Der Markt für Bio-Lebensmittel wächst beständig. Zwar ist der Bio-Boom, den die BSE-Krise im Jahr 2001 auslöste, nicht ohne weiteres zu wiederholen. Der Marktanteil konnte jedoch trotz Nitrofenskandals, schlechter Konsumstimmung und verschärfter Preissensibilität gehalten werden. Trotzdem ist das Bio-Segment gemessen am Gesamtmarkt nach wie vor von geringer Bedeutung. Mit einem Marktanteil im Jahr 2002 von geschätzten 2,3% des gesamten Lebensmittelhandels befindet sich der Markt für biologisch erzeugte Lebensmittel noch in der „Öko-Nische“. Um vom Nischenmarkt zum Massenmarkt zu werden, ist die Nachfrage nach diesen Lebensmitteln zu gering.
Insbesondere der Naturkosthandel wird vor neue Herausforderungen gestellt. Der konventionelle Lebensmitteleinzelhandel (LEH) hat das Bio-Segment als Wachstumsbranche erkannt und weitet deshalb sein Angebot an Lebensmitteln aus ökologischem Landbau weiter aus. In den vergangenen Jahre konnte der LEH anteilsmäßig zum Naturkosthandel aufschließen, während dieser Marktanteile verlor, also langsamer wuchs, als der Gesamtmarkt.
Was kann der Naturkosthandel tun, um steigende Marktanteile zu erreichen? Wie lassen sich neue Kundenkreise erschließen? Wie kann die bestehende Kundschaft dazu gebracht werden, einen höheren Anteil ihres Lebensmittelbudgets für Bio-Produkte auszugeben? Um Antworten auf diese Fragen zu finden, muss beim Konsumenten selbst angesetzt werden, dem eigentlichen „Souverän des Handels“.
Ziel dieser Arbeit ist es daher, das Käuferverhalten im Markt für ökologisch erzeugte Lebensmittel zu analysieren und auf diesen Analysen aufbauend allgemeine Empfehlungen für das Marketing von Naturkosthandelsunternehmen zu geben. Weiterhin sollen konkrete Ansatzpunkte für den Einsatz von Marketinginstrumenten aufgezeigt werden.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
1.2 Aufbau der Arbeit
1.3 Begriffsabgrenzung
2 Geschäftstypen des Naturkosthandels im Markt für ökologisch erzeugte Lebensmittel
3 Theoretisch-analytische Herangehensweisen an das Käuferverhalten bei Bio-Lebensmitteln
3.1 Systematisierung von Käuferverhaltenstheorien
3.2 Grundlagen der verhaltenswissenschaftlichen Ansätze zur Erklärung des Käuferverhaltens bei Bio-Lebensmittel
3.2.1 Das neobehavioristische S-O-R-Schema
3.2.2 Die Hierarchie der hypothetischen Konstrukte
3.2.3 Beispiele für verhaltenswissenschaftliche Modelle des Käuferverhaltens
3.3 Ökonomische Ansätze zur Erklärung von Kaufbarrieren
3.3.1 Informationsökonomik und Informationsdilemmata im Markt für Vertrauensgüter
3.3.2 Low-Cost-Hypothese und Anreizdilemmata im Markt für Umweltgüter
3.4 Fazit
4 Empirische Befunde des Konsumentenverhalten bei Bio-Lebensmitteln
4.1 Allgemeine Nachfragetrends
4.2 Bestimmungsgründe und Einflussfaktoren der Nachfrage nach Bio-Lebensmitteln
4.2.1 Sozio-demographische Faktoren
4.2.2 Motive
4.2.3 Einstellungen und Werte
4.2.4 Fazit
4.3 Kaufbarrieren
4.3.1 Zu hohe Preise
4.3.2 Echtheitszweifel
4.3.3 Zugänglichkeitsmühen
4.3.4 Qualitätsmängel
4.3.5 Fazit
4.4 Käufertypologien
5 Konsequenzen für die Marktbearbeitung
5.1 Marketingempfehlung I: Zielgruppenorientierte Positionierung von Öko-Lebensmitteln
5.2 Marketingempfehlung II: Abbau von kostenbezogenen Kaufbarrieren durch Schaffung von Low-Cost-Situationen
5.3 Fazit
6 Zusammenfassung und Ausblick
Literaturverzeichnis
Anhang: Internetadressen zum Themenbereich
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Abb. 1: Das einheitliche Bio-Siegel nach EG-Öko-Verordnung
Abb. 2: Umsatzverteilung des Bio-Lebensmittelmarktes
Abb. 3: Charakteristika von Bio-Supermärkten
Abb. 4: Systematisierung von Käuferverhaltensmodellen
Abb. 5: Grundstruktur eines S-O-R-Modells
Abb. 6: Schema intervenierender Variablen
Abb. 7: Motivkategorien nach Maslow und Alderfer
Abb. 8: Kausalstruktur der Komponenten des Einstellungskonstruktes
Abb. 9: Wert-Einstellungs-System nach VINSON/SCOTT/LAMONT
Abb. 10: Totalmodell von ENGEL/BLACKWELL/MINIARD
Abb. 11: Strukturmodell des Nachfrageverhaltens bei ökologisch erzeugten Lebensmitteln nach BRUHN
Abb. 12: Low-Cost-Hypothese
Abb. 13: Kaufbarrieren und deren ökonomische Interpretation
Abb. 14: Fünf Zielgruppen im Bio-Lebensmittelmarkt
Abb. 15: Positionierung von ökologisch erzeugten Lebensmitteln
Tab. 1: Überblick über Studien und Befragungen zum Käuferverhalten bei Bio-Lebensmitteln
Tab. 2: Metaanalyse der wichtigsten Kaufmotive
Tab. 3: Qualitätskomponenten und Qualitätseigenschaften bei Nahrungsmitteln und wichtige Einflussgrößen für die Beurteilung
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
Der Markt für Bio-Lebensmittel wächst beständig. Zwar ist der Bio-Boom, den die BSE-Krise im Jahr 2001 auslöste, nicht ohne weiteres zu wiederholen. Der Markt- anteil konnte jedoch trotz Nitrofenskandals, schlechter Konsumstimmung und ver- schärfter Preissensibilität gehalten werden. Trotzdem ist das Bio-Segment gemes- sen am Gesamtmarkt nach wie vor von geringer Bedeutung. Mit einem Marktanteil im Jahr 2002 von geschätzten 2,3% des gesamten Lebensmittelhandels befindet sich der Markt für biologisch erzeugte Lebensmittel noch in der „Öko-Nische“1. Um vom Nischenmarkt zum Massenmarkt zu werden, ist die Nachfrage nach diesen Lebensmitteln zu gering.
Insbesondere der Naturkosthandel wird vor neue Herausforderungen gestellt. Der konventionelle Lebensmitteleinzelhandel (LEH) hat das Bio-Segment als Wachstumsbranche erkannt und weitet deshalb sein Angebot an Lebensmitteln aus ökologischem Landbau weiter aus. In den vergangenen Jahre konnte der LEH anteilsmäßig zum Naturkosthandel aufschließen, während dieser Marktanteile verlor, also langsamer wuchs, als der Gesamtmarkt2.
Was kann der Naturkosthandel tun, um steigende Marktanteile zu erreichen? Wie lassen sich neue Kundenkreise erschließen? Wie kann die bestehende Kundschaft dazu gebracht werden, einen höheren Anteil ihres Lebensmittelbudgets für Bio- Produkte auszugeben? Um Antworten auf diese Fragen zu finden, muss beim Kon- sumenten selbst angesetzt werden, dem eigentlichen „Souverän des Handels“3.
Ziel dieser Arbeit ist es daher, das Käuferverhalten im Markt für ökologisch erzeug- te Lebensmittel zu analysieren und auf diesen Analysen aufbauend allgemeine Empfehlungen für das Marketing von Naturkosthandelsunternehmen zu geben. Weiterhin sollen konkrete Ansatzpunkte für den Einsatz von Marketinginstrumen- ten aufgezeigt werden.
1.2 Aufbau der Arbeit
Diese Arbeit teilt sich in sechs Teile auf. Im einleitenden ersten Teil werden nach der Zielsetzung und den Erläuterungen zum Aufbau der Arbeit, die Abgrenzungen von dieser Arbeit zugrundeliegenden Begriffen vorgenommen.
Im zweiten Teil wird auf die verschiedenen Absatzkanäle und deren Marktbedeu- tung eingegangen. Hierbei wird die Darstellung der verschiedenen Geschäftstypen des Naturkosthandels und deren Abgrenzung im Vordergrund stehen. Hierbei soll dem Konzept des Bio-Supermarktes besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden.
Der dritte Teil befasst sich mit grundlegenden theoretisch-analytischen Ansätzen zum Käuferverhalten im Allgemeinen und dem Käuferverhalten bei Bio- Lebensmitteln im Besonderen. Diesbezüglich werden zwei verschiedene Herange- hensweisen aufgezeigt: Zum einen werden die Grundlagen der verhaltenswissen- schaftlichen Ansätze und deren Art von Modellbildung dargestellt (Kap. 3.2). Zum anderen werden neuere ökonomische Ansätze, die Informationsökonomik und die Low-Cost-Hypothese, aufgezeigt und erläutert (Kap. 3.3). Dabei soll klar werden, dass sich diese beiden Herangehensweisen, die verhaltenswissenschaftliche und die ökonomische, gegenseitig nicht ausschließen müssen, sondern sich vielmehr ergän- zen und dadurch die Konsumentenverhaltensforschung bereichern können.
Teil 4 dieser Arbeit befasst sich mit den empirischen Befunden zum Käuferverhal- ten bei ökologisch erzeugten Lebensmitteln. Dazu werden im Kapitel 4.1 zuerst die allgemeinen Nachfragetrends des Lebensmittelmarktes aufgezeigt. Im Anschluss werden dann die Ergebnisse mehrerer Befragungen und Studien ausgewertet, die sich mit dem Käuferverhalten bei Bio-Lebensmitteln befassen. Die Ergebnisse wer- den in zwei Kapiteln dargestellt. In Kapitel 4.2 werden zuerst die empirischen Be- funde zu den Bestimmungsgründen und Einflussfaktoren auf die Nachfrage nach Bio-Lebensmitteln dargelegt. Anhand diese Darstellung wird versucht, der Frage nachzugehen, warum Bio-Lebensmittel gekauft werden. Dagegen wird am Beispiel der in Kapitel 4.3 vorgestellten, empirisch ermittelten Kaufbarrieren der Versuch unternommen, die Gründe für den Nicht-Kauf von Bio-Lebensmitteln zu erhellen. Der vierte Teil schließt mit der Vorstellung einer Bio-Konsumententypologie, wel- che die Bio-Käufer in fünf Gruppen einteilt.
Die theoretischen Ergebnisse des dritten und die empirischen Befunde des vierten Teils bilden die Basis, auf der im fünften Teil die Empfehlungen für die Marktbear- beitung abgeleitet werden. Die beiden Empfehlungen, die in Kapitel 5.1 und 5.2 jeweils vorgestellt werden, legen in allgemeiner Form die Zielrichtung der Marke- tingmaßnahmen fest. Die Empfehlungen werden als sinnvoll für Handelsunter- nehmen im Markt für ökologisch erzeugte Lebensmittel erachtet. Zu jeder dieser globalen Empfehlungen sollen insbesondere für den Naturkosthandel, also Bio- fachgeschäfte und Bio-Supermärkte, Möglichkeiten und Ansatzpunkte für konkrete Marketingmaßnahmen aufgezeigt werden.
Der sechste und letzte Teil enthält die Zusammenfassung der Arbeit, worin die wichtigsten Fakten und Erkenntnisse der vorhergehenden Teile kurz dargestellt werden.
1.3 Begriffsabgrenzung
Die Begriffe ‚Bio’ und ‚Öko’ werden im Bereich der Lebensmittel oft missverständ- lich gebraucht. Dieser Tatsache geschuldet, werden im Folgenden die rechtlichen Grundlagen der Kennzeichnung von Lebensmitteln aus ökologischem Landbau skizziert.
Ökologischer Landbau im Sinne des europäischen Gemeinschaftsrechtes ist in der Verordnung (EWG) Nr. 2092/91 des Rates vom 24. Juni 1991 definiert als eine Wirtschaftsweise mit strengen Auflagen für die Verwendung von Dünger und Pflan- zenschutzmitteln4. Der ökologische Landbau dient somit der Erzeugung von Quali- tätserzeugnissen, die frei von Rückständen aus Pestiziden, Fungiziden und Insekti- ziden sind und ohne Einsatz chemisch-synthetischer Dünger erzeugt werden.
Die Verwendung des Begriffes ‚ökologischer Landbau’ bei der Kennzeichnung und Werbung für landwirtschaftliche Erzeugnisse und Lebensmittel ist in der Europäi- schen Gemeinschaft somit solchen Erzeugnissen vorbehalten, die nach einheitli- chen, in den Anhängen zur Verordnung (EWG) Nr. 2092/91 festgelegten, Grundre-geln des ökologischen Landbaus erzeugt wurden. Wer als Erzeuger (z. B. Landwirt), Verarbeiter (z. B. Bäcker) oder Importeur ökologischer Lebensmittel aus Nicht-EG- Ländern Produkte mit dem Hinweis auf den ökologischen Landbau vermarkten will, ist verpflichtet, sich einem geregelten Kontrollverfahren zu unterziehen. Die Kontrolle dieser Lebensmittel übernehmen neben privaten Kontrollstellen, die aus dem Verzeichnis der EG-Öko-Kontrollstellen entnommen werden können, auch staatliche Kontrollbehörden.
Das im September 2001 bundesweit eingeführte Biosiegel (vgl. Abb. 1) basiert auf der EG-Öko-Verordnung. Nur Erzeuger und Hersteller, welche die Bestimmungen dieser Verordnung einhalten und sich den vorgeschriebenen Kontrollen unterzie- hen, dürfen ihre Produkte als Bio- oder Ökoware verkaufen und mit dem Bio-Siegel kennzeichnen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Das einheitliche Bio-Siegel nach EG-Öko-Verordnung
Quelle: http://www.bio-siegel.de
Unter den Kennzeichnungsschutz der Öko-Verordnung fallen alle Produkte, die mit den folgenden Begriffe bezeichnet sind:
- Bio-/Öko-
- Bio-/Öko-
- biologisch/ökologisch
- kontrolliert ökologisch/biologisch
- biologischer/ökologischer Landbau
- biologisch-dynamisch
- biologisch-organisch
Neben den geschützten Bezeichnungen, gibt es eine Reihe von irreführenden Bezeichnungen, die zwar den obigen Begriffen ähneln, aber nicht die Qualitätsstandards der Verordnung garantieren. Solche Begriffe sind z. B.:
- aus integriertem Anbau
- aus kontrolliertem Anbau
- von staatlich anerkannten Bauernhöfen
- unter unabhängiger Kontrolle
- ungespritzt
- aus integrierter Landwirtschaft
In dieser Arbeit werden für Lebensmittel, die mindestens nach den Vorschriften der EG-Öko-Verordnung erzeugt wurden, neben den für die Kennzeichnung geschütz- ten Begriffen auch die Begriffe ‚Bio-/Öko-Lebensmittel’ und ‚Bio-/Öko-Produkte’ verwendet.
2 Geschäftstypen des Naturkosthandels im Markt für ökologisch erzeugte Lebensmittel
Die klassischen Absatzwege für Bio-Lebensmittel in Deutschland sind der Natur- kosthandel (Naturkostfachgeschäfte, Bio-Supermärkte und Reformhäuser), die Di- rektvermarktung in Form von Hofläden und Ständen auf Wochen- und Bauermärk- ten und als dritte Kategorie die Bio-Handwerksbetriebe (Bäckereien, Metzgereien). Doch auch der traditionelle LEH hat sich in diesem dynamischen Markt, dessen Gesamtumsatz sich seit 1997 verdoppelt hat5, zu einem wichtigen Absatzkanal ent- wickelt. Im Jahr 2002 hatte der LEH bereits einen Marktanteil von einem Drittel (33%)6. Der Naturkostfachhandel steht mit 35% Umsatzanteil noch knapp an der Spitze (vgl. Abb. 2).
Abb. 2: Umsatzverteilung des Bio-Lebensmittelmarktes
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: SYNERGIE (2003), S. 9
Der Naturkostfachhandel lässt sich in Naturkostfachgeschäfte und BioSupermärkte unterteilen. Dabei entfallen circa 80% des Umsatzanteils des Naturkostfachhandels auf Naturkostfachgeschäfte, die restlichen 20% werden von BioSupermärkten umgesetzt.
Bio-Supermärkte grenzen sich von den Naturkostfachgeschäften durch mehrere Charakteristika ab, welche in Abbildung 3 zusammenfassend dargestellt sind.
Abb. 3: Charakteristika von Bio-Supermärkten
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Synergie (2003), S. 11
Das Konzept der Bio-Supermärkte ist der Versuch, eine Synthese aus herkömmlichen Bioläden und herkömmlichen Supermärkten zu schaffen, um die Vorteile beider Vertriebsformen zu vereinen. Eine angenehme Einkaufsatmosphäre und ein breites Sortiment hochwertiger Bio-Produkte wird mit den Annehmlichkeiten des schnellen und einfachen Einkaufs verbunden, so dass der Konsument seine Einkaufsgewohnheiten nicht umzustellen braucht. Man verspricht sich davon vor allem Chancen bei Nichtkäufern von Bio-Lebensmittel, die vor dem Einkauf im klassischen Bioladen zurückschreckten, sei es aus Gründen der Abscheu gegenüber dem Ökoimage oder aus Gründen der Bequemlichkeit, da nicht alle Produkte des täglichen Lebens in einem kleinen Bioladen zu erhalten sind.
Bio-Supermärkte grenzen sich von den anderen Naturkostfachgeschäften vor allem durch ihre größeren Verkaufsflächen ab. Auf Verkaufsflächen von durchschnittlich mehr als 200 m² steht dem Kunden ein Bio-Vollsortiment mit hoher Sortimentstie- fe und -breite zur Auswahl. Die Zahl der gehandelten Produkte ist mit bis zu 10.000 Artikeln höher als bei den Naturkostfachgeschäften, bei denen zwischen zwei- und sechstausend Artikel gelistet sind7. Die Umsatzverteilung auf die einzelnen Sorti- mentsbereiche entspricht in etwa der von Naturkostfachgeschäften. So machen Fri- scheprodukte8 über die Hälfte (53%) des Umsatzes aus, das Trockensortiment9 ca. 37% und der Non-Food-Bereich10 etwa 10%.
Insbesondere dem Segment der Bio-Supermärkte wird zugetraut, in den nächsten Jahren durch Gewinnung von Neukunden zu einer wichtigen Wachstumsstütze im Bio-Lebensmittelmarkt zu werden. Bereits heute gibt es deutschlandweit11 etwa 180 Bio-Supermärkte (90 Unternehmen), von denen jeder im Durchschnitt 1,2 Mio. € pro Jahr umsetzt12.
Erfolgreiche Bio-Supermärkte vereinen zwei Dinge: Sie schaffen es, die hohe Ver- trauenswürdigkeit und Glaubwürdigkeit der Bio-Szene auszustrahlen und sind zugleich ein attraktiver, schöner und "ganz normaler" Lebensmittel-Supermarkt. Durch ihre Sortimentsvielfalt, die großzügige und moderne Ladengestaltung und vielfältige Zusatzangebote sind die Bio-Supermärkte geradezu prädestiniert, neue Verbrauchergruppen für den Kauf ökologischer Lebensmittel zu erschließen.
Dabei stehen die Bio-Supermärkte in einer doppelten Wettbewerbssituation: Sie müssen sich gegenüber den stärker spezialisierten Naturkost-Fachgeschäfte ab- grenzen, und sie stehen in direktem Wettbewerb zum Bio-Angebot des konventio-nellen Lebensmittelhandels, der zunehmend umfangreichere Sortimente ökologischer Lebensmittel angeboten werden.
3 Theoretisch-analytische Herangehensweisen an das Käuferverhalten bei Bio-Lebensmitteln
Um Empfehlungen für die Marktbearbeitung geben zu können, ist Wissen über den Kunden eine notwendige Vorraussetzung, welches durch die Käuferverhaltensfor- schung gewonnen werden kann. Ziel der Käuferverhaltensforschung ist es, Kennt- nisse über den Konsumenten zu gewinnen, um Antworten auf marketingrelevante Fragen zu erhalten: Welche Kunden bilden den Markt? Warum wird gekauft? In Bezug auf ökologisch erzeugte Lebensmittel: Warum wird so oft nicht gekauft? Im Mittelpunkt des Interesses steht die Frage nach den Bestimmungsgründen und Ein- flussfaktoren, welche die Kaufentscheidung bzw. den Kaufentscheidungsprozess determinieren. Dies ist deshalb von Bedeutung, weil durch die Kenntnis der Ein- flussfaktoren sich Beeinflussungsmöglichkeiten eröffnen, an denen Marketingin- strumente ansetzen können13.
Im Zentrum dieses dritten Teils stehen die theoretischen Grundlagen des Käufer- verhaltens bei Bio-Lebensmitteln. Um einen ersten Überblick und eine Strukturie- rung des weiten Feldes der Modellbildung des Käuferverhaltens zu erlangen und um für den weiteren Verlauf wichtige Begriffe einzuführen, werden in Kapitel 2.1 verschiedene Systematisierungen von Käuferverhaltensmodellen vorgestellt. Insbe- sondere die dort eingeführte Unterscheidung zwischen ökonomischen und außer- ökonomischen Modellen wird aufgenommen und gibt dem weiteren Vorgehen Struktur.
In Kapitel 2.2 werden Grundlagen der außerökonomischen Herangehensweise an die Erklärung des Käuferverhalten aufgezeigt. Ökonomische Ansätze stehen dann im Mittelpunkt des Kapitels 2.3.
Im vierten und letzten Kapitel dieses theoretischen Teils wird dargelegt, dass für die Ableitung von Marketingstrategieempfehlungen beide Theoriezweige fruchtbar sind und sich gegenseitig ergänzen können.
3.1 Systematisierung von Käuferverhaltenstheorien
Systematisierungen bieten ein gedankliches Gerüst, in das später hinzu gewonnene Informationen leichter eingeordnet werden können, weshalb hier, an erster Stelle, eine solche Strukturierung vorgenommen wird. Konsumentenverhaltensmodelle lassen sich mithin nach ihrem wissenschaftstheoretischen Ursprung, ihrem Erklä- rungsanspruch und ihrem Erklärungsansatz systematisieren (vgl. Abb. 4)14.
Abb. 4: Systematisierung von Käuferverhaltensmodellen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung
Systematisiert man Käuferverhaltensmodelle nach ihrem Erklärungsanspruch, so lassen sich Totalmodelle und Partialmodelle unterscheiden.
Bei Totalmodellen15 wird versucht, das Konsumentenverhalten unter Einbezie- hung sämtlicher relevanter Variablen in allen möglichen Situationen zur erklären16. Solche komplexe Modellansätze ermöglichen zwar die Strukturierung von Aussagen zum Konsumentenverhalten17, und es wird ihnen eine hohe Erklärungskraft zugesprochen18, doch wird durch den hohen Komplexitätsgrad die Operationalisierung und damit die empirische Überprüfbarkeit der Modelle erschwert19.
Partialmodelle hingegen konzentrieren sich auf eines oder mehrere theoretische Konstrukte und bilden damit nur einen Ausschnitt des Konsumentenverhaltens ab20. Zu den am häufigsten angewendeten partiellen Erklärungsansätzen gehört das Einstellungskonzept21. Mit diesem Konzept wird versucht, das Kaufverhalten aus einem einzelnen hypothetischen Konstrukt zu erklären (Partialmodell ersten Gra- des). Partialmodelle höheren Grades versuchen, mehrere Konstrukte zu kombinie- ren: „Durch die Verwendung nur weniger Variablen, wie es in Partialmodellen der Fall ist, soll ein Kompromiss zwischen vollständiger Erklärung und praktischer Umsetzbarkeit gefunden werden“22.
Systematisiert man Käuferverhaltensmodelle nach ihrem Erklärungsansatz, so lassen sich stochastische Modelle und Strukturmodelle unterscheiden.
Stochastische Modelle analysieren die Zusammenhänge zwischen beobachtba- ren Inputgrößen (Stimuli wie z. B. Güterpreise, Werbeaufwand, etc.) und beobacht- baren Outputgrößen (Reaktionen wie z. B. Kaufverhalten, Umsatz, etc.). Solche Modelle werden auch als Stimuli-Response-Modelle (S-R-Modelle) bezeichnet. Ein- flussfaktoren zwischen Input und Output werden nicht explizit, sondern implizit über stochastische Zufallsgrößen berücksichtigt23. Der behavioristische For- schungszweig der Verhaltenswissenschaft vertritt diesen Ansatz, doch wird er in- zwischen in der Verhaltensforschung weitgehend abgelehnt, da für die Erklärung des Verhaltens nur Aussagen über beobachtbare Größen zugelassen werden, und damit Aussagen über interne Vorgänge im Konsumenten nicht möglich sind24.
Strukturmodelle dagegen versuchen der Tatsache gerecht zu werden, dass zwi- schen exogenen Stimuli und der beobachteten Reaktion der menschliche Organis- mus steht, in welchem mannigfaltige Faktoren auf die Kaufentscheidung Einfluss nehmen. Der menschliche Organismus wird als ‚black box’ angesehen, die es zu erhellen gilt25. „Mit Hilfe von Strukturmodellen des Käuferverhaltens wird [..] ver- sucht, die wesentlichen Bestimmungsfaktoren sowohl ökonomische, psychologische als auch soziologische in eine logische, empirisch überprüfbare Form zu bringen“26. Das der neobehavioristischen Forschungsrichtung zugrundliegende Strukturmodell wird in Kapitel 2.2 vorgestellt.
Eine für den Aufbau dieser Arbeit relevante Systematisierung von Käuferverhaltensmodellen, ist die nach ihrem wissenschaftstheoretischen Ursprung. Hierbei lassen sich ökonomische und außerökonomische Modelle unterscheiden.
Bei den ökonomischen Modellen des Käuferverhaltens sehen sich besonders die neoklassischen Modelle, die versuchen das Verbraucherverhalten durch nur wenige Variablen wie Preise und Einkommen zu erklären, starker Kritik ausgesetzt, welche sich an deren hohen Abstraktionsgrad und den zugrunde liegenden, als zu restriktiv angesehenen Modellannahmen festmacht27. Die Kritik zielt somit auf das Menschenbild der mikroökonomischen Haushaltstheorie, den ‚homo oeconomicus’. Dieses Menschenbild besteht aus einem Bündel von Annahmen über das Verhalten der Konsumenten: Homines oeconomici maximieren ihren Nutzen gemäß ihrer Präferenzen unter den bindenden Nebenbedingungen des verfügbaren Einkom- mens und der herrschenden Preise (rationale Nutzenmaximierung). Sie besitzen alle notwendigen Informationen über ihre Bedürfnisstrukturen, über Eigenschaften und Preise der Güter sowie über ihre Handlungsalternativen (vollständige und voll- kommene Information), weshalb in der neoklassischen Modellwelt kein Marktteil- nehmer Informationsvorteile besitzen kann. Institutionen spielen keine Rolle, da die Individuen alle Transaktionen über den Markt tätigen können. Des weiteren wird als Prämisse die Unabhängigkeit der Präferenzen von den Präferenzen anderer Individuen angenommen28. Für die Analyse von Käuferverhalten - so wird kriti- siert - sind ökonomische Modelle auf Basis der Homo-oeconomicus-Annahmen nicht ausreichend, denn „[M]it diesen Prämissen wird nicht versucht, das Verbrau- cherverhalten zu erklären, sondern ihr Ziel ist es, zu zeigen, wie der Verbraucher sich unter diesen Prämissen logischerweise verhalten müsste“29. Zudem wird an ökonomischen Modellen bemängelt, dass sie ihre Prognosekraft bezüglich der Ana- lyse gesättigter Märkte (z. B. Nahrungsmittelmarkt in Deutschland) verlieren30.
Diese Kritikpunkte an der neoklassischen Gleichgewichtstheorie wurden innerhalb der Wirtschaftswissenschaften schon lange diskutiert31 und es führte dazu, dass sich ein neues, auf weniger strikten Annahmen fußendes Forschungsparadigma entwickelte: Die neue Institutionenökonomik bzw. Neoinstitutionalismus. Insbe- sondere die Annahme der vollständigen Markttransparenz und der vollständigen Informiertheit der Marktteilnehmer über alle relevanten Größen wie Preise, Ein- kommen, Mengen und Qualitäten, wird hierbei fallen gelassen32. Damit gewinnt dieser Ansatz zwar an Realitätsnähe, gibt aber anderseits den Anspruch auf, ein einheitliches Modellgebäude liefern zu können, dass alle wirtschaftlichen Aspekte zu erklären vermag. Seit den frühen 90er Jahren tauchen solche neoinstitutionalis- tischen Modelle vermehrt in der deutschen Marketingliteratur auf33. Ökonomische Ansätze dieser Art bilden einen theoretischen Baustein dieser Arbeit.
In der interdisziplinär geprägten Käuferverhaltensforschung kommt außeröko- nomischen Modellen eine hohe Bedeutung zu. Eine wichtige Rolle spielen hier- bei insbesondere Modelle aus verhaltenswissenschaftlichen Disziplinen wie der Soziologie und der Psychologie. Die Erklärung des individuellen Verhaltens am Markt durch psychische Konstrukte und die Beeinflussung des Konsumenten durch seine Umwelt stehen im Mittelpunkt der verhaltenswissenschaftlichen Ansätze34.
Wie die ökonomischen Modelle kommen auch die außerökonomischen Ansätze der Soziologie und Psychologie nicht umhin, Annahmen über das menschliche Verhal- ten zu treffen. So gehen soziologische Modelle davon aus, dass der Mensch durch ein System von Rollen, die er übernehmen muss, gekennzeichnet ist35, d.h. seine Präferenzen sind von denen anderer Menschen nicht unabhängig. Ein Beispiel ei- nes soziologisch geprägten Modellansatzes der Käuferverhaltensforschung ist die Diffusionstheorie36. Psychologische Ansätze hingegen unterscheiden sich vom öko- nomischen Denkmuster insofern, als dass sie menschlichem Verhalten eine stärker irrationale Komponente unterstellen37. Die Kritiker ökonomischer und Verfechter verhaltenswissenschaftlicher Ansätze implizieren mit ihrer Kritik, dass eine diffe- renziertere, weniger restriktive Betrachtungsweise dem komplexen Phänomen des Kaufverhaltens eher gerecht werden kann und deshalb der Erklärungswert von sol- chen Modellen höher ist.
3.2 Grundlagen der verhaltenswissenschaftlichen Ansätze zur Erklärung des Käuferverhaltens bei Bio- Lebensmittel
In diesem Kapitel werden die begrifflichen und inhaltlichen Grundlagen verhal- tenswissenschaftlicher Käuferverhaltensmodelle aufgezeigt. Dazu wird zuerst das Grundschema neobehavioristischer Modellbildung dargelegt (Abschn. 2.2.1). Im Abschnitt 2.2.2 werden die für die Erklärung des Käuferverhaltens bedeutsamen theoretischen Konstrukte und ihre hierarchische Anordnung aufgezeigt. Dieses Ka- pitel schließt mit Beispielen zu verhaltenswissenschaftlichen Modellen unterschied- lichen Erklärungsanspruches.
3.2.1 Das neobehavioristische S-O-R-Schema
Stimuli-Organismus-Response-Modelle (S-O-R-Modelle) erklären, im Gegensatz zu den S-R-Modellen des Behaviorismus, das Verhalten von Konsumenten (R) nicht allein über beobachtbare Variablen (S), sondern lassen auch sogenannte theoretische Konstrukte38 (O) zur Erklärung von Kaufverhalten zu. Diese theoretischen Konstrukte dienen zur Erklärung innerer, im Organismus ablaufender und deshalb nicht direkt beobachtbarer Kaufentscheidungsprozesse.
Abb. 5: Grundstruktur eines S-O-R-Modells
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: In Anlehnung an FRICKE, A. (1996), S. 25
Wie in Abbildung 5 ersichtlich, wirken auf den Käufer eine ganze Reihe von Reizen (Stimuli) ein. Diese Reize werden vom Organismus des Käufers aufgenommen. Was sich im Organismus zwischen Stimuli und Reaktion abspielt, ist nicht direkt beob- achtbar. Das ‚Wie’ der Stimulusverarbeitung und das ‚Warum’ der Reaktionen, also der eigentliche Entscheidungsprozess, präsentieren sich als ein nicht einsehbarer schwarzer Kasten (‚black box’). Über die hypothetischen Konstrukte wird versucht, die im Inneren des Konsumenten ablaufenden Prozesse und Vorgänge zu erhellen.
Diese inneren psychischen Vorgänge werden in aktivierende und kognitive Prozesse unterteilt:39
Kognitive Prozesse sind gedankliche Vorgänge, mit denen das Individuum Kenntnis von sich und seiner Umwelt erlangt. Diese Vorgänge haben vor allem die Aufgabe, „[...] das Verhalten gedanklich zu kontrollieren und willentlich zu steu- ern“40. Kognitive Vorgänge sind somit Prozesse der Informationsaufnahme, - verarbeitung und -speicherung. Die Aufnahme von Reizen (z. B. Werbeplakat) über die Sinnesorgane stellt die elementarste Form eines kognitiven Prozesses dar. Sind Informationen aufgenommen, werden sie verarbeitet, indem sie wahrgenommen und beurteilt werden. Die Informationsspeicherung erfolgt über Lernprozesse und die Ablage von Wissen im Gedächtnis. Wahrnehmung und Beurteilung von Infor- mationen sowie Denken und Lernen sind komplexe Formen kognitiver Vorgänge.
Aktivierende Prozesse sind Vorgänge die mit inneren Erregungs- und Spannungszuständen verbunden sind und liefern den Individuen die „psychische Energie“, die das Verhalten antreibt41. Ohne aktivierende Prozesse käme kein Verhalten zustande; sie sind die Triebkräfte des Handelns42.
Für die Erklärung des Verhaltens sind die aktivierenden Prozesse folglich von zentraler Bedeutung, weshalb im Weiteren auf die einzelnen Konstrukte und wie sie zusammenhängen genauer eingegangen wird.
3.2.2 Die Hierarchie der hypothetischen Konstrukte
Die verschiedenen, aktivierenden hypothetischen Konstrukte bauen mit zuneh- mender Komplexität aufeinander auf (vgl. Abb. 6)43. DIese basieren auf dem Kon- strukt der Aktiviertheit. Durch Anreicherung mit Orientierungskomponenten und kognitiven Komponenten werden Konstrukte höherer Komplexität bzw. Spezifität bestimmt.
Abb. 6: Schema intervenierender Variablen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quellen: In Anlehnung an TROMMSDORFF, V. (1998), S. 33 und LOHNER, M. (1995), S. 8
Aktiviertheit/Involvement
Mit dem Konstrukt Aktiviertheit beschreibt man spezifische oder unspezifische innere Erregungszustände des Menschen44. Die Aktiviertheit bedingt den Grad an Bewusstheit der anderen Konstrukte sowie den Grad der Intensität der ablaufenden Prozesse, dass sogenannte Involvement45. Somit kann das Involvement als das Ergebnis des Aktivierungsprozesses bezeichnet werden, „[...] von dem das gedankliche Entscheidungsengagement abhängt“46.
Das Involvement gegenüber einem Produkt bzw. in verschiedenen Kaufsituationen variiert, da Situations-, objekt- und personenspezifischen Faktoren die Stärke des Involvement determinieren47. Anhand unterschiedlicher Grade des Involvements lassen sich Kaufensscheidungsprozesse in Abhängigkeit des persönlichen Involve- ments, der Produktkategorie und situativen Reizkonstellationen in die folgenden vier Typen einteilen: Extensive, limitierte, habitualisierte und impulsive Kaufentscheidungen48.
Extensive Kaufentscheidungen sind gekennzeichnet durch ein hohes Involvement, einen hohen Informationsbedarf und durch starke kognitive Kontrolle. Dementsprechend sind solche Kaufentscheidungen vor allem in den für den Konsumenten neuen Entscheidungssituationen zu erwarten, wenn hohe Produktkosten, hohe Informationsdefizite und/oder weitgestreute heterogene Produktqualitäten die Produktwahl kennzeichnen. Insbesondere beim Kauf hochwertiger Gebrauchsgüter, deren Produkteigenschaften dem Konsumenten über einen längeren Zeitraum hinweg Nutzen stiften sollen und das Kaufrisiko dementsprechend hoch ist, sind extensive Kaufentscheidungsprozesse zu erwarten. Als Beispiele hierfür sei der Kauf eines Automobils oder eines Fertighauses genannt.
Limitierte Kaufentscheidungen sind dadurch gekennzeichnet, dass der Konsument auf Erfahrungen aus früheren (extensiven) Kaufentscheidungen zurückgreifen kann und deshalb kognitiv weniger belastet ist. Er hat eine gewisse Markenkenntnis und verfügt bereits über bewährte Entscheidungsregeln, die sich durch die extensive Beschäftigung bei früheren Käufen gebildet hat. Deshalb reduziert sich sein Infor- mationsbedarf auf Schlüsselinformationen (‚information chunks’)49. Voraussetzung für die Beschränkung auf Schlüsselinformationen ist das Vorhandensein eines ‚evo- ked set’50. Bei dem anstehenden Kauf muss er nur noch die Schlüsselinformationen der in seinem ‚evoked set’ vorhanden Marken miteinander vergleichen und kann auf Basis dieser Gegenüberstellung seine Kaufentscheidung treffen.
[...]
1 Vgl. ZMP (2003), S. 5
2 Vgl. ZMP (2003), S. 6
3 VILLIGER, A. (2000), S. 36
4 Die Verordnung ist im Internet verfügbar unter http://www.stmelf.bayern.de/lfe/oeko/fort_vo.html oder direkt auf der Internetseite der EU http://europa.eu.int
5 ZMP (2004), S. 5
6 Gerade die selbstständigen und mittelständischen Einheiten übernehmen die Vorreiterrolle in Sachen Vermarktung von Bio-Lebensmittel innerhalb des LEH. Aber auch die größeren Ketten wie REWE und Discounter wie ALDI nehmen vermehrt Bio-LM in ihr Sortiment auf.
7 Vgl. SYNERGIE (2003), S. 10
8 Obst & Gemüse, Brot & Backwaren, Molkereiprodukte, Eier, Fleisch- und Wurstwaren, Snacks
9 Sonstige Lebensmittel, Getränke
10 Kosmetik, Drogeriewaren, sonstige Naturwaren
11 Dabei ist ein starkes Südwest-Nordost-Gefälle zu beobachten. Während in Bayern, Baden-Württemberg, in Teilen Hessen und Nordrhein-Westfalens die meisten Bio-Supermärkte konzentriert sind, finden sich solche in Nord- und weiten Teilen Ostdeutschlands allenfalls in Großstädten (vgl. SYNERGIE (2003), S.
12 Vgl. SYNERGIE (2003), S. 11
13 Vgl. BÄNSCH, A. (1998), S. 2; KOTLER, P./BLIEMEL, F. (2001), S.321f.
14 Vgl. SCHULZ, F. (1997), S. 35ff
15 Ein Beispiel für ein solches Modell wird in Abschnitt 3.2.3, S. 33-34 vorgestellt. Zu weiteren Beispielen von Totalmodelle vgl. NICOSIA, F. M. (1966), ENGEL, J. F./BLACKWELL R. D./KOLLAT, D. T. (1978) und HOWARD, J. A./SHETH, J. N. (1969). Einen Überblick zu den aufgeführten Totalmodellen liefert BÄNSCH, A. (1998), S. 120.
16 Vgl. HAUSER, A. (1993), S. 9
17 Vgl. BRUHN, M. (2002), S. 32
18 Vgl. FRICKE, A. (1996), S. 27
19 Vgl. BAADE, E. (1988), S. 32
20 Einen Überblick über Partialmodelle liefert u. a. BÄNSCH, A. (1998), S. 11f. und 119
21 Vgl. BAADE, E. (1988), S. 32; FRICKE, A. (1996), S. 32
22 HAUSER, A. (1996), S. 27
23 Vgl. FRICKE, A. (1996), S. 27f
24 Vgl. KROEBER-RIEL, W./WEINBERG, P. (1999), S. 29f
25 Vgl. FRICKE, A. (1996), S. 25f
26 MEFFERT, H. (1986), S. 194, zit. nach BRUHN, M. (2002), S. 32
27 Vgl. HAUSER, A. (1994), S. 7
28 Vgl. HAUSER, A. (1994), S. 7
29 VALIO OTTOWITZ, T. (1997), S. 64
30 Vgl. HAUSER, A. (1994), S. 7
31 Vgl. RICHTER, R. /FURUBOTN, E. (2003), S. 1 ff.
32 Vgl. KAAS, K. P. (1995a), S. 2f.
33 Vgl. KAAS, K. P. (1995a), S. 5f.
34 Vgl. RICHTER, T. (2001), S. 32
35 Vgl. HAUSER, A. (1994), S. 8
36 Vgl. FRICKE, A. (1996), S. 23
37 Vgl. SCHULZ, F. (1997), S. 28
38 Theoretische Konstrukte werden in der konsumtheoretischen Literatur oft auch als intervenierende Variablen, latente Variablen oder hypothetische Konstrukte bezeichnet (vgl. BRUHN, M. (2002), S. 31).
39 Vgl. KROEBER-RIEL, W./WEINBERG, P. (1999), S. 49
40 KROEBER-RIEL, W./WEINBERG, P. (1999), S. 224
41 Vgl. KROEBER-RIEL, W./WEINBERG, P. (1999), S. 51ff.
42 Vgl. KROEBER-RIEL, W./WEINBERG, P. (1999), S. 51ff.
43 Vgl. TROMMSDORFF, V. (1998), S. 33
44 Vgl. TROMMSDORFF, V. (1998), S. 33
45 Vgl. TROMMSDORFF, V. (1998), S. 33
46 KROEBER-RIEL, W./WEINBERG, P. (1999), S. 360
47 Vgl. VALIO OTTOWITZ, T. (1997), S. 84
48 Zu der folgenden Kaufentscheidungstypologie vgl. WEINBERG, P. (1981), S. 12ff; KAAS, K. P. (1994), S. 256f.; KROEBER-RIEL, W./WEINBERG P. (1999), S. 371f.; BÄNSCH, A. (1998), S. 84
49 Schlüsselinformationen sind kompakte Informationseinheiten über das Produkt bzw. dessen Eigen- schaften, die er zum Vergleich von alternativen Produkten bzw. Marken heranzieht und anhand derer ein Konsument seine Kaufentscheidung fällen kann (Vgl. BÄNSCH, A. (1998), S. 240; TROMMSDORFF, V.(1998), S. 82)
50 Der Begriff ‚evoked set’ beschreibt eine begrenzte Anzahl von klar profilierten Marken, die vom Konsu- menten als kaufrelevante Alternativen angesehen werden. Dies wird teilweise auch als ‚accept set’ oder ‚choice set’ bezeichnet (vgl. KOTLER, P./BLIEMEL, F. (2001), S. 356f.).
- Citar trabajo
- Marco Räpple (Autor), 2004, Käuferverhalten bei Bio-Lebensmitteln. Empirische Befunde und Konsequenzen für die Marktbearbeitung, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/31269
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