Die steigende Multinationalisierung von Konzernen und Unternehmensinvestitionen in den letzten Jahren, hat zu einer zunehmenden Implementierung von Steuervermeidungsstrategien in international agierenden Konzernen und damit einhergehend, in den führenden Industrieländern zu sinkenden Steuereinnahmen geführt. Der Prozess der Globalisierung brachte nicht nur eine höhere Mobilität der Unternehmensaktivitäten mit sich, sondern, durch Innovationen und Liberalisierungen auf den Finanzmärkten, auch eine gewisse finanzielle Mobilität, die das Durchführen und Anwenden solcher internationaler Steuervermeidungsstrategien erheblich vereinfachten. Die gestiegene Mobilität von Gütern und Dienstleistungen eignet sich in diesem Zusammenhang ideal, um Bemessungsgrundlagen bei der Unternehmensbesteuerung in Hochsteuerländern zu minimieren und den Wettbewerb internationaler Steuerverwaltungen zu erhöhen, indem die Verbuchung von steuerbaren Erträgen in Niedrigsteuerländer verschoben wird.
Im Rahmen dieser Arbeit wird ausschließlich die von internationalen Großkonzernen betriebene aggressive Steuerplanung thematisiert und analysiert. Um einzelne Strategien zu erkennen und steuerliche Regelungslücken aufzudecken, ist es zunächst notwendig die Grundzüge diverser internationaler Unternehmensbesteuerungssysteme zu diskutieren (Kapitel 2). Dabei wird ein großer Fokus auf das US-amerikanische System gelegt, sowie auf die unternehmenssteuerlichen Regelungen der irischen, niederländischen und luxemburgischen Finanzverwaltungen.
Anschließend wird ein Überblick über die Problematik der internationalen Doppelbesteuerung folgen, der mit der Beleuchtung verschiedener Maßnahmen der Doppelbesteuerung entgegenzuwirken abschließen wird. In Kapitel 3 wird eine detaillierte Analyse der bekanntesten internationalen steuerplanerischen Gestaltungsstrategien durchgeführt, die in Verbindung mit den Kapiteln 2 und 3 die Grundbasis für die forensische Steuerplanungsanalyse von IKEA, Apple, Google und Caterpillar dienen werden. In Kapitel 4 folgt dann die detaillierte Rekonstruktion und Analyse der steuerplanerischen Strategien der genannten Unternehmen. Abschließend wird in Kapitel 5 auf die identifizierten Regelungslücken und Problematiken in der internationalen Unternehmensbesteuerung und auf den derzeitigen Stand der eingeleiteten Gegenmaßnahmen einzelner Finanzverwaltungen eingegangen.
INHALTSVERZEICHNIS
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
ABBILDUNGS- & TABELLENVERZEICHNIS
ANHANGSVERZEICHNIS
1 Einleitung
2 Grundzüge der internationalen Unternehmensbesteuerung
2.1 Unternehmensbesteuerung im US-amerikanischen Steuerrecht
2.1.1 Die Hinzurechnungsbesteuerung im US-amerikanischen Steuerrecht
2.1.2 Die „Check-the-box“ - Regelung
2.1.3 Die „Same Country Exception“ - Regelung
2.1.4 Die „Manufacturing Exception“ - Regelung
2.2 Grundzüge der Unternehmensbesteuerung innerhalb der EU
2.2.1 Grundzüge der Unternehmensbesteuerung in Irland
2.2.2 Grundzüge der Unternehmensbesteuerung in den Niederlanden
2.2.3 Grundzüge der Unternehmensbesteuerung in Luxemburg
2.3 Die Problematik der Doppelbesteuerung
2.3.1 Unilaterale Maßnahmen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung
2.3.2 Bilaterale Maßnahmen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung
2.4 Die Identifikation von Steueroasen und Steuervermeidung
2.4.1 Begriffsabgrenzung
2.4.2 Die größten Steueroasen auf Basis der investierten Auslandsvermögen
3 Internationale Gestaltungsstrategien der Steuerplanung
3.1 Gestaltungsstrategien zur optimalen Repatriierung von Dividendenerträgen
3.1.1 Treaty Shopping
3.1.2 Directive Shopping
3.1.3 Participation Exemption Shopping
3.1.4 Deferral Shopping
3.2 Gestaltungsstrategien in Zusammenhang mit der Umformung und der Verlagerung von konzerninternen Einkünften
3.2.1 Rule Shopping
3.2.2 Tax Rate Shopping
3.3 Gestaltungsstrategien zur optimalen Allokation von konzernexternen Einkünften
3.3.1 Capital Gain Exemption Shopping Steuervermeidungsstrategien internationaler Großkonzerne - Eine forensische Steuerplanungsanalyse ausgewählter Unternehmen
3.3.2 Deduction Shopping
3.3.3 Debt-push-down
3.3.4 (Cross Border) Group Relief Shopping
4 Rekonstruktion der Steuervermeidungsstrategien ausgewählter internationaler Großkonzerne
4.1 Das IKEA Konglomerat
4.1.1 Indizien für eine aggressive Steuervermeidung innerhalb von IKEA
4.1.2 Die Inter IKEA Group
4.1.3 Die INGKA Group
4.1.4 Die IKANO Group
4.1.5 Zusammenfassung der Steuervermeidungsstrategie von IKEA
4.2 Der Konzern um die Apple Inc
4.2.1 Indizien für eine aggressive Steuervermeidung der Apple Inc
4.2.2 Die globale Konzernstruktur des Apple - Konzerns
4.2.2.1 Apple Operations International (AOI)
4.2.2.2 Apple Operations Europe (AOE)
4.2.2.3 Apple Sales International (ASI)
4.2.3 Das Cost-Sharing Agreement zwischen Apple Inc. und der ASI
4.2.4 Zusammenfassung der Steuervermeidungsstrategie von Apple
4.3 Der Konzern um die Google Inc
4.3.1 Indizien für eine aggressive Steuervermeidung der Google Inc
4.3.2 Die globale Konzernstruktur des Google - Konzerns
4.3.2.1 Die Google Deutschland GmbH
4.3.2.2 Die Google Ireland Ltd
4.3.2.3 Die Google Netherlands Holdings B.V
4.3.2.4 Die Google Holdings Ireland Ltd
4.3.3 Zusammenfassung der Steuervermeidungsstrategie von Google
4.4 Der Konzern um die Caterpillar Inc
4.4.1 Indizien für eine aggressive Steuervermeidung der Caterpillar Inc
4.4.2 Die globale Konzernstruktur des Caterpillar - Konzerns
4.4.3 Die Steuervermeidungsstrategie der Caterpillar Inc
5 Fazit und Ausblick
ANHANG
LITERATURVERZEICHNIS
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
ABBILDUNGS- & TABELLENVERZEICHNIS
Abbildung 1: Treaty Shopping
Abbildung 2: Directive Shopping
Abbildung 3: Participation Exemption Shopping
Abbildung 4: Deferral Shopping
Abbildung 5: Rule Shopping
Abbildung 6: Tax Rate Shopping
Abbildung 7: Capital Gain Exemption Shopping
Abbildung 8: Deduction Shopping
Abbildung 9: Debt-push-down
Abbildung 10: Cross Border Group Relief Shopping
Abbildung 11: Die Steuervermeidungsstrategie von IKEA
Abbildung 12: Apple Konzernstruktur
Abbildung 13: Die Steuervermeidungsstrategie von Apple
Abbildung 14: Die globale Konzernstruktur des Google - Konzerns
Abbildung 15: Googles "Double Irish Dutch Sandwich" - Strategie
Abbildung 16: Caterpillar Inc. - Konzernstruktur bis 1999
Abbildung 17: Caterpillar Inc. - Konzernstruktur ab 1999
Tabelle 1: Finanzzentren gelistet nach investiertem Auslandsvermögen aller Sektoren
Tabelle 2: Übersicht über die Ertragsteuerbelastung von Apple zwischen 2011 - 2013
Tabelle 3: Umsatzverteilung von Apple zwischen 2011 - 2013
Tabelle 4: Übersicht über die Ertragsteuerbelastung von Google zwischen 2011 - 2013
Tabelle 5: Umsatzverteilung von Google zwischen 2011 - 2013
ANHANGSVERZEICHNIS
Anhang 1: Gewinn- und Verlustrechnung der Inter IKEA Holding S.A
Anhang 2: Gewinn- und Verlustrechnung der INGKA Holding B.V
Anhang 3: Kummulierte Ertragsteuerbelastung von IKEA
Anhang 4: Die INGKA Group
Anhang 5: Caterpillar Inc. Vorsteuergewinne und Ertragsteueraufwendungen
Anhang 6: Caterpillar Inc. Zusammensetzung der effektiven Ertragsteuerbelastung
1 Einleitung
Die steigende Multinationalisierung von Konzernen und Unternehmensinvestitionen in den letzten Jahren, hat zu einer zunehmenden Implementierung von Steuervermeidungsstrategien in international agierenden Konzernen und damit einhergehend, in den führenden Industrieländern zu sinkenden Steuereinnahmen geführt.1 Der Prozess der Globalisierung brachte nicht nur eine höhere Mobilität der Unternehmensaktivitäten mit sich, sondern, durch Innovationen und Liberalisierungen auf den Finanzmärkten, auch eine gewisse finanzielle Mobilität, die das Durchführen und Anwenden solcher internationaler Steuervermeidungsstrategien erheblich vereinfachten. Die gestiegene Mobilität von Gütern und Dienstleistungen eignet sich in diesem Zusammenhang ideal, um Bemessungsgrundlagen bei der Unternehmensbesteuerung in Hochsteuerländern zu minimieren und den Wettbewerb internationaler Steuerverwaltungen zu erhöhen, indem die Verbuchung von steuerbaren Erträgen in Niedrigsteuerländer verschoben wird.2 Ein aktuelles Beispiel für eine steuerplanerische Vermeidungsstrategie ist derzeit in Zusammenhang mit der Fusion der beiden Schnellrestaurantketten Burger King Worldwide Inc. und Tim Hortons Inc. zu beobachten. Im Rahmen dieser Fusion wird das kanadische Unternehmen Tim Hortons in das amerikanische Unternehmen Burger King integriert und gleichzeitig der Unternehmenssitz des neu entstehenden Konzerns von den USA in das steuergünstige Nachbarland Kanada verlegt.3 In den USA wird dieses Vorgehen als „Tax Inversion“ bezeichnet, was etwa mit Steuerumkehrung übersetzt werden kann, und von der amerikanischen Finanzverwaltung zwar stark kritisiert wird, aber rechtlich legitim ist.4 Denn grundsätzlich ist bei dem Begriff der Steuervermeidung zwischen der sogenannten aggressiven Steuerplanung und der Steuerhinterziehung zu unterscheiden. Die aggressive Steuerplanung wird von großen multinationalen Konzernen betrieben, indem diese bestehende Steuerrechte und steuerrechtliche Regelungslücken so nutzen, dass die bestehende Steuerschuld in einzelnen Regionen im Extremfall auf nahe null reduziert wird.5 Eine eindeutige Definition wo eine übliche Steuerplanung aufhört und eine aggressive beginnt, gibt es im Allgemeinen nicht. Die EU - Kommission hat im Zusammenhang mit dieser aggressiven Steuerplanung im Juni 2014 eine Prüfung der Verrechnungspreisvereinbarungen einiger namhafter Unternehmen wie bspw. Apple, Starbucks und Fiat Finance and Trade eingeleitet. Die EU-Kommission versucht in diesem Prüfverfahren gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle EU-Mitgliedstaaten sicherzustellen, indem untersucht wird ob die Steuerpraktiken der Finanzverwaltungen einiger Mitgliedstaaten im Einklang mit den EU-Vorschriften für staatliche Beihilfen stehen.6 Die Steuerhinterziehung auf der anderen Seite ist gekennzeichnet durch das Nichtdeklarieren steuerpflichtiger Einkünfte von meist im Ausland gehaltenen Vermögenswerten und wird in der Regel von Privatpersonen betrieben.7 Im Rahmen dieser Arbeit wird allerdings ausschließlich die von internationalen Großkonzernen betriebene aggressive Steuerplanung thematisiert und analysiert. Um einzelne Strategien zu erkennen und steuerliche Regelungslücken aufzudecken, ist es zunächst notwendig die Grundzüge verschiedener internationaler Unternehmensbesteuerungssysteme zu diskutieren (Kapitel 2). Dabei wird ein großer Fokus auf das US-amerikanische System gelegt, sowie auf die unternehmenssteuerlichen Regelungen der irischen, niederländischen und luxemburgischen Finanzverwaltungen. Anschließend wird ein Überblick über die Problematik der internationalen Doppelbesteuerung folgen, der mit der Beleuchtung verschiedener Maßnahmen der Doppelbesteuerung entgegenzuwirken abschließen wird. In Kapitel 3 wird eine detaillierte Analyse der bekanntesten internationalen steuerplanerischen Gestaltungsstrategien durchgeführt, die in Verbindung mit den Kapiteln 2 und 3 die Grundbasis für die forensische Steuerplanungsanalyse von IKEA, Apple, Google und Caterpillar dienen werden. In Kapitel 4 folgt dann die detaillierte Rekonstruktion und Analyse der steuerplanerischen Strategien der genannten Unternehmen. Abschließend wird in Kapitel 5 auf die identifizierten Regelungslücken und Problematiken in der internationalen Unternehmensbesteuerung und auf den derzeitigen Stand der eingeleiteten Gegenmaßnahmen einzelner Finanzverwaltungen eingegangen.
2 Grundzüge der internationalen Unternehmensbesteuerung
Das folgende Kapitel soll einen Überblick über die verschiedenen Systematiken der Unternehmensbesteuerung in den USA und in ausgewählten Ländern der EU geben. Hierbei wird der Fokus auf körperschaftsteuerliche und gewerbesteuerliche Regelungen gesetzt, wobei bei der Betrachtung der ausgewählten europäischen Staaten zum Teil auch die Behandlung von quellensteuerlichen Sachverhalten diskutiert wird. Beim Überblick über die Unternehmensbesteuerung in den USA wird zudem, nach einer allgemeinen Vorstellung der körperschaftsteuerlichen Regelungen des Internal Revenue Code, insbesondere auf die amerikanischen Hinzurechnungsvorschriften des Subpart F Income eingegangen. Dieses Kapitel bildet das Grundgerüst das für das Verständnis der Steuervermeidungsstrategien und deren Rekonstruktion in Kapitel 4 erforderlich ist.
2.1 Unternehmensbesteuerung im US-amerikanischen Steuerrecht
Grundsätzlich werden in den USA Körperschaften und ihre Anteilseigner nach dem klassischen System besteuert, was bedeutet, dass zunächst die Gewinne auf Körperschaftsebene besteuert werden und anschließend abermals die ausgeschütteten Gewinne bei den Anteilseignern der Besteuerung unterliegen. Grundsätzlich wird zunächst eine einheitliche federal corporate income tax auf Bundesebene erhoben, woran in den meisten Staaten8 eine bundesstaatspezifische state and local corporate income tax anschließt. Allerdings sind die auf bundesstaatlicher Ebene erhobenen Körperschaftsteuern von der Bemessungsgrundlage auf Bundesebene abzugsfähig (vgl. § 164a(1)(a) IRC). Ebenso abzugsfähig sind die in einigen Fällen auf Gemeindeebene erhobenen Körperschaftsteuern, z.B. in New York City, wo eine New York City General Corporation Tax i.H.v. 8,85%9 erhoben wird. Eine regionale Körperschaftsteuerpflicht wird ausgelöst, sobald ein steuerlicher Anknüpfungspunkt (sog. nexus) zu einem Bundesstaat oder einer Stadt besteht. Dieser nexus ist in der Regel durch eine gewerbliche Tätigkeit definiert.10
Die Grundlage des US-Steuerrechts für Körperschaften auf Bundesebene bildet, aus Mangel eines separaten Körperschaftsteuergesetzes, der Internal Revenue Code of 1986 (IRC). Der IRC umfasst knapp 10.000 Paragraphen, trägt den „Title 26“ des United States Code und ist unterteilt in subtitles, chapters, subchapters, parts und subparts. Zusätzlich gibt es sogenannte treasury regulations bzw. revenue rulings, oder private letter rulings, letztere vergleichbar mit den deutschen verbindlichen Auskünften, die auf Einzel- oder Spezialfälle abzielen.11 Grundsätzlich differenziert der IRC nicht nach Unternehmen oder natürlichen Personen, sodass alle Vorschriften, die für natürliche Personen gelten, auch für Unternehmen Anwendung finden. Allerdings beinhaltet der IRC einige besondere Vorschriften, die ausschließlich für Unternehmen gelten, wie beispielsweise die Besonderheiten bei der Definition der Arten von Corporations. US-Körperschaften gelten nach dem IRC nur dann als selbst steuerpflichtig mit ihrem taxable income, wenn sie als eine C corporation gem. Sec. 1361(a)(2) IRC definiert sind. Dies ist der Fall sofern die Größenkriterien der small business (S) corporation überschritten werden (vgl. Sec. 1361(b)(1) IRC), oder eine ineligible corporation gem. Sec. 1361(b)(2) IRC vorliegt und somit eine Optierung zur Besteuerung nach dem Besteuerungsregime des Subchapters S des IRC nicht möglich ist. Gilt ein Unternehmen nach den Bestimmungen des IRC allerdings als eine S corporation, ist dieses gem. Sec. 1363(a) IRC nicht selbst Steuersubjekt. Gewinne der S corporation werden direkt beim Shareholder besteuert, unabhängig davon, ob eine Ausschüttung der Gewinne stattgefunden hat oder nicht (vgl. Sec. 1366(a) IRC).12 Außer der S corporation gibt es noch einige weitere Sonderrechtsformen von Unternehmen wie z.B. die Regulated Investment Company (RIC) oder den Real Estate Investment Trust (REIT), die entweder durch die Gesellschaftsform per se oder durch die Einhaltung bestimmter Ausschüttungsregeln nicht der amerikanischen Körperschaftsteuer unterliegen.13
Grundsätzlich setzt sich der Körperschaftsteuertarif auf Bundesebene wie folgt zusammen:
- 15% auf zu versteuernde Einkommensteile bis USD 50.000
- 25% auf Einkommensteile über USD 50.000 bis USD 75.000
- 34% auf Einkommensteile über USD 75.000 bis USD 100.000
- 39% auf Einkommensteile über USD 100.000 bis USD 335.000
- 34% auf Einkommensteile über USD 335.000 bis USD 10 Mio.
- 35% auf Einkommensteile über USD 10 Mio. bis USD 15 Mio.
- 38% auf Einkommensteile über USD 15 Mio. bis USD 18,333 Mio.
- 35% auf Einkommensteile über USD 18,333 Mio.
Gemäß IRC wird eine Zusatzsteuer von 5% auf den USD 100.000 übersteigenden Teil des zu versteuernden Einkommens erhoben, mit einem Höchstbetrag von USD 11.750. Eine weitere Zusatzsteuer i.H.v. 3% wird erhoben auf den USD 15 Mio. übersteigenden Teil des zu versteuernden Einkommens, mit einem Höchstbetrag von USD 100.000.14 Durch diese Zwischenstufen im Körperschaftsteuertarif kann es zu Spitzensteuersätzen von 39% (auf
Einkommensteile zwischen USD 100.000 und USD 335.000) bzw. 38% (auf Einkommensteile zwischen USD 15 Mio. und USD 18.333 Mio.) kommen. Folglich läuft der Körperschaftsteuertarif erst ab einem zu versteuernden Einkommen von USD 18,333 Mio. proportional mit einem Steuersatz von 35% aus.15
Auf bundesstaatlicher Ebene können Körperschaften grundsätzlich beschränkt oder unbeschränkt steuerpflichtig sein. Eine unbeschränkte US-Steuerpflicht inländischer Körperschaften liegt für diejenigen vor, die nach US-amerikanischem Recht bzw. dem der Bundesstaaten gegründet wurden ( „ domiciliary corporations “ ). Nicht ausschlaggebend ist hierbei der Sitz der Geschäftsführung oder der der Verwaltung. Die beschränkte Steuerpflicht kann in solchen Bundesstaaten ausgelöst werden, in denen die Körperschaft einen nexus durch eine gewerbliche Tätigkeit auslöst ( „ nondomiciliary corporations “ ). Dies kann dazu führen, dass ein und dieselbe Körperschaft gleichzeitig in mehreren Bundesstaaten steuerpflichtig wird. Die Körperschaftssteuersätze der einzelnen Bundesstaaten erstrecken sich von 1% (im Bundesstaat Arkansas) bis hin zu 9,99% (im Bundesstaat Pennsylvania) des zu versteuernden Einkommens einer Körperschaft. Allerdings sind die Steuertarife auf bundesstaatlicher Ebene häufig als Stufentarife ausgestaltet, sodass sehr niedrige Steuersätze von bspw. 1% in Arkansas nur bis zu einem zu versteuernden Einkommen von weniger als USD 3.000 erhoben werden.16 Diese sehr geringen bundesstaatlichen Tarife bilden allerdings die Ausnahme. Vergleicht man beispielsweise die gesamte tarifliche Ertragsteuerbelastung auf Unternehmensgewinne im Bundesstaat New York, zählt diese mit 39,62% zu den höchsten weltweit.17
Anders als in Deutschland gibt es in den USA keine vorgeschriebene Einteilung von Einkünften in einzelne Einkunftsarten, es unterliegen vielmehr sämtliche Vermögenszuflüsse der Besteuerung.18 In Sec. 61 IRC werden insgesamt 15 Beispiele für Vermögenszuflüsse aufgezählt, dazu zählen bspw. Bruttogewinne (gross profits) aus Geschäftstätigkeit oder Gewinne aus Veräußerungen von Vermögensgegenständen, wobei sich die Steuerpflicht allerdings nicht nur auf diese 15 Beispiele beschränkt. Das zu versteuernde Einkommen setzt sich demnach aus dem Bruttoeinkommen (gross income) abzüglich der mit diesem in Verbindung stehenden Betriebsausgaben (deductions) zusammen. Die Gewinnermittlung erfolgt nach der accrual method, der Zurechnungsmethode, die einem Betriebsvermögensvergleich entspricht.19
2.1.1 Die Hinzurechnungsbesteuerung im US-amerikanischen Steuerrecht
Für Unternehmen, die nach dem US-amerikanischen Gesellschaftsrecht gegründet wurden (incorporated), gilt grundsätzlich, dass sie mit ihrem gesamten Welteinkommen in den USA steuerpflichtig sind. Um eventuell auftretende Doppelbesteuerungen in anderen Staaten zu vermeiden, setzt das amerikanische Steuerrecht mit dem sogenannten Foreign Tax Credit (FTC) wahlweise auf Steuergutschriften oder auf den Steuerabzug der im Ausland gezahlten Steuer bei der amerikanischen Welteinkommensermittlung. In diesem Zusammenhang unterscheidet das US-amerikanische Steuerrecht zum einen zwischen Direct Foreign Tax Credits, die aus der Zahlung von direkter ausländischer Steuer, z.B. bei Quellensteuern auf Auslandsdividende, resultieren, und zwischen Indirect Foreign Tax Credits, die bei der Repatriierung von Einkünften indirekt entstehen. Für die Gutschrift der Indirect Credits wird vorausgesetzt, dass die Muttergesellschaft mindestens 10% der Anteile der in einem anderen Staat ansässigen Tochtergesellschaft hält.20 Um einer übermäßigen Verschiebung der Steuerschuld in Niedrigsteuerländer oder Steueroasen entgegenzuwirken, beinhaltet der IRC eine Anti-Missbrauchsvorschriftensammlung, die sogenannten „Subpart F - Controlled Foreign Corporations (CFC) - Rules“21. Eine Controlled Foreign Corporation ist dabei jede ausländische Tochtergesellschaft, die eine Mindestbeteiligungsquote von 50% aufweist.22 Das Ziel dieses Regelkatalogs ist es Konzerne daran zu hindern „leere“ Scheingesellschaften in Steuerparadiesen zu gründen, oder Gewinnverschiebungen in Niedrigsteuerländer entgegenzuwirken. Werden die Einkünfte einer ausländischen CFC-Tochtergesellschaft als Subpart F Income23 klassifiziert , so unterliegen diese Einkünfte bereits beim Zufluss zur Tochtergesellschaft der Steuerpflicht in den USA und nicht erst bei deren eigentlicher Auszahlung an die kontrollierende US-Muttergesellschaft.24
Innerhalb des Subpart F Income - Regelkatalogs gibt es unter anderen drei Arten von Auffangvorschriften:
- Foreign Base Company Sales Income (FBCSI): Einkünfte einer ausländischen Tochtergesellschaft werden dann als FBCSI klassifiziert, wenn eine keine materiellen Güter herstellende Tochtergesellschaft Gewinne erwirtschaftet, indem sie materielle Güter von einer verbundenen Gesellschaft in einem weiteren ausländischen Staat bezieht und diese mit Gewinn an eine nicht verbundene Gesellschaft verkauft. Die Tochtergesellschaft, die keine materiellen Güter herstellt, muss sozusagen als Ein- und Verkaufsvermittler zwischen konzerninternen Tochtergesellschaften und konzernexternen Gesellschaften fungieren.25
- Foreign Personal Holding Company Income (FPHCI): Die Klassifizierung von Einkünften als FPHCI zielt vor allem auf Zinseinkünfte, Dividenden, Lizenzgebühren und weitere passive Einkunftsarten ab. Grundsätzlich soll das FPHCI beispielweise die US-Steuerpflicht von Dividendenausschüttungen einer ausländischen Tochtergesellschaft an eine weitere ausländische Tochtergesellschaft eines amerikanischen Konzerns auslösen. 26
- Foreign Base Company Services Income (FBCSVI): Einkünfte einer ausländischen Tochter, die als FBCSVI klassifiziert werden, können dazu führen, dass Dienstleistungen, die an Konzerndritte geleistet wurden, als an eine verbundene Tochtergesellschaft geleistet gelten und somit als steuerpflichtig in den USA gelten.27
2.1.2 Die „Check-the-box“ - Regelung
Vor der Einführung der „ Check-the-box “ - Regelung in 1996 wurden ausländische Tochtergesellschaften grundsätzlich als nicht nach amerikanischem Gesellschaftsrecht gegründete Gesellschaften behandelt und mussten zunächst einer komplexen Analyse unterworfen werden (Kintner-multi-factor-test) um eine Klassifizierung innerhalb des US- Steuerrechts zu erhalten, die detaillierte Kenntnisse über das jeweilige Steuerecht des Ansässigkeitsstaates der Tochtergesellschaft erforderte. Die check-the-box-Regelung sollte eine Abkehr von dem komplexen Kintner-Test bewirken, indem es ausländischen Tochtergesellschaften von US-Konzernen, die einer weiteren ausländischen Tochtergesellschaft (CFC) unterstellt sind, ermöglicht wurde, ihren steuerlichen Status im US-amerikanischen Steuerrecht selbst zu wählen. Mit der Ausnahme einiger als „per se foreign corporation“28 klassifizierter ausländischer Gesellschaftsformen und damit grundsätzlich selbst als Steuersubjekt in den USA geltenden Tochtergesellschaften, zu welchen bspw. die deutsche Aktiengesellschaft oder die irische Public Limited Company zählen, können einzelne ausländische Tochtergesellschaften als „ hybrid entity “ oder „ disregarded entity “ also als hybride bzw. unsichtbare Gesellschaft behandelt werden. Gilt eine Tochtergesellschaft im amerikanischen Steuerrecht als unsichtbar, so sind auch sämtliche Transaktionen zwischen ihr und der ihr übergeordneten Tochtergesellschaft, oder einer weiteren im Ausland ansässigen und als disregarded entity geltende Schwestergesellschaft, für das US-Steuerrecht unsichtbar.29 Ursächlich für diese Behandlung ist, dass die disregarded entity ein einheitliches Steuersubjekt mit der höhergestellten ausländischen Tochtergesellschaft des Konzerns bildet.30 Im Einzelfall kann die Ausblendung einer solchen Enkelgesellschaft im US-amerikanischen Steuerrecht i.V.m. mit einer auf den Ort der Geschäftsführung abzielenden Ansässigkeitsdefinition des Sitzstaates der Enkelgesellschaft zu der Generierung sog. staatenloser Gesellschaften und Einkünfte führen.31 Staatenlos bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die aus US-Sicht transparente Enkelgesellschaft in keinem Staat ansässig und somit in keinem Staat unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig ist.
In bestimmten Fällen ist es einer amerikanischen Konzernmuttergesellschaft überdies möglich, passives Subpart F Income einer CFC ohne Inanspruchnahme der check-the-box-Regelung, von der Hinzubesteuerung in den USA freizustellen. Als Beispiele hierfür werden im Folgenden die „ same country exception “ - , sowie die „ manufacturing exception “ - Regelung weiter konkretisiert.
2.1.3 Die „Same Country Exception“ - Regelung
Dividenden- und Zinserträge werden unter der sogenannten „same-country exception“ - Regelung dann von der Besteuerung freigestellt, wenn folgende Bedingungen kumulativ erfüllt werden: (1) die ausschüttende Gesellschaft ist eine „verwandte“ Gesellschaft der CFC; (2) die ausschüttende Gesellschaft wurde nach den Gesetzen desselben ausländischen Staates wie die CFC gegründet; (3) ein erheblicher Teil der Vermögensgegenstände der ausschüttenden Gesellschaft (mind. 50 %) werden für Geschäftsaktivitäten innerhalb des Gründungsstaates der ausschüttenden Gesellschaft verwendet („substantial asset test“).32 Die ausschüttende Gesellschaft gilt dann als mit der CFC verwandt, wenn sie die CFC kontrolliert, von der CFC kontrolliert wird, oder von derselben Muttergesellschaft kontrolliert wird wie die CFC. Die Kontrolle einer Gesellschaft wird in diesem Zusammenhang mit einer direkten oder indirekten Beteiligungsquote von über 50 % definiert.33
2.1.4 Die „Manufacturing Exception“ - Regelung
Die „manufacturing exception“ - Regelung wurde ursprünglich eingeführt, um Einkünfte einer produzierenden oder fertigenden CFC von einer sofortigen Besteuerung freizustellen, sofern sie einen substantiellen Beitrag bei dem Herstellungsprozess des Endproduktes leistet.34 Einkünfte einer CFC, aus dem Verkauf von Gütern über Landesgrenzen hinweg an eine verwandte Schwestergesellschaft, die grundsätzlich als FBCSI klassifiziert werden würden, werden unter bestimmten Voraussetzungen von der Klassifizierung als Subpart F Income ausgeschlossen. Um in den Genuss der „manufacturing exception“ - Regelung zu gelangen, muss mindestens eine der folgenden Bedingungen erfüllt sein: (1) das Gut wird substantiell in seiner physischen Beschaffenheit verändert (z.B. Transformation einer Stahlstange zu einer Schraube); (2) der Produktionsprozess zur Erstellung des Endprodukts muss substantielle Fertigungsanteile beinhalten (z.B. die Montage von Automobilen); oder (3) die Verarbeitungskosten um das Gut in das Endprodukt umzuwandeln betragen mindestens 20% der gesamten Herstellungskosten des Endprodukts.35 Seit 2008 ist eine relativ liberale Auslegung des zu erfüllenden Bedingungskatalogs durch die regulierenden Steuerbehörden festzustellen, was es amerikanischen Konzernen relativ leicht ermöglicht in den Genuss der „manufacturing exception“ - Regelung zu gelangen.36 Im Klartext bedeutet dies, dass eine CFC, die selbst nicht fertigend oder produzierend tätig ist, von der „manufacturing exception“ - Regelung profitieren kann, sofern sie bspw. durch Auftragsfertigungen den geforderten substantiellen Beitrag im Fertigungsprozess des Endproduktes erfüllt.37
2.2 Grundzüge der Unternehmensbesteuerung innerhalb der EU
Im internationalen Vergleich sind die Grundsystematiken und die Tarife der Unternehmensbesteuerung sehr unterschiedlich. Bereits bei der grundsätzlichen Frage, wer Steuersubjekt der Körperschaftssteuer ist, sind europaweit verschiedene Definitionen festgesetzt worden. Während in einigen Ländern Personengesellschaften grundsätzlich kein Steuersubjekt darstellen können (z.B. in Deutschland), gelten in anderen Ländern diesbezüglich andere Regelungen (z.B. in Spanien).38 Die Gemeinsamkeiten der internationalen Unternehmensbesteuerung in den verschiedenen Systemen, beschränken sich auf eine staatliche Körperschaftssteuer auf das Gesamteinkommen von Kapitalgesellschaften und in vielen Fällen auf von Gebietskörperschaften erhobene Körperschaftssteuerzuschläge.39 Da weltweit und auch europaweit demnach kein einheitliches System der Unternehmensbesteuerung besteht muss jedes System separat betrachtet werden. Bei der Rekonstruktion der Steuervermeidungsstrategien von IKEA, Apple und Google in Kapitel 4 wird der Fokus auf die ertragsteuerlichen Regelungen dreier bestimmter Länder eine besondere Rolle einnehmen. Es handelt es sich dabei um Irland, die Niederlanden und Luxemburg. Die Schweiz, die in Zusammenhang mit der Steuervermeidungsstrategie des Caterpillar - Konzerns in den Fokus gerückt werden wird, wird hier nicht separat betrachtet, da im Fall Caterpillar kein systemisches Versagen des Besteuerungssystems vorliegt.
2.2.1 Grundzüge der Unternehmensbesteuerung in Irland
Die körperschaftsteuerliche Grundlage der irischen Unternehmensbesteuerung bildet der Taxes Consolidation Act 1997, der im Laufe der Jahre durch zusätzliche Finance Acts40 und Ergänzungen verändert wurde. Die Corporation Tax ist die staatliche Körperschaftsteuer, die auf das Einkommen, also auf laufende Einkünfte und Veräußerungserlöse, von Kapitalgesellschaften und teilweise auch anderen juristischen Personen erhoben wird. Eine Abgabe, die von Gebietskörperschaften erhoben wird sieht das irische Steuerrecht nicht vor.41 Die Tarifstruktur der Körperschaftsteuer ist im irischen Steuerrecht proportional ausgestaltet und knüpft dabei an drei Einkunftsarten an. Die Körperschaftsteuer beträgt 12,5% für Einkünfte aus der unternehmerischen Tätigkeit (Trading Income) und für Dividendenerträge aus dem Ausland, die aus originärer unternehmerischer Tätigkeit erwirtschaftet wurden, 25% für andere Einkünfte, die nicht als Trading Income klassifiziert werden können und 33% für Veräußerungserträge.42
Grundsätzlich richtet sich die unbeschränkte Steuerpflicht in Irland nach der Ansässigkeit von Körperschaften. Die Ansässigkeit einer Körperschaft in Irland ist dann gegeben, wenn sich der Ort ihrer gewöhnlichen Geschäftsführung in Irland befindet, oder wenn die Körperschaft in Irland gegründet und registriert wurde.43 Seit dem Finance Act 1999 wurde die Ansässigkeitsdefinition im irischen Steuerrecht explizit auf in Irland gegründete und registrierte Körperschaften erweitert, da die bis 1999 geltende Ansässigkeitsdefinition, die nur auf den Ort der gewöhnlichen Geschäftsführung ausgerichtet war, zu Missbräuchen von internationalen Großkonzernen führte.44 Vor allem US-Konzerne konnten bis 1999 durch die im US-Recht und im irischen Steuerrecht unterschiedlich definierten steuerlichen Ansässigkeiten staatenlose Gesellschaften und damit auch staatenlose Einkünfte generieren. Diese Regelungslücke wurde von den irischen Steuerbehörden mit der Verabschiedung des Finance (No. 2) Act 2013 endgültig geschlossen, indem sie die steuerliche Ansässigkeitsqualifikation auf in Irland gegründete und registrierte Gesellschaften in den Fällen erweiterte, in welchen der Staat, in dem sich die regelmäßige Geschäftsführung der irischen Gesellschaft befand, die Gesellschaft als nicht unbeschränkt steuerpflichtig deklarierte.45
Als beschränkt steuerpflichtig in Irland gelten nicht in Irland ansässige Gesellschaften, die über Betriebsstätten oder ständige Vertreter (sog. Branch) inländische Einkünfte (sog. Branch income) erzielen.46
Verrechnungspreisregelungen - Transfer Pricing Regime
Die irischen Verrechnungspreisregelungen orientieren sich grundsätzlich an den OECD- Verrechnungspreisleitlinien für multinationale Unternehmen und Steuerverwaltungen und implementieren somit auch das „dealing at arm’s length“ - Prinzip. Diese sind seit 2010 gesetzlich geregelt und finden auf alle Verträge ab dem Veranlagungszeitraum 2011 Anwendung.47 Allerdings handelte die irische Steuerverwaltung vor Inkrafttreten der gesetzlichen Regelungen der Verrechnungspreisvorschriften, sogenannte „Advanced Pricing Agreements“ (APA) mit multinationalen Unternehmen aus. Im Fall von Apple bezogen sich diese APA’s auf innerirische Verrechnungspreise von irischen Tochtergesellschaften, die bis heute ihre Geltung beibehielten. Um den damals schwächelnden Industriestandort Irland für multinationale Unternehmen attraktiv zu gestalten, enthalten diese APA’s besonders günstige
Konditionen für den Apple-Konzern.48 Aus diesem Grund prüft die EU-Kommission seit Juni 2014 ob unter anderen die irischen Verrechnungspreisvereinbarungen im Rahmen der Besteuerung von Apple - Irland staatliche Beihilfen enthalten und so gegen Artikel 107 Abs. 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) verstoßen.49
Die Behandlung von Dividenden, Zins- und Lizenzzahlungen
Zins- und Lizenzerträge, die eine irische Gesellschaft erwirtschaftet, zählen grundsätzlich als trading income und unterliegen somit einer Ertragsteuerbelastung i.H.v. 12,5%. Für an im Ausland ansässige Schwester- oder Muttergesellschaften entrichtete Dividenden oder Lizenzzahlungen werden in Irland grundsätzlich Quellensteuern i.H.v. 20% erhoben. Werden Zinszahlungen an eine im Ausland ansässige Muttergesellschaft von einer inländischen Kapitalgesellschaft erbracht und beträgt das Beteiligungsverhältnis mindestens 75%, so werden diese Zinszahlungen wie Dividenden behandelt und unterliegen somit einer irischen Quellensteuer i.H.v. 20%. Allerdings besteht ein Optierungsrecht im Falle von DBA - Vertragspartnerstaaten diese Quellensteuern mit 0% festzusetzen.50 In Kombination mit der Richtlinie über eine gemeinsame Steuerregelung für Zahlungen von Zinsen und Lizenzgebühren zwischen verbundenen Unternehmen verschiedener Mitgliedstaaten ist es internationalen Unternehmen möglich Unternehmensgewinne in Form von Lizenzzahlungen von einer Konzerngesellschaft quellensteuerfrei in eine, in einem anderen EU-Vertragsstaat ansässigen, Konzerngesellschaft zu verschieben.51 Im Idealfall erhebt der Ziel-Vertragsstaat seinerseits keine Quellensteuer auf Lizenzerträge, womit eine weitere quellensteuerfreie Verlagerung von Unternehmensgewinnen erzielt werden kann.52
2.2.2 Grundzüge der Unternehmensbesteuerung in den Niederlanden
Die Grundlage der niederländischen Körperschaftsteuer bildet das Gesetz vom 08.10.1969 (Wet op de vennootschapsbelasting, Stb. 445), in das spätere Änderungen eingearbeitet wurden. Die Körperschaftsteuer (vennootschapsbelasting) ist grundsätzlich eine Steuer, die vom Staat erhoben wird und an der die niederländischen Unterverbände beteiligt werden. Die niederländische Körperschaftsteuer wird auf den Gesamtgewinn der Körperschaftsteuerpflichtigen erhoben. Eine separat von Gebietskörperschaften erhobene Abgabe i.S.d. deutschen Gewerbesteuer bspw. sieht das niederländische Steuerrecht nicht vor.53 Der niederländische Körperschaftsteuertarif ist proportional ausgestaltet und in zwei Stufen gegliedert. Übersteigt der steuerbare Gesamtgewinn einer Körperschaft EUR 200.000 nicht, so beträgt der Körperschaftsteuersatz 20%. Für alle Körperschaften, die einen steuerbaren Gesamtgewinn größer als EUR 200.000 aufweisen, beträgt der proportionale Körperschaftsteuersatz hingegen 25%.54
Die Behandlung von Dividenden, Zins- und Lizenzzahlungen
Bei inländischen Körperschaften werden erhaltene Dividenden, Zins- und Lizenzerträge zu dem unternehmerischen Gesamtgewinn hinzugerechnet und unterliegen demnach einer Ertragsteuerbelastung von 20% bzw. 25%.55 Führt eine inländische Kapitalgesellschaft Dividenden an eine ausländische Kapitalgesellschaft ab, so erhebt die Niederlande eine Quellesteuer auf Dividendenerträge i.H.v. 15%, allerdings kann diese in vielen Fällen durch die Anwendung der Muttertochterrichtlinie (MTR)56 bei konzerninternen Ausschüttungen innerhalb der EU auf 0 % reduziert werden.57 Quellensteuer auf Lizenz- und Zinszahlungen sieht das niederländische Steuerrecht im Übrigen nicht vor, weshalb die Niederlande in der Vergangenheit eine gewisse Anziehungskraft für Tunnelgesellschaften internationaler Großkonzernen in Zusammenhang mit dem Einsatz von Immaterialgüterrechten ausübte.58
Die niederländische Innovationsbox
Die niederländische Innovationsbox wurde mit dem Ziel eingeführt, innovative technologische Entwicklungsaktivitäten zu fördern und Investitionen in die Niederlande zu locken. Qualifizierte Erträge, die im Rahmen der Innovationsbox besteuert werden, unterliegen einem begünstigten Steuersatz i.H.v. 5%.59 Die Innovationsbox, die ursprünglich lediglich auf Einkünfte, die mit Hilfe eines bestimmten Patents erzielt wurden, konzipiert worden war, kann mittlerweile auch für Lizenzerträge in Anspruch genommen werden, die in Zusammenhang mit der Fertigung von Produkte oder der Erbringung von Dienstleistungen stehen.60 Internationale Großkonzerne, die Produkte im Rahmen eines Franchising durch Vertriebstochtergesellschaften vertreiben und den Sitz der lizenzinnehabenden Gesellschaft in die Niederlande verlegen, können das System der Innovationsbox unter bestimmten Voraussetzungen ausnutzen, um die Konzernsteuerquote zu senken.61
2.2.3 Grundzüge der Unternehmensbesteuerung in Luxemburg
Die Rechtsgrundlage für die luxemburgische Körperschaftsteuer bilden die Art. 158 ff. des luxemburgischen Einkommensteuergesetzes vom 04.12.1967 mit späteren Änderungen. Auch in Luxemburg wird die Körperschaftsteuer vom Staat erhoben und zwar auf das Einkommen von Körperschaften, Vermögensmassen und Personenvereinigungen.62 Der proportionale Körperschaftsteuertarif beträgt dabei 20% für ein zu versteuerndes Einkommen kleiner als EUR 15.000, in anderen Fällen beträgt er 21%. Zusätzlich erhebt der luxemburgische Staat eine Zulage für den Arbeitnehmer - Fonds, die den Körperschaftsteuersatz um 7% erhöht, woraus in Summe ein Körperschaftsteuersatz i.H.v. 21,4% bzw. 22,47% resultiert. Zusätzlich ist in Luxemburg eine Abgabe an die Gebietskörperschaften fällig, die zwischen 6,75% und 12% abhängig vom Unternehmensstandort variiert. Ist das luxemburgische Unternehmen bspw. in Luxemburg Stadt ansässig, so wird eine Gebietskörperschaftsabgabe i.H.v. 6,75% fällig, was in einer Ertragsteuerbelastung von insgesamt 29,22% resultiert. Seit 2013 gilt außerdem eine Mindestbesteuerung auf Unternehmensgewinne von in Luxemburg unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaften, die an die Höhe der Bilanzsumme anknüpft.63
Die Behandlung von Dividenden, Zins- und Lizenzzahlungen
Steuerfrei bleiben in Luxemburg Dividendenerträge, die eine in Luxemburg unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaft einnimmt und dabei mindestens für 12 Monate ununterbrochen zu 10% an der ausschüttenden Gesellschaft beteiligt war. Beliefen sich die Anschaffungskosten der Beteiligung auf mindestens EUR 1.200.000, werden die Dividendenerträge aus dieser Beteiligung ebenfalls steuerfrei gestellt.64 Führt eine luxemburgische Kapitalgesellschaft Dividenden in das Ausland ab, so wird grundsätzlich eine luxemburgische Quellensteuer i.H.v. 15% fällig, falls es sich bei der ausschüttenden Körperschaft nicht um eine begünstigte Gesellschaftsform (bspw. Investment - Fonds, SPF, oder SICAR) handelt. Quellensteuerfrei können hingegen Zinszahlungen getätigt werden, sofern diese nicht an Gesellschaften innerhalb der EU fließen. Sollten die Zinserträge von Gesellschaften, die innerhalb der EU ansässig sind vereinnahmt werden, so wird aufgrund der Richtlinie 2003/48/EC eine Quellensteuer i.H.v. Luxemburg unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaften an im Ausland ansässige Gesellschaften sind hingegen quellensteuerfrei, sofern es sich nicht um Lizenzzahlungen handelt, die in Zusammenhang mit Urheberechten von literarischer oder kunstmalerischer Art stehen, handelt.65
2.3 Die Problematik der Doppelbesteuerung
Die internationale Besteuerung weist einen hohen Komplexitätsgrad auf, da jeder Staat, aufgrund des Souveränitätsprinzips, eigenständig entscheiden kann, an welche Merkmale er seine Steuerpflicht anknüpft. Dies führt zum Dualismus der Besteuerungsprinzipien von Ansässigkeits- oder Wohnsitzprinzip und Quellenprinzip.66 Bei dem Ansässigkeits- oder Wohnsitzprinzip, wird ausschließlich auf die Gebietszugehörigkeit abgestellt, demzufolge wird der dieses Prinzip anwendende Staat auch Ansässigkeitsstaat genannt. Im Rahmen des Ansässigkeitsprinzips, wird die im Hoheitsgebiet des Ansässigkeitsstaats wohnhafte (juristische) Person, mit ihrem Gesamteinkommen zur Besteuerung herangezogen (Welteinkommensprinzip). Beim Quellenprinzip auf der anderen Seite, wird lediglich das Einkommen besteuert, das im Hoheitsgebiet des Quellenprinzip anwendenden Staates erwirtschaftet wurde (Territorialprinzip).67 Die parallele Existenz dieser zwei unterschiedlichen Prinzipien führt dazu, dass ein und dasselbe Einkommen unter Umständen mehrfach besteuert wird. Ohne vorhandene Methoden, deren Konzeptionen auf die Vermeidung von Doppelbesteuerungen abzielen (Doppelbesteuerungsabkommen), wäre in den letzten Jahren ein wohl übermäßiger Rückgang von grenzüberschreitenden Investitionstätigkeiten zu verzeichnen gewesen.68 Auf der anderen Seite kann dieser Dualismus der Besteuerungsprinzipien in Verbindung mit lückenhaft konzipierten Doppelbesteuerungsabkommen auch zu der Generierung von gering (grauer) oder nicht besteuerten (weißen) Einkünften führen.69
Grundsätzlich kann eine Doppelbesteuerung in drei Fällen eintreten. Zum einen kann es vorkommen, dass zwei Staaten für ein und denselben Steuerschuldner ihr unbeschränktes Besteuerungsrecht einfordern. Zum anderen kann eventuell gleichzeitig eine unbeschränkte und beschränkte Steuerpflicht eines Steuerpflichtigen bestehen. Der dritte Fall einer Doppelbesteuerung ist dadurch gekennzeichnet, dass in mehreren Staaten eine beschränkte Steuerpflicht des Steuerpflichtigen besteht.70 Eine juristische Doppelbesteuerung liegt darüber hinaus dann vor, wenn bei gleicher Identität von Steuersubjekt, Steuerobjekt und Steuerperiode eine Belastung mit gleichartigen Steuern zu verzeichnen ist.71 Knüpft die steuerliche Doppelerfassung dagegen lediglich am selben wirtschaftlichen Vorgang an, so spricht man von einer wirtschaftlichen Doppelbesteuerung.72 Eine Vermeidung der Doppelbesteuerung kann entweder durch vertragliche Regelungen (bi- oder multilaterale Maßnahmen), durch einseitigen Steuerverzicht (unilaterale Maßnahmen) oder auch supranational vermieden werden.73
2.3.1 Unilaterale Maßnahmen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung
Unilaterale (innerstaatliche) Rechtsvorschriften, die auf die Minimierung oder Vermeidung der internationalen Doppelbesteuerung abzielen, sind in vielen Unternehmensbesteuerungssystemen verankert. Zu den wichtigsten und meist verbreiteten Methoden zählen: - Die Freistellungsmethode (exemption method) Bei der Freistellungsmethode werden die im Ausland erzielten Einkünfte des Steuerpflichtigen von der inländischen Bemessungsgrundlage ausgenommen. In einzelnen Ländern (z.B. in Deutschland) wird eine Freistellung unter Progressionsvorbehalt (exemption with progression) praktiziert, d.h. dass die ausländischen Einkünfte bei der Ermittlung des anzuwendenden inländischen Steuersatzes Berücksichtigung finden.74
- Die Anrechnungsmethode (credit method)
Bei der Anrechnungsmethode wird die im Ausland gezahlte Steuer auf die inländische Steuerschuld vom Ansässigkeitsstaat anteilsmäßig angerechnet. Dabei folgt die Anrechnung für jeden ausländischen Staat separat per sog. country limitation (z.B. in Deutschland), teilweise auch für alle Staaten zusammen per sog. overall limitation (z.B. in Japan) oder, wie in den USA üblich, getrennt nach Einkommensarten per sog. baskets.75
Außerdem gibt es einige weniger verbreitete Methoden zu welchen die folgenden zählen:
- Die Anrechnungsmethode mit fiktiver ausländischer Steuer
Als Investitionsanreiz wird bspw. in wenigen DBA, die Deutschland mit Entwicklungsländern geschlossen hat, eine Anrechnungsmethode mit einer fiktiven ausländischen Steuer praktiziert. Demnach kann auf die inländische Steuerschuld eine fiktive ausländische Steuer angerechnet werden, obwohl die tatsächlich erhobene Quellensteuer niedriger ist, oder sogar null beträgt.76
- Die Methode zur Erm äß igung der inländischen Steuer
In einigen wenigen Fällen sehen manche Staaten eine Ermäßigung (z.B. Belgien), oder eine Pauschalierung (z.B. Deutschland)77 der inländischen Steuer auf ausländische Einkünfte vor.
- Abzugsmethode der ausländischen Steuer bei der Einkommensermittlung
Einige Staaten behandeln im Ausland gezahlte Steuern als bei der Einkommensermittlung von der Bemessungsgrundlage abziehbare Betriebsausgaben (z.B. Irland und Deutschland). In Deutschland geschieht dies entweder auf Antrag des Steuerpflichtigen gemäß § 34c Abs. 2 EStG, als Alternative zur Anrechnungsmethode, oder gemäß § 34c Abs. 3 EStG, wenn die Steuer nicht anrechenbar ist.78
2.3.2 Bilaterale Maßnahmen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung
Bilaterale Doppelbesteuerungsabkommen können potentiell effektiver als einzelstaatliche Regelungen eine Doppelbesteuerung vermeiden, da eine Aufteilung der Besteuerungsrechte der jeweiligen Vertragsstaaten explizit geregelt wird.79 Ein Doppelbesteuerungsabkommen kann den einzelnen Vertragsstaaten zwar kein Besteuerungsrecht zuteilen, da das Besteuerungsrecht des einzelnen Vertragsstaat für Sachverhalte, die eine ausreichende Verbindung zum eigenen Territorium aufweisen (genuine link), unmittelbar aus der Souveränität jedes Staats folgt. Ein DBA zeigt jedoch dem einzelstaatlichen souveränen Besteuerungsrecht Grenzen auf, indem die Vertragsstaaten festlegen welche Besteuerungsrechte aufrecht gehalten und welche zurückgenommen werden.80 Prinzipiell kann durch ein DBA bereits das Eintreten einer Doppelbesteuerung verhindert werden und nicht, wie etwa bei unilateralen Maßnahmen, nur eine bereits eingetretene Doppelbesteuerung beseitigt oder gemildert werden. Allerdings sind trotz DBA Konstellationen möglich, in welchen eine faktische Doppelbesteuerung auftritt. Dies ist bspw. der Fall bei Dividendeneinkünften, wenn zum einen dem Ansässigkeitsstaat das Besteuerungsrecht zusteht, zugleich jedoch der Quellenstaat ebenfalls berechtigt ist Quellensteuer zu erheben.81 In einem solchen Fall sehen auch die DBA Maßnahmen wie die Anrechnungs- oder die Freistellungsmethode vor, um die eingetretene Doppelbesteuerung zu beseitigen oder zumindest zu reduzieren.82 Durch die originäre internationale Problematik der Doppelbesteuerung und Anstrengungen, diese zu vermeiden, wurde bereits 1977 erstmalig ein OECD-Musterabkommen erstellt, an deren überarbeiteten Fassung aus dem Jahr 2010, sich bis heute alle geltenden DBA orientieren.83 Kritiker der DBA sehen es als problematisch an, dass die Maßnahmen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung zu einer Situation führen, in der Staaten sich versucht sehen könnten, über gesenkte Steuersätze, oder besondere Steuervergünstigungen für ausländische Steuerpflichtige, gegenseitig in Wettbewerb zu treten, da eine bloße Ausweitung ihres Besteuerungsrechts kaum noch einen Vorteil bringt.84 Als Reaktion auf diese potentielle Gefahr, hat die OECD im Jahr 2002 ein Musterabkommen über den Informationsaustausch der OECD-Staaten vorgelegt. Allerdings wird in Kapitel 2.4 und in Kapitel 4 ersichtlich, dass trotz der Anstrengungen der OECD, den unlauteren Steuerwettbewerb zu beseitigen, dennoch sogenannte Steueroasen existieren, die es internationalen Großkonzernen ermöglichen ihre effektive Ertragsteuerbelastung teilweise erheblich zu reduzieren.
2.4 Die Identifikation von Steueroasen und Steuervermeidung
Um Steuervermeidungsstrategien identifizieren zu können, ist es zunächst notwendig den Begriff der Steuervermeidung näher zu definieren. Unter dem Begriff der Steuervermeidung werden generell Gestaltungsmaßnahmen von Transaktionen verstanden, die auf einen steuerlichen Vorteil, auf eine steuerliche Vergünstigung, oder auf eine steuerliche Reduktion abzielen und nicht der Intention der steuerlichen Gesetzgebung entsprechen.85 Die Steuervermeidung ist somit als Affront gegen die Finanzverwaltung zu werten, darf dabei allerdings nicht mit der Steuerhinterziehung gleichgesetzt werden, denn im Gegensatz zur Steuerhinterziehung verstößt die Steuervermeidung nicht gegen geltende Gesetze, sondern nutzt lediglich Regelungslücken aus.86 Im Rahmen dieser Arbeit gilt daher eine Gestaltungsstrategie dann als Steuervermeidung, wenn aus den Jahresabschlüssen der jeweiligen betrachteten Unternehmen eine erhebliche Minderbelastung der Vorsteuergewinne verglichen mit den geltenden Regelsätzen für Ertragsteuern zu entnehmen ist. Dabei werden bei den amerikanischen Konzernen insbesondere die im Ausland erwirtschafteten Vorsteuergewinne, und die auf diese Vorsteuergewinne entrichteten ausländischen Ertragsteuern als Indiz für eine Steuervermeidung herangezogen. Denn einige Studien der letzten Jahre belegen, dass vor allem US-amerikanische multinationale Großkonzerne, dazu bestrebt sind, Gewinne in Niedrigsteuerländer oder sog. Steueroasen zu verschieben. Bevorzugte Zieljurisdiktionen amerikanischer Großkonzerne sind hierbei vor allem die Bermudas, Irland, Luxemburg, die Niederlande, sowie die Schweiz. Im Zeitraum von 2001 bis 2008 ist ein erheblicher Anstieg der in diesen Staaten verbuchten Gewinne zu verzeichnen gewesen, obwohl der Großteil an Investitionen in Personal und Sachanlagen in Länder wie Australien, Kanada, Deutschland, Mexiko oder Großbritannien getätigt wurde.87 Auch innerhalb der EU scheinen die Gewinnverlagerung und die Erosion der Bemessungsgrundlagen, die in Folge der Globalisierung immer häufiger zu beobachten sind, zunehmend ein Problem darzustellen.88 Die OECD-Staaten versuchen seit der Einführung des Aktionsplans gegen die Erosion der Bemessungsgrundlage und der Gewinnverlagerung in 2013, gezielt gegen sog. Steueroasen und aggressive Steuervermeidungsstrategien vorzugehen. In diesem Kapitel sollen daher, nach einer kurzen Begriffsabgrenzung der in den Medien und in der Wissenschaft häufig identisch verwendeten Begriffe in Zusammenhang mit der Steuervermeidung stehender Jurisdiktionen, einige Steueroasen identifiziert werden, die bei der Gewinnverlagerung von multinationalen Großkonzernen eine wichtige Rolle spielen. Dies geschieht unter Zuhilfenahme eines Rankings der weltweit größten Offshore-Finanzzentren.
2.4.1 Begriffsabgrenzung
Die Definition des in den Medien häufig aufzufindenden Begriffs der Steueroase, ist in der Wissenschaft umstritten und wird fälschlicherweise häufig mit Begriffen wie „ Offshore Financial Center “ oder „ Secrecy Jurisdiction “ gleichgestellt.89 Grundsätzlich lassen sich diese Begriffe jedoch separieren und im Einzelnen gezielt definieren. Die kennzeichnenden Charakteristika der Steueroasen, oder dem englischen Pendant der „Tax Haven“, sind niedrige oder auch Nullsteuersätze die von nicht in diesen Jurisdiktionen Ansässigen zur legalen Steuervermeidung oder -minimierung, zur illegalen Steuerhinterziehung oder auch zur Geldwäsche benutzt werden. Außerdem wird ein Informationsaustausch mit anderen Staaten über die Transaktionen dieser nicht Ansässigen verweigert. Der Begriff der Offshore Financial Center steht dagegen meistens für Finanzzentren, die nicht zwingend in Steueroasen belegen sein müssen und für Finanztransaktionen nicht Ansässiger, also für investiertes Auslandsvermögen, insbesondere für solches aus dem EU Raum. Vereinfachend ist mit einem Offshore Financial Center demnach eine Jurisdiktion gemeint, die Kapital von nichtansässigen Personen oder Unternehmen anzieht.90 Eine weitere begriffliche Ausprägung, die vor allem von dem sogenannten Tax Justic Network präferiert wird, ist „ Secrecy Jurisidiction “, die Jurisdiktionen beschreibt, die Dienstleistungen für Personen und Unternehmen anbieten um Regulierungen oder Gesetze in ihren Heimatländern zu umgehen.91
2.4.2 Die größten Steueroasen auf Basis der investierten Auslandsvermögen
Für die folgenden Kapitel ist es sinnvoll die wichtigsten und prominentesten Beispiele für Offshore Financial Center zu identifizieren, die in Steueroasen belegen sind. Eine Statistik der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), die das Auslandsvermögen und die Auslandsverschuldung von internationalen Bankinstituten vergleicht, zeigt, dass einige Länder, die als Steueroasen gelten, zugleich die größten Offshore Investments beherbergen, und somit mit den größten Finanzzentren der Welt, wie London, New York oder Frankfurt, konkurrieren.
So sind beispielsweise die Cayman Islands das sechst größte Finanzzentrum auf Basis des dort investierten Auslandsvermögens, wobei allgemein bekannt sein dürfte, dass die Standortattraktivität der Cayman Islands lediglich auf die nicht vorhandene Existenz einer Körperschaftsteuer, und auf die mangelnde Kooperationsbereitschaft beim Informationsaustausch mit internationalen Steuerbehörden zurückzuführen ist.92 Weitere klassische Beispiele für in Steueroasen gelegene Offshore Financial Center stellen Jersey, die Bahamas und Bermuda dar. Charakteristisch ist für diese Staaten, dass sie trotz mangelnder realer Investitionsoptionen vergleichsweise hohe Summen an ausländischem Kapital anziehen. Die Vermutung, dass Kapital und Gewinne in solchen Staaten lediglich zu steuerminimierenden Zwecken gehalten und gebucht werden, liegt daher nahe.93
[...]
1 Vgl. Hong & Smart, S. 1 f.
2 Vgl. Häusler (2002), S. 12 f.
3 Vgl. McKinnon & Paletta (2014).
4 Vgl. Farrell & Paletta (2014).
5 Vgl. OECD Definition, Glossary of Tax Terms, http://www.oecd.org/ctp/glossaryoftaxterms.htm.
6 Vgl. Europäische Kommission (2014), S. 2.
7 Vgl. Heckemeyer & Spengel, S. 363.
8 Die Bundesstaaten Ohio, Texas und Washington erheben keine Körperschaftsteuer im eigtl Sinne, sondern eine „Gross Receipts Tax“, die an den Bruttoumsatz der Unternehmen anknüpft und deren Steuersatz nicht mit den Körperschaftssteuersätzen zu vergleichen ist.
9 Vgl. NYC Finance (2014).
10 Vgl. Mennel & Förster (2013), S. 55, Rn. 216 - 217.
11 Vgl. Jesch & Striegel (2007), S. 27.
12 Vgl. Jesch & Striegel (2007), S. 191 ff.
13 Vgl. Mennel & Förster (2013), USA, S. 60, Rn. 223- 224.
14 Vgl. Sec. 11(b) IRC.
15 Vgl. Mennel & Förster (2013), USA, S. 71, Rn. 242.
16 Eine detaillierte Übersicht der im VZ 2014 geltenden Steuertarife in den einzelnen US-Bundesstaaten findet sich unter: http://www.taxfoundation.org/taxdata/show/230.html.
17 Vgl. Bundesministerium der Finanzen (2014), S. 20.
18 Vgl. Sec. 61 IRC.
19 Vgl. Scholes et al. (2014), S. 12 f.
20 Vgl. Scholes et al. (2014), S. 288 ff.
21 Vgl. Jesch & Striegel (2007), S. 180.
22 Vgl. Sec. 957(a) IRC.
23 Vgl. Sec. 952 IRC.
24 Vgl. Scholes et al. (2014), S. 296.
25 Vgl. Sec. 954(d) IRC.
26 Vgl. Sec. 954(c) IRC.
27 Vgl. Sec. 954(e) IRC.
28 Insgesamt gibt es 87 “per se foreign corporations” die im Katalog des Department of Treasury: reg. section 301.7701-2(b)(8) aufgeführt werden.
29 Vgl. Mullis (2011).
30 Vgl. Permanent Subcommitee on Investigations (2013a), S. 13.
31 Vgl. Permanent Subcommitee on Investigations (2013a), S. 18.
32 Vgl. Robinson & Stoffregen (2010), S. 2 f.
33 Vgl. Sec. 954(d)(3) IRC.
34 Vgl. Ting (2014), S. 50.
35 Vgl. International Tax Journal (2008), S. 3 f.
36 Vgl. Permanent Subcommitee on Investigations (2013a), S. 188.
37 Vgl. Ting (2014), S. 51.
38 Vgl. Mennel & Förster (2013), Allgemeiner Teil, S. 8, Rn. 19-20.
39 Vgl. Haase (2011), S. 8, Rn. 20.
40 Die Änderungen des Finance Act von 1999 werden in Kapitel 4.2 in Zusammenhang mit der steuerplanerischen Strategie der Apple Inc. näher analysiert.
41 Vgl. Mennel & Förster (2013), Irland, S. 35, Rn. 190.
42 Vgl. PricewaterhouseCoopers (2013), S. 3.
43 Vgl. Mennel & Förster (2013), Irland, S. 36, Rn. 203.
44 Vgl. hierzu insbesondere Kapitel 4.2 und den Fall Apple.
45 Vgl. PricewaterhouseCoopers (2013), S. 3.
46 Vgl. Mennel & Förster (2013), Irland, S. 36, Rn. 204; PricewaterhouseCoopers (2013), S. 3.
47 Vgl. Mennel & Förster (2013), Irland, S. 40, Rn. 219; PricewaterhouseCoopers (2013), S. 8.
48 Vgl. hierzu genauer Kapitel 4.2.2.3.
49 Vgl. Europäische Kommission (2014).
50 Vgl. Mennel & Förster (2013), Irland, S. 42, Rn. 222 - 224.
51 Vgl. Richtlinie 2003/49/EG, Art. 1 Abs. 1, i.V.m. Art. 2 lit. b und Art. 3 lit b iii.
52 Siehe bspw. die „Double Irish Dutch Sandwich“ - Strategie von Google in Kapitel 4.3.
53 Vgl. Mennel & Förster (2013), Niederlande, S. 63, Rn. 301, S.81, Rn. 380.
54 Vgl. PKF International Limited (2014), S. 348.
55 Vgl. Mennel & Förster (2013), Niederlande, S. 66, Rn. 319 - 320.
56 Vgl. Richtlinie 2003/123/EG i.V.m. 90/435/EWG.
57 Siehe hierzu im Detail Kapitel 3.1.1.
58 Siehe bspw. die „Double Irish Dutch Sandwich“ - Strategie von Google in Kapitel 4.3.
59 Vgl. PKF International Limited (2014), S. 350.
60 Vgl. Spengel et al. (2013), S. 11.
61 siehe hierzu im Detail Kapitel 4.1.2.2.
62 Vgl. Mennel & Förster (2013), Luxemburg, S. 42, Rn. 241 f.
63 Vgl. PKF International Limited (2014), S. 292.
64 Vgl. Mennel & Förster (2013), Luxemburg, S. 47, Rn. 262 f.
35% fällig. Lizenzzahlungen von in
65 Vgl. PKF International Limited (2014), S. 298 f.
66 Vgl. Haase (2011), S. 8, Rn. 21.
67 Vgl. Schmidt/Sigloch/Hanselmann (2005), S. 2f.
68 Vgl. Brähler (2012), S. 20 f.
69 Vgl. Schmidt/Sigloch/Hanselmann (2005), S. 48 f.
70 Vgl. Mennel & Förster (2013), Allgemeiner Teil, S. 14, Rn. 51 f.; Haase (2011), S. 11, Rn 25 - 26.
71 Vgl. Fischer/Kleineidam/Warneke (2005), 30 f.
72 Vgl. Haase (2011), S. 14, Rn. 34.
73 Vgl. Mennel & Förster (2013), Allgemeiner Teil, S. 14, Rn. 52; Brähler (2012), S. 20 f.
74 Vgl. Haase (2011), S. 16, Rn. 42.
75 Vgl. Frotscher (2009), S. 13, Rn. 24; S. 89 Rn. 177.
76 Vgl. Frotscher (2009), S. 93, Rn. 183.
77 Vgl. § 50 Abs. 4 EStG; Frotscher (2009), S. 75, Rn. 135.
78 Vgl. Mennel & Förster (2013), Allgemeiner Teil, S. 15, Rn. 59; Frotscher (2009), S. 94, Rn. 184.
79 Vgl. Mennel & Förster (2013), Allgemeiner Teil, S. 16, Rn. 62.
80 Vgl. Frotscher (2009), S. 96, Rn. 200.
81 Vgl. Mennel & Förster (2013), Allgemeiner Teil, S. 16, Rn. 62.
82 Vgl. Frotscher (2009), S. 110, Rn. 223.
83 Die aktuelle überarbeitete Fassung des OECD-Musterabkommens vom 15.07.2014 ist hier abrufbar: http://www.oecd.org/berlin/publikationen/oecd-musterabkommenzurvermeidungvondoppelbesteuerung.htm.
84 Vgl. Haase (2011), S. 16, Rn. 43.
85 Vgl. Brown (2012), S. 1.
86 Vgl. Weisbach (2003), S. 9.
87 Vgl. Keightley (2013), S. 5 f.
88 Vgl. OECD (2013), S. 10 f.
89 Vgl. Murphy (2008), S. 3 ff.
90 Vgl. Palan/Murphy/Chavagneux (2010), S. 24.
91 Vgl. Schmidt (2012), S. 205.
92 Vgl. Temple-West (2013).
93 Vgl. Palan/Murphy/Chavagneux (2010), S. 27 ff.
- Citation du texte
- Daniel Virag (Auteur), 2014, Steuervermeidungsstrategien internationaler Großkonzerne. Eine forensische Steuerplanungsanalyse ausgewählter Unternehmen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/312446
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