Für die Erklärung des Wahlverhaltens haben die amerikanischen Wahlstudien
eine große Bedeutung erlangt. In dieser Arbeit sollen die Wahlstudien der
„Columbia School“ und der „Michigan School“ näher betrachtet werden. Die
vorliegende Arbeit wird die beiden Ansätze des Wahlverhaltens vorstellen, sie
wird ihre Stärken und Schwächen aufzeigen und somit eine Einschätzung der
Ansätze vornehmen. Im Besonderen soll die Arbeit einen Vergleich der beiden
Ansätze bzw. Studien beinhalten. Der Aufbau dieser Arbeit wird demnach wie folgt aussehen: Im ersten Teil
wird der Ansatz der „Columbia School“ in seine wichtigsten Punkte
untergliedert dargestellt. Der zweite Teil weist dann den vergleichenden
Charakter dieser Arbeit auf. Hier wird auf die wichtigsten Aussagen der
„Michigan School“ eingegangen, aber gleichzeitig in vergleichender
Vorgehensweise der Bezug zum ersten Teil der Arbeit hergestellt. Ziel ist es einige grundsätzliche Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Ansätze herauszukristallisieren. Damit soll stellvertretend für die Theorien des Wahlverhaltens gezeigt werden, dass sie trotz ihrer unterschiedlichen
Ansatzpunkte einen eher ergänzenden und aufeinander aufbauenden Charakter besitzen als sich gegenseitig auszuschließen.
Inhalt
1. Vorgehensweise und Ziel
2. Einordnung der Ansätze
3. Der soziologische Gruppenansatz
3.1. Kernaussage
3.2. Konzeption - Theorie der Soziale Kreise
3.3. Wählertypen
3.4. Wechselwähler
3.5. Homogenitätsdruck
3.6. Faktoren der Wahlentscheidung - Index politischer Prädispositionen
3.7. Stärken
3.8. Schwächen
4. Das sozialpsychologische Modell - „Michigan School“
4.1. Kernaussage
4.2. Konzeption - Parteiidentifikation
4.3. Wählertypen
4.4. Wechselwähler
4.5. Kandidaten- und Sachthemenorientierung
4.6. Faktoren der Wahlentscheidung - Determinantentrias
4.7. Stärken
4.8. Schwächen
5. Schlussbemerkungen
6. Literaturverzeichnis
Abkürzungen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Vorgehensweise und Ziel
Für die Erklärung des Wahlverhaltens haben die amerikanischen Wahlstudien eine große Bedeutung erlangt. In dieser Arbeit sollen die Wahlstudien der „Columbia School“ und der „Michigan School“ näher betrachtet werden. Die vorliegende Arbeit wird die beiden Ansätze des Wahlverhaltens vorstellen, sie wird ihre Stärken und Schwächen aufzeigen und somit eine Einschätzung der Ansätze vornehmen. Im Besonderen soll die Arbeit einen Vergleich der beiden Ansätze bzw. Studien beinhalten.
Der Aufbau dieser Arbeit wird demnach wie folgt aussehen: Im ersten Teil wird der Ansatz der „Columbia School“ in seine wichtigsten Punkte untergliedert dargestellt. Der zweite Teil weist dann den vergleichenden Charakter dieser Arbeit auf. Hier wird auf die wichtigsten Aussagen der „Michigan School“ eingegangen, aber gleichzeitig in vergleichender Vorgehensweise der Bezug zum ersten Teil der Arbeit hergestellt. Ziel ist es einige grundsätzliche Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Ansätze herauszukristallisieren. Damit soll stellvertretend für die Theorien des Wahlverhaltens gezeigt werden, dass sie trotz ihrer unterschiedlichen Ansatzpunkte einen eher ergänzenden und aufeinander aufbauenden Charakter besitzen als sich gegenseitig auszuschließen.
2. Einordnung der Ansätze
Die Ausführungen dieser Arbeit beschränken sich auf die Hauptwerke der beiden „Schulen“, da diese in der wissenschaftlichen Diskussion immer wieder hervorgehoben werden und ein direkter Bezug zueinander besteht, was wiederum den Vergleich der Studien interessant macht.
Die „Columbia School“ wird vor allem mit dem Soziologen Paul F. Lazarsfeld und seinen Mitarbeitern Bernard Berelson und Hazel Gaudet in Verbindung gebracht, welche an der Columbia Universität geforscht haben.1 Sie arbeiteten dort am Forschungsinstitut „Bureau of Applied Social Research“ (BASR)2.
Das Hauptwerk der „Columbia School“ ist demnach „The Peoples Choice“ (1944), welches die Konzepte und Ergebnisse der Wählerbefragungen Lazarsfelds und seiner Mitarbeiter in Erie County während des Präsidentschaftswahlkampfes 1940 zusammenfasst.3
Die „Michigan School“ geht auf die Sozialwissenschaftler Angus Campbell, Gerald Gurin und Warren E. Miller vom „Survey Research Center“ (SRC) des „Institute for Social Research“ der Universität von Michigan in Ann Arbor zurück. Diese Forscher führten auf nationaler Ebene Befragungen vor und nach den Präsidentschaftswahlen von 1948, 1952 und 1956 sowie eine einfache Befragung zu den Kongresswahlen von 1954 durch. Deren Ergebnisse wurden in einer Reihe von Studien niedergelegt. Zusammenfassend bearbeitet wurden die Ergebnisse aller Befragungen in ihrem Hauptwerk „The American Voter“ (1960). Die methodischen Grundlagen wurden allerdings in dem Werk „The Voter Decides“ (1954) niedergeschrieben.4
Die Studien dieser „Schulen“ werden unter dem Forschungszweig „The Behavioral Study of Politics“ zusammengefasst. Das Besondere an diesen Studien ist die Art der Datensammlung. In „The People’s Choice“ ist erstmals die „Panel“-Technik umfangreich angewandt worden. Die „Panel“-Befragung, das wiederholte Befragen der gleichen Person, ermöglichte es in neuer Art und Weise die Einflüsse auf die Stimmabgabe und das politische Verhalten des Individuums zu erforschen. Durch den Vergleich der Befragungsergebnisse derselben Person aus zwei Interviews konnten erstmals Veränderungen der Meinungen und Einstellungen erkannt und Rückschlüsse auf die beeinflussenden Faktoren der Wahlentscheidung gezogen werden.5 Beide Ansätze beschäftigen sich mit den gleichen Problemstellungen, wobei folgende drei Themenkreise im Vordergrund stehen: Ursachen der handelt es sich um die Drucklegung der Dissertation Diederichs von 1964. 1965 hat Diederichs unter gleichem Namen eine inhaltlich andere Arbeit veröffentlicht, deshalb werden beide Beiträge zur besseren Unterscheidung in der Kurzzitierweise mit (a) und (b) markiert. Die Dissertation mit (a) und Bd. 8 in Staat und Politik von Fraenkel, von der Gablentz und Bracher mit einem (b).)
Stimmenthaltung, Untersuchung der Parteipräferenzen und die Untersuchung der Wechselwähler.6
Diese beiden Konzepte der Wahlforschung unterscheiden sich jedoch grundsätzlich in ihrer Fragestellung, die zur Erklärung des Wahlverhaltens herangezogen werden. Je nach Untersuchungsmodell wird der Erklärungsschwerpunkt auf bestimmte Determinanten, entweder die Umweltfaktoren oder die Persönlichkeitsfaktoren, gerichtet.7
Nach diesen grundsätzlichen Aussagen über die Studien werden die Ansätze im weiteren Verlauf nach ihren Inhalten und Ergebnissen näher analysiert und verglichen.
3. Der soziologische Gruppenansatz
3.1. Kernaussage
Der soziologische Gruppenansatz geht davon aus, dass das individuelle Wählerverhalten sozialstrukturell determiniert ist.8
Demnach werden soziale Merkmale und Gruppenzugehörigkeit als entscheidende Merkmale des Wahlverhaltens angesehen. Eine Änderung in den sozialen Strukturen der Wähler führt zu einer Änderung in deren Parteibindungen. Das politische Denken ist somit sozial bestimmt.9 Die Intention der Wahlforscher um Lazarsfeld war es den Wechsel politischer Einstellungen und Wahlabsichten im Laufe des Präsidentschaftswahlkampfes zu untersuchen.10
3.2. Konzeption - Theorie der sozialen Kreise
Die Konzeption dieses Ansatzes ist stark an die „Theorie der sozialen Kreise“ von Georg Simmel (1890) angelehnt. Simmel hat die Bedeutung der Zugehörigkeit zu sozialen Gruppen für das soziale und politische Verhalten beschrieben. Nach seiner Theorie ist das Individuum in mehrere soziale Kreise eingebunden. Diese Kreise werden durch Merkmale wie Lebensalter,Geschlecht, Konfession, Wohngegend u.s.w. definiert. Simmel unterscheidet zwei Wählertypen: Erstens spricht er von Wählern im „System konzentrischer Kreise“. Der Einfluss der verschiedenen sozialen Kreise, in denen sie integriert sind, wirkt politisch in die gleiche Richtung. Zweitens gibt es den Wähler im System von sich „kreuzenden sozialen Kreisen“. Auf diese Wähler wirken durch die Zugehörigkeit zu Gruppen mit verschiedenen Merkmalen auch unterschiedliche politische Orientierungen ein. Wähler im System konzentrischer sozialer Kreise entwickeln eine langfristig stabile Parteiorientierung, während Wähler, die sich in einem System kreuzender Kreise bewegen, verstärkt dazu neigen ihre politischen Orientierungen zu ändern.11 Wie sich zeigen wird, haben die Ergebnisse von Lazarsfeld und seinen Mitarbeitern diese Theorie bestätigt.
3.3. Wählertypen
Die befragten Personen konnten in zwei Gruppen eingeteilt werden: Wähler,deren politische Orientierung im Zeitablauf der „Panel“-Befragung unverändert blieb sowie Individuen deren Anschauungen und Wahlabsichten sich änderten. Die Wähler mit einer stabilen politischen Orientierung konnte man anhand ihrer sozialen Herkunft und ihrer sozialen Umgebung einfach den konkurrierenden Parteien zuordnen. Sie befanden sich in einem System konzentrischer Kreise (Stammwähler-Typ). Die anderen, das heißt die instabilen, Wähler waren sich einander widersprechenden Einflüssen ausgesetzt und befanden sich demnach unter „cross pressure“ (sich kreuzende Kreise) (potentieller Wechselwähler).12
3.4. Wechselwähler
Ziel der Untersuchungen von Lazarsfeld war die Herausarbeitung der entscheidenden Konflikte und Effekte innerhalb der „cross-pressure-Situation“.
[...]
1 Vgl. Roth, Dieter, Empirische Wahlforschung. Ursprung, Theorien, Instrumente und Methoden (=Uni-Taschenbücher, Bd. 2045: Sozialwissenschaften), Opladen 1998, S. 23.
2 Vgl. Diederich, Nils, Empirische Wahlforschung. Konzeptionen und Methoden im internationalen Vergleich (=Staat und Politik, Bd. 8), Köln/ Opladen, 1965, S. 25. (Hierbei
3 Vgl. Diederich, Nils, Empirische Wahlforschung. Konzeptionen und Methoden im internationalen Vergleich, in: Fraenkel, Ernst/ von der Gablentz, Otto-Heinrich/ Bracher, Dietrich (Hrsg.), Staat und Politik, Bd. 8, Köln/ Opladen 1965, S. 94.
4 Vgl. ebd., S. 107-108.
5 Vgl. ebd., S. 87-88.
6 Vgl. Diederich, Nils, Empirische Wahlforschung (a), S. 25.
7 Vgl. Völker, Marion/ Völker, Bernd, Wahlenthaltung. Normalisierung oder Krisensymptom? (=DUV: Sozialwissenschaft) , Wiesbaden, 1998, S. 42-43.
8 Vgl. Schultze, Rainer-Olaf, Wählerverhalten und Parteiensystem, in: Wehling, Hans-Georg (Hrsg.), Wahlverhalten, (=Kohlhammer Taschenbücher, Bd. 1093: Bürger im Staat), Stuttgart/ Berlin/ Köln 1991, S.11-43, hier S. 12.
9 Vgl. Völker, Marion, Wahlenthaltung, S. 44.
10 Vgl. Roth, Dieter, Empirische Wahlforschung, S. 24.
11 Vgl. Kaltefleiter, Werner/ Nißen, Peter, Empirische Wahlforschung. Eine Einführung in Theorie und Technik (=Uni-Taschenbücher, Bd. 957: Politische Wissenschaft, Soziologie), Paderborn u.a. 1980, S. 104.
12 Vgl. ebd., S. 106.
- Quote paper
- Jan Böttger (Author), 2001, Columbia School vs. Michigan School? Amerikanische Modelle des Wahlverhaltens, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/31287
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