Sport leistet einen wertvollen Beitrag, um vielen gesellschaftspolitischen und gesundheitlichen Problemen unserer Zeit entgegenzuwirken. Ob motorische Förderung, Prävention gegen Übergewicht oder Vermittlung sozialer Kompetenzen und Förderung von Integration und Inklusion: Besonders der Schulsport gewinnt immer mehr an Bedeutung, da er alle Kinder schon früh in ihrer Entwicklung erreicht.
Dieses Buch behandelt dazu die Ergebnisse einer dreijährigen Längsschnittstudie und widmet sich der Wirkung des ganzheitlich angelegten Interventionsprogramms "Klasse in Sport" an Grundschulen. Neben Befragungen von Lehrerinnen und Lehrern sowie Einstellungen von Kindern wurden im Rahmen dieser umfangreichen Studie mit über 600 Kindern aus Teilnehmer- und Kontrollschulen medizinische, motorische sowie kognitive Parameter getestet. Ferner gehörten Schrittzählermessungen und Bewegungsprotokolle zum umfangreichen Untersuchungsdesign.
Diese umfassende Begleit- und Grundlagenforschung bei Kindern im Grundschulalter bildet damit auch einen Querschnitt der Kindergesundheit allgemein ab, das hier in Zusammenfassungen und Auszügen wissenschaftlicher Arbeiten vorgelegt wird.
Das letzte Kapitel bietet durch genaue Darstellung ausgewählter Versuchsanordnungen und Ergebnisse die Möglichkeit, selbst motorische Tests mit Kindern durchzuführen und auszuwerten.
Vorwort
Sport leistet einen wertvollen Beitrag, um vielen gesellschaftspolitischen und gesundheitlichen Problemen unserer Zeit entgegenzuwirken. Ob motorische Förderung, Prävention gegen Übergewicht oder Vermittlung sozialer Kompetenzen und Förderung von Integration und Inklusion: Besonders der Schulsport gewinnt immer mehr an Bedeutung, da er alle Kinder schon früh in ihrer Entwicklung erreicht.
Genau dort setzt „Klasse in Sport“ an: das durch Wissenschaftler und Praktiker entwickelte Programm unterstützt den Schulsport umfangreich und sorgt dafür, dass gesundheitsfördernde Bewegung den ganzen Schulalltag durchdringt – und das seit mittlerweile fast zehn Jahren!
Dazu werden auch materielle, personelle und finanzielle Unterstützungen gebraucht. Ein umfangreiches Programm wie „Klasse in Sport“ ist daher nur gemeinsam mit engagierten Freunden und Förderern möglich. Wir sind froh, bei „Klasse in Sport“ in einem funktionierenden Netzwerk aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik – ganz im Sinne eines modernen Public-Private-Partnership – mitzuarbeiten, und unseren Beitrag leisten zu dürfen.
Den Beleg für den Nutzen dieses Programms liefern unsere umfangreichen wissenschaftlichen Begleit- und Grundlagenforschungen mit verschiedenen Universitäten wie der Deutschen Sporthochschule Köln. Auch diese vorliegende Langzeitstudie belegt, dass sportmotorische, sportmedizinische bis hin zu kognitiven Leistungssteigerungen erreicht werden konnten. Nachdem unsere erste Studie mit dem „Deutschen Gesundheitspreis 2010“ ausgezeichnet worden ist, freuen wir uns nun sehr, eine weitere umfangreiche empirische Arbeit vorlegen zu können, die auch als Grundlage zahlreicher universitärer Abschlussarbeiten und Veröffentlichungen diente.
Wir danken den Lehrerinnen und Lehrern an den teilnehmenden Schulen für ihr tagtägliches Engagement und natürlich den zahlreichen Helferinnen und Helfern dieser arbeitsintensiven Studie.
Vor allem geht unser Dank an unsere Partner und Sponsoren, die auch die Finanzierung dieser Studie sichergestellt haben – namentlich der REWE-Group, der ERGO Versicherung, der Bundesliga-Stiftung, EVONIK und der Bitburger Braugruppe
Ihr
Wilfried Pastors
Vorstandsvorsitzender „Klasse in Sport“ gem. e. V.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort … S. 3
Inhaltsverzeichnis … S. 4
Einleitung … S. 7
Mathias Bellinghausen und Jürgen Buschmann:
Zusammenfassung der Längsschnittstudie 2012 bis 2014
… S. 13
Mathias Bellinghausen
Hintergründe zum Verein „Klasse in Sport“, dem Interventionsprojekt
und der Begleitforschung
… S. 23
a. Ziele und Umsetzung des Interventionsprojektes … S. 25
b. Ansatz der Längsschnittstudie 2012 bis 2014 … S. 27
Jürgen Buschmann
Ausgewählte Ergebnisse der ersten Längsschnittstudie von
2006 bis 2009
… S. 31
Mathias Bellinghausen und Christian Tourney (Kapitel b)
Ergebnisse der Längsschnittstudie 2012 bis 2014 von „Klasse in Sport“
… S. 37
a. Testlayout S. 41
b. Ergebnisse aus 2012 im Querschnitt S. 61
c. Lehrerbefragung 2014 und 2015 S. 64
d. Deskriptive Ergebnisse 2012 bis 2014 S. 72
1.1 Treatment- vs. Kontrollgruppen S. 73
1.2 Übergewicht vs. Normalgewicht S. 92
1.3 Sonstige signifikante Unterschiede S. 100
Julian Blessing
Auswirkungen von täglicher Bewegungsintervention in der Primarstufe
auf die Ausdauerleistungsentwicklung
… S. 105
Daniel Pfeifer
Bewegungsaktivitäten von Primarstufenschülern
– Erfassung durch Schrittzähler im Rahmen von „Klasse in Sport“
S. 139
Jörn Herdecke
Auswirkungen täglicher Bewegungsinterventionen an Schulen auf die
kognitive Leistungsfähigkeit
… S. 179
Mathias Bellinghausen, Jürgen Buschmann und Jens Krüger
Motorische Leistungsfähigkeit bei Kindern im Primarstufenbereich
– Referenzwerte für Lehrer
… S. 207
Glossar … S 235
Impressum … S. 249
Einleitung
Sportunterricht - kaum ein anderes Fach ist in den vergangenen Jahren stärker in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses gerückt und damit Gegenstand zahlreicher Diskussionen geworden. Grund dafür ist die Wiederentdeckung der Bedeutung von Bewegung für die motorische Entwicklung, Prävention von Übergewicht und dessen dramatischen Folgen wie Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter sowie einer allgemeinen gesundheitsfördernden Wirkung[1]. Dabei soll der Sportunterricht nicht als reines Fach zur Vermittlung von Sportarten gesehen werden, sondern vielmehr als explizit curriculare Drehscheibe zur psychomotorisch, emotionalen und sozialen Erfahrbarmachung von Bewegung vor allem im Sinne einer ganzheitlichen Gesundheitserziehung, die zudem den gesamten Schulalltag durchdringen soll. Denn insbesondere im Primarstufenbereich und auch schon früher, werden wesentliche Einstellungen zum Bewegungs-, Ernährungs- und Stressmanagementverhalten gelegt[2]. Bei Störungen kann dies zu einem „Teufelskreis“ führen, der in einem strukturellem Pessimismus des Kindes gegenüber seinem Lebensstil und seinem Leibe enden kann[3] (vgl. Abb. 1).
[Dies ist eine Leseprobe. Grafiken und Tabellen sind nicht enthalten.]
Abb.1: Interdependenzen der multifaktoriellen Parameter für Entwicklungsstörungen bei Kindern und Jugendlichen
Insbesondere seit dem die Weltgesundheitsorganisation (WHO)[4] im Jahre 2003 überdeutlich Alarm geschlagen hat, Übergewicht und Adipositas werde „eine der größten Herausforderungen für die Gesundheitspolitik im 21. Jahrhundert“, erhielt die Diskussion um Bewegung in der Schule eine neue Dimension. Und auch elf Jahre später hat sie nicht an Brisanz verloren. Zwar gab es – zumeist vereinzelt – zahlreiche Bemühungen zur Prävention von Übergewicht, doch eine Studie mit einer systematischen Analyse von Übergewicht und Fettleibigkeit bei Kindern und Erwachsenen von 1980 durchgehend bis 2013 belegt, dass mittlerweile ein Drittel der gesamten Weltbevölkerung übergewichtig ist[5]. Dieses Phänomen hat zudem auch Nicht-Industrienationen erreicht und gilt nun auch bspw. für Länder in Afrika und Asien.
Die Dominanz der Sprachen und Naturwissenschaften bei der Besetzung der jeweiligen Kollegien oder bei der Förderung beruflicher Chancen erhielt durch die PISA-Studie enormen Rückenwind. Der Sportunterricht zählt daher zu den Fächern, die zuerst von Kürzungen und Unterrichtsausfall betroffen sind. Dabei konnte die erste Begleitforschung von „Klasse in Sport“ im Zeitraum 2006 bis 2009 bereits feststellen: „Toben macht schlau!“. D.h., Integration von Bewegung und täglicher Schulsport fördert die Konzentrationsfähigkeit, sorgt für einen Ausgleich für den immanenten Bewegungsdrang von Kindern und fördert letztendlich auch das Sozialverhalten der Kinder untereinander und gegenüber dem Lehrpersonal.
Dennoch werden von drei im Lehrplan vorgesehenen Sportstunden pro Woche an vielen Schulen nur zwei tatsächlich und häufig fachfremd durchgeführt. Das ist allein in Nordrhein-Westfalen ein Ausfall von 40.000 Sportstunden wöchentlich[6]. Ferner erfolgt ein Verweis auf die Finanzsituation bei der Errichtung und Erhalt von Sportstätten sowie beim Lehrpersonal. Die Diskussion lässt sich bei der Einführung der Inklusion an den Schulen fortführen. Denn auch hierbei kann die gemeinsame Bewegung und Sport eine große Hilfe, bzw. sogar Basis sein.
Im medial geprägten Zeitalter mit bewegungsarmer Freizeitgestaltung, Veränderung von soziodemografischen und gesellschaftlichen Strukturen mit enormen Einfluss auf das Bewegungs- und Ernährungsverhalten der Schüler[7], reicht jedoch eine „Renaissance“ des Sportunterrichts - als Vermittler sozialer Kompetenzen (Teamfähigkeit, Fairness, Umgang mit Niederlagen etc.), als Vermittler zwischen gewecktem Interesse für eine Sportart und dem Verein, als Ort für Freundschaften und gemeinsamer Aktivität oder als qualifizierter Ort für individuelle motorische Entwicklungs- und Gesundheitsförderung - nicht aus. Vielmehr sollte der Alltag der Kinder sowohl in der Schule als auch in der Freizeit von Bewegung durchdrungen werden, flankiert von reflektiertem Ernährungsverhalten und ausgleichender und stressvermeidender Entspannung.
Zudem fehlt eine breitere Akzeptanz für die Notwendigkeit kontinuierlich angebotener Bewegungszeiten bei weiten Teilen der Bevölkerung. Und das trotz zahlreicher alarmierenden Berichten zum Gesundheitszustand der Kinder und daraus resultierenden Kosten für das Gesundheitswesen, denen u. a. motorische Fehlentwicklungen, Übergewicht und Adipositas, gestörte Selbstwahrnehmung und Selbstwertgefühl oder fehlende Vermittlung sozialer Kompetenzen durch den Sport zugrunde liegen. Viel schwerer wiegt hierbei aber noch die Lebensqualität der betroffenen Kinder, bei denen Übergewicht oder die gestörte Entwicklung körperlicher Fähigkeiten und Fertigkeiten zu emotionaler oder sozialer Isolation führen kann.
In diesem Spannungsfeld zwischen einem häufig immer noch vorhandenem „Schattendasein“ des Sportunterrichts und der steigenden Bewegungsarmut außerhalb des Schullebens geht die Forderung noch weiter: Der gesamte Schulalltag muss bewegungsfreudiger werden. Nicht nur bei der Anzahl der Sportstunden, sondern auch im Unterricht kognitiver Fächer, zwischen den Stunden oder auf dem Pausenhof.
Denn die regelmäßige Bewegung hat bei Kindern nicht nur einen positiven Einfluss auf die physische und emotionale Entwicklung, sondern auch auf ihre kognitive Leistungsfähigkeit (hier Konzentrationsfähigkeit).
Diese kurze Skizzierung über die Situation an den Schulen und in der Gesellschaft sowie die Bedeutung der Bewegung für Kinder und Jugendliche bildet die Grundannahme der Untersuchung der wissenschaftlichen Begleit- und Grundlagenforschung zum Schulsportförderungsprojekt „Klasse in Sport“ und war Ausgangspunkt des umfangreichen Umsetzungskonzeptes.
Seit 2006 arbeitet der gemeinnützigen Verein „Klasse in Sport – Initiative für täglichen Schulsport e. V.“ u. a. mit der Deutschen Sporthochschule Köln zusammen und führt das gleichnamige Projekt mit Drittmitteln aus der freien Wirtschaft oder durch Stiftungen im Sinne eines Public-Private-Partnership-Modells durch. Dies ermöglicht nicht nur die finanzielle, materielle und inhaltlich-didaktische Unterstützung von derzeit 84 Grundschulen bundesweit, sondern auch eine umfangreiche Begleitforschung, die sowohl konkludente und komplementäre als auch emergente Ergebnisse für die verschiedenen Disziplinen der Sportwissenschaft hervorbringt.
[1] vgl. u. a.: Jahn & Senf (2010); Müller & Plachta-Danielzik, 2009; Reinehr, 2007
[2] vgl. u. a.: Müller & Plachta-Danielzik (2009); Gerber (2008); Kurth & Schaffrath-Rosario (2007)
[3] vgl. Oevermann (2008)
[4] vgl. WHO – Adipositas in Europa, unter: http://www.euro.who.int/obesity/Home?language=German. [Zugriff am 24. August 2009]
[5] vgl. Ng et al. (2014): Global, regional, and national prevalence of overweight and obesity in children and adults during 1980 - 2013: a systematic analysis for the Global Burden of Disease Study 2013. In: The Lancet,10.1016/ S0140-6736(14)60460-8.
[6] vgl. Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, unter: http://www.gew-nrw.de/index.php?id=1917. [Zugriff am 25. August 2009].
[7] Zur besseren Lesbarkeit werden im weiteren Verlauf dieses Berichtes nur die männlichen Formen benutzt, gemeint sind aber beiderlei Geschlechter.
Mathias Bellinghausen und Jürgen Buschmann: Zusammenfassung der Längsschnittstudie 2012 bis 2014
Inhaltsverzeichnis
„Klasse in Sport“: Interventionsprogramm
- Längsschnittstudie 2012 bis 2014 - Zusammenfassung … S.15
Im Jahr 2011 beschlossen Vorstand und Mitglieder des gemeinnützigen Vereins „Klasse in Sport“ (KiS) eine zweite umfangreiche Längsschnittstudie durchzuführen und dementsprechende Gelder dafür bereitzustellen. Im Zeitraum von 2012 bis 2014 sollten insgesamt drei Erhebungszeitpunkte, jeweils zwischen Februar und April, an 16 Schulen mit rund 600 Kindern durchgeführt werden, um einerseits die Ergebnisse der ersten wissenschaftlichen Erhebung von 2006 bis 2009 zu bestätigen, darüber hinaus aber andererseits auch neue, weiterführende Erkenntnisse durch ein erweitertes und andersartiges Untersuchungsdesigns zu gewinnen.
Am Ende nahmen insgesamt 571 (2013) bzw. 434 Kinder (2014) teil. Weitere Kinder wurden zusätzlich hinzugenommen, womit insgesamt über 2.200 einzelne Untersuchungen stattfanden. Dabei handelte es sich um Schüler aus den AG-Gruppen als auch um solche aus den sog. Kontrollgruppen, die nicht an dem KIS-Interventionsprogramm teilgenommen haben.
Die Schüler kamen aus 16 verschiedenen Schulen: acht Schulen, die bei KiS teilgenommen haben, und acht Kontrollschulen, die jeweils nach bestimmten Filtern wie sozio-ökonomisches Umfeld, Anteil der Kinder mit Migrationshintergrund, Zugehörigkeit zu Stadt oder Land etc. ausgewählt wurden. Die Untersuchung umfasste mehrere Kategorien, wie z.B. die Erfassung anthropometrischer und kardiovaskulärer Daten, sportmotorischer und kognitiver Parameter sowie von Einstellungen durch Befragungen von Lehrern und Kindern. Hinzu kam die Erstellung eines Aktivitäten Profils anhand von Schrittzählermessungen und Bewegungsprotokollen. Besonders sollte hier aber die aufwendige Untersuchung des Blutdrucks und anderer kardiovaskulärer Parameter als Feldstudie, wie es sie bislang so überhaupt noch nicht gegeben hat, hervorgehoben werden. Der Umfang und die Qualität dieser groß angelegten Studie sollte damit dem ganzheitlichen Ansatz des gesamten Interventionsprogramms von „Klasse in Sport“ Rechnung tragen.
Das Untersuchungsdesign wurde im Dezember 2011 an einer Kölner Grundschule mit Studierenden des Masterstudiengangs „Prävention in Kindergarten, Schule und Universität“ in einem Pre-Test evaluiert und optimiert. Zudem wurden Teams aus bis zu 40 Studierenden zusammengestellt, die in Kompaktseminaren in die Testabläufe sowie dem Arbeiten mit den technischen Geräten wie Schrittzähler, Herzfrequenz- oder den Blutdruckmessgeräten und der jeweiligen Software eingewiesen wurden.
Bis Ende 2014 wurden die erhobenen Daten in eine individuell angepasste Eingabemaske einer Access-Datenbank eingetragen. Anschließend wurden mit diesen Datensätzen mehrere Kontrollen durchgeführt (u. a. Plausibilität, Rechtmäßigkeit, logische Konsistenz mit anderen Daten).
Nach Fertigstellung der Datenbank wurden individuelle Transfer-Programme geschrieben, die eine kompatible Übertragung der mit technischen Geräten erfassten Daten gewährleisteten. Schließlich erfolgte eine Überführung dieser kompletten Daten nach SPSS mit weiteren Kontrollen.
Aus der Datenbank wurden dann zunächst nach Themen sortiert spezielle Daten für Promotions-, Master-, Bachelor- oder andere universitäre Arbeiten gezogen, die in Kooperation mit verschiedenen Universitäten (u. a. Köln, Heidelberg, Kaiserslautern etc.) betreut wurden. Zudem wurden die Daten der ersten Untersuchung 2012 als Querschnittsanalyse in wissenschaftlichen Magazinen veröffentlicht (bspw. Magazin der Deutschen Sporthochschule Köln).
Am Ende wurde für die Ergebnisse der kardiovaskulären Parameter, Konzentrationstest oder Einstellungsbefragungen ein knapp 300 Seiten umfassender Bericht angelegt, der neben den statistischen Standardauswertungen sämtliche Signifikanztests, resp. Varianzanalysen, beinhaltet. Für weitere Analysen wurden weitere tabellarische Auswertungen vorgenommen, ebenfalls mit umfangreichen Signifikanztests. Diese umfassen allein weit über 150.000 Zeilen in Excel. Diese Berichte oder Tabellenblättern sowie die universitären Arbeiten sind in Projektbüro einzusehen.
Vor den ausgewählten Ergebnissen dieser quantitativen Untersuchung sollen hier kurz die wichtigsten Ergebnisse der qualitativen Lehrerbefragungen aus 2014 und 2015 dargestellt werden:
• Das Interventionsprogramm von KiS wird zu 100,0% als „sehr gut“ oder „gut“ bewertet; alle möchten das Projekt fortsetzen.
• Die Lehrer-Fortbildungsveranstaltungen bewerten 97,3% als „sehr gut“ oder „gut“.
• Die jährlich durchgeführten Abschluss-Turniere bewerten 95,4% mit „sehr gut“ oder „gut“.
• Zweidrittel bis zu 90% der Lehrer erkennen positive Effekte durch das Projekt auf das Verhalten der Kinder und das soziale Umfeld der Schulen in Bezug auf:
– Sozialverhalten allgemein
– Interesse an inklusiven Themen
– Interesse an Sport allgemein und an Vereinssport
– Interesse an den Themen Bewegung und Ernährung
– Freundschaften und Vergemeinschaftung
• Die zur Verfügung gestellten Sport-/Bewegungs-Materialien bewerten 100% als „sehr gut“ oder „gut“.
• Das neue Modul zur Inklusion wird zu 100% mit „sehr gut“ oder „gut“ bewertet.
In Bezug auf die deskriptive Auswertung sowie auf die Erkenntnisse aus verschiedenen universitären Arbeiten können kategorisiert folgende Ergebnisse zusammengefasst werden:
Bei der Betrachtung der Schüler an den „KiS“-Schulen lassen sich generell folgende Feststellungen machen: Die Kinder verbessern/ steigern…
• ihre sportmotorischen Fähigkeiten (u. a.im Bereich Ausdauer, Beweglichkeit, Kraft)
• ihre Ergebnisse im Konzentrationstest
• ihre Bewegungsprofile in Schule und Freizeit
• die physiologischen Parameter (u.a. schnellere Erholung nach Belastung)
• ihre durchschnittlichen BMI-Werte (d.h., der Anteil übergewichtiger Kinder reduziert sich)
• ihr Sozialverhalten, Selbstwertgefühl und ihren Spaß am Sport und Bewegung
• den Anteil derjenigen, die Sport im Verein treiben.
Beim Vergleich der Treatment-Gruppe (Kinder aus KIS-AGs) zur Kontrollgruppe konnte festgestellt werden, dass…
• sich zahlreiche positive Effekte auf die Leistungsfähigkeit in nahezu allen Bereichen bereits nach einem Jahr einstellten
• der BMI signifikant stärker gesunken ist als bei den Kindern der Kontrollgruppe
• die Kinder signifikant häufiger in Sportvereinen organisiert sind (positive Steigerung im Gegensatz zur Kontrollgruppe)
• die Ausdauerleistungen sich signifikant verbesserten
• unterschiedliche sportmotorischen Fähigkeiten, insbesondere Beweglichkeit oder Arm- und Rumpfkraft, sich stärker verbessert haben
• die Erholungswerte der Herzfrequenz sich stärker verbessert haben
In beiden Gruppen konnte festgestellt werden, dass sich der Sport bei den Kindern positiv auf deren Sozialverhalten ausgewirkt hat („ ich habe meine Mitschüler besser kennen gelernt“, „ich habe hier neue Freunde gefunden“). Ferner gaben 90,3 % an, sich durch mehr Bewegung im Sport in der Schule besser zu fühlen.
Die Ergebnisse zeigen eindeutig, dass insbesondere die übergewichtigen Kinder überdurchschnittlich vom Interventionsprogramm profitieren. Somit wirkt KIS nicht nur als Primärprävention, sondern entfaltet auch rehabilitative Wirkung, wie beispielsweise…
• eine überdurchschnittliche Steigerung der sportmotorischen Leistungs-fähigkeit im Vergleich zur Gesamtgruppe (insbesondere Ausdauer und Kraft)
• im Bereich der Konzentrationsfähigkeit
• die Entwicklung schnellerer Erholungsphasen bei der Herzfrequenz oder anderer kardiovaskulärer Parameter nach einer Maximalbelastung
Es konnte festgestellt werden, dass übergewichtige Kinder seltener in Vereinen organisiert sind und dies vor allem seltener aus eigenem Willen tun. Ferner gibt es im Bereich der Aktivitäten Profile deutliche Unterschiede, wie beispielsweise einen signifikanten Zusammenhang zwischen dem Bewegungsverhalten in der Freizeit oder einem „motorisierten Schulweg“. Hier zeigt sich nicht nur die Bedeutung von Sport im Besonderen, sondern vielmehr von der alltäglichen Bewegung Allgemein.
Bei Anwendung weiterer Filter konnten noch weitere Erkenntnisse gewonnen werden: u.a:
• Kinder aus ländlichen Gebieten weisen - mit Ausnahme der Konzentrati onsfähigkeit – insgesamt bessere Ergebnisse als Stadtkinder auf. Dies zeigt sich vor allem in der Mitgliedschaft in Vereinen oder im allgemeinen Bewegungsprofil in Schule und Freizeit.
• Jungen weisen durchweg ein aktiveres Bewegungsverhalten auf als Mädchen.
• Die Ergebnisse von Kindern mit Migrationshintergrund unterscheiden sich mathematisch nicht signifikant von den Ergebnissen anderer. Wenige identifizierbare Unterschiede weisen keine Systematik auf.
• Unterschiede zwischen Kindern aus Schulen mit sozioökonomisch gehobenem Umfeld weisen zunächst in der zweiten Klasse (2012) kaum Unterschiede zu denen von Kindern aus Schulen mit niedrigerem auf. Bis zur vierten Klasse kristallisieren sich aber zunehmend Differenzen heraus (bspw. Konzentrationstest, Bewegungsprofile, Vereinszugehörigkeit).
Insgesamt folgt diese Studie nicht den zahlreich durchgeführten Untersuchungen der allgemeinen Verschlechterung von Bewegungsleistungen bei Kindern insgesamt und/ oder im Hinblick auf die gefährlichen gesundheitlichen Folgen daraus, sondern legt den Fokus viel mehr auf die Wirkungen einer ganzheitlich angelegten Intervention. Die Schulleiter und Lehrer kommen zu der Erkenntnis, dass solche Programme eine gesundheitsfördernde, inklusive und nachhaltige Wirkung entfalten. Die umfangreich ermittelten Daten aus der Untersuchung der Kinder belegen diese Einschätzung eindrucksvoll. Es wird interessant sein zu beobachten, ob weitere Untersuchungen, die anhand dieses Datenmaterials durchgeführt werden, zu einem ähnlichen Ergebnis kommen.
Ein großer Dank geht an alle Helfer und Studierende, die an dieser aufwändigen Studie mitgearbeitet haben. Vor allem gilt der Dank an die langjährigen Partner des gemeinnützigen Vereins „Klasse in Sport-Initiative für täglichen Schulsport e.V.“, die diese Untersuchung finanziell ermöglicht haben.
Mathias Bellinghausen: Hintergründe zum Verein „Klasse in Sport“, dem Interventionsprojekt und der Begleitforschung
Inhaltsverzeichnis
Hintergründe zum Verein „Klasse in Sport“ … S. 25
a. Ziele und Umsetzung des Interventionsprojektes … S. 25
b. Ansatz der Längsschnittstudie 2012-2014 … S. 27
Hintergründe zum Verein „Klasse in Sport“, dem Interventionsprojekt und der Begleitforschung
Der gemeinnützige Verein „Klasse in Sport – Initiative für täglichen Schulsport e.V.“ gründete sich im Jahr 2006 als pragmatische Antwort einer Diskussionsrunde der Bild-Zeitung in Köln mit Vertretern aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik auf die teilweise desolate Situation des Schulsports in und um Köln[8]. Nach einer kurzen Testphase mit zehn Grundschulen im Großraum Köln hat sich das Projekt mit Beginn der ersten Schuljahreshälfte 2015/2016 auf 92 Grundschulen mit offenem Ganztag bundesweit gesteigert.
Die Finanzierung wird über ein Public-Private-Partnership-Modell komplett von privaten Unternehmen (u.a. REWE, ERGO, Bitburger Braugruppe) oder von der gemeinnützigen Organisation wie der Bundesliga-Stiftung oder „Ein Herz für Kinder“ geleistet. Diese übernehmen nicht nur die administrativen Kosten der Projektorganisation und die direkten Kosten für Übungsleiter[9], Materialien und Begleitforschungen, sondern stehen dem Projekt auch beratend und unterstützend bei Events, Kommunikation, Akquise und Beschaffungen zur Seite. Das Projekt erhielt dafür den „Deutschen Gesundheitspreis 2010“ und wurde von der Initiative „365 Orte im Land der Ideen“ ausgezeichnet.
a. Ziele und Umsetzung des Interventionsprojektes
Verantwortlicher Durchführer des Programms zur Förderung des Schulsports ist das Projektbüro des Vereins „Klasse in Sport“ (Wilfried Pastors, Prof. Dr. Jürgen Buschmann, Dr. Stephan Nopp und Dr. Mathias Bellinghausen) in Zusammenarbeit mit der Deutschen Sporthochschule Köln. Dem Konzept liegt die Ausgangslage zugrunde, dass Bewegung bedeutsame, leibliche, materiale und soziale Erfahrungen für die Identitätsentwicklung und die elementare Sozialisation von Adoleszenten darstellt. Ziel ist daher eine ganzheitliche Erziehung, bei der die Schule zu einer bewegungsfreudigen Einrichtung wird (vgl. Abb. 1).
Die Umsetzung dieses präventiv-gesundheitsfördernden Konzeptes erfolgt im Wesentlichen über verschiedene Module, die im Rahmen praxisnaher Fortbildungsveranstaltungen der teilnehmenden Lehrerkollegien erläutert werden:
– Durchführung von freiwilligen Schulsport-Arbeitsgemeinschaften, ergänzend zum Schulsport („Tägliche Bewegungszeiten“)
– Förderung eines bewegungsorientierten Pausensports
– Ernährung und Bewegung
– Aktive Pausen im Unterricht
– Bewegungsintegration in kognitive Fächer
– Zentrale und schulinterne Abschlussturniere mit Ballspielen und Vielseitigkeitswettkämpfen
– Thematische Ergänzungen (bspw. Heidelberger Ballschule, Empowerment-Theorie, Inklusion im und durch den Sport etc.)
Die Schulen werden dafür finanziell, materiell und inhaltlich-didaktisch oder bei Bedarf auch organisatorisch unterstützt. Ferner werden an den Schulen einige kleine Veranstaltungen mit prominenten Sportlern -„Role Models“- durchgeführt, um einen damit verbundenen Nachahmungseffekt bei den Kindern zu bewirken.
Im Schuljahr 2014/2015 lieferte „Klasse in Sport“ folgenden Output:
Teilnehmer : 82 Grundschulen
Unmittelbare Reichweite:
Fortbildungen: 286 Lehrerinnen und Lehrer (4 Standorte)
Turniere: insgesamt 1.541 Kinder (3 Standorte)
AG-Kinder: 2.796 Kinder
AG-Schulen: 9.894 Kinder
AG-Stunden: 16.400 Stunden
b. Ansatz der Längsschnittstudie 2012-2014
Die Sicherung der Ergebnisse dieses Projektes wird einerseits durch eine jährliche Evaluation jeweils am Ende der Projektphase anhand von Feedbackgesprächen sowie Fragebogen-Aktionen mit den zuständigen Personen in den Schulen gewährleistet, anderseits wurde zwischen 2006 und 2009 eine groß angelegte wissenschaftliche Begleit-und Grundlagenforschung mit insgesamt vier Erhebungszeitpunkten durchgeführt, bei der kognitive, konditionelle und sportmedizinische Daten sowie Einstellungsbefragungen bei den Kindern erhoben wurden.
Mit Beginn der zweiten Schuljahreshälfte in 2012 wurde eine weitere Längsschnittuntersuchung gestartet, bei der an drei Erhebungszeitpunkten - jeweils im März von 2012 bis 2014 über 600 Kinder begleitet und untersucht wurden.
[Dies ist eine Leseprobe. Grafiken und Tabellen sind nicht enthalten.]
Abb.2: Testlayout der Untersuchungen von 2006 bis 2009 und 2012 bis 2014 im Vergleich
Neben einer konsequenten Weiterverfolgung der Untersuchungsergebnisse der ersten Längsschnittstudie, liegt der Fokus nunmehr auf dem sportmedizinischen Bereich (Herzfrequenzvariabilität, Belastungsblutdruck, „Total Power“ etc.) und auf der Erschließung von Bewegungsprofilen von Kindern (vgl. Abb. 2). Hierzu ist anzumerken, dass die Untersuchung gänzlich als Feldstudie und nicht als Laboruntersuchung durchgeführt wurde und es in Teilbereichen auch keine Vergleichsstudien bzw. –ergebnisse gibt.
Generell stand insbesondere der Vergleich von Treatment-Gruppen und Kontrollgruppen im Mittelpunkt der Untersuchung, Also ein Vergleich der Kinder an KIS-Schulen, denen die oben beschriebene Förderung teil wurden, und Kindern aus „fremden“ Kontrollschulen, die nichts mit KiS zu tun haben. Begründet wird dieses Vorgehen besonders durch zwei Feststellungen: Zunächst ist bereits hinlänglich untersucht worden, dass Kinder in Deutschland schlechtere sportmotorische oder andere gesundheitsrelevanten Leistungen erbringen. Diese Feststellung konnten wir durch unsere erste Längsschnittstudie ausreichend bestätigen. Daher wollten wir mit dieser Untersuchung genauer ersehen, welche Differenzen sich zwischen den Kindern der Interventionsschulen und der Kinder aus anderen Schulen ergeben, wenngleich hier einige Rahmenbedingungen natürlich nicht außer Acht gelassen werden dürfen.
Zudem sind anthropometrische, konditionelle oder kognitive Untersuchungen mit Kindern in Wachstumsphasen von zahlreichen Störfaktoren bedroht. Natürlich nimmt die Kraft oder die Ausdauer bei Kindern in diesem Alter über die Jahre zu. Somit ist die Aussagekraft von besseren Performances in einigen Bereichen allein nicht völlig ausreichend. Der parallele Vergleich mit sich gleichsam entwickelnden Kindern einer Kontrollgruppe liegt daher nahe.
Die in der Tabelle grün markierten Felder sind demnach in 29012 neu, das rot markierte Feld „Schnelligkeit“ wurde in 2014 herausgenommen, da es 2006-2009 einen sehr hohen kosten- und zeitintensiven Rahmen in Anspruch genommen hat, deren Ergebnisse allerdings keine diesem Aufwand entsprechende Erkenntnisse liefern. Ohnehin ist in der Sportwissenschaft bekannt, dass Schnelligkeit nur wenig trainierbar ist.
Das Handling der Untersuchungsbatterie wurde durch eine Testuntersuchung im Dezember 2011 nochmals überprüft und im Rahmen eines Masterstudiengangs für Prävention (hier: Prävention in der Schule) evaluiert. Vor den einzelnen Testphasen wurde ein Team an Studierenden und weiteren Helfern zusammengestellt, die sich alle jährlich in zentralen Schulungsmaßnahmen trafen. Dort wurde der Ablauf genau besprochen, organisatorische Rahmenbedingungen erklärt und technische Einweisungen durch Vertreter der Hersteller der technischen Untersuchungsgeräte gegeben.
Das gesamte Untersuchungsteam (jährlich ca. 25 Personen ohne administrative Aufgaben) wurden dann in kleinere Teams für die verschiedenen Untersuchungsbereiche unterteilt.
Zeitgleich wurden Ausschreibungen für Doktor-, Bachelor- und Masterarbeiten an verschiedenen Instituten der Deutschen Sporthochschule Köln oder an anderen Universitäten ausgegeben - in Absprache mit den dortigen wissenschaftlichen Betreuern. So kam es im Rahmen dieser Studie zu mehreren universitären Leistungsnachweisen, von einem Referat bis hin zu eine Promotion, u. a. in Kooperation mit
– Deutsche Sporthochschule Köln: Prof. Dr. Memmert, Prof. Dr. Buschmann, Prof. Dr. Stibbe, Dr. Nopp, Prof. Dr. Predel
– Universität Heidelberg: Prof. Dr. Roth
– Universität Hamburg: Prof. Dr. Braumann, Dr. Liedtke
– Universität Köln: Uniklinikum, Kardiologisches Zentrum
– TU Kaiserslautern: Dr. Weißbach
Wir freuen uns, im Rahmen dieses Berichtes einige der oben genannten Arbeiten in Teilen vorzustellen. Sie sollen eine detaillierte Auswertung liefern, vor dem Hintergrund theoretischer Grundlagen und aktueller Forschungsstände in den jeweiligen Bereichen. Weitere, teilweise sehr gut bewertete Arbeiten liegen im Projektbüro aus, weitere werden erst nach Veröffentlichung dieses Berichtes fertig gestellt. So freuen wir uns vor allem auf die Verwendung und Aufarbeitung der kardiovaskulären Daten im Rahmen von medizinischen Promotionen an der Uniklinik Köln.
[8] Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft bezifferte 2009 allein den Ausfall an Sportstunden in NRW auf 40.000 Stunden wöchentlich.
[9] Aus Gründen der Leserlichkeit werden in diesem Text nur die männliche Form genutzt. Selbstverständlich sind jeweils auch die weiblichen Formen einzubeziehen.
Jürgen Buschmann Ausgewählte Ergebnisse der ersten Längsschnittstudie von 2006 bis 2009
Ausgewählte Ergebnisse der ersten Längsschnittstudie von 2006 bis 2009
In diesem Kapitel werden die Ergebnisse der ersten Längsschnittstudie von „Klasse in Sport“ von 2006 bis 2009 nochmals kurz skizziert.[10]
Die Befragung der Lehrer ergab bislang durchgehend, dass die Kinder bewegungsfreudiger geworden sind und sich ihr Sozialverhalten sowohl untereinander als auch gegenüber dem Lehrkörper verbessert hat. Auch die Eltern zeigten mehr Interesse an den Themen Ernährung und Bewegung, was das Adaptionsverhalten der Kinder in ihrem Elternhaus positiv beeinflussen kann.
Grundlegend musste bei der Ausgangsuntersuchung festgestellt werden, dass…
…die allgemeine motorische Leistungsfähigkeit bei Kindern im Grundschulalter gegenüber den letzten größeren Untersuchungen (u.a. KiGGS 2005, CHILT 2006) schon wieder abgenommen hatte - teilweise um bis zu 10 %,
…die bisherigen erhobenen Werte in Bezug auf Übergewicht bestätigt werden
konnten: Vom 1. Schuljahr an (ca. 15% übergewichtige Kinder) nahezu linear ansteigend bis zum 4. Schuljahr (ca. 26 %),
…die übergewichtigen Kinder im Vergleich zu normalgewichtigen motorisch weniger leistungsfähig, weniger konzentrationsfähig, in kognitiven Fächern (nach Schulnoten) schlechter und allgemein ungesünder (u.a. Erhöhung des Blutdrucks um >10 mmHG) waren.
Die weiteren Untersuchung der Kinder ergaben im Laufe der fortlaufenden Erhebungszeitpunkte jedoch viele positive Ergebnisse (N = 2.807 Kinder). Die kurz gefasste These „Toben macht schlau“ konnte über einen Konzentrationstest und einen Vergleich der Schulnoten gestützt werden. Verbesserungen ergaben sich in allen Bereichen der sportmotorischen Leistungsfähigkeit, insbesondere die Kinder mit einem BMI im übergewichtigen bis adipösen Bereich konnten sich hochsignifikant verbessern.
Im Rahmen der sportmedizinischen Untersuchungen, die von dem Verhalten der Herzfrequenz – vor, während und nach einer Belastung, dem Bestimmen des Blutdrucks, bis hin zum Erfassen der Herzfrequenzvariabilität durchgeführt wurden, konnten ebenfalls interessante Ergebnisse festgehalten werden. So wiesen beispielsweise zum Zeitpunkt der Ausgangsuntersuchung die noch übergewichtigen Kinder einen um knapp 12 mmHg höheren Blutdruck auf als die normalgewichtigen.
Nach dreijähriger Intervention konnte nicht nur die festgestellte Übergewichtsproblematik mit zunehmenden Alter bei der Ausgangsuntersuchung (vgl. Abb. 3) merklich geändert werden, sondern auch der erhöhte Blutdruck bei mehr als 25% der Probanden gesenkt, d.h. normalisiert, werden.
Die Einstellungserhebung bei den Kindern zeigte eine Stabilisierung der Einstellungen zwischen Pre- und Postbefragung (wenige hochsignifikante Unterschiede). D.h. Angaben gegenüber Sport, Ernährung oder der Wunsch nach mehr Bewegung innerhalb der Schule fielen schon bei der Vorbefragung sehr hoch aus. Es gab allerdings Ausnahmen, wie eine Verbesserung des Körpergefühls („wenn ich mich viel bewege, fühle ich mich häufiger ausgeglichen“; „ich würde mein Aussehen gern verändern“), eine Verbesserung der Reflexion des Ernährungsverhaltens („mir ist egal, was es in der Schule zu essen gibt“) oder im Freizeitverhalten: „Freunde treffen“, „Fußball spielen“, „Sport allgemein“ und „Lesen“ stiegen als liebste Freizeitaktivitäten zu Lasten von „Spielkonsole“, „PC“ und „Kino“, denen eine größere Bewegungsarmut immanent ist.
[10] vgl.: Buschmann, J. / Bellinghausen, M./ Buschmann, Ch.: „Klasse in Sport“ – Interventionsprogramm zur Gesundheits- und Bildungsförderung. Köln 2009.
Mathias Bellinghausen und Christian Tourney (Kapitel b): Ergebnisse der Längsschnittstudie 2012 bis 2014 von „Klasse in Sport“
Inhaltsverzeichnis
a. Testlayout … S. 41
b. Ergebnisse aus 2012 im Querschnitt … S. 61
c. Lehrerbefragung 2014 und 2015 … S. 64
d. Deskriptive Ergebnisse 2012 bis 2015 … S. 72
1.1 Treatment- vs. Kontrollgruppen … S. 73
1.1.1 Anthropometrische Daten … S. 74
1.1.2 Einstellungstests und „Vereinsbefragung“ … S. 77
1.1.3 Konditionelle Parameter … S. 80
1.1.4 Physiologische und kardiovaskuläre Parameter … S. 86
1.1.5 Konzentrationstest … S. 90
1.1.6 Bewegungsprofil … S. 92
1.2 Übergewicht vs. Normalgewicht … S. 92
1.2.1 Konditionelle Parameter … S. 93
1.2.2 Physiologische und kardiovaskuläre Parameter … S. 97
1.3 Sonstige signifikante Unterschiede … S. 100
Literaturverzeichnis … S. 102
Das Projekt „Klasse in Sport“ bietet Studierenden durchgehend die Möglichkeit, Themenfelder für Abschluss- und Seminararbeiten oder Referate zu erschließen. Die meisten Chancen ergeben sich natürlich durch die wissenschaftliche Begleitforschung[11], deren Stellenwert auch in den Gremien des Vereins „Klasse in Sport“ und bei den Sponsoren hoch angesiedelt wird. Universitäre Abschlussarbeiten zu Teilbereichen der gesamten Begleitforschung sind in der Bibliothek der Deutschen Sporthochschule Köln oder im Projekt einsehbar.
Auf Wunsch des Vereinsvorstandes und des Wissenschaftlichen Beirats von „Klasse in Sport“ (Leitung u. a.: Dr. Werner Wolf; Prof. Dr. Walter Tokarski) wurden daher im Rahmen einer Mitgliederversammlung im Oktober 2011 die Forschungsmittel in einer nahezu sechsstelligen Summe für eine weitere zweijährige Begleitforschung mit drei Erhebungszeiträumen freigegeben – jeweils März/ April von 2012 bis 2014.
Im Dezember 2011 fand daraufhin eine Testuntersuchung an der Kölner Grundschule Annastraße statt. Die Erkenntnisse daraus, die Fokussierung auf neue Forschungsschwerpunkte sowie die Beibehaltung bewährter Untersuchungsverfahren führten schließlich zu einem modifizierten Untersuchungsdesign (vgl. Abb. 2). Ehe im März 2012 schließlich die Ausgangsuntersuchung t0 durchgeführt werden konnte, wurden zuvor acht Schulen aus dem Teilnehmerkreis ausgewählt, zudem acht weitere Kontrollschulen, die in den demografischen Rahmenbedingungen Stadt-/Landschule, sozio-ökonomisches Umfeld und Anzahl der Kinder mit Migrationshintergrund ein ähnliches Setting vorwiesen. Parallel dazu wurden bereits Untersuchungshelfer gesucht und durch Vortreffen zentral eingewiesen, damit eine einheitliche Durchführung gewährleistet werden konnte.[12]
Für die Auswertung der quantitativ-statistischen Daten in nominaler, ordinaler und metrischer Skalierung wurde die Statistik-Software IBM® SPSS® Version 20 verwendet. Es konnte eingehend festgestellt werden, dass es keine signifikanten Unterschiede zwischen der Kontroll- und Testgruppe gab.
[Dies ist eine Leseprobe. Grafiken und Tabellen sind nicht enthalten.]
Abb.1: Anzahl der Probanten der Test- und der Kontrollschulen nach unterschiedlichen soziodemografischen Merkmalsausprägungen.
a. Testlayout
Statistische Analyse
Für die Auswertung der Daten wurde die Statistik Software IBM® SPSS® Version 20 verwendet.
Mit Hilfe einer explorativen Datenanalyse wurden die metrischen Parameter des Datensatzes zunächst hinsichtlich extremer Werte analysiert. Werte, die extrem von den anderen Werten abwichen und nicht plausibel waren wurden entfernt.
Unter Verwendung des Kolmogorov-Smirnov-Tests wurde der Datensatz bezüglich seiner Verteilung überprüft. Lag eine Normalverteilung vor, wurden T-Tests für Mittelwertvergleiche und für mehrfache Mittelwertvergleiche einfaktorielle Varianzanalysen mit post hoc Tests nach Bonferroni angewendet. Bei fehlender Normalverteilung wurden nichtparametrische Verfahren, wie dementsprechend Mann-Whitney-U-Tests und Kruskal-Wallis-Tests durchgeführt. Die jeweiligen Signifikanzen wurden nach dem Bonferroni-Verfahren angepasst, indem das festgelegte Signifikanzniveau α durch die Anzahl der durchgeführten Tests dividiert wurde (Sachs, 2004).
Zum Vergleich der Gruppen hinsichtlich mehrfach gemessener Parameter (in Ruhe, eine Minute nach Belastungsende, drei Minuten nach Belastungsende) wurden zweifaktorielle Varianzanalysen mit Messwiederholung mit post hoc Tests nach Bonferroni durchgeführt.
Nominale Daten wurden mit Hilfe des Chi2-Tests ausgewertet. Signifikante α Unterschiede zwischen Parametern wurden über den Exakten Test nach Fisher bzw. bei mehr als drei zu analysierenden Gruppen über das Chi2 nach Pearson abgelesen.
Vorbereitung am Testtag
Stationen aufbauen in Halle:
Motorik
Matten, Testbeschreibungen, Stoppuhren, Springseile, Hütchen, Panzertape, Maßbänder
anthropometrische Tests (Alex + Miriam)
Maßbänder, Messskala an Wand anbringen, Waagen, Blutdruckgeräte + Manschetten
PC-Station
PC aufbauen + Programme starten (Verlängerungskabel!)
Konzentrationstest und Fragebögen vorbereiten
Laptop und Beamer anschließen (Verlängerungskabel)
Start :
• Gruppe I wird von einem Helfer aus der Klasse in die Halle gebracht (nicht rennen!)
• Kinder ziehen sich um und bekommen Handzettel mit ID in Umhängetasche und Lanyard
• alle sitzen in Umkleide
[Dies ist eine Leseprobe. Grafiken und Tabellen sind nicht enthalten.]
1. Anthropometrische Daten
Ziel: Messung der Körpergröße, des Körpergewichts, des Hüftumfangs und des Bauchumfangs
Messparameter: Größe in Zentimeter, Gewicht in Kilogramm, Bauchumfang in Zentimeter
Materialien: 4 Maßbänder, 3 Waagen
Durchführung:
• immer drei Kinder werden einem Helfer zugeordnet
• Messung der Körperumfänge (Helfer steht seitlich zur Testperson):
-> Taille an der schmalsten Stelle (auf normale Atmung achten!)
-> Oberarm- und Hüfte an der breitesten Stelle
• Körpergewicht: ohne Schuhe und in leichten Sportklamotten
• Körpergröße: ohne Schuhe, aufrechter Stand, Beine durchgestreckt, nicht auf die Fußspitzen, Klemmbrett als Messschablone
• Calipermessung: getrennte Messung in separater Umkleide, Geschlechter trennen!
2. Herz-Kreislauf-Untersuchung
Ziel: Messung von kardiovaskulären Parametern in „Ruhe“
Messparameter: Blutdruck (in mmHg), Herzfrequenz (in min-1), weitere kardiovaskuläre Parameter
Materialien: 10 Blutdruckgeräte, 10-15 Manschetten (Größen XS - M), PC für Dateneinlese, Verlängerungskabel, Bluetooth-Stick (IEM), Hygienespray
Durchführung:
• nach Ermittlung der anthropometrischen Daten gibt der Helfer die Handzettel seiner drei Kinder an Team PC-Eingabe und die Kinder setzen sich auf die Bank
• Team „PC-Eingabe“ gibt die Daten der Kinder in je ein Gerät ein, notiert die Gerätenummer und Manschettengröße (je nach Oberarmumfang) auf Handzettel • Geräte und Manschetten werden nach dem Aufspielen der Daten (wichtig: mit ID!!!) an Helfer zurückgegeben
• Blutdruckmessung im Sitzen beginnt: Arm wird dabei auf das Bein abgelegt!
• Nach erfolgreicher Messung werden die Geräte wieder an Team „PC-Eingabe“ zurückgegeben und die Daten übertragen
[11] Im Rahmen der neuen Längsschnittstudie wurden bereits vier Promotions- und drei Bachelorarbeitsthemen vergeben, vornehmlich im sportmedizinischen Bereich.
[12] Das Testlayout wird ausführlich beschrieben in: Buschmann, Bellinghausen, Buschmann: ebd.
[…]
- Citar trabajo
- Dr. Mathias Bellinghausen (Autor), Prof. Dr. Jürgen Buschmann (Autor), 2016, Kindergesundheit in Deutschland. Ergebnisse einer Längsschnittstudie von 2012 bis 2014, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/314463
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