Der Leistungssport in Deutschland genießt einen hohen Stellenwert und ist ein Bestandteil unserer Gesellschaft geworden. Dank der langjährig entwickelten Struktur des deutschen Leistungssportkonzeptes spielen auch die deutschen Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei internationalen Wettkämpfen eine bedeutende Rolle in der Welt des Spitzensports.
Überlegungen zum aktuellen Spitzensportfördermodell Olympiastützpunkte wurden von Seiten des Deutschen Sportbundes bei Betrachtung des schlechten Medaillenspiegels der deutschen Mannschaft nach den Olympischen Winterspielen 1984 in Sarajevo und den Sommerspielen 1984 in Los Angeles in Erwägung gezogen. Man musste feststellen, dass die Sportvereine und bisherigen bundesweiten Fördereinrichtungen keine optimale Betreuung für einen konsequenten sportlichen Leistungsaufbau bundesdeutscher Spitzensportler liefern konnte. Um die deutsche Präsenz im internationalen Vergleich zu gewährleisten, entwickelte der Deutsche Sportbund zusammen mit dem Bundesausschuss für Leistungssport das Konzept der Olympiastützpunkte.
Der Organisationszweck der Stützpunkte ist die Erreichung sportlicher Höchstleistungen und soll mit Hilfe sozialer und gesundheitlicher Betreuung optimiert werden. In diesem Sinne werden an jedem Olympiastützpunkt wissenschaftliche Serviceeinrichtungen angeboten, die von den Spitzensportlern nach Belieben in Anspruch genommen werden können.
Ob die Aufgaben und das Konzept der Serviceleistungen auch aus Sicht der Spitzensportler eine optimale Betreuung gewährleisten, gilt es mit dieser Arbeit zu untersuchen.
Inhaltsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Tabellenverzeichnis im tabellarischen Anhang
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einführung
2. Problemdarstellung
2.1 Forschungsstand
2.2 Ziel der Untersuchung
2.3 Formulierung der Fragestellung
3.Methodik
3.1 Forschungsmethode
3.1.1 Bereitstellung der Daten
3.1.2 Auswahl der empirischen Methode
3.2 Untersuchungsplan/design
3.2.1 Darstellung und Begründung des Untersuchungsdesigns
3.2.2 Beschreibung der konkreten Rahmenbedingungen
3.3 Datenauswertung (Methoden und Datenbearbeitung und analyse)
4. Darstellung der Ergebnisse
4.1 Serviceleistungen allgemein
4.2 Sportmedizinische Betreuung
4.2.1 Wahrgenommenes Vorhandensein der sportmedizinischen Leistungen
4.2.2 Nutzung der sportmedizinischen Betreuungsbereiche
4.2.3 Häufigkeit der Nutzung sportmedizinischer Betreuungsbereiche
4.2.4 Anpassung der sportmedizinischen Betreuung nach Verletzungen
4.2.5 Gründe für die Nichtinanspruchnahme sportmedizinischer Leistungen
4.2.6 Zufriedenheit mit der Qualität sportmedizinischer Leistungen
4.2.7 Veränderung der persönlichen Betreuungssituation
4.3 Laufbahnberatung
4.3.1 Wahrgenommenes Vorhandensein der Laufbahnberatung
4.3.2 Nutzung einzelner Bereiche der Laufbahnberatung
4.3.3 Veranlassung der Nutzung der Laufbahnberatung
4.3.4 Gründe für die Nichtinanspruchnahme der Laufbahnberatung
4.3.5 Zufriedenheit mit der Qualität der Laufbahnberatung
4.3.6 Veränderung der persönlichen Betreuungssituation
5. Diskussion
5.1 Kritische Bewertungen der empirischen Ergebnisse und Bezug zu Untersuchungszielen und Hypothesen
5.1.1 Bewertung der Nutzungsstruktur und Qualitätseinschätzung der medizinischen und paramedizinischen Leistungen aus Athletensicht
5.1.2 Bewertung der Nutzungsstruktur und Qualitätseinschätzung der Laufbahnberatung aus Athletensicht
5.2 Kritische Bewertung theoretischer Ergebnisse und Bezug zu Untersuchungszielen
5.3 Bewertung der Ergebnisse in Bezug auf den Forschungsstand
6. Zusammenfassung und Ausblick
7. Literaturverzeichnis
8. Anhang
8.1 Tabellarischer Anhang
8.2 Dokumentenanhang (Fragebögen) fehlt im PDF Format!!!
Tabellenverzeichnis
Tab. 1 Verteilung Kader der Stichprobe des ersten Querschnitts
Tab. 2 Verteilung der Kader der Stichprobe des zweiten Querschnitts
Tab. 3 Verteilung der Nutzung der betreuten Athleten auf die einzelnen Kader
Tab. 4 Häufigkeit der Inanspruchnahme sportmedizinischer Leistungen
Tab. 5 Gründe für die Nichtinanspruchnahme sportmedizinischer Leistungen im ersten und zweiten Querschnitt
Tab. 6 Gründe für die Nichtinanspruchnahme paramedizinischer Betreuungsleistungen im ersten und zweiten Querschnitt
Tab. 7 Nutzung der einzelnen Serviceleistungen der Laufbahnberatung
Tab. 8 Verteilung der Nutzung der betreuten Athleten auf die einzelnen Kader
Tab. 9 Gründe für die Nichtinanspruchnahme der Laufbahnberatung im ersten und zweiten Querschnitt
Tabellenverzeichnis im tabellarischen Anhang
Tab. 1 Vergleich der Kaderverteilung in der Gesamtpopulation, Stichprobe und Rücklauf im ersten Querschnitt
Tab. 2 Vergleich der Kaderverteilung in der Gesamtpopulation, Stichprobe und Rücklauf im zweiten Querschnitt
Tab. 3 Vergleich der Kaderverteilung in der Gesamtpopulation, Stichprobe und Rücklauf des Längsschnitts
Tab. 4 Verhältnis der Grundgesamtheit im ersten und zweiten Querschnitt
Tab. 5 Verteilung der an Olympiastützpunkt betreuten Athleten auf die einzelnen Kader
Tab. 6 Nutzung der Betreuungsbereiche während des Zeitraumes des ersten und zweiten Querschnittes
Tab. 7 Wahrgenommenes Vorhandensein der sportmedizinischen Leistungen
Tab. 8 Anpassung der sportmedizinischen Betreuung nach Verletzungen
Tab. 9 Zufriedenheit mit der Qualität der sportmedizinischen Leistungen im ersten und zweiten Querschnitt
Tab. 10 Veränderung der persönlichen Betreuungssituation an Olympiastützpunkten seit Zugehörigkeit im ersten und zweiten Querschnitt
Tab. 11 Wahrgenommenes Vorhandensein der Laufbahnberatung
Tab. 12 Veranlassung der Nutzung der Laufbahnberatung
Tab. 13 Zufriedenheit mit der Qualität der Laufbahnberatung im ersten und zweiten Querschnitt
Tab. 14 Veränderung der persönlichen Betreuungssituation an Olympiastützpunkten seit Zugehörigkeit im ersten und zweiten Querschnitt
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1 Diskrepanzen in der wahrgenommenen Dienstleistungsqualität
Abb. 2 Bundeskaderverteilung von Population und Rücklauf im Vergleich
Abb. 3 Nutzung der einzelnen Betreuungsbereiche
Abb. 4 Wahrgenommenes Vorhandensein der sportmedizinischen Leistungen im ersten Querschnitt
Abb. 5 Wahrgenommenes Vorhandensein der sportmedizinischen Leistungen im zweiten Querschnitt
Abb. 6 Nutzung der sportmedizinischen Leistungen im ersten und zweiten Querschnitt
Abb. 7 Häufigkeit der Inanspruchnahme sportmedizinischer Leistungen während des ersten und zweiten Querschnittes
Abb. 8 Anpassung der sportmedizinischen Betreuung am Olympiastützpunkt nach Verletzungen
Abb. 9 Zufriedenheit mit der Qualität der sportmedizinischen Betreuung
Abb. 10 Veränderung der persönlichen Betreuungssituation an Olympiastützpunkten seit der Zugehörigkeit
Abb. 11 Wahrgenommenes Vorhandensein der Laufbahnberatung im Vergleich erster und zweiter Querschnitt
Abb. 12 Veranlassung und Nutzung der Laufbahnberatung im ersten und zweiten Querschnitt
Abb. 13 Zufriedenheit mit der Qualität der Laufbahnberatung betreuter Athleten im ersten und zweiten Querschnitt
Abb. 14 Veränderung der Betreuungssituation betreuter Athleten seit Zugehörigkeit des Olympiastützpunktes
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einführung
Der Leistungssport in Deutschland genießt einen hohen Stellenwert und ist ein Bestandteil unserer Gesellschaft geworden. Dank der langjährig entwickelten Struktur des deutschen Leistungssportkonzeptes spielen auch die deutschen Teilnehmerinnen und Teilnehmer1 bei internationalen Wettkämpfen eine bedeutende Rolle in der Welt des Spitzensports.
Überlegungen zum aktuellen Spitzensportfördermodell Olympiastützpunkte wurden von Seiten des Deutschen Sportbundes bei Betrachtung des schlechten Medaillenspiegels der deutschen Mannschaft nach den Olympischen Winterspielen 1984 in Sarajevo und den Sommerspielen 1984 in Los Angeles in Erwägung gezogen. Man musste feststellen, dass die Sportvereine und bisherigen bundesweiten Fördereinrichtungen keine optimale Betreuung für einen konsequenten sportlichen Leistungsaufbau bundesdeutscher Spitzensportler liefern konnte. Um die deutsche Präsenz im internationalen Vergleich zu gewährleisten, entwickelte der Deutsche Sportbund zusammen mit dem Bundesausschuss für Leistungssport das Konzept der Olympiastützpunkte (vgl. Emrich & Oberst 1992, S. 9).
1986/1987 entstanden in den alten Bundesländern die ersten Olympiastützpunkte in Ballungsräumen mit adäquater Sportstättenstruktur. Bis heute existieren 20 dieser Fördereinrichtungen, die flächendeckend in der ganzen Bundesrepublik Spitzensportlern die Möglichkeit für eine umfangreiche sportliche Betreuung bieten.
Jene Spitzensportfördereinrichtungen orientierten sich an den ehemaligen zentralistisch organisierten Sportstätten der DDR, und es entstanden föderalistisch organisierte Einrichtungen in der Bundesrepublik. Jeder Olympiastützpunkt besitzt ein eigenes Kuratorium, welches vom Bundesministerium des Inneren geführt wird. Die Finanzierung setzt sich zusammen aus Geldern „des Bundesministeriums des Inneren, der Länder, der Landessportbände, der Deutschen Sporthilfe und der Kommunen“ (Röthig & Prohl, i. Dr.). Die Koordination und Kontrolle aller Olympiastützpunkte erfolgt seitens des Bereiches Leistungsport im Deutschen Sportbundes (vgl. Röthig & Prohl, i. Dr.).
Die Entscheidung eines Athleten für den Leistungssport bedeutet hohe physische und psychische Belastungen in Training und Wettkampf. Die Athleten haben die Aufgabe ihre trainingswissenschaftlichen, sozialen und medizinischen Ansprüche zeitlich so zu optimieren, dass sie in der Lage sind, sich in höchstmöglichem Maße auf ihre Spitzensportkarriere zu konzentrieren (vgl. Emrich & Pitsch 2002, S. 16).
Die Berufsrolle des Leistungssportlers erfordert Unterstützung innerhalb und außerhalb des Sports. Deshalb wird seitens der Olympiastützpunkte „(…) ein komplexer Betreuungs- und Beratungsservice sowohl zur Optimierung des tägliches Trainings wie auch zur Optimierung des Trainings anlässlich zentraler Lehrgangsmaßnahmen organisiert.“ (Röthig & Prohl, i. Dr.). Der Athlet erhält somit eine intensive Unterstützung seiner sportlichen Karriere. Eine optimale Steuerung des trainingsbezogenen Umfeldes bietet den Athleten Entlastung und ermöglicht ihnen die Konzentration auf die Rolle des Spitzensportlers.
Insgesamt werden ca. 3500 Sportler für 26 Olympische Sommer- und 6 Olympische Wintersportfachverbände betreut (vgl. o. V., o. J., S. 6). Die Realisierung des Konzeptes Olympiastützpunkte verlangt die Kooperation von Gremien einer Region (Vereine, Landesfachverbände, Landessportbund) genauso wie die von Athleten und deren Trainern.
„Organisation, Einrichtung und Ausstattung dieser Olympiastützpunkte müssen so gehalten sein, dass sie (…) eine anregende Atmosphäre für den Hochleistungssport sichern (…) und den Sportlerinnen und Sportlern das Gefühl eines Zuhauses geben. Es ist das Ziel, damit eine zentrale Kommunikationsstelle für alle beteiligten Athleten, Trainer, Betreuer und Funktionäre zu schaffen“ (DSB 1985, S.24, zitiert nach Emrich, Pitsch, Wadsack 1994, S. 152).
Der Organisationszweck ist die Erreichung sportlicher Höchstleistungen und soll mit Hilfe sozialer und gesundheitlicher Betreuung optimiert werden (vgl. Röthig & Prohl, i. Dr.). In diesem Sinne werden an jedem Olympiastützpunkt wissenschaftliche Serviceeinrichtungen angeboten, die von den Spitzensportlern nach Belieben in Anspruch genommen werden können. Im Einzelnen ist das Leistungsprofil der angebotenen Betreuungsangebote an Olympiastützpunkte wie folgt aufgebaut:
Die Serviceeinrichtungen unterteilen sich in zwei Bereiche: die Förderung mit direktem Sportbezug und jene mit indirektem Bezug zum Sport (vgl. Emrich 1993, S. 127). Im direkten Zusammenhang zum Sport stehen die medizinische und biomechanische Leistungsdiagnostik als Trainingsvoraussetzung. Als trainings- und wettkampfbegleitende Maßnahmen gelten die medizinische Betreuung, Physiotherapie, Krankengymnastik, Ernährungsberatung und die psychologische Betreuung. Leistungsdiagnostik und Sportmedizin sind die Grundbausteine für sportliche Höchstleistung, aber auch die psychischen Vorraussetzungen werden geschult, um die Sportler mental auszubilden. Ebenfalls hat jeder Sportler die Möglichkeit eine individuell auf ihn abgestimmte Ernährungsberatung zu nutzen.
Neben diesen Leistungen wird auch auf die Laufbahnberatung und soziale Betreuung großen Wert gelegt. „Die Lebensführung leistungssportlich engagierter Jugendlicher (…) stellt angesichts großer physischer, psychischer und zeitlicher Belastungen hohe Anforderungen, verschiedene Lebensbereiche zu koordinieren“ (Fessler, Frommknecht, Kaiser, Renna, Schorer & Binder 2002, S. 54).
Eine langfristig aufgebaute Laufbahnberatung ist genauso wichtig wie das soziale Umfeld eines jeden Sportlers mit dem Leistungssport abzustimmen und der Harmonisierung verschiedener Erwartungen beizuwirken (vgl. Emrich 1993, S. 127/128).
Ob die Aufgaben und das Konzept der Serviceleistungen auch aus Sicht der Spitzensportler eine optimale Betreuung gewährleisten, gilt es mit dieser Arbeit zu untersuchen.
2. Problemdarstellung
2.1 Forschungsstand
Die Leistungsfähigkeit von Olympiastützpunkten, welche als wichtigstes Fördermodell im deutschen Spitzensport gelten, ist Ausgangspunkt einiger Diskussionen. Daher beschäftigen sich zahlreiche Untersuchungen und Veröffentlichungen damit, ob die angebotene Betreuung optimal ist, oder ob eventuelle Interventionen im Bereich der Betreuung von Spitzensportlern zu Verbesserungen führen könnten.
Emrich (1996b) setzte sich mit Nutzung und Qualität der sportlichen Betreuung an Olympiastützpunkten im Rahmen einer „Soziologie dieser Fördereinrichtungen“ auseinander. Der Grundgedanke war, anhand empirischer Daten, das Gesamtsystem Olympiastützpunkt zu evaluieren. Die Evaluation basierte unter anderem auf einer Athletenbefragung, die mittels eines umfangreichen Fragebogens durchgeführt wurde. Mit diesem befragte Emrich Kaderathleten nach Angebot und Nutzung, Nichtinanspruchnahme und Einschätzung ausgewählter Servicebereiche. Es ist sinnvoll relevante Ergebnisse jener Untersuchung mit denen in dieser Arbeit ermittelten in Bezug zu setzten und zu vergleichen, denn sie wurden mit einem größtenteils identischen Fragebogens durchgeführt. Ein Großteil der Untersuchungen Emrichs befasste sich ebenfalls mit der Nutzungsstruktur und Servicequalität der an Olympiastützpunkten angebotenen Betreuungsleistungen.
Weiterhin beschäftigt sich eine Reihe von Veröffentlichungen mit der Leistungsfähigkeit einzelner Serviceleistungen, die vor allem die Laufbahnberatung und medizinischen Betreuung betreffen. Emrich, Altmeyer, Papathanassiou und Pitsch setzen sich des Öfteren mit der Nutzung und Qualität der Laufbahnberatung und dem Aufgabenbereich des Laufbahnberaters auseinander (1989, 1990, 1992, 1996).
Hackfort und Schlattmann stellen das umfangreiche Aufgabenspektrum des Laufbahnberaters dar (1992).
Eine exemplarische Umsetzung am Beispiel einer konkreten Karriereplanung liefert Stumpe (1998). Ebenfalls existieren mehrere Studien, die sich mit dem Dilemma des Spannungsfeldes Leistungssport und der schulisch oder beruflichen Weiterbildung befassen (vgl. Völp 1991; Brettschneider, Heim, Klimek 1998).
Aktuelle Ergebnisse über die Betreuungsqualität an Olympiastützpunkten werden von Emrich, Pitsch und Fröhlich veröffentlicht (i. Dr.). Sie setzen sich im Rahmen der Evaluierung der Olympiastützpunkte mit der Fortschreibung von Daten zur Betreuungssituation aus den Jahren 1990 und 1992 für das Jahr 1999 auseinander (vgl. Emrich et al. 1994; Emrich 1996b).
Grundlage einer baldigen Veröffentlichung von Fröhlich und Emrich (i. Dr.) sind ebenfalls die Daten der Befragung aus dem Jahre 1999. Schwerpunktmäßig wird hierbei die Struktur und Funktion der Laufbahnberatung analysiert.
Die bereits veröffentlichten Ergebnisse zur Evaluierung von Olympiastützpunkten bieten hilfreiche Aspekte und Anregungen und gelten als ein Grundbaustein für diese Arbeit.
Vor dem Hintergrund der bereits stattgefunden Untersuchung 1990 und 1992 (vgl. Emrich 1996b) liefern die aktuellen Befragungszeitpunkte 1999 und 2002 die Möglichkeit, neueste Daten der sportmedizinischen Betreuung und der Laufbahnberatung miteinander zu vergleichen und aufgetretene Veränderungen während dieses Zeitraumes darzustellen.
2.2 Ziel der Untersuchung
Ziel dieser Arbeit ist es, die Betreuungsqualität der sportmedizinischen Betreuung sowie der Laufbahnberatung in den Jahren 1999 und 2002 aus Sicht der Athleten darzustellen und zu beurteilen, genauso wie Veränderungen während der beiden Erfassungszeiträume hervorzuheben. Diese Untersuchung evaluiert demnach nicht die komplette Fördereinrichtung Olympiastützpunkt, sondern nur Teilelemente des Systems.
Einerseits beziehen sich die Veränderungen in diesem Zeitraum bezüglich der auserwählten Serviceeinrichtungen auf die Beurteilung der Angebotsund Nutzungsstruktur der Betreuungsbereiche aus Athletensicht. Andererseits wird die subjektive Einschätzung der Serviceleistungsqualität von Seiten der Athleten erfragt.
Bevor die Dimensionen des Qualitätsbegriffes weiter erörtert werden, ist es sinnvoll die Olympiastützpunkte als soziales Gebilde der Bezeichnung der Organisation zu unterziehen und den Sinn einer solchen darzustellen. Die Aufgabe einer Organisation ist es, durch strukturiertes Zusammenarbeiten von Personen und Inanspruchnahme von Hilfsmitteln ein zufrieden stellendes Ergebnis oder einen Zustand zu erreichen (vgl. Korte & Schäfer 2000, S. 150/151). Die Olympiastützpunkte, als eine Nonprofit2 Organisation, verfolgen mit teils haupt- teils nebenamtlichen Kräften das Ziel der Leistungsverbesserung bundesdeutscher Kaderathleten mit Hilfe von angebotenen Betreuungsleistungen. Die Organisationsstruktur jener Einrichtung ist einerseits demokratisch im Hinblick auf Entscheidungen der Trägerschaft und hierarchisch im Hinblick auf die hauptamtlichen angestellten Kräfte (vgl. Emrich 1996b, S. 105 ff.).
Angesichts der Erläuterung des Begriffes der Organisation entsteht die Problematik der Qualitätsbeurteilung dieses komplexen Systems. Im weiteren Verlauf wird deutlich, dass diese Arbeit lediglich die Beurteilung einiger Teilelemente hinsichtlich ihrer Qualität zulässt. An dieser Stelle entsteht die Problematik des nicht eindeutig festlegbaren Qualitätsbegriffes. Laut Brockhaus-Enzyklopädie ist Qualität, wirtschaftlich gesehen, „die Beschaffenheit einer (…) Dienstleistung nach ihren
Unterscheidungsmerkmalen gegenüber anderen (..) Dienstleistungen, nach
ihren Vorzügen oder Mängeln.“ (Bd. 17, 1992, S. 663). In dieser
Untersuchung gelten die angebotenen Betreuungsleistungen im erweiterten Sinne als eine Dienstleistung und sollen aus Sicht der Athleten nach Präferenzen und Unzulänglichkeit bestimmter Erwartungsaspekte beurteilt werden.
Das Problem der Beurteilung der Qualität zeigt sich bei dem Hinweis auf die verschiedenen Dimensionen dieses Begriffes. In dieser Arbeit nicht berücksichtig werden zum einen objektive und normative Aspekte der Qualität, inwieweit beispielsweise die Kompetenz der Angestellten oder die professionsgemäße reelle Nutzung angebotener Serviceeinrichtungen ihre qualitativen Zielsetzungen erreichen. Überprüfbar wäre dieser Aspekt mit Hilfe systematischer Zielsetzungen und Überprüfung der Erfüllbarkeit der aufgestellten Richtlinien (vgl. Emrich et al., i.Dr.).
Zum anderen bleibt die instrumentelle Dimension außen vor. Dabei wäre zu bewerten inwieweit das Ziel der zu untersuchenden Dienstleistungen implizit verfolgt wird. Unter diesem Aspekt wäre beispielsweise zu prüfen, ob sich die Zielvariable „sportlicher Erfolg“ in Abhängigkeit von der Variable der „Betreuungsintensität“ verändert.
Die in dieser Untersuchung zu beurteilende Dimension ist die subjektive Wahrnehmung der Serviceleistungsqualität aus Sicht der Athleten. Diese basiert auf Informationen über das Vorhandensein, die Nutzungsstruktur der angebotenen Leistungen und subjektives Empfinden der Leistungsqualität (vgl. Emrich et al., i.Dr.).
Die subjektive Dimension spielt eine entscheidende Rolle bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit von Olympiastützpunkten. Denn im Mittelpunkt des eigentlichen Ziels der Organisation, nämlich die sportliche Leistungssteigerung von Spitzensportlern, steht allein der Athlet.
Als ein maßgeblicher Anhaltspunkt der Qualitätsbetrachtung gelten die von Emrich et al. (i.Dr.) dargestellten Diskrepanzen in der wahrgenommenen Dienstleistungsqualität von Olympiastützpunkten. Hierbei bietet das GAP - Modell der Dienstleistungsqualität von Parasuraman, Zeithaml und Berry (1988, S. 36) eine Orientierungsgrundlage für die Qualitätswahrnehmung aus Athletensicht. Bei dem Prozess und der Übertragung von Servicequalität entstehen 5 GAPS (Lücken). Diese stellen Diskrepanzen zwischen der Erwartungshaltung seitens der Athleten und derjenigen der Organisation dar und beeinflussen somit die Steuerung der Qualitätseinschätzung aus Athletensicht (vgl. Abb. 1).
Ausgangspunkt sind die Athletenerwartungen in Bezug auf die erwartete Betreuung. Diese Erwartungen setzen sich aus „Mund - zu - Mund Kommunikation“, „individuellen Bedürfnissen“ und „Vorerfahrungen“ (Emrich et al., i.Dr.) zusammen. Diesbezüglich ergeben sich verschiedenartige GAPS bei der Beurteilung der Betreuungsqualität, von denen die von Athleten wahrgenommene Qualität abhängt. Es erscheint daher sinnvoll diese GAPS kurz zu erläutern:
GAP 1: Diskrepanz zwischen Athletenerwartungen und den vom Management wahrgenommenen Athletenerwartungen.
GAP 2: Diskrepanz zwischen denen vom Management wahrgenommenen Athletenerwartungen und der Spezifikation der angebotenen Betreuung.
GAP 3: Diskrepanz zwischen der Spezifikation der Betreuungsqualität und der reellen Umsetzung der angebotenen Leistung.
GAP 4: Diskrepanz zwischen der angebotenen Betreuungsleistung und der an den Athleten gerichteten Kommunikation über diese Leistung.
GAP 5: Setzt sich zusammen aus den vier bisher genannten GAPS und definiert so die Diskrepanzen, die zwischen Athletenerwartungen und Einschätzung der Qualität einer tatsächlich angebotenen Betreuungsleistung zustande kommen (vgl. Parasuraman al. 1988, S. 35/36; Emrich et al., i. Dr.).
Die konkrete Umsetzung des Modells wird im späteren Zusammenhang mit der tatsächlichen Einschätzung der Betreuungsqualität aus Sicht der Athleten detailliert diskutiert.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Diskrepanzen in der wahrgenommenen Dienstleistungsqualität
(Emrich et al., i. Dr.)
Ähnliche Denkmodelle zur Qualitätserfassung stammen von Badelt (1999, S. 473), der jedoch eher im wirtschaftlichen Sinne die Dimensionen des Qualitätsbegriffes erläutert.
Ein weiteres Ziel bei der Beurteilung der Athletenbefragung ist es, den Nutzungsgrad der Betreuungsleistungen hinsichtlich wert- und zweckrationaler Handlungsebenen3 seitens der Athleten zu diskutieren. Athleten stehen unter dem permanenten Druck der Leistungssteigerung. Es reicht nicht eine erarbeitete Leistung zu erhalten, entscheidend für den sportlichen Erfolg ist eine Steigerung.
Vor allem durch die erschwerte Problematik, dass die zeitlichen Phasen der sportlichen Höchstleistung - bis auf einige Ausnahmesportarten - nur in einem kurzen Lebensabschnitt erbracht werden (vgl. Emrich 1996b, S. 36). Besonders im Leistungssport, in dem Erfolg die finanzielle Situation eines Athleten beeinflusst, herrscht ein enormer Erfolgsdruck auf einzelnen Athleten. Dazu kommt die psychische Belastung auf den Termin genau die trainierte Leistung zu erbringen (vgl. Emrich 1996b, S. 43).
Inwieweit dieser Leistungsdruck einen Einfluss auf das soziale Handeln der Athleten hat, ist fraglich und wird zu späterem Zeitpunkt erörtert.
Die Berufsrolle des Leistungssportlers bedeutet einen hohen Zeitaufwand. Es liegt demnach nahe, die Ausprägung des Faktors Zeit bei der Nutzung der angebotenen Serviceleistungen zu diskutieren. Ein falsch eingesetztes Zeitbudget kann eine rationalisierte Inanspruchnahme der Betreuungsleistungen bedeuten.
Mit Hilfe der in dieser Arbeit verwendeten Daten wird es möglich eine Beurteilung anhand vorgegebener Organisationsstrukturen der Olympiastützpunkte und empfundener Betreuung der einzeln angebotenen Serviceleistungen aus Athletensicht vorzunehmen.
Diese empirische Untersuchung ermöglicht den Bezug auf verlässliche Daten und lässt weitere Rückschlüsse auf die Leistungsfähigkeit einzelner Teilelemente der Organisation der Olympiastützpunkte zu.
2.3 Formulierung der Fragestellung
Der Begriff der Betreuungsqualität ist, wie erläutert, breit gefächert und somit schwierig zu erfassen.
Emrich und Pitsch teilen die Betreuungsqualität in mehrere Bewertungsbereiche ein. Inwieweit Athleten die ihnen angebotenen Serviceleistungen in Anspruch nehmen und wie häufig. Falls sie nicht in Anspruch genommen werden, aus welchem Grund nicht? Um weiterhin die Bewertung der Qualität zu konkretisieren, ist es wichtig, dass Athleten die Zufriedenheit der Leistungen beurteilen und falls empfunden, Veränderungen der persönlichen Betreuungssituation vermerken (vgl. Emrich & Pitsch 1992,S. 30). Die Erfassungskriterien der Betreuungsqualität sind somit sinnvollerweise zu übernehmen.
Evaluationsobjekte sind in dieser Arbeit die sportmedizinische Betreuung und die Laufbahnberatung als ausgewählte Servicebereiche.
Vereinzelt erscheint es sinnvoll die verschiedenen Kader separat zu betrachten, denn je nach Kadereinteilung sind unterschiedliche Nutzungshäufigkeiten zu erwarten.
Folglich ergibt sich die Fragestellung der Untersuchung:
Welche Betreuungsqualität haben ausgewählte Serviceeinrichtungen an Olympiastützpunkten aus der Sicht der Athleten in den Betreuungszeiträumen 1999 und 2002? Hat sich die Betreuungssituation während dieses Zeitraumes verändert?
Erarbeitet und dargestellt werden schwerpunktmäßig die Ergebnisse der medizinischen Betreuung und Laufbahnberatung. Gegenstand der Untersuchung sind die Kaderathleten der Bundesrepublik Deutschland.
In Anlehnung an die Fragestellung und den zu diskutierenden Problembereich ergeben sich folgende Hypothesen:
Leithypothese:
H1: Die Betreuungssituation an den Olympiastützpunkten hat sich in ausgewählten Betreuungsbereichen aus Sicht der Athleten zwischen 1999 und 2002 verändert.
Präzisionshypothesen der einzelnen Serviceleistungsbereiche:
H11: Die sportmedizinische Betreuung an den Olympiastützpunkten hat sich aus Sicht der Athleten zwischen 1999 und 2002 verändert. H12: Die paramedizinische Betreuung an den Olympiastützpunkten hat sich aus Sicht der Athleten zwischen 1999 und 2002 verändert. H13: Die Laufbahnberatung an den Olympiastützpunkten hat sich aus Sicht der Athleten zwischen 1999 und 2002 verändert.
3.Methodik
3.1 Forschungsmethode
3.1.1 Bereitstellung der Daten
Die kompletten Daten der Kaderuntersuchungen aus den Jahren 1999 und 2002 wurden mir im Rahmen des Forschungsprojektes „Wirksamkeit Fördersysteme“ freundlicherweise vom Institut für Sportwissenschaften der Johann Wolfgang Goethe Universität Frankfurt am Main, Lehrstuhl der Sportsoziologie, zur Verfügung gestellt.
Mit Hilfe eines standardisierten Fragebogens fanden postalische Kaderunterbefragungen statt. Der für diese Untersuchungen verwendete Fragebogen ist für die Befragung 1990 konstruiert worden, die sich mit dem gleichen Forschungsprojekt befasste, und wurde seitdem nur geringfügig verändert.
Für diese Arbeit wurden nicht alle Fragen des umfangreichen 20seitigen Fragebogens ausgewertet, sondern lediglich die im zweiten Abschnitt des Bogens gestellten Fragen über die einzelnen Serviceleistungen (Fragebogen 1999: Fragen 26 - 50 und 2002: Fragen 30 - 46).
Bei der 1999 durchgeführten Befragung überarbeitete und präzisierte man den verwendeten Fragebogen in einzelnen Bereichen. In dem in dieser Arbeit ausgewerteten Bereich sind jedoch keine Veränderungen in dem Zeitraum 1999 bis 2002 zu verzeichnen. Deshalb wird auf eine detaillierte Auflistung der Fragen hier verzichtet. Die kompletten Fragebögen aus den Jahren 1999 und 2002 befindet sich im Anhang (vgl. Dokumentenanhang).
Bereitgestellt wurden mir die Daten in STATISTICA und EXCEL Dateien, welche die elektronische Datenverarbeitung und Kodierung schon umfassten.
3.1.2 Auswahl der empirischen Methode
Als Datenerhebungstechnik wurde ein standardisierter Fragebogen gewählt, welcher nach einzelnen Fragebereichen untergliedert war. Der erste Teil des Bogens umfasst Fragen zur sozialen Situation, sportlichen Karriere, Sportart und Trainingssituation.
Der zweite Teil des Fragebogens, der die Betreuungsbereiche an Olympiastützpunkten betrifft, ist in einzelne Fragebereiche untergliedert. Der Athlet wird für jeden Servicebereich gesondert nach Vorhandensein des jeweiligen Bereiches, Nutzung, Nutzungshäufigkeit befragt und falls eine Nichtinanspruchnahme vorliegt, wird der Athlet aufgefordert die jeweilige Begründung hierfür zu benennen.
Dem Bereich der sportmedizinischen Betreuung werden spezielle Fragen über die Verletzungshäufigkeit hinzugefügt und auf Grund der Vielschichtigkeit der Laufbahnberatung wird hierbei differenziert nach der Nutzung einzelner Angebotsleistungen gefragt.
Anschließend werden die Athleten nach ihrer Einschätzung der Qualität der Servicebereiche gefragt, wobei sie die Möglichkeit hatten auf einer Skala von „sehr unzufrieden“ bis „sehr zufrieden“ (-2 = „sehr unzufrieden“ bis 2 = „sehr zufrieden“) ihre Antwort einzuordnen.
Auf einer anderen Skala sollten sie die Veränderung ihrer persönlichen Betreuungssituation von „stark verschlechtert“ bis „stark verbessert“ (-2 = „stark verschlechtert“ bis 2 = „stark verbessert“) einschätzen. Der Fragebogen endet mit Fragen zur Trainersituation, Zeit-Wege-Kosten und Pressekontakte, die jedoch für diese Untersuchung nicht relevant sind.
Die Darstellung der Ergebnisse zu einzelnen Betreuungsbereichen basiert auf der Reihenfolge der gestellten Fragen.
Durchgeführt wurde die Befragung per Post und zur Wahrung der Anonymität wurde folgendes Verfahren gewählt: Jeder Befragte Kaderathlet bekam zum Zweck der Identifizierung eine Codenummer, die auf seinem Fragebogen ausgewiesen war. Es blieb jedem Befragten freigestellt seine Anonymität durch das Abtrennen dieser Codenummer zu bewahren. So entstand die Möglichkeit den Fragebogen auszufüllen, ihn jedoch anonym zurückzuschicken.
Im Rahmen einer standardisierten Untersuchung werden Gütekriterien hinsichtlich ihrer Objektivität, Reliabilität und Validität angelegt, so auch in diesem Fall.
Die schriftliche Befragung „(...) setzt natürlich voraus, dass der Fragebogen absolut transparent und verständlich gestaltet ist.“ (Bortz & Döring 2002, S. 256). Nach der erfolgreichen Befragung von 1990 und 1992 mit dem größtenteils identischen Fragebogen ist die Verständlichkeit ausreichend geklärt worden.
Die Durchführungsobjektivität war mit der Standardisierung des Bogens erreicht. Weiterhin wurde eine größere Antwortehrlichkeit erreicht, als es das beim Interview der Fall gewesen wäre. Als nachteilig erwies sich in diesem Fall, dass mit einer höheren Ausfallquote zu rechnen war, und dass das Erfassen von Spontanantworten mit einem Fragebogen, im Gegensatz zum Interview, unmöglich zu kontrollieren war.
Jedoch wurde es möglich weitaus mehr Athleten zu befragen als per Interview, da auch ein umfangreicher Fragebogen eine leichtere Durchführung und Auswertung garantiert.
Ein zentrales Problem bei der Versendung von Fragebögen ist die Rücklaufquote (vgl. Bortz & Döring 2002, S. 257). Bei den Untersuchungen 1999 und 2002 wurde die Stichprobe so gewählt, dass die Rücklaufquote hoch genug war, um repräsentativ zu sein. Weiterhin erhöhte sich die Rücklaufquote durch Zusicherung der Anonymität der Befragten. Die Validität war nicht vollständig kontrollierbar, denn es existierte die Problematik des Qualitätsbegriffs. Als gemessenes Kriterium wurde hier die subjektive Qualitätseinschätzung gewählt. Aber auch in diesem Fall bleibt unklar, welche subjektiven Aspekte von den Athleten gewählt wurden, um die Qualität einer Serviceleistung zu bewerten.
Ein gesondertes Problem, das einen Einfluss auf die Auswertung der Ergebnisse der Befragung hat, ist der nicht realisierbare ursprünglich vorgesehene Stichprobenumfang durch das entstandene Missing - Data Phänomen. Nicht alle zurückgesendeten Fragbögen wurden beantwortet. In einigen Fällen wurde ein zum Teil- oder nicht beantworteter Bogen zurückgeschickt.
Ungewiss bleibt der Grund der Nichtbeantwortung. Blieb die Frage gewollt unbeantwortet oder wurde sie lediglich übersehen? Hat der Athlet die Frage nicht verstanden? Hat er sie bewusst nicht beantwortet, aus strategischen Gründen?
In die Auswertung der Ergebnisse gehen nur die beantworteten Fragen ein. Demnach werden Veränderungen des Nichtantwortverhaltens nicht berücksichtigt.
Dennoch bleibt zu erwähnen, dass bei einem Großteil der Fragen ein Missing Data Anteil vorhanden ist (vgl. Anhang).
3.2 Untersuchungsplan/-design
3.2.1 Darstellung und Begründung des Untersuchungsdesigns
Die Athletenbefragung wurde in einer kombinierten quantitativen Quer-/Längsschnittstudie 1999 und 2002 durchgeführt. Mit Hilfe der BA-L Kaderliste wurden Athleten der 20 Olympiastützpunkte in der Bundesrepublik Deutschland kader- und sportartspezifisch ausgewählt.
In dieser Arbeit werden die beiden Querschnittsstudien aus den Befragungen 1999 und 2002 gewertet, um Verzerrungseffekte im Antwortverhalten zu vermeiden. Die Zeitdauer der Nutzung einzelner Serviceleistungen könnte ansonsten einen Einfluss auf die Bewertung zweimal befragter Sportler haben.
Um die Antworten der Befragten aus beiden Untersuchungen trotzdem zu werten, wurden 27 der ermittelten Athleten von 54 in beiden Befragungen geantworteten Spitzensportlern, per Zufallsprinzip der 1999 - Studie zugeordnet und 27 der Studie von 2002. Die andere Hälfte wurde aus der jeweils anderen Untersuchung eliminiert. So wurden zweimal Befragte einmal gewertet, um sie nicht gänzlich aus der Befragung herauszunehmen.
Ermittelt wurde also:
1. Betreuungsqualität in ausgewählten Servicebereichen der bundesdeutschen Kaderathleten an 20 Olympiastützpunkten im Jahre 1999
2. Betreuungsqualität in ausgewählten Servicebereichen der bundesdeutschen Kaderathleten an 20 Olympiastützpunkten im Jahre 2002.
3.2.2 Beschreibung der konkreten Rahmenbedingungen
Die Stichprobe wurde nach folgendem Muster ermittelt:
Als erstes wurde die Gesamtpopulation aller Kaderathleten in den Jahren 1999 und 2002 ermittelt und die Verteilung auf die jeweils vertretenden Sportarten.
Danach wurde nach Kaderzugehörigkeit eine repräsentative Zufallsauswahl gezogen. Diese betrug bei A-, B- und C-Kader einen Umfang von 40% der Grundgesamtheit. Der D/C-Kader spielte in der „Weiterentwicklung des Spitzensport-Fördersystems“ (Emrich et al., i. Dr.) eine geringe Bedeutung, daher betrug bei diesem die Zufallsauswahl 20% der Grundgesamtheit. Die Geschlechterauswahl wurde bei den Stichproben nicht berücksichtigt. Ein Problem, welches sich später herausstellte, war, dass die Angaben der Kadereinstufung von Seiten des BA-L nicht immer mit denen der Athleten übereinstimmten.
Bei der ersten Querschnittsuntersuchung (Q1) wurden 2001 Personen (34,3%4 der Gesamtpopulation) schriftlich befragt. Der Rücklauf betrug 774 Fragebögen, welches einer Rücklaufquote von 38,7% entspricht (13,3% der Gesamtpopulation).
Tab. 1: Verteilung Kader der Stichprobe Q1:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die zweite Querschnittsuntersuchung (Q2) befragte 2008 Personen (32,4% der Gesamtpopulation) und 760 Fragebögen wurden beantwortet. Das entspricht einer Rücklaufquote von 37,9% (12,3% der Gesamtpopulation).
Tab. 2: Verteilung der Kader der Stichprobe Q2:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Im ersten Querschnitt sind im Vergleich zur Population die A- Kader und C- Kader über- und die D/C-Kader unterrepräsentiert. Im zweiten Querschnitt sind ebenfalls die A und C-Kader über- und D/C-Kader unterrepräsentiert (vgl. Tab. 4 im tabellarischen Anhang). Es ist demnach nicht mit einer Verzerrung bei der Interpretation der Daten zu rechnen. Die Unterrepräsentiertheit der D/C-Kader stellt für die Interpretation kein weiteres Problem dar, da der Schwerpunkt der Untersuchung nicht auf den D/C- Kaderathleten liegt.
Das Antwortverhalten der Kaderathleten im Vergleich zur Population unterscheidet sich in beiden Querschnitten signifikant (erster Querschnitt: chi2= 63,98; df=3; p<0,001; zweiter Querschnitt: chi2= 70,74; df=3; p<0,001).
Aus den beantworteten Fragebögen ging hervor, dass im ersten Querschnitt 578 Athleten und im zweiten 569 an einem Olympiastützpunkt betreut werden. Das entspricht in beiden Fällen etwa 75% des Rücklaufes (vgl. Tabelle 5 im Anhang).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Bundeskaderverteilung von Population und Rücklauf im Vergleich
[...]
1 Im weitern Verlaufe des Textes ist bei Verwendung des grammatisch maskulinen Geschlechts ebenfalls das feminine Geschlecht gemeint.
2 Non - Profit Organisationen unterscheiden sich in ihren Merkmalen kaum von Erwerbsorientierten, lediglich die finanzielle Vermarktung des Ergebnisproduktes entfällt. Der Begriff soll an dieser Stelle nicht weiter ausgeführt werden, da er für den weiteren Verlauf der Arbeit irrelevant erscheint.
3 Weber definiert „soziales Handeln“ als ein Handeln, das sinnorientiert seitens des Handelnden auf das Verhalten anderer bezogen ist und seinen Ablauf danach plant. Wobei der Sinn eines Handelnden eine individuelle Zweck-Mittel-Vorstellung, sowie Werte und Normen beinhaltet (1984, S. 19).Bestimmungsgründe sozialen Handelns sind laut Weber „zweckrational“ (Erwartungen, die rational, als Erfolg, erstrebte und abgewogene eigene Zwecke ausgelegt werden), „wertrational“ (bewusstes Glauben an den unbedingten Eigenwert eines bestimmten Sichtverhaltens ohne den Erfolg zu berücksichtigen), „affektuell“ (emotionales, gefühlsbetontes Handeln) oder „traditionell“ (auf Traditionen oder Gewohnheiten beruhend) (1984, S. 44).
4 Die Prozentwerte wurden jeweils gerundet.
- Quote paper
- Ursula Wittlich (Author), 2003, Betreuungsqualität an Olympiastützpunkten aus Sicht der Athleten, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/31465
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