Das Adverb gern(e) kommt im Standarddeutschen in zwei Varianten vor: in einer einsilbigen (gern) und in einer zweisilbigen Form (gerne), wobei letztere durch einen Schwa-Laut eine trochäische Struktur annimmt (ϭs-ϭw, ‚betont-unbetont‘). Wiese / Speyer (2015) stellen unter anderem für diese Variation hohe Frequenz-Unterschiede im gegenwärtigen Deutsch fest (ebd.:542). In ihrer Arbeit konzentrieren sie sich speziell auf das Phänomen der Schwa-Null-Alternation, wobei sie eine Untersuchung zur Distribution von Schwa- und Schwa-loser Form in Abhängigkeit der jeweiligen prosodischen Umgebung anstellen.
Wiese / Speyer (2015) betonen zunächst, dass eine Register-bedingte Variation nicht der Fall sein kann, da diese auch im Standarddeutschen vorgefunden wird (vgl. ebd.:526); Raffelsiefen (2003) bezeichnet dieses Phänomen der Distribution von Schwa- und Schwa-loser Form sogar als idiosynkratisch (vgl. ebd.:125). Auch eine andere Bedeutung oder grammatische Funktion der einsilbigen oder der zweisilbigen Form schließen Wiese / Speyer (2015) aus.
Betrachtet man das Phänomen aus diachroner Perspektive, so stellt man fest, dass diverse Lautwandelerscheinungen in der Entwicklung vom Althochdeutschen über das Mittelhochdeutsche hin zum Neuhochdeutschen diese Variation grundlegend erklären können (vgl. dazu genauer 2.), die Stabilität des Vorkommens bei-der Formen über 900 Jahre hinweg jedoch nicht (vgl. Wiese / Speyer 2015:548).
Nun ist die Schwa-lose Form ausdrucksseitig kürzer als die ursprüngliche Form mit Schwa. Man könnte also annehmen, dass dies in bestimmten Kontexten des Sprachgebrauchs dahingehend operationalisiert werden kann, um Zeit beziehungsweise Zeichen zu sparen, benutzt der Sprecher die Schwa-lose, also kürzere Form.
Die Kommunikation auf Twitter stellt einen ebensolchen Kontext da, wobei im Rahmen dieser Arbeit festgestellt werden soll, welche der beiden Formen häufiger genutzt wird und inwiefern sich der telegrammartige Stil (vgl. dazu genauer 3.) von Twitter, der auf Kürzungen und Einsparungen auf der Zeichenebene wegen der Twitter-spezifischen Restriktion der Zeichenanzahl auf 140 Zeichen beruht, darauf auswirkt; dafür werde ich im Rahmen dieser Arbeit Korpus-basierte Auswertungen anstellen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Historische Entwicklung von gern(e) – diachrone Perspektive
- Prosodischer Parallelismus
- Twitter-Kommunikation
- Beschreibung der Daten
- Prüfung der Hypothesen
- H1: Twitter-User verwenden gern häufiger als gerne.
- H2: Die trochäische Form wird der einsilbigen Form bevorzugt.
- H3: Schwa-Null-Alternation abhängig vom jeweiligen Sprecher.
- H4: Prosodisch parallel konstruierten Strukturen
- Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Verwendung des Adverbs gern(e) im Kontext der Social-Media-Plattform Twitter. Im Fokus steht die Schwa-Null-Alternation, also das Vorkommen der einsilbigen Form "gern" versus der zweisilbigen Form "gerne". Die Arbeit zielt darauf ab, die Häufigkeit der beiden Formen auf Twitter zu analysieren und zu untersuchen, ob die Twitter-Kommunikation, mit ihrem Fokus auf Kürzung und Einsparung von Zeichen, einen Einfluss auf die Wahl der Form hat.
- Häufigkeit der Schwa-losen und Schwa-Form auf Twitter
- Einfluss der Twitter-Kommunikation auf die Formwahl
- Abhängigkeit der Schwa-Null-Alternation vom jeweiligen Sprecher
- Prosodischer Parallelismus und seine Auswirkungen auf die Formwahl
- Diachrone Entwicklung von gern(e) und die Bedeutung der Lautwandelerscheinungen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik ein und beschreibt die Schwa-Null-Alternation des Adverbs gern(e) sowie die Forschungsfrage der Arbeit. Kapitel 2 beleuchtet die historische Entwicklung von gern(e) aus diachroner Perspektive und erläutert die Lautwandelerscheinungen, die zu den beiden Formen führten. In Kapitel 3 wird die Theorie des prosodischen Parallelismus vorgestellt, die später auf das Twitter-Korpus angewendet wird. Kapitel 4 beschäftigt sich mit der Kommunikation auf Twitter und deren spezifischen Eigenschaften. Kapitel 5 beschreibt die Datenbasis der Arbeit, die aus Twitter-Posts besteht. Kapitel 6 prüft die Hypothesen der Arbeit, die sich auf die Häufigkeit der Formen, die Abhängigkeit vom Sprecher und den Einfluss des prosodischen Parallelismus beziehen.
Schlüsselwörter
Schwa-Null-Alternation, gern(e), Twitter-Kommunikation, prosodischer Parallelismus, diachrone Entwicklung, Lautwandel, Sprachnorm, Variation, Social Media, Korpusanalyse, Sprachwandel.
- Citation du texte
- Jonas Schreiber (Auteur), 2015, Zur [ǝ]-Schwa Alternation von gern(e). Prosodischer Parallelismus auf der Social-Media-Plattform Twitter, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/314142
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