Kriemhild nimmt eine zentrale Stellung im „Nibelungenlied“ ein. So wird einleitend zunächst auf sie eingegangen: Kriemhild, ein 'vil edel magedîn', eine junge, unverheiratete, adelige Frau, wächst im Burgundenland auf und besitzt eine schœnde, eine Schönheit, wie keine andere Frau auf der Welt. In der zweiten Strophe wird sie als zentrale Figur präsentiert, die in einer höfischen Welt mit matriarchalischen Strukturen aufwächst. Kriemhild unterliegt somit zwar patriarchalisch der Abhängigkeit der Königsbrüder, da der eigentliche Patriarch, der Vater, verstorben ist, sie tritt jedoch an die erste Stelle der repräsentativen frouwe am Wormser Hof.
Kriemhild gehört als adelige frouwe, geborene Königstochter und spätere künegîn, Königin, einem Stand an, der sie zunächst zu bestimmten Handlungsweisen und einem rollenkonformen Sozialverhalten verpflichtet. Doch die Ermordung Siegfrieds lässt sie entgegen ihrem Status handeln und erste Sozialkonflikte bahnen sich an. In ihrer Trauer heiratet sie schließlich erneut, um ihr altes leit, Leid, zu rächen. Sie sieht dies nicht als Chance, denn auch das Glück wieder Mutter zu sein bedeutet ihr nichts. Am Ende löst sie jegliche familiäre Bindung.
Doch wie es zu der Wandlung „Von der höfischen 'frouwe' zur grausamen Rächerin“ kommt und welche Beweggründe der Dichter der Figur zuschreibt, gilt es in dieser Arbeit zu untersuchen. Da meine Arbeit ausschließlich von der Erforschung der Kriemhild-Figur handelt und ich somit nicht handlungschronologisch vorgehe, setze ich Kenntnisse des Plots des „Nibelungenliedes“ voraus.
Überblickshalber ist meine Arbeit in vier große Themenbereiche unterteilt: Im ersten Teil gehe ich darauf ein, wie sich Kriemhild die ihr angeborene Schönheit und den Sozialstatus der Königstochter durch prunkvolle Kleider und übermäßige Schenkerei zunutze macht, um ihr Ansehen und damit ihre Macht- und Besitzverhältnisse auszubauen, alles für ihr späteres Lebensziel, die Rache. Anschließend gehe ich auf den Wandel ihrer sozial-familiären Bindungen zu ihrem Mann Siegfried, ihrer Mutter Ute, ihren Söhnen Ortlieb und Gunther, ihren Brüdern Gunther, Gernot und Giselher, ihrer Schwägerin Brünhild und ihren Vertrauten Hagen und Rüdiger ein. Kriemhilds Träume und ihr Glaube zeigen weitere Facetten der Figur. Der Umschlag von leit zu Rache rundet die Kriemhild’sche Wandlung ab.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Die schöne Kriemhild: Wie sie die Statussymbole Ansehen, Macht und Besitz nutzt
- III. Die soziale Kriemhild: Wie Treue und Leid ihre engsten Bindungen beeinflussen
- 3.1 Bindung zu Siegfried
- 3.2 Bindung zu Mutter Ute
- 3.3 Bindung zu den Söhnen
- 3.3.1 Der Erstgeborene
- 3.3.1 Der Zweitgeborene
- 3.4 Bindung zu Bruder Gunther
- 3.5 Bindung zu Bruder Gernot
- 3.6 Bindung zu Bruder Giselher
- 3.7 Bindung zu Brünhild
- 3.8 Bindung zu Hagen
- 3.9 Bindung zu Rüdiger
- IV. Die mystische Kriemhild: Wie Traum und Glaube ihre Handlungsweisen bestimmen
- V. Die grausame Kriemhild: Wie aus gekränktem Leid unerbittliche Rache wird
- 5.1 Erste Stufe
- 5.2 Zweite Stufe
- 5.3 Dritte Stufe
- 5.4 Vierte Stufe
- 5.5 Fünfte Stufe
- VI. Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Bachelorarbeit untersucht die komplexe Figur der Kriemhild im Nibelungenlied, deren Entwicklung von einer höfischen Frau zu einer grausamen Rächerin im Mittelpunkt steht. Die Arbeit analysiert die verschiedenen Facetten von Kriemhilds Persönlichkeit und die Faktoren, die zu ihrem Wandel beitragen.
- Kriemhilds Nutzung von Statussymbolen zur Stärkung ihres Ansehens und ihrer Macht.
- Die Entwicklung und der Einfluss ihrer sozialen Bindungen auf ihr Handeln.
- Die Rolle von Traum und Glaube in Kriemhilds Entscheidungen.
- Der Prozess der Verwandlung von Leid in Rache und die Stufen dieser Rache.
- Kriemhilds Stellung als eine der ersten individualisierten Figuren der mittelalterlichen Literatur.
Zusammenfassung der Kapitel
I. Einleitung: Die Einleitung führt in das Thema ein und stellt die zentrale Frage nach der Entwicklung der Kriemhild-Figur vom Beginn des Nibelungenliedes bis zu ihrem tragischen Ende dar. Sie betont Kriemhilds Bedeutung als komplexe und vielschichtige Figur in der mittelalterlichen Literatur und skizziert den methodischen Ansatz der Arbeit. Die Entstehungszeit des Nibelungenliedes und die Bedeutung des Werkes werden kurz erläutert, wobei der Fokus auf die Analyse der Kriemhild-Figur gelegt wird. Die Einleitung betont die Notwendigkeit, die verschiedenen Aspekte von Kriemhilds Persönlichkeit und ihren Beziehungen zu anderen Figuren zu berücksichtigen, um ihr Handeln zu verstehen.
II. Die schöne Kriemhild: Wie sie die Statussymbole Ansehen, Macht und Besitz nutzt: Dieses Kapitel analysiert, wie Kriemhild ihre Schönheit und ihren hohen sozialen Status als Königstochter nutzt, um ihr Ansehen, ihre Macht und ihren Besitz zu erweitern. Es untersucht, wie sie Statussymbole wie prunkvolle Kleidung und großzügige Geschenke einsetzt, um ihre Position zu festigen und ihre Ziele zu erreichen – letztendlich, um ihre spätere Rache zu ermöglichen. Der Fokus liegt auf ihrer strategischen Nutzung ihrer sozialen und materiellen Ressourcen.
III. Die soziale Kriemhild: Wie Treue und Leid ihre engsten Bindungen beeinflussen: Dieses Kapitel befasst sich mit Kriemhilds Beziehungen zu zentralen Figuren des Nibelungenliedes. Es untersucht, wie Treue und Leid ihre Bindungen zu Siegfried, ihrer Mutter Ute, ihren Söhnen, ihren Brüdern Gunther, Gernot und Giselher, ihrer Schwägerin Brünhild sowie zu Hagen und Rüdiger beeinflussen. Die Analyse zeigt, wie diese Beziehungen ihre Handlungen und Entscheidungen prägen und letztendlich zu ihrem Rachefeldzug beitragen. Die Entwicklung und der Bruch dieser Beziehungen werden detailliert untersucht.
IV. Die mystische Kriemhild: Wie Traum und Glaube ihre Handlungsweisen bestimmen: Dieses Kapitel beleuchtet die Rolle von Traum und Glaube in Kriemhilds Leben und Entscheidungen. Es untersucht, inwieweit mystische Elemente ihre Wahrnehmung der Welt und ihr Handeln beeinflussen. Die Analyse konzentriert sich auf die Interpretation dieser Elemente im Kontext der Handlung des Nibelungenliedes und ihrer Bedeutung für Kriemhilds Entwicklung.
V. Die grausame Kriemhild: Wie aus gekränktem Leid unerbittliche Rache wird: Dieses Kapitel beschreibt detailliert die Entwicklung von Kriemhilds Leid zur unerbittlichen Rache. Es analysiert die einzelnen Stufen ihres Racheprozesses und die Motivationen hinter ihren Handlungen. Die Analyse beleuchtet die verschiedenen Faktoren, die zu ihrer Radikalisierung beitragen und die Tragweite ihrer Taten.
Schlüsselwörter
Kriemhild, Nibelungenlied, höfische Frau, Rache, soziale Bindungen, Statussymbole, Leid, mittelhochdeutsche Literatur, mittelalterliche Literatur, Frauenrolle, Macht, Besitz, Traum, Glaube, Individualität.
Häufig gestellte Fragen zum Nibelungenlied: Kriemhild-Analyse
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Bachelorarbeit analysiert die komplexe Figur der Kriemhild im Nibelungenlied und ihren Wandel von einer höfischen Frau zu einer grausamen Rächerin. Die Arbeit untersucht verschiedene Facetten ihrer Persönlichkeit und die Faktoren, die zu dieser Entwicklung beitragen.
Welche Themenschwerpunkte werden behandelt?
Die Arbeit konzentriert sich auf Kriemhilds strategische Nutzung von Statussymbolen, den Einfluss ihrer sozialen Bindungen, die Rolle von Traum und Glaube in ihren Entscheidungen, den Prozess ihrer Rache und ihre Bedeutung als individualisierte Figur der mittelalterlichen Literatur.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit und worum geht es in jedem einzelnen?
Die Arbeit gliedert sich in sechs Kapitel: Die Einleitung stellt das Thema und den methodischen Ansatz vor. Kapitel II analysiert Kriemhilds Nutzung von Statussymbolen. Kapitel III untersucht ihre Beziehungen zu wichtigen Figuren und den Einfluss von Treue und Leid auf diese Beziehungen. Kapitel IV beleuchtet die Rolle von Traum und Glaube in Kriemhilds Handlungen. Kapitel V beschreibt detailliert den Prozess ihrer Rache in verschiedenen Stufen. Schließlich fasst die Schlussbetrachtung die Ergebnisse zusammen.
Wie wird Kriemhilds Nutzung von Statussymbolen dargestellt?
Kapitel II analysiert, wie Kriemhild ihre Schönheit und ihren hohen sozialen Status einsetzt, um ihr Ansehen, ihre Macht und ihren Besitz zu erweitern und ihre späteren Rachepläne zu ermöglichen. Der Fokus liegt auf ihrer strategischen Nutzung von materiellen und sozialen Ressourcen.
Welche Rolle spielen Kriemhilds soziale Bindungen?
Kapitel III untersucht Kriemhilds Beziehungen zu Siegfried, ihrer Mutter, ihren Söhnen, Brüdern, Brünhild, Hagen und Rüdiger. Es analysiert, wie Treue und Leid diese Beziehungen beeinflussen und zu ihren Handlungen beitragen. Der Bruch und die Entwicklung dieser Beziehungen werden detailliert untersucht.
Welche Bedeutung haben Traum und Glaube für Kriemhild?
Kapitel IV beleuchtet die Rolle von Traum und Glaube in Kriemhilds Leben und Entscheidungen und untersucht, inwieweit mystische Elemente ihre Wahrnehmung und ihr Handeln beeinflussen. Die Interpretation dieser Elemente im Kontext der Handlung des Nibelungenliedes steht im Mittelpunkt.
Wie wird Kriemhilds Racheprozess dargestellt?
Kapitel V beschreibt die Entwicklung von Kriemhilds Leid zur unerbittlichen Rache. Der Prozess wird in einzelne Stufen unterteilt, und die Motivationen hinter ihren Handlungen sowie die Faktoren, die zu ihrer Radikalisierung beitragen, werden analysiert.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Kriemhild, Nibelungenlied, höfische Frau, Rache, soziale Bindungen, Statussymbole, Leid, mittelhochdeutsche Literatur, mittelalterliche Literatur, Frauenrolle, Macht, Besitz, Traum, Glaube, Individualität.
Für wen ist diese Arbeit gedacht?
Diese Arbeit ist für ein akademisches Publikum gedacht und dient der Analyse der Figur Kriemhild im Nibelungenlied. Die Daten sind ausschließlich für akademische Zwecke bestimmt.
- Citation du texte
- B.A. Nadine Mallmann (Auteur), 2013, Die Figur der Kriemhild im 'Nibelungenlied'. Von der höfischen 'frouwe' zur grausamen Rächerin, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/314096