Bei der Bezugspflege handelt es sich um ein Pflegemodell, daß die Verantwortung für einen Patienten bei einer Pflegekraft ansiedelt. Durch die individuelle Zuordnung von Patient und Pflegekraft entsteht eine neue, intensivere Beziehung zum Patienten und eine individuelle Verantwortung für seine Pflege.
Bezugspflege wird seit vielen Jahren verstärkt in der Literatur zur Pflege rezipiert. Dabei werden die Chancen, die sich durch dieses Pflegemodell ergeben, besonders hervorgehoben. Von den Schwierigkeiten, die mit der Einführung verbunden sind oder gar vom Scheitern dieses Modells, ist nur sehr selten die Rede.
Jede Neuerung muss aber mit dem Risiko des Scheiterns rechnen. Die mit der Bezugspflege verbundenen Umwälzungen vollziehen sich nicht ohne Widerstand, Krisen und Konflikte. Gerade weil die Bezugspflege neue Perspektiven für die Pflege eröffnet, ist es nötig, sich mit den für ein mögliches Scheitern relevanten Elementen dieses Konzeptes gründlich auseinanderzusetzen. In der Diplomarbeit werden die Risiken, die mit der Einführung der Bezugspflege verbunden sind, betrachtet. Es werden die Strukturen und Interaktionsfelder, die in der Umsetzung des Pflegemodells besonderen Spannungen unterliegen und von hohen Reibungsverlusten bedroht sind, aufgezeigt. Es wird weiterhin die These geprüft, ob Bezugspflege mit erhöhter Konflikthaftigkeit einhergeht und ob die Bezugspflege tatsächlich eine Innovation für die Pflege bedeutet.
Ziel des Vorgehens ist es, die mit dem Theorie – Praxis - Transfer verbundene Frustration von Pflegeidealisten und -visionären zu minimieren und die Erfolgsaussichten der Bezugspflege zu optimieren. Es wird eine Antwort auf die Frage gegeben, welche begleitenden Maßnahmen nötig sind, um Pflegenden zu helfen, ihre neuen Rollen in der Bezugspflege selbstbestimmt und konstruktiv zu ergreifen.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung und Methodik
- 1.1. Einleitung
- 1.2. Methodik
- 2. Theoriebildung zur Bezugspflege
- 2.1. Kurzüberblick der relevanten Pflegetheorien zur Bezugspflege
- 2.2. Das Interaktionsmodell nach Peplau
- 2.3. Die therapeutische Dimension im Pflegemodell Peplaus
- 2.4. Die Grenzen der Interaktionstheorie nach Peplau
- 2.5. Zusammenfassung
- 3. Innovationen und Chancen des Bezugspflegemodells
- 3.1. Begriffsbestimmung der Bezugspflege
- 3.1.1. Der Begriff der Bezugspflege
- 3.1.2. Die Geschichte der Bezugspflege
- 3.1.3. Was ist Bezugspflege?
- 3.1.4. Von der Schwierigkeit, Bezugspflege eindeutiger zu definieren
- 3.2. Die Organisation der Bezugspflege
- 3.2.1. Die Delegationskompetenz der Bezugspflegekraft
- 3.2.2. Die Rolle der Stationsleitung
- 3.2.3. Die Veränderungen im Verhältnis zu den anderen Berufsgruppen
- 3.3. Qualitätsaspekte in der Bezugspflege
- 3.3.1. Bezugspflege als Garantie für höherer Pflegequalität?
- 3.3.2. Ausbrennen und Berufsflucht in der Bezugspflege
- 3.4. Zusammenfassung
- 4. Die Beziehungsgestaltung als pflegespezifischer Heilfaktor
- 4.1. Die Beziehung als ein Kernelement der Bezugspflege
- 4.2. Bezugspflege als Heilfaktor auch aus medizinischer Sicht?
- 4.2.1. Das Krankheitsverständnis der psychosomatischen Medizin
- 4.3. Die psychotherapeutische Dimension in der Bezugspflege
- 4.4. Bezugspflege: ein Modell nur für die Psychiatrie?
- 4.5. Zusammenfassung
- 5. Konflikte in der Bezugspflege am Fallbeispiel
- 5.1. Fallbeispiel
- 5.2. Konflikte aus psychoanalytischer Sicht
- 5.2.1. Einige Kernelemente psychoanalytischer Theorie
- 5.3. Regression
- 5.4. Abwehrmechanismen und ihre Relevanz für die Bezugspflege
- 5.4.1. Abwehrvorgänge aus Sicht des psychoanalytischen Strukturmodells
- 5.4.2. Abwehrvorgänge im Fallbeispiel
- 5.4.3. Die Beziehung des Bezugspflegers zu den Ärzten im Fallbeispiel
- 5.5. Übertragung und Gegenübertragung in der Bezugspflege
- 5.5.1. Übertragungsphänomene am Fallbeispiel
- 5.5.2. Gegenübertragungsphänomene am Fallbeispiel
- 5.6. Das Ausagieren intrapsychischer Konflikte in der Bezugspflege
- 5.6.1. Ausagieren innerer Konflikthaftigkeit am Beispiel
- 5.7. Gegenseitige Vereinnahmung von Patient und Pflegekraft
- 5.8. Zusammenfassung
- 6. Arbeitsorganisatorische Konflikte in der Bezugspflege
- 6.1. Individuelle Pflegeverantwortung: eine Quelle von Überforderungen
- 6.1.1. Konkurrenz unter Pflegenden: ein Ergebnis der Bezugspflege?
- 6.2. Die Zusammenarbeit von Bezugspflegenden und Ärzten
- 6.3. Die Einführung der Bezugspflege im Klinikum Göttingen
- 6.3.1. Folgen einer erzwungenen Einführung von Bezugspflege für den Patienten
- 6.4. Zusammenfassung
- 7. Resümee und Ausblick
- 7.1. Wesentliche Ergebnisse der vorliegenden Arbeit
- 7.2. Ausblick
- 7.2.1. Ausblick auf arbeitsorganisatorische Konsequenzen
- 7.2.2. Ausblick auf die Kompetenzentwicklung von Bezugspflegenden
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht Chancen und Risiken des Bezugspflegemodells. Ziel ist es, die Erfolgsaussichten der Bezugspflege zu optimieren und die Frustration von Pflegekräften zu minimieren. Dabei werden Konflikte, die mit der Einführung und Umsetzung dieses Modells einhergehen, analysiert.
- Chancen und Herausforderungen der Bezugspflege
- Konfliktpotenziale in der Bezugspflege
- Beziehungsaspekte zwischen Pflegekraft und Patient
- Arbeitsorganisation und Bezugspflege
- Psychologische Aspekte der Bezugspflege
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung und Methodik: Die Einleitung führt in das Thema Bezugspflege ein und hebt die Notwendigkeit der Auseinandersetzung mit den Risiken neben den Chancen hervor. Die Methodik beschreibt die Literaturrecherche, die sowohl deutsch- als auch englischsprachige Quellen umfasst, mit Fokus auf Erfahrungen aus England und den USA. Die Arbeit untersucht die These, ob Bezugspflege mit erhöhter Konflikthaftigkeit einhergeht und ob sie tatsächlich eine Innovation darstellt.
2. Theoriebildung zur Bezugspflege: Dieses Kapitel gibt einen Überblick über relevante Pflegetheorien, insbesondere das Interaktionsmodell nach Peplau, und beleuchtet dessen therapeutische Dimension sowie Grenzen. Es legt die theoretischen Grundlagen für die spätere Analyse der Bezugspflege.
3. Innovationen und Chancen des Bezugspflegemodells: Der Begriff der Bezugspflege wird definiert und historisch eingeordnet. Die Organisation der Bezugspflege, die Rolle verschiedener Berufsgruppen und die Qualitätsaspekte werden diskutiert. Der Fokus liegt auf den Chancen und den Herausforderungen, die mit der Implementierung verbunden sind.
4. Die Beziehungsgestaltung als pflegespezifischer Heilfaktor: Dieses Kapitel untersucht die Bedeutung der Beziehung zwischen Pflegekraft und Patient als zentrales Element der Bezugspflege und betrachtet diese auch aus medizinischer und psychotherapeutischer Sicht. Die Frage, ob Bezugspflege ein Modell nur für die Psychiatrie ist, wird diskutiert.
5. Konflikte in der Bezugspflege am Fallbeispiel: Anhand eines Fallbeispiels werden Konflikte aus psychoanalytischer Sicht beleuchtet, Konzepte wie Regression, Abwehrmechanismen, Übertragung und Gegenübertragung werden erläutert und auf das Fallbeispiel angewendet. Die gegenseitige Vereinnahmung von Patient und Pflegekraft wird ebenfalls thematisiert.
6. Arbeitsorganisatorische Konflikte in der Bezugspflege: Hier werden arbeitsorganisatorische Herausforderungen und Konflikte, wie die individuelle Pflegeverantwortung, die Zusammenarbeit mit Ärzten und die Einführung der Bezugspflege im Klinikum Göttingen, analysiert. Die Auswirkungen auf die Pflegenden und Patienten werden diskutiert.
Schlüsselwörter
Bezugspflege, Pflegemodell, Chancen, Risiken, Konflikte, Interaktion, Beziehung, Patient, Pflegekraft, Arbeitsorganisation, Psychoanalyse, Qualität, Innovation, Peplau, Primary Nursing.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Arbeit über Bezugspflege
Was ist der Hauptfokus dieser Arbeit über Bezugspflege?
Die Arbeit untersucht die Chancen und Risiken des Bezugspflegemodells. Das Hauptziel ist es, die Erfolgsaussichten der Bezugspflege zu optimieren und die Frustration von Pflegekräften zu minimieren, indem die mit der Einführung und Umsetzung des Modells einhergehenden Konflikte analysiert werden.
Welche Themen werden in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit behandelt verschiedene Aspekte der Bezugspflege, darunter Chancen und Herausforderungen, Konfliktpotenziale, Beziehungsaspekte zwischen Pflegekraft und Patient, Arbeitsorganisation im Kontext der Bezugspflege und psychologische Aspekte.
Welche Methodik wurde in dieser Arbeit angewendet?
Die Arbeit basiert auf einer Literaturrecherche, die sowohl deutsch- als auch englischsprachige Quellen umfasst, mit einem Fokus auf Erfahrungen aus England und den USA. Es wird die These untersucht, ob Bezugspflege mit erhöhter Konflikthaftigkeit einhergeht und ob sie tatsächlich eine Innovation darstellt.
Welche Pflegetheorien werden betrachtet?
Die Arbeit betrachtet verschiedene relevante Pflegetheorien, insbesondere das Interaktionsmodell nach Peplau. Es wird dessen therapeutische Dimension, aber auch dessen Grenzen beleuchtet.
Wie wird der Begriff der Bezugspflege definiert?
Der Begriff der Bezugspflege wird definiert und historisch eingeordnet. Die Arbeit diskutiert die Organisation der Bezugspflege, die Rolle verschiedener Berufsgruppen und die Qualitätsaspekte.
Welche Rolle spielt die Beziehung zwischen Pflegekraft und Patient?
Die Arbeit untersucht die Bedeutung der Beziehung zwischen Pflegekraft und Patient als zentrales Element der Bezugspflege. Dieser Aspekt wird aus medizinischer und psychotherapeutischer Sicht betrachtet. Die Frage, ob Bezugspflege ein Modell nur für die Psychiatrie ist, wird ebenfalls diskutiert.
Wie werden Konflikte in der Bezugspflege analysiert?
Konflikte werden anhand eines Fallbeispiels aus psychoanalytischer Sicht beleuchtet. Konzepte wie Regression, Abwehrmechanismen, Übertragung und Gegenübertragung werden erläutert und auf das Fallbeispiel angewendet. Die gegenseitige Vereinnahmung von Patient und Pflegekraft wird ebenfalls thematisiert.
Welche arbeitsorganisatorischen Konflikte werden behandelt?
Die Arbeit analysiert arbeitsorganisatorische Herausforderungen und Konflikte, wie die individuelle Pflegeverantwortung, die Zusammenarbeit mit Ärzten und die Einführung der Bezugspflege im Klinikum Göttingen. Die Auswirkungen auf die Pflegenden und Patienten werden diskutiert.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Bezugspflege, Pflegemodell, Chancen, Risiken, Konflikte, Interaktion, Beziehung, Patient, Pflegekraft, Arbeitsorganisation, Psychoanalyse, Qualität, Innovation, Peplau, Primary Nursing.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit umfasst sieben Kapitel: Einleitung und Methodik; Theoriebildung zur Bezugspflege; Innovationen und Chancen des Bezugspflegemodells; Die Beziehungsgestaltung als pflegespezifischer Heilfaktor; Konflikte in der Bezugspflege am Fallbeispiel; Arbeitsorganisatorische Konflikte in der Bezugspflege; Resümee und Ausblick.
- Quote paper
- Stefan Böhmer (Author), 2001, Bezugspflege. Chancen und Risiken eines innovativen Pflegemodells, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/311318