet. Punkt sieben, die Sicherung der ökologischen Nachhaltigkeit, ist in Bezug auf die Wasserproblematik von Bedeutung, da sich die Mitgliedsstaaten in Zielvorgabe 10 dazu verpflichten, „bis 2015 den Anteil der Menschen um die Hälfte zu senken, die keinen nachhaltigen Zugang zu einwandfreiem Trinkwasser und grundlegenden sanitären Einrichtungen haben“[2]. Dem neoliberalen Zeitgeist folgend wird bei der Lösung des Problems auf die Privatwirtschaft vertraut. (Umstrittenen) Schätzungen der Weltbank folgend müssen 180 Milliarden US-Dollar im Wasserbereich investiert werden, um das Ziel zu erreichen. Davon werden ca. 70 bis 80 Milliarden von den bestehenden Finanzierungsinstrumenten erbracht.[3] Die Lücke von knapp 100 Milliarden US-Dollar soll von der Privatwirtschaft gefüllt werden. Die in Deutschland unter dem Begriff Daseinsvorsorge zusammengefassten Aufgaben des Staates, Maßnahmen zu ergreifen, die der Absicherung der Existenz dienen, stehen weltweit zum Verkauf. Für das Kapital bieten sich hier neue Anlagemöglichkeiten in Bereichen, die bisher aus gutem Grund vor privaten Investoren geschützt waren. Bildung, Gesundheit, Telekommunikation, Strom- und Wasserversorgung sind Bereiche in denen der private Sektor kontinuierlich mehr Einfluss gewinnt und somit den Regierungen zunehmend ihren Handlungsspielraum nimmt. Der große Ausverkauf ist in vollem Gange und neue, mit hohen Renditen lockende Märkte entstehen überall, vor allem aber in den Entwicklungsländern. Die internationale Entwicklungshilfe „unterstützt“ die Staaten bei Liberalisierungs-, Privatisierungs- und Deregulierungsvorhaben oder leitet diese in die Wege. Seit den 1990er Jahren wird alle Hoffnung bei der Wasserversorgung in die Privatwirtschaft gesetzt und die zumeist schlechten Ergebnisse, die eine Transformation des Wassers zur Handelsware zur Folge haben, werden ignoriert. Vor allem in Entwicklungsländern investieren die global agierenden Konzerne, ist dort das Wasser doch besonders knapp und somit besonders renditeträchtig. Lateinamerika, wo sich über 26 % des weltweit verfügbaren Süßwassers befinden (bei sechsprozentigem Anteil an der Weltbevölkerung[4] ), ist ein lukrativer Markt für Konzerne, die möglicherweise auch das Ziel haben, Wasser irgendwann im großen Stil zu exportieren. Dieser Beitrag zeigt die Konsequenzen der Wasserprivatisierung in Lateinamerika auf und erläutert weshalb diese oft katastrophale Folgen nach sich zieht. Ebenso wird geklärt welche Anstrengungen unternommen werden müssen, um die Inwertsetzung des Wassers zu verhindern bzw. rückgängig zu machen. Zunächst wird in Kapitel 2 erörtert welche theoretischen Folgen es hat, wenn das öffentliche Gut Wasser zu einer Handelsware wird. Kapitel 3 geht auf die Lobbyarbeit der Konzerne innerhalb des Weltwasserrates ein. Eine Organisation, die an der Deklaration des Wassers als Ware festhält und sich als Denkfabrik, welche Entscheidungsträgern bei Wasserfragen beratend zur Seite steht, definiert. In diesem Kapitel wird auf seine Instrumente, das alle drei Jahre stattfindende Weltwasserforum sowie die von ihm mit ausgearbeitete „World Water Vision“ eingegangen. Danach werden in Kapitel 4 die beteiligten Akteure einer Wasserprivatisierung vorgestellt und die einzelnen Strategien erläutert. Transnationale Konzerne, die möglichst viel Gewinn zu erwirtschaften versuchen, die Nichtregierungsorganisationen, welche den Unternehmen das Eindringen in bis dato öffentliche Sektoren ermöglichen sowie die Regierungen, die unter dem Druck von Weltbank, Internationalem Währungsfonds und Welthandelsorganisation ihr Kapital aus der Hand geben. In Kapitel 5 werden die Ursachen und die Folgen einer Privatisierung der Wasserversorgung anhand der Beispiele Bolivien, Argentinien und Nicaragua analysiert. Die Formen des Widerstands, dessen Zusammensetzung sowie dessen Möglichkeiten werden in diesem Kapitel exemplarisch aufgezeigt. Im Zusammenhang mit den Beispielen wird auch auf den Beitrag der deutschen Entwicklungshilfe eingegangen, die, um den Rahmen dieser Arbeit einzuhalten, nicht gesondert vorgestellt wird. Die Ziele der von Hugo Chávez gegründeten Bank des Südens werden innerhalb dieses Kapitels ebenfalls dargestellt. Zuletzt werden in Kapitel 6 die Prämissen einer vernünftigen Wasserver- und Abwasserentsorgung erläutert. Hier wird erörtert, weshalb der private Sektor keine Rolle bei der Wasserversorgung spielen darf und warum aus einer öffentlichen Bereitstellung des Wassers nicht zwangsläufig eine adäquate Versorgung resultiert.
2. Wasser, ein Bedürfnis
„Zum bloßen Bedürfnis erklärt, wird Wasser den Kräften von Angebot und Nachfrage auf einem globalisierten Markt unterworfen, der die lebensnotwendigen Güter an jene verteilt, die sie bezahlen können.“[5]
Die internationale Entwicklungshilfe orientiert sich bis heute an den vier Beschlüssen der internationalen Wasser- und Umweltkonferenz von Dublin 1992.[6] „Furore“[7] machte vor allem der vierte Beschluss: „Wasser hat einen wirtschaftlichen Wert. Alle Menschen haben ein Grundrecht auf Wasser und Sanitation zu einem angemessenen Preis. Wasser als wirtschaftliches Gut zu betrachten ist ein guter Weg zu effizientem und angemessenem Verbrauch.“[8] Die Kommodifizierung der Ressource als Lösung zu betrachten wird durch folgende Theorien begründet: Agiert Wasser als Ware, wird es zu einem kostendeckenden Preis verkauft, welcher auch die Investitionen in die Ressourcengewinnung sowie in die Instandhaltung des Versorgungssystems umfasst.[9] Wasserverschmutzung und -verschwendung konnten bisher also nicht verhindert werden, da der niedrige Preis nicht dem für den Menschen hohen Wert entsprach. Dieser Umstand soll durch die Preisbildung auf dem Markt korrigiert werden, da ein angebots- und nachfrageorientierter Preis den Wert des Gutes widerspiegelt und somit auch zu einem sparsamen Umgang mit selbigem führt. Dieses neue Paradigma „bestach durch seinen Realismus, seinen pragmatischen Lösungsansatz und die mögliche, schnelle Umsetzung“[10]. Wasser, das für jedes Individuum von essentieller Bedeutung ist, verkommt zur Handelsware die eine Nachfrage deckt. Eine Nachfrage besteht, sobald neben dem Bedürfnis genug Kaufkraft vorhanden ist um das Bedürfnis zu stillen. Demzufolge deckt der Markt zwar die Nachfrage, jedoch bleibt bei Menschen mit geringer Kaufkraft das Bedürfnis bestehen, das heißt der Zugang zu einem überlebensnotwendigen Gut verwehrt. Die einzige Möglichkeit in einem solchen System den Zugang zu sauberem Wasser für alle zu gewährleisten besteht folglich darin, die Preise dem Einkommen der Konsumenten anzupassen, das Gut im Extremfall kostenlos bereitzustellen. Diese Vorraussetzung kann in einem auf Kapitalakkumulation ausgerichteten Unternehmen, das davon ausgeht, in seinen Profitbestrebungen von einer „unsichtbaren Hand“[11] geleitet zu werden, die das Gemeinwohl fördert, kaum erfüllt werden. In der Folge wird armen Verbrauchern ein Wasserzugang verwehrt bleiben.
3. Der Weltwasserrat
In den Folgejahren der Kommodifizierung des Wassers durch die Dublin-Konferenz wurde 1996 die Wasserorganisation mit dem größten Einfluss, der Weltwasserrat (World Water Council, WWC), gegründet. Seine Aufgabe ist es, “to promote awareness, build political commitment and trigger action on critical water issues at all levels, including the highest decision-making level, to facilitate the efficient conservation, protection, development, planning, management and use of water in all its dimensions on an environmentally sustainable basis for the benefit of all life on earth”[12]. Finanziert wird der Rat durch die Beiträge seiner Mitglieder[13], zu denen unter anderen UN-Organisationen, Nichtregierungs-organisationen, Politiker, Wissenschaftler und internationale Wasserkonzerne zählen[14]. Gerade wegen letzterer ist die Neutralität des Rates nicht gegeben, der deshalb von Kritikern als „Politbüro der Privatisierung“[15] bezeichnet wird.
3.1 Das Weltwasserforum
Der WWC organisiert seit 1997 alle drei Jahre eine internationale Konferenz, das Weltwasserforum (World Water Forum, WWF), die laut Kritikern einzig eine PR-Inszenierung der weltweiten Wasserlobby ist.[16] Das zweite WWF in Den Haag kam zu dem Ergebnis, dass öffentlich-private Partnerschaften (Public-Private-Partnerships, PPPs), also die Beteiligung privater Firmen, die einzige Lösung für das Bewältigen der Wasserkrise sind.[17] Das von Ausschreitungen begleitete vierte WWF in Mexiko-Stadt (2006) hielt an der Deklaration des Wassers als Ware fest[18] und sah somit die Liberalisierung der Wassermärkte, trotz bis dato schlechter Ergebnisse, als bestmöglichen Weg an, die Menschen mit Wasser zu versorgen. Dieses Ergebnis ist aufgrund der nicht vorhandenen Neutralität nicht weiter verwunderlich, denn eine Deklaration des Wassers als alleiniges Menschenrecht hätte eine Überantwortung der Wasserversorgung an die Regierungen bedeutet. Ziel des WWFs ist es, laut Angabe des WWCs, unter anderem: „To support the deepening of discussions towards the solution of international water issues in the 21st century“.[19] Laut dem International Rivers Network setzen die Lösungen, die das WWF erarbeitet, zum größten Teile darauf, Entwicklungshilfeorganisationen als Sponsoren zu gewinnen. Zum einen werden sie für kapitalintensive Infrastrukturprojekte (Großstaudämme), zum anderen für Finanzgarantien um das Risiko der privaten Investoren abzudecken gebraucht. Ebenso soll die internationale Entwicklungshilfe als Druckmittel gegenüber Entwicklungsländern gewonnen werden, da oftmals nur so eine Liberalisierung von Wassermärkten erreicht werden kann.[20]
3.2 Die Weltwasservision
Die Ministererklärung des ersten WWFs in Marrakesch 1997 beauftragte den WWC mit der Ausarbeitung einer „Vision für Wasser, Leben und die Umwelt für das 21. Jahrhundert“[21]. Zu diesem Zweck gründete der WWC 1998 die Weltwasserkommission für das 21. Jahrhundert (World Commission on Water for the 21st Century, WCW).[22] Zusammen mit der Globalen Wasserpartnerschaft (Global Water Partnership, GWP), einer Organisation mit den selben Zielen des WWCs, die allerdings enger mit Regierungen und internationalen Entwicklungsinstitutionen zusammenarbeitet, wurde die Weltwasservision (World Water Vision, WWV) ausgearbeitet.[23] Für Public Services International ist die WWV die „Vision of Suez Lyonnaise des Eaux“[24], begründet durch die Tatsache, dass der Suez-Konzern (einer der Global Players im Wassergeschäft, siehe Kapitel 4.1.2) strategisch wichtige obere Plätze innerhalb des WWCs, der GWP sowie der WCW einnimmt[25]. Den Vorsitz für die Ausarbeitung der WWV hatte Ismail Serageldin, damaliger Vizepräsident der Weltbank und Vorsitzender der GWP, inne.[26] Veröffentlicht wurde die Vision pünktlich zum zweiten Weltwasserforum in den Niederlanden. Der Report sei nach der Konsultierung hunderter Organisationen und Experten entstanden.[27] Nicht befragt wurden Konsumentenorganisationen und Gewerkschaften.[28] Laut der WWV müssen Wasserdienstleistungen in vollem Umfang vom Verbraucher getragen werden, da sonst keine Attraktivität für Investitionen privater Unternehmen besteht, welche aber aufgrund ihres Kapitals und ihres technologischen Wissens unabdingbar seien. Der kostendeckende Preis würde auch einen Anreiz bieten neue und effizientere Technologien für die Wasserbereitstellung zu entwickeln. Direkte Subventionen an die Armen sind laut dem Report notwendig, diese könnten ihre Wasserrechnung aber auch mit Arbeitsleistungen begleichen. Für die Landwirte soll es keine Zuschüsse geben, auch wenn sie ohne diese kaum auf dem globalen Markt bestehen können. Das Problem werde durch den erforderlichen Subventionsabbau in den Industrieländern gelöst, da so ein echter Wettbewerb entstehe, zu dem auch die armen Länder einen Zugang hätten. Der Staat übernimmt in der WWV die Rolle des Regulators, der die Unternehmen auf die Einhaltung von Umwelt- und Wasserqualitätsstandards überwacht. Der Report berechnete zudem, dass 180 Milliarden US-Dollar jährlich bis zum Jahre 2025 in die Wasserversorgung investiert werden müssten. 2003 standen 70 bis 80 Milliarden US-Dollar zur Verfügung und die fehlende Summe von knapp 100 Milliarden US-Dollar soll von privaten Firmen aufgebracht werden.[29]
4. Die Akteure: Interessen und Strategien
An der Umsetzung der WWV beteiligt sind die Konzerne, die Nichtregierungsorganisationen (Non Governmental Organization, NGO) sowie die Regierungen. Die beiden größten Konzerne im Wassergeschäft sind Veolia Environment und Suez Environment. Die NGOs, die bei der Privatisierung in Entwicklungsländern eine entscheidende Rolle spielen, sind Weltbank, Internationaler Währungsfonds (International Monetary Fund, IMF) und Welthandelsorganisation (World Trade Organization, WTO). Die Regierungen sind schlussendlich diejenigen, die Verträge unterschreiben und dabei aus verschiedenen Gründen nicht in der Lage sind entsprechende Regulierungsmöglichkeiten zu verankern.
4.1 Transnationale Konzerne
Die beiden größten Versorger im Wassergeschäft, Veolia Environment und Suez Environment, sind sich laut ihren Internetpräsenzen durchaus bewusst, welche Verantwortung sie tragen und präsentieren sich als Entwicklungshelfer und Umweltdienstleister, statt als von Profitinteressen geleitete Konzerne. Die beiden französischen Firmen versorgen zusammen knapp 200 Millionen Menschen weltweit mit Wasser und kämpfen kontinuierlich um die Kontrolle über die Wassermärkte. Die Angst, dass private Unternehmen vollkommen andere Prioritäten setzen könnten als die öffentlichen, ist durchaus berechtigt. Nach der Logik eines privaten Unternehmens, also Aufwendungen senken und Erträge erhöhen, stellt ein Leck in der Leitung nicht zwangsläufig einen Handlungsgrund dar. Erst wenn die Kosten des Wasserverlustes höher sind als die Kosten einer Reparatur lohnt sich letztere wirtschaftlich, sodass ein ressourcenschonender Umgang von einem privaten Anbieter nicht erwartet werden kann. Die Konzerne versuchen zudem ihre Einnahmen abzusichern, indem sie ihre Wassergebühren an eine stabile Währung wie den Dollar koppeln (Währungsdifferenzen werden dann durch staatliche Zuschüsse, höhere Gebühren oder mit beidem ausgeglichen), indem sie sich Mindestabnahmen garantieren lassen oder indem sie sich, wie in Cochabamba geschehen (siehe Kapitel 5.1), Gewinne vertraglich sichern.
4.1.1 Veolia Environment
Veolia Water ist Marktführer im Wassersektor mit einem 2007 erzielten Umsatz von 10,9 Milliarden Euro.[30] Rund 131 Millionen Menschen weltweit werden von Veolia Water versorgt. Die Firma stellt die Wassersparte des Konzerns Veolia Environment (Umsatz 2007: 32,6 Milliarden Euro) dar, welcher in vielen Bereichen der Daseinsvorsorge tätig ist (darunter Abfallbehandlung, Energiedienstleistungen sowie Personenverkehr).[31] 1853 wurde die Gründung der Compagnie Générale des Eaux per kaiserliches Dekret veranlasst.[32] Paris (inklusive der Vororte), Lyon und Nantes erteilten Générale des Eaux bis 1869 Konzessionen für die Trinkwasserversorgung.[33] In den Folgejahren expandierte das Unternehmen erst in Europa, dann weltweit.[34] Nach der Übernahme kleinerer Firmen weitete sich das Geschäftsfeld auf andere Bereiche der Daseinsvorsorge aus und das Unternehmen benannte sich in Vivendi um.[35] 2000 fusionierte Vivendi mit Seagrams und Canal+ und gründete so den weltweit größten Mischkonzern seiner Art, was wiederum eine Namensänderung in Vivendi Universal zur Folge hatte. Vivendi Universal bestand aus zwei großen Bereichen, Vivendi Communication und Vivendi Environment. Während erstere in den Bereichen Telekommunikation und Medien aktiv war, befasste sich Vivendi Environment mit den Themen Wasser, Energie, Abfallmanagement und Transport.[36] 2002 wurden die Anteile an der Sparte Vivendi Environment auf 20,4 % reduziert, sodass das Unternehmen unabhängig wurde. Der Name wurde 2003 erneut geändert, diesmal in Veolia Environment und 2006 wurden die vier Teilbereiche in Veolia Environmental Services, Veolia Energy, Veolia Transport und Veolia Water umbenannt.[37] Mit seinen knapp 83.000 Mitarbeitern (davon fast 3.000 in Südamerika) erwirtschaftet Veolia Water etwas mehr als ein Drittel des gesamten Jahresumsatzes von Veolia Environment.[38] Das Unternehmen ist momentan in insgesamt sieben lateinamerikanischen Ländern an der Wasserversorgung beteiligt, da-runter in Argentinien (Tucumán), Brasilien (São Paulo), Chile (Santiago de Chile), Kolumbien (Bogota), Mexiko (Mexiko-Stadt und Tlanepantla), Puerto Rico (San Juan) und Venezuela.[39] Veolia Environment belegt bei den Fortune Global 500 Platz 153 der umsatzstärksten Unternehmen und konnte 25 Plätze seit dem vergangenen Jahr gut machen.[40]
[...]
[1] vgl. Auswärtiges Amt (2008): <http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Aussenpolitik/Themen/Menschenrechte/Wasser.html>, 14.08.08
[2] United Nations (2008), S. 2: <http://www.un.org/depts/german/millennium/mdg-ind-15jan08.pdf>, 15.08.08
[3] vgl. Wieczorek-Zeul (2003): <http://www.bmz.de/de/presse/reden/ministerin/2003/juni/rede02062003.html>, 14.09.08
[4] vgl. UNESCO (2006), S. 9: <http://www.unesco.org/bpi/wwdr/World_Water_Report_exsum_ger.pdf>, 14.09.08
[5] Barlow/Clarke (2003), S. 111
[6] vgl. Stadler/Hoering (2003), S. 46
[7] ebd.
[8] Helvetas (2005), S. 3: <http://www.helvetas.ch/global/pdf/topic/wasser/0202_wasserkonferenzen.pdf>, 07.08.08
[9] vgl. Stadler/Hoering (2003), S. 46
[10] ebd., S. 47
[11] Smith (1978), S. 371
[12] World Water Council: <http://www.worldwatercouncil.org/index.php?id=92>, 14.08.08
[13] vgl. ebd., 14.08.08
[14] vgl. Stadler/Hoering (2003), S. 47
[15] Public Services International (2000), S. 1: <www.psiru.org/reports/2000-03-W-Hclub.doc>, 14.09.08
[16] vgl. International Rivers Network (2005), S. 1: <http://www.menschen-recht-wasser.de/downloads/Hintergrund_Weltwasserforum.pdf>, 14.09.08
[17] vgl. Barlow/Clarke (2003), S. 198
[18] vgl. Castritius (2006): <http://www.tagesschau.de/ausland/meldung127316.html>, 07.08.08
[19] World Water Council: <http://www.worldwatercouncil.org/index.php?id=6>, 07.08.08
[20] vgl. International Rivers Network (2005), S. 1: <http://www.menschen-recht-wasser.de/downloads/Hintergrund_Weltwasserforum.pdf>, 14.09.08
[21] Stadler/Hoering (2003), S. 48 f.
[22] vgl. ebd., S. 49
[23] <http://www.menschen-recht-wasser.de/downloads/Hintergrund_Weltwasserforum.pdf>, 14.09.08
[24] Public Services International (2000), S. 5: <www.psiru.org/reports/2000-03-W-Hclub.doc>, 14.09.08
[25] vgl. ebd., 14.09.08
[26] vgl. Serageldin (2000), S. 69: <http://www.serageldin.com/CommissionReport.pdf>, 15.09.08
[27] vgl. Stadler/Hoering (2003), S. 49 ff.
[28] vgl. Public Services International (2000), S. 2: <www.psiru.org/reports/2000-03-W-Hclub.doc>, 15.09.08
[29] vgl. Stadler/Hoering (2003), S. 53 ff.
[30] <http://www.veoliawasser.de/de/international/Zahlen-Daten-Fakten/>, 16.08.08
[31] vgl. Veolia Wasser: <http://www.veoliawasser.de/de/international/veolia-environment/>, 16.08.08
[32] vgl. Stadler/Hoering (2003), S. 72
[33] vgl. Rosa-Luxemburg-Stiftung: <http://www.rosalux.de/cms/index.php?id=10663>, 17.08.08
[34] vgl. Stadler/Hoering (2003), S. 72
[35] vgl. Veolia Water: <http://www.veoliawater.co.uk/en/aboutus/history/>, 17.08.08
[36] vgl. Barlow/Clarke (2003), S. 148
[37] vgl. Veolia Water: <http://www.veoliawater.co.uk/en/aboutus/history/>, 16.08.08
[38] vgl. Veolia Wasser: <http://www.veoliawasser.de/de/international/Zahlen-Daten-Fakten/>, 16.08.08
[39] vgl. Veolia Environment: <http://www.veolia.com/en/group/locations/index2.aspx?&area=2&activity=1>, 17.08.08
[40] vgl. Fortune (2008): <http://money.cnn.com/magazines/fortune/global500/2008/snapshots/11102.html>, 17.08.08
- Citation du texte
- Anonyme,, 2008, Wasserprivatisierung in Lateinamerika. Akteure, Strategien, Widerstand, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/315180
-
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X.