Über den schleichenden Prozess der Abschaffung von Frauen in kirchlichen Einrichtungen und die darauf folgende Einstellung von Kastratensängern in der päpstlichen Kapelle soll in der folgenden Arbeit berichtet werden. Dabei wird auf die Ursprünge von Kastrationen allgemein, sowie auf die Folgen und religiösen Hintergründe wie das Redeverbot der Frauen eingegangen. Warum hielt man das Verbot von Frauen strikt durch und ließ zugleich Kastraten im Chor zu, obwohl Kastrationen von der Kirche ebenso untersagt waren?
1588 griff Papst Sixtus V. das Verbot von Frauen in heiligen Institutionen wieder auf, was dazu führte, dass den Frauen das Auftreten auf den Bühnen des Kirchenstaates untersagt worden ist. Für den immer weiter steigenden Anspruch auf Melodien war nun aber eine Veränderung notwendig, da durch die Entwicklung der Mehrstimmigkeit reine Männerstimmen nicht mehr ausreichend waren. Auch wenn die Alt- und Sopranstimmen Stimmen vorerst von Knaben gesungen wurden genügten diese irgendwann nicht mehr aufgrund der komplexer werdenden Melodien. Zudem waren die Stimmen der Knaben bereits mit der Pubertät verschwunden, bevor es überhaupt zu einer musikalischen Ausbildung kommen konnte. Da Papst Clemens VIII. die Kastration für den Gesang erließ indem er die Kastration hier als Symbol der Verehrung Gottes bezeichnete ermöglichte er den Einzug der Kastraten in die päpstliche Kapelle.
Inhaltsverzeichnis
1.Einleitung
2.Kastraten
2.1 Die Ursprünge der Kastration
2.2 Die körperliche Veränderung nach einer Kastration
2.3 Der religiöse Grundgedanke
3.Kastraten statt Frauen
3.1 Männer und Frauen in der Bibel
3.2 Das Redeverbot der Frau
3.3 Das anfängliche Aufkommen von Kastratensängern in der päpstlichen Kapelle
3.4 Der nachhaltige Bedarf an Gesangskastraten im Sixtinischen Chor
4. Schlussbemerkung
5.Literaturverzeichnis
1.Einleitung
„Wie in allen Gemeinden der Heiligen sollen die Frauen in den Gemeindeversammlungen schweigen; denn es ist ihnen nicht gestattet zu reden, sondern sie sollen sich unterordnen, wie auch das Gesetz sagt.“ (1 Kor 14,26-40-36:33b)
Dies waren die Worte des Apostel Paulus in seinem ersten Brief an die Korinther mit der Botschaft, den Frauen das Wort in heiligen Einrichtungen zu untersagen. 1588 griff Papst Sixtus V. dieses Verbot wieder auf, was dazu führte, dass den Frauen das Auftreten auf den Bühnen des Kirchenstaates1 untersagt worden ist.2 Für den immer weiter steigenden Anspruch auf Melodien war nun aber eine Veränderung notwendig, da durch die Entwicklung der Mehrstimmigkeit reine Männerstimmen nicht mehr ausreichend waren.3 Auch wenn die Alt- und Sopranstimmen Stimmen vorerst von Knaben gesungen wurden genügten diese irgendwann nicht mehr aufgrund der komplexer werdenden Melodien. Zudem waren die Stimmen der Knaben bereits mit der Pubertät verschwunden, bevor es überhaupt zu einer musikalischen Ausbildung kommen konnte.4 Da Papst Clemens VIII. die Kastration für den Gesang erließ indem er die Kastration hier als Symbol der Verehrung Gottes bezeichnete ermöglichte er den Einzug der Kastraten in die päpstliche Kapelle.5 Der schleichende Prozess, über die Abschaffung von Frauen in kirchlichen Einrichtungen und die darauf folgenden Einstellungen von Kastratensängern in der päpstlichen Kapelle soll nun in der folgenden Arbeit beschrieben werden. Dabei wird auf die Ursprünge von Kastrationen Allgemein, sowie auf die Folgen und religiösen Hintergründe wie das Redeverbot der Frauen eingegangen. Warum hielt man das Verbot an Frauen strikt durch und ließ zugleich Kastraten im Chor zu obwohl Kastrationen von der Kirche ebenso untersagt waren?
2. Kastraten
2.1 Die Ursprünge der Kastration
Die Anfänge durchgeführter Kastrationen lassen sich bereits in der griechischen Mythologie finden und liefern dort eine sehr bedeutungsvolle Erklärung. So heißt es im Schöpfungsmythos der Urzeugung von Himmel und Erde, das Uranos, der Himmel, durch seinen Sohn Kronos mit einer Sichel entmannt wird, nachdem ihn seine Mutter Gäa, die Erde, dazu aufruft, Rache zu verüben. Mit dieser erfolgten Entmannung endet auch die Urgeschichte der Schöpfung und Uranos kommt in den weiteren Erzählungen nicht mehr vor. Somit steht diese Kastration für den „Verlust der Herrschaft über die Welt“6. Die Kastration als eine Art Hingabe an Gott lässt sich außerdem in uralten Zusammenhängen mit Ritualen nachweisen. Indem man „Das Kostbarste, was man hatte“7 seinem Gott opferte, symbolisierte man zwar nicht die Opferung des eigenen Lebens, aber die Hingabe dessen, was für den Erhalt und das Überleben notwendig war, wie z.B. die Nahrung und die Zeugungsfähigkeit8. Im Mittelalter bekam die Kastration allerdings eine ganz Andere und vor allem neue Verwendung, Durch die Kastration der Knaben konnte der Prozess der geschlechtlichen Entwicklung ausgeschaltet werden, was bedeutete, dass der damit zusammenhängende Stimmbruch nicht zu Stande kam und eine hohe Knabenstimme erhalten blieb, was unter anderem für die päpstliche Kapelle von großer Bedeutung war.9 Allerdings brachten Kastrationen Folgen mit sich, welche nun im nächsten Schritt benannt werden.
2.2 Die körperliche Veränderung nach einer Kastration
Bei einer Kastration handelt es sich um die Entfernung von Organen, welche für die Fruchtbarkeit und somit der Möglichkeit einer Fortpflanzung des jeweiligen Geschlechts zuständig sind. Bei dem Mann sind es die Hoden und bei der Frau die Eierstöcke.10 Der Veränderungsgrad des Körpers ist in diesem Falle vom Zeitpunkt der durchgeführten Operation abhängig, dabei sind die am größten eintreffenden Veränderungen dann zu beobachten, wenn der Eingriff bereits vor Eintritt der Pubertät stattfand. Es entstehen Veränderungen wie ein übernormales Längenwachstum bis zu zwei Metern sowie gestörte Körperproportionen11, so beschreibt Rudolf Chwalla das Aussehen der Kastraten in seinem Werk über die Urologische Endokrinologie wie folgt:
„Eine weitere Eigentümlichkeit des Kastraten ist seine besondere Unterlänge, die die Oberlänge überwiegt, und die relative Kleinheit des Rumpfes. Auch die Arme des Kastraten sind auffallend lang und seine Hände lang und schmal.“( Chwalla, Urologische Endokrinologie, S.199.)12
Außerdem sind Fettleibigkeit und ein geringerer Körperhaarwuchs weitere Folgen von Kastrationen im vorpubertären Alter.13 Die Kastration im Dienste der kirchlichen Musik häufte sich seit der Mitte des 16. Jahrhunderts. Mehr als dreihundert Jahre lang wurden junge Knaben zur Erhaltung ihrer hohen Stimmen gequält und verstümmelt.14 Somit sind wir auch beim nächsten Kapitel angelangt, in dem zunächst Aspekte über die Kastration aus religiöser Sicht aufgegriffen und erklärt werden.
[...]
1 Unter der Oberhoheit des Papstes stehendes Gebiet in Italien bis 1870.
2 Vgl. Haböck, Die Kastraten und ihre Gesangskunst, S.221.
3 Ebd., S. 151
4 Ebd., S.75.
5 Vgl.Ebd.,S.165.
6 Vgl. Haböck, Die Kastraten und ihre Gesangskunst., S. 15.
7 Ebd., S. 19.
8 Ebd.
9 Vgl. Ortkemper, Engel wider Willen. S. 18 f.
10 Vgl.Haböck, Die Kastraten und ihre Gesangskunst, S.1.
11 Chwalla, Urologische Endokrinologie, S.199.
12 Ebd.
13 Vgl.Haböck, S.3.
14 Vgl. Ortkemper: Engel wider Willen, S. 7.
- Quote paper
- Klaudia Kaluzny (Author), 2015, Kastraten statt Frauen. Der päpstliche Chor im 16. Jahrhundert, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/314495
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