Viele mittelständische Unternehmen stehen vor der Herausforderung, dass die Sicherung der Marktposition und die angestrebte Expansion des Unternehmens nicht nur durch organisches Wachstum finanziert werden kann. Es stellt sich für Mittelständler die Frage, wie eine erforderliche Fremdkapitalumstrukturierung finanziert werden kann und eine Option, um sich diesen Herausforderungen zu stellen, ist eine stärkere Kapitalmarktorientierung mittelständischer Unternehmen. Mit der Schaffung von Mittelstandsanleihesegmenten, die sich auf die Platzierung von Anleihen mittelständischer Unternehmen spezialisiert haben, kann nun auch der Mittelstand die Anleihe als Finanzierungsinstrument zur Fremdkapitalbeschaffung nutzen und schon mit geringen Anleihevolumen den Zugang zum Kapitalmarkt suchen.
Seit der Einführung des ersten Mittelstandsanleihesegments Bondm der Börse Stuttgart im Jahr 2010 hat die Emission von Anleihen für den Mittel-stand erheblich an Bedeutung gewonnen. Die Mittelstandsanleihe kann in diesem Zusammenhang ein elementares und diversifizierendes Element im Finanzierungsmix des Unternehmens darstellen. Es stellt sich die Frage, ob die Mittelstandsanleihe insbesondere unter Berücksichtigung des Kostenaspekts ein attraktives Fremdkapitalfinanzierungsinstrument für mittelständische Unternehmen darstellt und welche Voraussetzungen für eine Emission an den Mittelstandsanleihesegmenten zu erfüllen sind. Die aktuellen Insolvenzen mittelständischer Emittenten aus den Bereichen Erneuerbare Energien und Zukunftstechnik, wie beispielsweise Windreich und Solarwatt, werfen zudem die Frage nach dem Pro und Contra von Mittelstandsanleihen zur Unternehmensfinanzierung auf.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis ... 4
Tabellenverzeichnis ... 5
Abkürzungs- und Symbolverzeichnis ... 6
1. Einleitung und Problemstellung ... 8
2. Grundlagen der Finanzierung ... 10
2.1 Finanzierungsbegriff ... 10
2.2 Finanzierungsquellen ... 10
2.2.1 Eigenkapitalfinanzierung ... 13
2.2.2 Fremdkapitalfinanzierung ... 13
2.2.3 Mezzanine-Finanzierung ... 15
3. Mittelstandsfinanzierung ... 16
3.1 Definition und Abgrenzung des Mittelstands ... 16
3.2 Bedeutung des Mittelstands ... 18
3.3 Finanzierungssituation und Wandel der Mittelstandsfinanzierung ... 20
3.4 Auswirkungen von Basel III auf den Mittelstand ... 26
4. Anleihefinanzierung als Finanzierungsoption des Mittelstands ... 28
4.1 Grundlagen der Anleihefinanzierung ... 28
4.2 Börsensegmente ... 30
4.3 Klassifizierung von Unternehmensanleihen ... 32
4.4 Neues Handelssegment Prime Standard für Unternehmensanleihen ... 35
4.5 Charakteristika von Mittelstandsanleihen und Mittelstandsanleihesegmente ... 39
4.6 Kapitalmarktfähigkeit ... 44
4.7 Emission von Mittelstandsanleihen ... 48
4.7.1 Eigenemission ... 48
4.7.2 Fremdemission ... 50
4.7.3 Leistungen der Emissionsbank ... 51
4.7.4 Anleiheemissionsprozess und -strategie ... 52
4.7.4.1 Planungsphase ... 54
4.7.4.2 Vorbereitungsphase ... 56
4.7.4.3 Ausführungsphase ... 59
4.8 Emissionskosten ... 60
4.8.1 Variable Kosten der Anleiheemission ... 61
4.8.2 Fixkosten der Anleiheplatzierung ... 62
4.9 Bedeutung von Mittelstandsanleihen für Emittenten ... 65
4.9.1 Vorteile und Nutzen der Emission ... 65
4.9.1.1 Stärkung der Unabhängigkeit und finanziellen Flexibilität ... 66
4.9.1.2 Steigerung des Bekanntheitsgrades und positive Imagewirkung ... 68
4.9.1.3 Höhere Emissionsvolumina ... 68
4.9.1.4 Planungssicherheit ... 69
4.9.2 Nachteile für Emittenten ... 69
4.9.2.1 Kosten und Mindestemissionsvolumina ... 69
4.9.2.2 Lange Vorbereitungszeit und unsicheres Platzierungsvolumen ... 71
4.9.2.3 Refinanzierungsrisiko ... 71
4.9.2.4 Diskretionsverlust durch höhere Transparenz und Publizitätspflichten ... 73
4.10 Rating von Mittelstandsanleihen ... 74
4.10.1 Grundlagen des Ratings ... 75
4.10.2 Ratingmethodik ... 76
4.10.3 Ratingkosten ... 80
4.10.4 Anreize und Nutzenpotenziale von Ratings ... 81
4.10.5 Kritik und mittelstandsspezifische Anforderungen an Ratings ... 83
5. Fazit und Ausblick ... 85
Literaturverzeichnis ... 88
Abbildungsverzeichnis
[Dies ist eine Leseprobe. Verzeichnisse sind nicht enthalten.]
Tabellenverzeichnis
[Dies ist eine Leseprobe. Verzeichnisse sind nicht enthalten.]
Abkürzungs- und Symbolverzeichnis
[Dies ist eine Leseprobe. Verzeichnisse sind nicht enthalten.]
1. Einleitung und Problemstellung
Die deutsche Wirtschaft ist im internationalen Vergleich bestens positioniert und noch immer besteht eine hohe Nachfrage nach deutschen Produkten. Der Mittelstand ist dabei der Motor der deutschen Wirtschaft. Um auch in Zukunft eine ökonomisch bedeutende Rolle einzunehmen benötigen mittelständische Unternehmen ausreichende finanzielle Mittel. In den letzten Jahren orientiert sich das traditionell an der Bankfinanzierung ausgerichtete deutsche Finanzsystem zunehmend in Richtung Kapitalmarktfinanzierung. Dennoch stellt der Bankkredit im Rahmen des Hausbankenprinzips noch immer die wichtigste externe Finanzierungsquelle des Mittelstands dar. Insbesondere die mit der Finanzkrise einhergehende Verschärfung der Kreditvergabebedingungen und die steigende Volatilität im Unternehmensumfeld erfordert eine strategische Unternehmensfinanzierung und führt dazu, dass mittelständische Unternehmen die bisherigen Finanzierungsstrukturen und die starke Bankorientierung in Frage stellen und sich auch auf neue Finanzierungsinstrumente zur Unternehmensfinanzierung fokussieren.
Viele mittelständische Unternehmen stehen vor der Herausforderung, dass die Sicherung der Marktposition und die angestrebte Expansion des Unternehmens nicht nur durch organisches Wachstum finanziert werden kann. Der Cashflow und die Kapitalbereitstellung der Gesellschafter mittelständischer Unternehmen reichen für Unternehmensübernahmen und die zunehmende Internationalisierung der Geschäftstätigkeit in der Regel nicht aus. Der zunehmende Kapitalbedarf mittelständischer Unternehmen kann allein durch Bankkredite häufig nicht mehr gedeckt werden. Insbesondere die Globalisierung und der dadurch steigende Wettbewerbsdruck erfordert von mittelständischen Unternehmen eine Internationalisierung ihrer Geschäftstätigkeit zur Sicherung ihrer Wettbewerbsfähigkeit. Die rasante Weiterentwicklung der Technologien, immer kürzere Produktlebenszyklen und die Globalisierung der Produktion und des Vertriebs erfordern hohe finanzielle Mittel. Es stellt sich für Mittelständler aber auch häufig die Frage, wie eine erforderliche Fremdkapitalumstrukturierung finanziert werden kann. Eine Option, um sich diesen Herausforderungen zu stellen, ist eine stärkere Kapitalmarktorientierung mittelständischer Unternehmen. Mit der Schaffung von Mittelstandsanleihesegmenten, die sich auf die Platzierung von Anleihen mittelständischer Unternehmen spezialisiert haben, kann nun auch der Mittelstand die Anleihe als Finanzierungsinstrument zur Fremdkapitalbeschaffung nutzen und schon mit geringen Anleihevolumen den Zugang zum Kapitalmarkt suchen. Seit der Einführung des ersten Mittelstandsanleihesegments Bondm der Börse Stuttgart im Jahr 2010 hat die Emission von Anleihen für den Mittelstand erheblich an Bedeutung gewonnen. Die Mittelstandsanleihe kann in diesem Zusammenhang ein elementares und diversifizierendes Element im Finanzierungsmix des Unternehmens darstellen. Es stellt sich die Frage, ob die Mittelstandsanleihe insbesondere unter Berücksichtigung des Kostenaspekts ein attraktives Fremdkapitalfinanzierungsinstrument für mittelständische Unternehmen darstellt und welche Voraussetzungen für eine Emission an den Mittelstandsanleihesegmenten zu erfüllen sind. Die aktuellen Insolvenzen mittelständischer Emittenten aus den Bereichen Erneuerbare Energien und Zukunftstechnik, wie beispielsweise Windreich und Solarwatt, werfen zudem die Frage nach dem Pro und Contra von Mittelstandsanleihen zur Unternehmensfinanzierung auf.
Im Verlauf dieser Arbeit wird zunächst die Bedeutung des Mittelstands für die Binnenwirtschaft, die derzeitige Finanzierungssituation mittelständischer Unternehmen im wirtschaftlichen Umfeld und der Wandel der Mittelstandsfinanzierung betrachtet. Zudem werden die Auswirkungen der anhaltenden Finanz- und Staatsschuldenkrise und die damit einhergehende Restrukturierung des Kreditgeschäfts sowie die Verschärfung der Kreditvergabebedingungen auf mittelständische Unternehmen untersucht. Im Anschluss werden zunächst die Grundlagen der Anleihefinanzierung sowie die in Deutschland existierenden Börsensegmente dargestellt, um im weiteren Verlauf anhand der Klassifizierung von Corporate Bonds und dem neuen Prime Standard für Unternehmensanleihen die Mittelstandsanleihe eindeutig abzugrenzen. Im Folgenden werden die Charakteristika der Mittelstandsanleihe und die verschiedenen Mittelstandsanleihesegmente analysiert. Darüber hinaus erfolgt eine Betrachtung der quantitativen und qualitativen Faktoren der Kapitalmarktfähigkeit, um damit einen charakteristischen Rahmen zu schaffen, das Potenzial mittelständischer Unternehmen mit Kapitalmarktfähigkeit zu identifizieren und Richtwerte zur Identifizierung kapitalmarktfähiger Unternehmen zu definieren. Es erfolgt zudem ein Vergleich der Eigen- und Fremdemission. In diesem Zusammenhang werden der Anleiheemissionsprozess untersucht sowie die Kosten und Vorteile einer Emission von Mittelstandsanleihen als Finanzierungsoption im Finanzierungsmix mittelständischer Unternehmen aufgezeigt. Für die meisten Mittelstandsanleihesegmente ist die Erstellung eines Emittentenratings verpflichtende Zugangsvoraussetzung, um das Vertrauen der Marktteilnehmer in diese neuen Handelssegmente zu stärken. Da ein Rating für mittelständische Unternehmen neben den zahlreichen Nutzenpotenzialen auch zusätzliche Kosten verursacht, wird darauf abschließend ausführlich eingegangen. In einem Fazit wird unter Abwägung der Vor- und Nachteile dargestellt, ob eine Anleihefinanzierung für mittelständische Unternehmen lohnenswert ist und welche Voraussetzungen für eine erfolgreiche Umsetzung gegeben sein müssen.
2. Grundlagen der Finanzierung
2.1 Finanzierungsbegriff
In der Literatur findet sich bis dato keine einheitliche Definition des Begriffs „Finanzierung“.1 Nach der Definition von Zantow/Dinauer umfasst Finanzierung „die Kapitalbeschaffung für die Unternehmung (Kapitalherkunft, Einzahlungen)“2, um damit Auszahlungen durch Investitionen zu decken. Teilbereiche dieser Interpretation des Finanzierungsbegriffs sind die Kapitalzuführung durch Außenfinanzierung und die Kapitalfreisetzung im Rahmen der Innenfinanzierung, die als Kapitalherkunft zusammengefasst werden.3 Drukarczyk definiert Finanzierung als „Aktivitäten von Unternehmen, die auf Beschaffung finanzieller Mittel ausgerichtet sind.“4 Mit diesen finanziellen Mitteln werden Investitionen getätigt, um Einkommen zu erzielen.5
Zudem wird in der Literatur oftmals zwischen einem engeren und weiteren Finanzierungsbegriff unterschieden. In einer engeren Definition umfasst die Finanzierung die Geld- bzw. Kapitalbeschaffung und die Beschaffung geldwerter Güter. Der Finanzierungsbegriff im weiteren Sinne beinhaltet neben der Geldbeschaffung auch die Disposition von Kapital, im Wesentlichen die Umfinanzierung, Kapitalsicherung und -reduzierung.6 Der weite Finanzierungsbegriff ist somit die „Bereitstellung von finanziellen Mitteln jeder Art einerseits zur Durchführung der betrieblichen Leistungserstellung und Leistungsverwertung und andererseits zur Vornahme bestimmter außerordentlicher finanztechnischer Vorgänge [...].“7
Diese Ausführungen sollen zunächst eine Einordnung des Finanzierungsbegriffs und einen Überblick der verschiedenen Definitionsweisen ermöglichen. Im folgenden Verlauf dieser Arbeit werden die verschiedenen Finanzierungsquellen eines Unternehmens analysiert.
2.2 Finanzierungsquellen
Die Finanzierungsquellen stellen die unterschiedlichen Arten zur Kapitalbeschaffung dar. Es wird generell zwischen Innen- und Außenfinanzierung sowie zwischen Eigen- und Fremdfinanzierung unterschieden.8 Dabei erfolgt eine Unterteilung der Außenfinanzierung nach der Rechtsstellung der Kapitalgeber in Eigen- bzw. Beteiligungsfinanzierung, Fremdfinanzierung und in Mischformen wie beispielsweise der Mezzanine Finanzierung, die eine rechtliche Stellung zwischen dem Eigen- und Fremdkapital eines Unternehmens darstellt.9 Die nachfolgende Abbildung 1 visualisiert die verschiedenen Finanzierungsquellen eines Unternehmens.
Abbildung 1: Finanzierungsarten nach der Kapitalherkunft
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Wöhe et al. (2009), S.16.; Zantow; Dinauer (2011), S. 43.
[Dies ist eine Leseprobe. Grafiken und Tabellen sind nicht enthalten.]
Die Finanzierungsquellen liegen bei der Innenfinanzierung innerhalb des Unternehmens. Im Gegensatz zur Außenfinanzierung entstehen die Finanzmittel aus dem eigenen betrieblichen Leistungsprozess. Das heißt, dass im Rahmen der Innenfinanzierung dem Unternehmen liquide Mittel zufließen oder freigesetzt werden, die auf unternehmensinterne Prozesse zurückzuführen sind.10 Das wichtigste Kriterium der Innenfinanzierung ist die offene Selbstfinanzierung durch das Einbehalten von Gewinnen (Gewinnthesaurierung).11 Außerdem besteht die Möglichkeit aufgrund von bilanziellen Bewertungsvorschriften Gewinne niedriger auszuweisen und damit stille Reserven zu bilden, die dem Unternehmen als Eigenkapital für Finanzierungszwecke zur Verfügung stehen (stille Selbstfinanzierung).12 Ein weiteres Mittel zur Innenfinanzierung ist die Einbehaltung von nicht auszahlungswirksamen Aufwendungen der betrachteten Periode.13 Dazu zählen zunächst die Finanzierung aus Rückstellungen, die beispielsweise der Fremdfinanzierung zuzuordnen ist14 und die Finanzierung aus Abschreibungen im Rahmen eines Desinvestitionsprozesses, der eine Umwandlung von gebundenen in liquide Mittel zur Folge hat. Auch Rationalisierungsmaßnahmen können durch eine Kapitalfreisetzung der Innenfinanzierung dienen.15 Die Bedeutsamkeit der Innenfinanzierung wird zukünftig noch zunehmen, da das Bestehen einer hohen Eigenkapitalausstattung ein elementares Kriterium bei der Bonitätsbewertung des Unternehmens durch die Kreditinstitute darstellt und sich die Kreditkonditionen zunehmend am Rating des Schuldners orientieren.16 Da die Innenfinanzierung grundsätzlich durch die eigene Ertragskraft begrenzt ist, müssen Unternehmen auch externe Finanzierungsquellen nutzen. Dazu werden dem Unternehmen im Rahmen der Außenfinanzierung finanzielle Mittel von außen zugeführt wie beispielsweise durch Kreditinstitute, Beteiligungsgesellschaften und Investoren. Das Kapital stammt also nicht aus dem Leistungserstellungsprozess des Unternehmens.
Es erfolgt in diesem Zusammenhang eine Differenzierung zwischen der Eigenund Fremdfinanzierung. Der externe Kapitalzufluss kann demnach in Form von Eigenkapital erfolgen (Beteiligungs- bzw. Einlagenfinanzierung) oder als Fremdkapital zur Verfügung gestellt werden (Fremdfinanzierung).17 Die nachfolgende Tabelle 1 soll einen systematischen Überblick über die möglichen Finanzierungsquellen eines Unternehmens geben.
Tabelle 1: Übersicht Finanzierungsquellen
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Wöhe et al. (2009), S. 23.
[Dies ist eine Leseprobe. Grafiken und Tabellen sind nicht enthalten.]
2.2.1 Eigenkapitalfinanzierung
Eigenkapital entspricht der Differenz zwischen dem Wert der Vermögensgegenstände der Aktiva und dem Fremdkapital auf der Passivseite der Bilanz.18 Nach Bitz/Stark kennzeichnet Eigenkapital damit „die Höhe des Reinvermögens des bilanzierenden Unternehmens auf Basis der für die Erstellung der Bilanz maßgeblichen Ansatz- und Bewertungsvorschriften.“19
Allerdings entspricht das Eigenkapital nicht dem frei verfügbaren Kapital, da der Eigenkapitalbegriff keine Aussage zur Zusammensetzung des Vermögens hinsichtlich der Liquidität der im Vermögen gebundenen finanziellen Mittel macht.20 Eigenkapital wird dem Unternehmen vom Kapitalgeber zeitlich unbefristet zur Verfügung gestellt werden und dient auch als Haftungs- bzw. Risikokapital für unternehmerische Risiken. Bei der Kapitalaufnahme erfolgt zusätzlich eine Differenzierung zwischen internen und externen Kapitalgebern. Interne Eigenkapitalfinanzierungsquellen sind im Wesentlichen die Einlagen der Gesellschafter und die Gewinnthesaurierung. Beim externen Eigenkapitalzufluss werden Unternehmensanteile in Aktien verbrieft und über den Kapitalmarkt an Investoren im Rahmen eines Initial Public Offerings (IPO) oder einer Kapitalerhöhung zu einem vorher festgelegten Preis abgegeben.
Dabei können die Aktien als Stamm- oder Vorzugsaktien begeben werden.21 Die Eigenkapitalfinanzierung verschafft den Kapitalgebern eine Gesellschafterstellung. Daraus ergeben sich in der Regel mit Ausnahme von Vorzugsaktien Mitsprache- und Kontrollrechte.22 Durch das mit einer Beteiligung übernommene erhöhte unternehmerische Risiko erwarten die externen Eigenkapitalgeber eine dem Risiko entsprechende Rendite. Diese Rendite erhält der Investor durch die jährliche gewinnabhängige Dividendenausschüttung und das Kursgewinnpotenzial der Unternehmensanteile bzw. Aktien. Aber auch die interne Eigenkapitalbereitstellung zielt auf eine angemessene Rendite (Return on Equity bzw. Eigenkapitalrendite) zum Ausgleich des erhöhten Haftungsrisikos.23
2.2.2 Fremdkapitalfinanzierung
Das Fremdkapital umfasst die Schulden des Unternehmens und setzt sich grundsätzlich aus den Elementen Rückstellungen, Verbindlichkeiten und passive Rechnungsabgrenzungsposten zusammen.24 Fremdkapital wird dem Unternehmen durch externe Kapitalgeber in Form von Krediten zur Verfügung gestellt oder intern durch Rückstellungen gebildet.25 Das Fremdkapital wird dem Unternehmen im Gegensatz zum Eigenkapital nur zeitlich befristet überlassen und muss am Ende der vorher festgelegten Laufzeit in nomineller Höhe getilgt werden.26
Im Insolvenzfall wird der Fremdkapitalgeber vorrangig bedient. Dagegen stellt Eigenkapital Nachrangkapital dar und wird erst nach Befriedigung aller Verbindlichkeiten bedient. Die gewinnunabhängige Vergütung der Kapitalgeber erfolgt durch regelmäßige und fest vereinbarte Zinszahlungen. Diese Zinszahlungen mindern als Betriebsausgaben den zu versteuernden Gewinn. Dagegen sind Dividendenzahlungen auf das Eigenkapital bzw. Aktien zu versteuern. Aufgrund dieser steuerlichen Abzugsfähigkeit von Zinszahlungen wird in Deutschland Fremdkapital gegenüber dem Eigenkapital begünstigt.
Bankkredite sind das am häufigsten verwendete Finanzierungsinstrument im Rahmen der Fremdkapitalfinanzierung. Diese basieren auf standardisierten Kreditverträgen mit den kapitalgebenden Banken und werden nicht am Kapitalmarkt gehandelt. Das Schuldscheindarlehen ist ein langfristig orientierter Kredit ab einem Volumen von 20 Millionen Euro, der auf einer Urkunde (Schuldschein bzw. Darlehensvertrag) basiert. Allerdings ist die Urkunde kein Wertpapier, sondern eine Darlehensurkunde mit Beweisfunktion, die nicht an der Börse handelbar ist und durch Zession übertragen wird.27 Das Schuldscheindarlehen stellt eine Annäherung an die Finanzierung über den Kapitalmarkt dar und wird als langfristiges Finanzierungsinstrument zwischen dem Bankkredit und der kapitalmarktbezogenen Anleihe eingeordnet.
Diese vor allem in Deutschland vorzufindende Finanzierungsform richtet sich deshalb an langfristig orientierte institutionelle Investoren wie beispielsweise Banken, Versicherungen, Investmentfonds, Pensionsfonds und sonstige Kapitalsammelstellen. Das klassische Finanzierungsinstrument zur Generierung von Fremdkapital über die Kapitalmärkte stellt die Anleiheemission dar. Die Anleihe wird dabei von einem Unternehmen am Kapitalmarkt bei einer Vielzahl von Anlegern platziert. Nach dem Listing der Anleihe an einer Börse können die Wertpapiere am Kapitalmarkt gehandelt werden.28 Als Emittenten von Anleihen werden vorwiegend Unternehmen, Staaten, staatsnahe Institutionen und Banken unterschieden.29 In der vorliegenden Arbeit liegt der Fokus auf Unternehmensanleihen, die von Unternehmen am Kapitalmarkt emittiert werden. Im Kapitel 4 wird die Anleihe als Finanzierungsinstrument für mittelständische Unternehmen näher betrachtet.
2.2.3 Mezzanine-Finanzierung
Unter der Mezzanine-Finanzierung werden unterschiedliche hybride Instrumente zur Unternehmensfinanzierung verstanden.30 Mezzanine-Kapital nimmt dabei eine Zwitterstellung zwischen Eigen- und Fremdkapital ein.31 Es kann je nach Ausgestaltungsform des Mezzanine- Finanzierungsinstruments bilanziell sowohl dem Eigenkapital (Equity Mezzanine Capital) als auch dem Fremdkapital (Debt Mezzanine Capital) zugerechnet werden.32 Dem Beteiligungsunternehmen wird dabei wirtschaftliches oder bilanzielles Eigenkapital zugeführt.33 Es wird deshalb als Hybridkapital bezeichnet. Mezzanine-Finanzierungsinstrumente weisen in der Regel eigenkapitalspezifische Merkmale, wie eine gewinnorientierte Vergütung, und Fremdkapital ähnliche Charakteristika, wie eine zeitlich befristete Kapitalüberlassung, auf.34 Dabei ist Mezzanine-Kapital gegenüber dem Fremdkapital nachrangig. Damit trägt der Investor ein höheres Risiko, das durch eine höhere Verzinsung vergütet werden muss.35 Häufig wird neben den zu entrichteten festen Zinszahlungen eine Gewinnbeteiligung (Equity-Kicker) des Investors vereinbart.36 Allerdings setzen Mezzanine-Finanzierungen einen hohen positiven und nachhaltigen Cashflow des Unternehmens voraus, um die laufenden Zinszahlungen entrichten zu können. Mezzanine-Finanzierungen werden vor allem durch Beteiligungsgesellschaften, Kreditinstitute und andere institutionelle Investoren in Form von Gesellschafterdarlehen bzw. partiarische Darlehen, stillen Beteiligungen, Vorzugsaktien, Genussscheinen, Wandel- und Optionsanleihen bereitgestellt.37 Genussscheine und stille Beteiligungen stellen dabei das Equity Mezzanine mit Eigenkapitalcharakter (Sweet Mezzanine) dar. Dagegen sind nachrangige, partiarische Darlehen und Gesellschafterdarlehen sogenanntes Debt Mezzanine mit Fremdkapitalcharakter. Debt Mezzanine ist bilanziell als Verbindlichkeit zu erfassen. Es gibt aber auch Mezzanine-Mischformen, wie zum Beispiel die Wandelanleihe.38
Zudem wird zwischen Individual-Mezzanine und Standard-Mezzanine unterschieden. Individual- Mezzanine wird speziell auf den Kapitalbedarf und die Finanzierungssituation des mittelständischen Unternehmens zugeschnitten.39 Das Standard-Mezzanine-Programm ist gekennzeichnet durch eine standardisierte Ausgestaltung, im Rahmen dessen vom Kreditinstitut in der Regel Genussscheine an das Unternehmen begeben werden. Im Anschluss werden die Einzelengagements gebündelt, verbrieft und am Kapitalmarkt platziert.40
3. Mittelstandsfinanzierung
3.1 Definition und Abgrenzung des Mittelstands
Trotz der großen Bedeutung des Mittelstands für die deutsche Wirtschaft, insbesondere als Wachstums- und Beschäftigungsmotor, gibt es durch die Heterogenität mittelständischer Unternehmen noch immer keine einheitliche Definition des Mittelstandsbegriffs.41 In der internationalen Wissenschaft und Statistik hat sich der Begriff kleine und mittlere Unternehmen (KMU) durchgesetzt, der international die Bezeichnung small-and-medium-sized-enterprises (SME) trägt.42 Die Begriffe Mittelstand und KMU werden in Deutschland deshalb häufig synonym verwendet. Zur Begriffsbestimmung des Mittelstandes werden quantitative und qualitative Merkmale herangezogen.43 Bei der quantitativen Begriffsbestimmung gibt es zum einen die Empfehlung der Europäischen Kommission und zum anderen die deutsche Mittelstandsdefinition des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM) in Bonn. In beiden Fällen werden quantitative Kriterien zur Klassifizierung zugrunde gelegt.44 Dabei orientieren sich das Statistische Bundesamt und die amtliche Statistik am Mittelstandsbegriff der Europäischen Kommission. Für diese umfasst der Begriff KMU sowohl Kleinstunternehmen als auch kleine und mittlere Unternehmen.45 Dabei werden als quantitative Kriterien regelmäßig die Anzahl der Mitarbeiter, der Umsatz und die Bilanzsumme verwendet. Danach sind KMU Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten und entweder einem Umsatz von weniger als 50 Millionen Euro oder einer Bilanzsumme von weniger als 43 Millionen Euro. Es muss zumindest das Unterscheidungskriterium Beschäftigte und ein weiteres Kriterium Umsatz oder Bilanzsumme erfüllt sein, um einer Unternehmensgröße zugeordnet zu werden.46 Die nachfolgende Tabelle 2 zeigt die europäische Mittelstandsdefinition.
Tabelle 2: EU-Definition des Mittelstands
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Europäische Kommission (o.J.).
[Dies ist eine Leseprobe. Grafiken und Tabellen sind nicht enthalten.]
Eine weitere Mittelstandsdefinition entwickelte das Institut für Mittelstandsforschung in Bonn basierend auf den quantitativen Kriterien Jahresumsatz und Anzahl der Beschäftigten. Dabei bilden kleine und mittlere Unternehmen gemeinsam den klassischen deutschen Mittelstand. Danach charakterisiert sich ein mittelständisches Unternehmen in Deutschland durch eine Beschäftigtenzahl von bis zu 499 Mitarbeitern und einen Jahresumsatz von bis zu 50 Millionen Euro.47
Tabelle 3: Deutsche Mittelstandsdefinition des IfM Bonn
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Institut für Mittelstandsforschung Bonn (o.J.).
[Dies ist eine Leseprobe. Grafiken und Tabellen sind nicht enthalten.]
Neben diesen Definitionen basiert das Mittelstandspanel der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) auf einer noch einfacheren Abgrenzung mittelständischer Unternehmen. Die KfW definiert den Mittelstand über einen Jahresumsatz bis maximal 500 Millionen Euro.48 Diese Definition ist deshalb von Bedeutung, da das Mittelstandspanel die derzeit einzige repräsentative Datenbasis für die Entwicklung der Eigenkapitalquote und anderer unternehmensbezogener Daten des Mittelstands darstellt.49
Jedoch haben alle Definitionen gemeinsam, dass sie nur quantitative Kriterien zur Beschreibung des Mittelstands heranziehen. Neben diesen rein ökonomischen Unterscheidungskriterien ist es deshalb sinnvoll auch qualitative Kriterien zur Abgrenzung eines mittelständischen Unternehmens zu berücksichtigen. Diese qualitativen Kriterien sind beispielsweise die Einheit von Management, Eigentum, Haftung und Risiko, die zentrale Bedeutung der Unternehmerpersönlichkeit, die Selbständigkeit durch rechtliche und wirtschaftliche Unabhängigkeit, die Identität von Geschäftsführungs- und Eigentümerentscheidungen sowie ein erschwerter Zugang zu externer Kapitalbeschaffung aufgrund der Unternehmensgröße und Rechtsform. Dadurch wird deutlich, dass sich diese Unternehmen neben der Größe auch in Bezug auf die Eigentümer-, Unternehmensstruktur und die Finanzierungsmöglichkeiten von großen Unternehmen unterscheiden.50 Eine Besonderheit dieser inhabergeführten mittelständischen Unternehmen ist, dass die Unternehmensanteile häufig einer oder mehrerer Familien gehören.
Deshalb werden die Begriffe mittelständisches Unternehmen und Familienunternehmen oftmals synonym verwendet.51 Das IfM Bonn definiert Familienunternehmen als „Unternehmen, bei denen die Eigentums- und Leitungsrechte in der Person des Unternehmers oder der Unternehmerin bzw. deren Familie vereint sind.“52 Die Unterscheidung von Familien- und Nicht- Familienunternehmen erfolgt ausschließlich durch qualitative Kriterien.53 Im Gegensatz zu managergeführten Großunternehmen ist ein grundsätzliches Merkmal inhabergeführter mittelständischer Unternehmen die Fokussierung auf die Bestands- und Zukunftssicherung des Unternehmens. Dagegen zielen Großunternehmen vorwiegend auf den kurzfristigen wirtschaftlichen Erfolg. Darüber hinaus charakterisieren enge persönliche Beziehungen zwischen den Mitarbeitern und der Unternehmensleitung die mittelstandsspezifische Unternehmenskultur. Diese zeigt sich generell durch eine stärkere Kundenorientierung, größere Flexibilität, höhere Innovationsfähigkeit und Risikobereitschaft. Zudem kennzeichnet den Mittelstand eine starke wirtschaftliche und gesellschaftliche regionale Verbundenheit zum Unternehmensstandort.54
Bis heute konnte sich keine einheitliche Definition des Mittelstands durchsetzen. So basieren die veröffentlichten Daten zum Mittelstand auf den unterschiedlichsten Definitionen. Das statistische Bundesamt orientiert sich an der Empfehlung der Europäischen Kommission, das IfM Bonn publiziert Mittelstandsdaten auf Grundlage ihrer eigenen Definition und auch das Mittelstandspanel der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) basiert auf einer gesonderten KMU-Definition. Zur umfassenden Betrachtung der Thematik der vorliegenden Arbeit werden im Folgenden alle drei Definitionen berücksichtigt. Für die Darstellung der makroökonomischen Bedeutsamkeit des Mittelstands werden die Definitionen des IfM-Bonn und der Europäischen Kommission zugrunde gelegt, die sich in ihrer Definitionsweise nur marginal unterscheiden. Die im folgenden Kapitel dargestellte Eigenkapitalentwicklung mittelständischer Unternehmen basiert auf dem einzig repräsentativ verfügbaren Längsschnittdatensatz des KfW-Mittelstandspanels, dem die KfW-Mittelstandsdefinition zugrunde liegt.
3.2 Bedeutung des Mittelstands
Der Mittelstand hat eine hohe Bedeutung für die deutsche Binnenwirtschaft, aufgrund des großen wirtschaftlichen Gewichts das die KMU repräsentieren.55 Häufig spricht man auch vom „Rückgrat der deutschen Wirtschaft.“56 Denn nur ein geringer Teil der Umsätze werden von KMU im Ausland durch Exporte erwirtschaftet. Der Großteil der Umsätze von KMU wird im Ausland aktiv. Deshalb sind die mittelständischen Unternehmen das tragende Element der deutschen Wirtschaft. Gerade in Zeiten der Globalisierung stützen sie die inländische Wirtschaft und sichern damit Stabilität und Wachstum in Deutschland. Darüber hinaus betreibt der Mittelstand im Gegensatz zu den Konzernen eine nachhaltige Beschäftigungspolitik, die durch eine niedrige Fluktuation gekennzeichnet ist. Deshalb ist gerade in Krisenzeiten der Mittelstand auch ein wichtiger Stabilisator des Arbeitsmarktes.57 Allerdings gibt es keine einheitliche Statistik, in der alle mittelständischen Unternehmen vollständig erfasst werden.58
Das Ausmaß und die besondere volkswirtschaftliche Bedeutung des Mittelstands in der deutschen Volkswirtschaft lassen sich anhand einer umfassenden Datenbasis der Umsatzsteuerstatistik und des Unternehmensregisters des IfM Bonn sowie des Statistischen Bundesamtes verdeutlichen. Im Jahr 2010 zählten auf Basis der quantitativen Abgrenzung des Unternehmensregisters 99,6 Prozent aller Unternehmen in Deutschland zur Mittelstandsdefinition. Dies entspricht rund 3,6 Millionen mittelständischen Unternehmen.59 Laut Unternehmensregister sind in 2010 etwa 15,5 Millionen sozialversicherungspflichtige Beschäftigte den mittelständischen Unternehmen zuzuordnen. Somit beschäftigte der Mittelstand im Jahr 2010 60,2 Prozent der sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer.60 Nach der Umsatzsteuerstatistik des Jahres 2010 erwirtschaftete der Mittelstand etwa 37,1 Prozent aller Umsätze.61
Die Daten des Statistischen Bundesamtes zum Mittelstand orientieren sich an der Empfehlung der Europäischen Kommission.62 Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes erbrachten KMU im Jahr 2009 49,2 Prozent der Bruttowertschöpfung zu Faktorkosten und erwirtschafteten 35,6 Prozent aller Umsätze. Außerdem beschäftigten KMU 60,7 Prozent der sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer. Im Jahr 2009 konnten dieser europäischen Mittelstandsdefinition 99,3 Prozent der Unternehmen zugerechnet werden.63 Es wird deutlich, dass sich die Ergebnisse der Statistiken zu den makroökonomischen Rahmenbedingungen des Mittelstands aufgrund der unterschiedlichen Definitionsweisen nur marginal unterscheiden. Gemeinsam stellen sie jedoch die hohe Bedeutsamkeit des deutschen Mittelstands für die Gesamtwirtschaft dar. Allerdings ist für den Fortbestand und die Aufrechterhaltung der Investitionskraft des Mittelstands eine entsprechende Versorgung mit finanziellen Mitteln zwingend notwendig, denn insbesondere kleinere mittelständische Unternehmen hatten in der jüngsten Vergangenheit mit einer restriktiveren Kreditvergabe zu kämpfen. Insofern ist die Auswahl geeigneter Finanzierungsquellen eine wesentliche Voraussetzung für die Zukunftsfähigkeit des Mittelstands.64
3.3 Finanzierungssituation und Wandel der Mittelstandsfinanzierung
In Deutschland fokussiert sich die Unternehmensfinanzierung vor allem auf die Finanzierung über Kreditinstitute. Deshalb wird in Deutschland von einem bankorientierten Finanzsystem (bank-based economy) gesprochen. Dagegen konzentriert sich die Mittelbeschaffung in angelsächsischen Ländern wie den USA oder Großbritannien vorwiegend auf den Kapitalmarkt. In diesem Zusammenhang spricht man von einem marktorientierten Finanzsystem (market-based economy). 65 Dabei basiert die Finanzierung des deutschen Mittelstands hauptsächlich auf zwei Säulen: der Gewinnthesaurierung (Innenfinanzierung) und dem Bankkredit.66
Charakteristisch für das deutsche Finanzsystem ist zudem das Hausbankenprinzip (Relationship Lending). Darunter ist eine starke, stabile und langfristige Beziehung der Unternehmen zu einer begrenzten Anzahl von Kreditinstituten zu verstehen. Das enge Vertrauensverhältnis67 und die transparente Zusammenarbeit ermöglicht der Hausbank in der Regel eine bessere Beurteilung der Bonität des Unternehmens.68 Das Bankensystem in Deutschland besteht aus einem Drei-Säulen-System, das die verschiedenen Banksektoren darstellt. Dazu gehören die Genossenschaftsbanken mit ihren Zentralinstituten, die Sparkassen und Landesbanken sowie die Privatbanken. Nach Angaben des Genossenschaftsverbandes sowie des Sparkassen- und Giroverbandes gab es im Jahr 2012 in Deutschland 1.101 Genossenschaftsbanken mit 13.211 Zweigstellen69 und 422 Sparkassen mit 15.295 Zweigstellen.70 Der Privatbankensektor umfasst nach der neuesten Statistik des Bundesverbandes Deutscher Banken aus dem Jahr 2011 zusätzlich insgesamt 300 Kreditbanken mit 11.126 Zweigstellen.71
Durch diese Vielzahl an Banken und die starke deutschlandweite Präsenz war in der Vergangenheit eine adäquate Versorgung der mittelständischen Unternehmen mit finanziellen Mitteln über Kredite sichergestellt.72 Die Finanzierung mittelständischer Unternehmen unterliegt seit der Einführung von Basel II73 im Jahr 2007 einem grundlegenden Wandel, da sich die Finanzierungskonditionen klassischer Kredite nun stärker an der Bonität des Kreditnehmers orientieren.74 Basel II forderte von den Banken erstmals eine dem gewichteten Risiko der Aktiva (RWA) angepasste Eigenkapitalhinterlegung.75 Darüber hinaus führte die internationale Finanz- und Wirtschaftskrise zu einer weiteren Verschärfung und restriktiveren Kreditvergabe der Banken durch strengere Eigenkapitalhinterlegungs- bzw. Kreditvergabevorschriften.
[…]
1 Vgl. Wöhe et al. (2009), S. 4.
2 Zantow; Dinauer (2011), S. 35.
3 Vgl. Zantow; Dinauer (2011), S. 35.
4 Drukarczyk (2008), S. 1.
5 Vgl. Drukarczyk (2008), S. 1.
6 Vgl. Wöhe et al. (2009), S. 4.; Becker (2012), S. 125 f.
7 Wöhe et al. (2009), S. 5.
8 Vgl. Wöhe et al. (2009), S. 21 ff.
9 Vgl. Zantow; Dinauer (2011), S. 43 f.
10 Vgl. Becker (2009), S. 225.; Wöhe et al. (2009), S. 14 ff.
11 Vgl. Striebel (2009), S. 47.
12 Vgl. Achleitner et al. (2011), S. 50.
13 Vgl. Olfert (2011), S. 375 ff.
14 Vgl. Achleitner et al. (2011), S. 50.
15 Vgl. Olfert (2011), S. 375 ff.
16 Vgl. Schneck (2006), S. 25 ff.
17 Vgl. Striebel (2009), S. 47 f.
18 Vgl. Bitz; Stark (2008), S. 216.
19 Bitz/Stark (2008), S. 216.
20 Vgl. Bitz; Stark (2008), S. 218.
21 Vgl. Achleitner et al. (2011), S. 51.
22 Vgl. Zantow; Dinauer (2011), S. 43 f.
23 Vgl. Achleitner et al. (2011), S. 51.
24 Vgl. Bitz; Stark (2008), S.70.
25 Vgl. Wöhe et al. (2009), S. 21 ff.
26 Vgl. Zantow; Dinauer (2011), S. 44.
27 Vgl. Stiefl (2005), S. 55 f.
28 Vgl. Achleitner et al. (2011), S. 52.
29 Vgl. Olfert; Reichel (2008), S. 336 ff.
30 Vgl. Zantow; Dinauer (2011), S. 44.
31 Vgl. Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (2009), S. 10.
32 Vgl. Achleitner et al. (2011), S. 56.
33 Vgl. Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (2009), S. 10.
34 Vgl. Achleitner et al. (2011), S. 55 f.
35 Vgl. Mittermair; Thewanger; Schäffer (2004), S. 820 f.
36 Vgl. Olfert (2011), S. 269 ff.
37 Vgl. Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (2009), S. 10.
38 Vgl. Olfert (2011), S. 268 f.
39 Vgl. Pauli (2010), S. 2 f.
40 Vgl. Brüse (2011), S.1 ff.; PricewaterhouseCoopers (2011), S. 49 f.
41 Vgl. Schneck (2006), S. 1.
42 Vgl. Klees (2008).
43 Vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (2007), S. 9 f.
44 Vgl. Bredeck (2002), S. 11.
45 Vgl. Klees (2008).
46 Vgl. Institut für Mittelstandsforschung Bonn a (o.J.).
47 Vgl. Institut für Mittelstandsforschung Bonn a (o.J.).
48 Vgl. KfW Bankengruppe a (o.J.).
49 Vgl. KfW Bankengruppe b (o.J.).
50 Vgl. Schneck (2006), S. 13 f.
51 Vgl. Goeke (2008), S. 12.
52 Institut für Mittelstandsforschung Bonn b (o.J.).
53 Vgl. Institut für Mittelstandsforschung Bonn b (o.J.).
54 Vgl. Goeke (2008), S. 12.
55 Vgl. Schneck (2006), S. 14 f.
56 Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (o.J.).
57 Vgl. Schneck (2006), S. 14 f.
58 Vgl. Wolter; Hauser (2001), S. 45.
59 Vgl. Institut für Mittelstandsforschung Bonn c (o.J.).
60 Vgl. Institut für Mittelstandsforschung Bonn d (o.J.).
61 Vgl. Institut für Mittelstandsforschung Bonn e (o.J.).
62 Vgl. Statistisches Bundesamt (2012), S. 527.
63 Vgl. Statistisches Bundesamt (2012), S. 507.
64 Vgl. Goeke (2008), S. 16 ff.
65 Vgl. Achleitner et al. (2011), S. 54.
66 Vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (2007), S. 40.
67 Vgl. Achleitner et al. (2011), S. 54.
68 Vgl. Striebel (2009), S. 47.
69 Vgl. Bundesverband der Deutschen Volks- und Raiffeisenbanken (2012), S. 1.
70 Vgl. Deutscher Sparkassen- und Giroverband (2012), S. 5.
71 Vgl. Bundesverband Deutscher Banken (2011), S. 6.
72 Vgl. Achleitner et al. (2011), S. 46 f.
73 Die Auswirkungen von Basel II und Basel III auf die Mittelstandsfinanzierung werden in Kapitel 3.4 betrachtet.
74 Vgl. PricewaterhouseCoopers (2011), S. 14.
75 Vgl. Balz; Bordemann; Reifert (2011), S. 3. im Binnenmarkt erzielt. Im Gegensatz dazu sind mehr als 75 Prozent der Großunternehmen
- Arbeit zitieren
- Thorsten Walter (Autor:in), 2013, Mittelstandsanleihen als Finanzierungsoption des Mittelstands, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/313367
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