Die Ergebnisse empirischer Sozialforschung weisen schon seit geraumer Zeit darauf hin, dass Deutschland – wie andere hoch entwickelte Industriegesellschaften - einem starken Wandlungsprozess unterworfen ist, der sich seit Mitte der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts auch in Veränderungen der bürgerlichen Kleinfamilie widerspiegelt. Als die markantesten Entwicklungen dieses Wandels gelten dabei die hohen Scheidungszahlen, das später Heiratsalter sowie der drastische Geburtenrückgang seit Mitte der sechziger Jahre. Ferner kann der Wandel auch an der Zunahme der nichtfamilialen Lebensformen festgemacht werden. Dies hat zur Folge, dass die zentrale Rolle der Familie als Keimzelle der Gesellschaft in der Öffentlichkeit zunehmend in Frage gestellt wird. Sind wir auf dem Weg zu einer Single-Gesellschaft oder im Begriff ein Land der Lebensabschnittpartner und Einzelkinder zu werden? Befindet sich die im öffentlichen Leben und der Politik als Allheilmittel gegen die Gebrechen des Zeitgeistes gepriesene Normalfamilie in der Krise oder stirbt sie gar aus? Die Zukunftsprognosen der Familie werden heutzutage in düsteren Farben geschildert.
In der Familiensoziologie besteht ein Konsens darüber, dass die bürgerliche Kleinfamilie einem Wandel unterliegt. Uneinig ist man sich jedoch in der Frage, wie dies zu erklären ist und ebenso werden das Ausmaß und die gesellschaftliche Bedeutung dieses Wandels unterschiedlich eingeschätzt. Einerseits wird von der Familie in der Krise gesprochen oder selbiger sogar ein Zerfall prognostiziert. Andererseits wird der Wandel der Familie als ein Aspekt eines allgemeinen Trends angesehen und folglich nur als eine Art Umbau- bzw. Erneuerungsphase betrachtet.
Doch was versteht man überhaupt unter einer normalen Familie? Soll man an der Vorstellung von Familie, als einer geschlossenen Einheit von Vater-Mutter-Kind(er), standesamtlich legitimiert und lebenslang aneinander gebunden festhalten? Sollten im Hinblick daran alle Abweichungen als defizitär und funktionslos gelten?
Vor diesem Hintergrund soll das Ziel meiner Arbeit sein, die familiären Wandlungstendenzen anhand ausgewählter Analysedimensionen beim Übergang in die zweite Moderne, unter dem Gesichtspunkt der Individualisierungstheorie von Ulrich Beck zu analysieren und abschließend zu klären ob man de facto von einer Krise der Familie sprechen kann. Vor der Beantwortung dieser Frage wird zunächst eine Einordnung des Begriffs „Familie“ sowie ein kurzer historischer Rückblick vorgenommen.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Einleitung
1. Familie als soziohistorisches Konstrukt
1.1 Etymologische Herleitung des Begriffs „Familie“
1.2 Soziologische Definition von Familie nach Nave-Herz
1.3 Familie in der vorindustriellen traditionellen Gesellschaft
2. Entstehung des bürgerlichen Familienmodells als Normaltypus
der Moderne
2.1 Funktionale Geschlechtsrollenspezialisierung
2.2 Generationenverhältnis zwischen Eltern und Kindern
2.3 Universalisierung des bürgerlichen Familienmodels
2.4 Institutionalisierung der bürgerlichen Kleinfamilie
2.5 Funktionen und Aufgaben der Familie für das Individuum und
die Gesellschaft
3. Die Individualisierungsthese nach Ulrich Beck als theoretischer Erklärungsansatz für den Wandel familialer Lebensformen
4. Familie in der reflexiven Moderne
4.1 Deinstutionalisierung des bürgerlichen Familienmodells
4.1.1 Rückgang der Eheschließungen
4.1.2 Allgemeiner Geburtenrückgang
4.1.3 Zunahme nichtehelicher Geburten
4.1.4 Zunahme der Ehescheidungen
4.2 Pluralisierung familialer Lebensformen
4.2.1 Ein-Eltern-Familie
4.2.2 Stieffamilien
4.3 Wandel der Geschlechterrollen
1.1.1. Wandel der Vater- und Mutterrolle
1.1.2. Innerfamiliale Arbeitsteilung
4.4 Kindheit heute
4.4.1 Wandel kindlicher Freizeitkontexte
4.4.2 Wandel des Eltern-Kind-Verhältnisses
4.5 Funktionen der Familie in der reflexiven Moderne
Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
- Arbeit zitieren
- Andrea Schreiber (Autor:in), 2015, Der Wandel familialer Lebensformen von der Ersten zur Zweiten Moderne, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/311907
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