Stress - ein Wort das mittlerweile zu einem festen Bestandteil unserer Alltagssprache geworden ist. Die Techniker Krankenkasse (TKK) untersuchte in einer Studie die Stresslage der deutschen Nation. Die Ergebnisse zeigen, dass sich 57 Prozent der Befragten häufig oder manchmal gestresst fühlen. Spitzenreiter auf der Liste der Stressfaktoren ist die Arbeit gefolgt von Schule und Studium. Als weitere Stressursachen werden private Konflikte, Kindererziehung und -betreuung, hohe Ansprüche an die eigene Person sowie finanzielle Sorgen genannt (TKK, 2013a). In erster Linie enthält die Ausübung eines Berufes viel Positives für jeden Einzelnen. Für die meisten Menschen ist die Erwerbstätigkeit die zentrale Quelle des materiellen Wohlergehens. Regelmäßige Arbeit trägt zu einem strukturierten Tagesablauf bei und bietet in einem positiv geprägten Arbeitsumfeld ein stützendes soziales Umfeld. Nicht selten verbringen wir mit unseren Kolleginnen und Kollegen vergleichbar viel Zeit wie mit den engsten Familienmitgliedern (Allenspach & Brechbühler, 2005, S.13). Demnach spielt die Qualität der Arbeit eine wichtige Rolle für das Wohlergehen des Beschäftigten. Der von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) veröffentlichte Stressreport 2012 zeigt die negative Seite in der Arbeitsgestaltung auf. Veränderte beruflich bedingte Anforderungen und Belastungen haben ungünstige Auswirkungen auf die Gesundheit und führen zu Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems sowie zu psychovegetativen Belastungen (Müdigkeit, Erschöpfung, Schlafstörungen etc.). Multitasking, Termin- und Leistungsdruck, Monotonie und Arbeitsunterbrechungen zählen laut Studie zu den zentralen Belastungsfaktoren. Zudem geht aus der Umfrage hervor, dass 40 Prozent der Befragten arbeitsbedingt nur selten oder nie Rücksicht auf familiäre oder private Interessen nehmen können (BAuA, 2012). Einen entscheidenden Einfluss auf das Stresserleben hat die persönliche Bewertung eines Menschen in der jeweiligen Situation. Objektiv gefährliche Gegebenheiten lösen nur dann Stress bei einem Individuum aus, wenn dieser die Gefahr erkennt und glaubt, sie nicht bewältigen zu können. Dementsprechend können auch objektiv ungefährliche Umstände bedrohlich er-lebt werden und Stress erzeugen. Ausschlaggebend ist demzufolge unser Gefühl die Situation kontrollieren zu können. (Litzcke & Schuh, 2010, S. 15). [...]
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung und Problemstellung
2 Zielsetzung und Fragestellung
3 Gegenwärtiger Kenntnisstand
3.1 Das Phänomen Stress
3.1.1 Begriffsbestimmung Stress
3.1.2 Stressoren und Stressreaktionen
3.1.3 Stressfo lgen
3.2 Theoretische Stressmodelle
3.2.1 Klassische Stressmodelle
3.2.1.1 Salutogenetischer Ansatz
3.2.1.2 Stressmodell nach Lazarus
3.2.2 Arbeitsbezogene Stressmodelle
3.2.2.1 Job-Demand-Control-Modell nach Karasek
3.2.2.2 Arbeitspsychologisches Stressmodell nach Bamberg
3.3 Stressmanagement
3.3.1 Instrumentelles Stressmanagement
3.3.2 Mentales Stressmanagement
3.3.3 Regeneratives Stressmanagement
3.4 Stress in der Arbeitswelt
3.4.1 Arbeitsbelastungen und -ressourcen
3.4.2 Stressbedingte gesundheitliche Beschwerden
3.4.3 Arbeitsunfahigkeitstage aufgrund psychischer Erkrankungen
3.4.4 Kosten durch psychische Erkrankungen
3.5 Das innere Team nach Friedemann Schulz von Thun
3.5.1 Die innere Pluralität
3.5.2 Die Teammitglieder und ihr Zusammenwirken
3.5.3 Der Teamleiter und seine Aufgaben
3.5.4 Das Modell in derPraxis
4 Methodik
4.1 Die Analyse des inneren Teams
4.1.1 Rekrutierung der Stichprobe
4.1.2 Ein- und Ausschlusskriterien
4.2 Untersuchungsablauf und benötigtes Material
4.2.1 Vorphase - Erste Sitzung
4.2.2 Hauptphase - Zweite Sitzung „Inneres Team“
4.2.3 Abschlussphase - Dritte Sitzung
4.3 Qualitatives Interview
4.3.1 Problemzentriertes Interview
4.3.2 Interviewleitfaden
4.4 Datenaufbereitung und -auswertung
4.4.1 Qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring
4.4.2 Auswertungsschritte
5 Ergebnisdarstellung
5.1 Beschreibung der Probanden
5.1.1 Zusammenfassende Darstellung
5.1.2 Einzeldarstellung
5.1.2.1 HerrA
5.1.2.2 Herr В
5.1.2.3 Frau C
5.1.2.4 FrauD
5.1.2.5 FrauE
5.1.2.6 Frau F
5.2 Ergebnisse der Auswertung
5.2.1 Kognitionen in Stresssituationen (A)
5.2.1.1 Destruktive Denkmuster (A1)
5.2.1.2 Regenerationswünsche und Rückzugsgedanken (A2)
5.2.1.3 Handlungsaufforderungen und Motivationsgedanken (A3)
5.2.2 Stressreaktionen (B)
5.2.2.1 Emotionale Stressreaktionen (B1)
5.2.2.2 Physiologische Stressreaktionen (B2)
5.2.3 Ebenen der arbeitsbezogenen Belastungsfaktoren (C)
5.2.3.1 Makroebene (C1)
5.2.3.2 Meso ebene (C2)
5.2.3.3 Mikroebene (C3)
6 Diskussion
6.1 Ergebnisdiskussion
6.1.1 Ergebnisinterpretation
6.1.2 Ergebnis beeinflussende Variablen
6.1.2.1 Destruktive Fragen in der Gesprächsführung
6.1.2.2 Tageszeit und Coaching
6.1.2.3 Das Stressempfinden vor und nach dem Urlaub
6.2 Methodische Kritik und Ausblick
7 Zusammenfassung
8 Literaturverzeichnis
9 Verzeichnisse
9.1 Abbildungsverzeichnis
9.2 Tabellenverzeichnis
9.3 Abkürzungsverzeichnis
Anhang
Anhang 1: Aushang Probandensuche
Anhang 2: Kodierleitfaden
Anhang 3: Aufstellung der Inneren Teammitglieder
Anhang 4: REFA-Normkurve
1 Einleitung und Problemstellung
Stress - ein Wort das mittlerweile zu einem festen Bestandteil unserer Alltagssprache geworden ist. Die Techniker Krankenkasse (TKK) untersuchte in einer Studie die Stresslage der deutschen Nation. Die Ergebnisse zeigen, dass sich 57 Prozent der Befragten häufig oder manchmal gestresst fühlen. Spitzenreiter auf der Liste der Stressfaktoren ist die Arbeit gefolgt von Schule und Studium. Als weitere Stressursachen werden private Konflikte, Kindererziehung und - betreuung, hohe Ansprüche an die eigene Person sowie finanzielle Sorgen genannt (TKK, 2013a). In erster Linie enthält die Ausübung eines Berufes viel Positives für jeden Einzelnen. Für die meisten Menschen ist die Erwerbstätigkeit die zentrale Quelle des materiellen Wohlergehens. Regelmäßige Arbeit trägt zu einem strukturierten Tagesablauf bei und bietet in einem positiv geprägten Arbeitsumfeld ein stützendes soziales Umfeld. Nicht selten verbringen wir mit unseren Kolleginnen und Kollegen vergleichbar viel Zeit wie mit den engsten Familienmitgliedern (Allenspach & Brechbühler, 2005, S.13). Demnach spielt die Qualität der Arbeit eine wichtige Rolle für das Wohlergehen des Beschäftigten. Der von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) veröffentlichte Stressreport 2012 zeigt die negative Seite in der Arbeitsgestaltung auf. Veränderte beruflich bedingte Anforderungen und Belastungen haben ungünstige Auswirkungen auf die Gesundheit und führen zu Erkrankungen des MuskelSkelett-Systems sowie zu psychovegetativen Belastungen (Müdigkeit, Erschöpfung, Schlafstörungen etc.). Multitasking, Termin- und Leistungsdruck, Monotonie und Arbeitsunterbrechungen zählen laut Studie zu den zentralen Belastungsfaktoren. Zudem geht aus der Umfrage hervor, dass 40 Prozent der Befragten arbeitsbedingt nur selten oder nie Rücksicht auf familiäre oder private Interessen nehmen können (BAuA, 2012). Einen entscheidenden Einfluss auf das Stresserleben hat die persönliche Bewertung eines Menschen in der jeweiligen Situation. Objektiv gefährliche Gegebenheiten lösen nur dann Stress bei einem Individuum aus, wenn dieser die Gefahr erkennt und glaubt, sie nicht bewältigen zu können. Dementsprechend können auch objektiv ungefährliche Umstände bedrohlich erlebt werden und Stress erzeugen. Ausschlaggebend ist demzufolge unser Gefühl die Situation kontrollieren zu können. (Litzcke & Schuh, 2010, S. 15).
Um Denk- und Wahrnehmungsprozesse geht es auch in dem Persönlichkeitsmodell des „Inneren Teams“ vom Hamburger Psychologen Friedemann Schulz von Thun. Unsere innere Reaktion auf einen Menschen, auf ein Ereignis oder auf eine Entscheidung ist dadurch geprägt, dass sie undeutlich, vielfältig und schwankend ist (Schulz von Thun, 2003, S.21). Nach der Auffassung von Schulz von Thun herrscht in der menschlichen Seele eine rege innere Gruppendynamik, die eine erstaunliche Analogie zu realen Teams und Gruppen aufweist. Die Mitglieder des „Inneren Teams“ vertreten bestimmte Rollen, Erfahrungen und Anschauungen und stehen sich mit ihren unterschiedlichen Normen und Werthaltungen nicht selten gegenseitig im Wege. Das lösen dieser inneren Teamkonflikte und die Fähigkeit zu einer inneren Teambildung tragen maßgeblich zu Kraft und Klarheit bei (Schulz von Thun, 2003, S.21). Im Rahmen der Arbeit soll untersucht werden, ob das Modell des „Inneren Teams“ sich dazu eignet negative Kognitionen im Stressgeschehen von Arbeitnehmern aufzudecken und sie den Betroffenen zu vergegenwärtigen.
2 Zielsetzung und Fragestellung
Der Zusammenhang zwischen Stress und subjektiven gedanklichen Bewertungen wurde bereits zu Beginn angesprochen und kann mit dem Transaktionalen Stressmodell von Lazarus (1991) beschrieben werden. Dieses Modell geht davon aus, dass nicht die objektive Beschaffenheit des Reizes oder der Situation für mögliche Stressreaktionen von Bedeutung sind, sondern die subjektive Bewertung der Person. Mentales Stressmanagement hat zum Ziel dem Betroffenen seine negativen Gedanken, Gefühle und Bewertungen in Stresssituationen vor Augen zu führen. Diese werden anschließend kritisch reflektiert und in der Folge in positive Einstellungen und Bewertungen umgewandelt (Kaluza, 2012, S.89). Im Zuge dieser qualitativen Forschungsarbeit soll folgenden Fragestellungen nachgegangen werden:
- Ist die Methode des „Inneren Teams“ eine gute Möglichkeit stressverursachende Kognitionen aufzudecken und sie den Betroffenen bewusst zu machen? (Forschungsfrage 1)
- Zeigen die Inneren Teams der Probanden Gemeinsamkeiten? Gibt es sich wiederholende Denkmuster, die in Stresssituationen auftauchen? Gibt es Übereinstimmungen bei den Stressreaktionen? Welche gemeinsamen arbeitsbezogenen Belastungsfaktoren sind zu erkennen? (Forschungsfrage 2)
Zunächst soll die Arbeit daran ansetzen, den theoretischen Kenntnisstand sowie den bisherigen Forschungsstand zum Thema Stress darzustellen. Anschließend wird der Themenkomplex durch die Problematik Stress im Berufsleben ergänzt und das Persönlichkeitsmodell des „Inneren Teams“ erklärt. Das angrenzende Kapitel widmet sich dem Methodikteil dessen Gegenstand die Beschreibung und Aufarbeitung der durchgeführten Untersuchung ist. Daran schließt sich die Ergebnisdarstellung und schließlich die Diskussion an. Eine kurze Zusammenfassung am Ende der Arbeit bildet den Abschluss. Aus Gründen der Lesbarkeit wird für Gruppen von Menschen die männliche Form verwendet. Es sind dabei ausdrücklich auch die Frauen in diesen Gruppen gemeint.
3 Gegenwärtiger Kenntnisstand
Im Jahr 2012 waren in Deutschland psychische Störungen für mehr als 53 Millionen Krankheitstage verantwortlich. Psychische Probleme sind auch Grund für 41 Prozent der Frühberentungen zu dieser Zeit. Das Durchschnittsalter der Betroffenen liegt dabei erst bei 48 Jahren (BAuA, 2012). Der Mensch befindet sich in einem permanenten dynamischen Akt und steht vor der Aufgabe die Balance zwischen Anforderungen und deren Bewältigung zu finden. Das Ausmaß und die Qualität der subjektiven Beanspruchung sind von den vorhandenen Anforderungen und den Ressourcen abhängig die sich eine Person zu deren Bewältigung zuschreibt. Stress entsteht wenn die erlebten Belastungen im Verhältnis zu den verfügbaren Ressourcen kontinuierlich unangemessen hoch sind und von dem Betroffenen als Überlastung erlebt werden (Bernhard & Wermuth, 2011, S. 12).
3.1 Das Phänomen Stress
Im Folgenden sollen die Wissensgrundlagen, die im direkten Bezug zu der untersuchten Problemstellung stehen, dargestellt werden. Dieser Teil der Arbeit bildet die theoretische Basis für die weitere Vorgehensweise.
3.1.1 Begriffsbestimmung Stress
Etymologisch leitet sich der Begriff „Stress“ vom lateinischen Verb „stringere“ ab, was so viel bedeutet wie „zusammendrücken“ oder „verengen“. Die Analogie deutet auf körperliche Symptome in einer Notsituation hin (Wippert & Beckmann et al., 2009, S. 93). Das Wort „Stress“ kommt ursprünglich aus der Werkstoffkunde und beschreibt die auf ein Material wirkende Kraft (Rösch, 2010, S. 303). Der österreichisch-kanadische Arzt und Biochemiker Hans Selye (1907-1982), der den Stressbegriff etwa um 1940 in die Medizin einführte, beschreibt damit ganz allgemein die Auswirkung von Belastungen auf lebende Körper (Kaluza, 2012, S.4). Er gilt als „Vater“ des allgemeinen Adaptionssyndroms (AAS), das er als eine unspezifische, stereotype Antwort des Körpers auf die Summe aller Reize definiert. Dabei handelt es sich um eine körperliche Anpassungsreaktion, die in den folgenden drei Phasen abläuft:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Allgemeines Adaptionssyndrom, modifiziert nach Selye (1981)
Beginnend mit einer Alarmreaktion (Ausschüttung biochemischer Stoffe) nimmt die körperliche Stressbelastung rasch zu. Dieser schließt sich eine Widerstands- bzw. Anpassungsphase (Gewöhnung an den Stress, jedoch mit sinkenden Abwehrkräften) und eine Erschöpfungsphase (Krankheit/Tod) (Wippert & Beckmann et al., 2009, S. 94) an. Aufbauend auf Selyes Grundlagen zur Stressforschung bieten andere Forscher noch weitere Definitionen zum Begriff „Stress“ an. Im Rahmen der theoretischen Stressmodelle im anschließenden Kapitel wird auf weitere Definitionen und Erklärungsversuche verwiesen.
3.1.2 Stressoren und Stressreaktionen
Als Stressreaktionen werden jene Prozesse bezeichnet, die vonseiten der betroffenen Person als Antwort auf einen Stressor in Gang gesetzt werden. Sie bewirken eine allgemeine Aktivierung, die sich in charakteristischen Veränderungen von körperlichen Funktionen zeigt (Kaluza, 2012, S.10 ff). Im Allgemeinen werden unter Stressoren belastende Reize verstanden, wobei die nachstehenden Stressoren unterschieden werden (Wippert & Beckmann et al., 2009, S. 93):
- Chemische Stressoren (z.B. Drogen, Chemikalien)
- Physikalische Stressoren (z.B. Hitze, Kälte, Lärm)
- Seelische/Psychische Stressoren (z.B. Versagensängste, Zeitdruck, Leistungsüberforderung bzw. -unterforderung)
- Soziale Stressoren (z.B. Konflikte, Meinungsverschiedenheiten, Verlust von Angehörigen, Isolation, Gruppendruck, Rivalität, Intrigen)
Ein Stressor kann auf den Organismus unterschiedlich stark wirken und auf verschiedenen Ebenen Reaktionen hervorrufen. Auf der kognitiven Ebene laufen in belastenden Situationen bei der betroffenen Person gedankliche Vorgänge ab. Diese sind von Außenstehenden nicht direkt zu beobachten. Beispiele für Stressreaktionen auf dieser Ebene sind:
- Konzentrationsmangel
- Denkblockaden
- Misserfolgserwartungen
- Selbstzweifel
- Irrationale Überzeugungen
- Entscheidungsschwierigkeiten
Unter Konfrontation mit einem Stressor kommt es auf emotionaler Ebene zum Auftreten verschiedener Gefühle. Außenstehende können auch diese Reaktionen bei Betroffenen nicht direkt beobachten. Stressreaktionen solcher Art äußern sich in:
- Angstgefühle, Panik
- Ungeduld, Nervosität
- Reizbarkeit, Aggression
- Unsicherheit, Hilflosigkeit
- Ärger, Wut
- Launenhaftigkeit
- Traurigkeit, Sorgen
- Gefühl der Überforderung
Während einer Stressoreinwirkung laufen zudem auf physischer Ebene Reaktionen ab. Dabei handelt es sich um körperliche Reaktionen, die primär vegetativhormonell gesteuert sind und daher von der betroffenen Person nicht kontrollierbar sind. Auswirkungen auf dieser Ebene können sich zeigen in:
- Verdauungsstörungen, Übelkeit, flaues Gefühl im Magen, Sodbrennen
- Weiche Knie, Schwitzen
- Trockener Mund
- Herzklopfen und Herzrhythmusstörungen
- Schwindel- und Schwächeanfälle
- Rückenschmerzen
- Muskelverspannungen
- Zähneknirschen, Nägelkauen
- Müdigkeit und Schlafschwierigkeiten
- Infektanfälligkeit
- Verlust des sexuellen Verlangens
Letztendlich kann sich die Auseinandersetzung mit einem Stressor auch auf der Verhaltensebene zeigen. Auf dieser Ebene wird bei der betroffenen Person die Reaktion auf das Stressereignis sichtbar und damit für andere beobachtbar. Häufige Stressverhaltensweisen sind (Kentzler & Richter, 2010, S.39 ff):
- Hastiges oder ungeduldiges Verhalten (z.B. schnell und hektisch sprechen)
- Unkoordiniertes Arbeitsverhalten (z.B. Verlegen oder Vergessen von Dingen, mangelnde Planung)
- Konfliktreicher Umgang mit anderen Menschen (z.B. aggressives, gereiztes Verhalten gegenüber Freunden, Familie oder Kollegen)
- Betäubungsverhalten (z.B. Rauchen, Alkoholkonsum)
Des Weiteren ist es möglich Stressoren anhand des Einwirkungsgrades zu unterscheiden. Hierbei können Reizdauer und -intensität variieren. Eine lange Einwirkzeit und/oder ein häufiges Auftreten werden als chronischer Stress klassifiziert. Die umgekehrte Sachlage wird als akuter Stress bezeichnet (Wippert & Beckmann et al., 2009, S. 93). Stressreaktionen und ihre Auswirkung auf die verschiedenen Ebenen laufen nicht bei allen Menschen in gleicher Weise ab. Das Zusammenwirken biologisch-konstitutioneller Faktoren, Aspekte der Persönlichkeit und die individuelle Lebenserfahrung sind Ursachen für diese Gegebenheit (Kentzler & Richter, 2010, S.43). Im Anschluss soll die physiologische Reaktion auf einen Stressor näher erläutert werden. Die physiologische Stress-Antwort zeigt sich durch die Aktivierung folgender zwei Stressachsen: zum einen über das sympathische Nervensystem, welches über die Ausschüttung von Adrenalin und Noradrenalin wirksam wird, und zum anderen über die Aktivierung der Hypotha- lamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse (HHNA), welches beim Menschen Cortisol freisetzt (Rensing et al., 2006, S. 350f).
Durch die Freisetzung von Noradrenalin und Adrenalin in den Blutkreislauf wird die Person in die Lage versetzt bei Bedrohung oder bei freiwilliger Anstrengung physisch kraftvoll zu reagieren: Die Aktivierung des Herzkreislauf-Systems führt zu einer erhöhten Sauerstoffversorgung von Muskulatur, Herz und Gehirn, bei gleichzeitiger Drosselung der Blutversorgung des Verdauungstrakts und der Peripherie. Zugleich werden die für die Ausübung der stressrelevanten Organe erforderlichen Energieträger (Glucose, Fettsäuren) aus den Glykogenspeichern in der Muskulatur und der Leber sowie Fettsäuren aus dem Fettgewebe mobilisiert, die in Kombination mit der erhöhten Durchblutung und dem schnelleren Sauerstoffangebot in diesen Organen (Herz, Muskulatur) höhere Arbeitsleistungen zulassen (Rensing et al.,2006, S. 129). Cortisol übernimmt im menschlichen Körper verschiedene Aufgaben. Einerseits erhöht das Hormon die Glukosekonzentration im Blut und mobilisiert auf diesem Weg für Stresssituationen relevante Energiereserven im Organismus. Außerdem kommt es durch die Ausschüttung von Cortisol zu einer Verstärkung der Herzkraft und zur Gefäßkonstriktion. Zudem ist ein gewisser Cortisol-Spiegel für die Entzündungshemmung im Körper notwendig (Sil- bernagl & Despopoulos, 2012, S.312). Eine anhaltende Erhöhung der Cortisolausschüttung führt jedoch zu negativen Konsequenzen wie beispielsweise Bluthochdruck, Muskelschwund und eine Beeinträchtigung der Immunabwehr (Tewes & Schedlowski, 1994, S. 23 ff).
3.1.3 Stressfolgen
Fortlaufend einwirkender Stress begünstigt bei dem Individuum die Entstehung chronischer Erkrankungen. Folgende Beschwerden werden beispielhaft als Konsequenz aufgezählt (Rensing, Koch, Rippe & Rippe, 2006, S. 353):
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen,
- Depressionen,
- Diabetes mellitus,
- Magen- und Darmentzündungen,
- Neurodermitis,
- Krebs
Insbesondere psychosoziale Stressoren haben bei Dauereinwirkung gravierende klinische Folgen für das Herz-Kreislauf-System und dessen Funktionsfähigkeit.
Mögliche Stressfolgen äußern sich in Form von Hypertonie, Arteriosklerose und Herzarrhythmien, die in der Folge zu Herzinfarkt, Schlaganfall oder Herzversagen führen können (Rensing, Koch, Rippe & Rippe, 2006, S. 305). Umfangreiche Studien belegen die Korrelation von psychosozialen Faktoren mit einem erhöhten kardiovaskulären Risiko (Rozanski et al. 1999, Deuschle et al. 2002, Joynt et al. 2003). Es wird im Allgemeinen angenommen, dass Stress die Entwicklung von Hautproblemen begünstigt. Mitschenko et al. (2008) und Suárez et al. (2012) untersuchen den Einfluss von psychischen Belastungen auf die Entstehung von Neurodermitis und geben eine Übersicht über die aktuellen Forschungsaspekte. Die psychoimmunologischen Mechanismen, wie es aufgrund von Stress zu Hautentzündungen kommt, sind bislang nicht ganz klar. Es wird vermutet, dass verschiedene Neuropeptide und Neurotrophine die stressinduzierten neurogenen Entzündungsprozesse einleiten und eine Verbindung von Nerven- und Immunsystem darstellen. Eine entscheidende Rolle in der Entwicklung von entzündlichen Reaktionen infolge von Stress haben Mastzellen und die darauf folgende Zerstörung der Hautbarriere. Psychische Belastungen haben insbesondere unter Langzeiteinwirkung verschiedene psychische Erkrankungen als Folge. Ob die Entstehung von Krebs auch zu diesen Erkrankungen gehört, ist bisher allerdings noch nicht eindeutig geklärt. Verschiedene epidemiologische Studien (Chen et al. 1995, Helgesson et al. 2003, Kruk et al. 2004) zeigen eine positive Korrelation zwischen psychischen Stress in Form von einschneidenden Lebensereignissen und dem Auftreten von Krebs. Die Intensität der psychischen Belastung lässt sich jedoch nur subjektiv ermitteln, weshalb die meisten Studien Fragebögen zur Selbsteinschätzung verwendeten. Das Problem, psychischen Stress nicht hinreichend quantitieren zu können, beeinflusst die Aussagekraft und die Interpretation der genannten Studien.
3.2 Theoretische Stressmodelle
Die Psychologie bietet zum Thema Stress sehr unterschiedliche Theorien an. Diverse Forscher und Wissenschaftler haben zum Teil sehr unterschiedliche Erklärungen für die Stressentstehung. Eine gemeinsame, übergreifende Definition ist nahezu unmöglich, da es theorieabhängig ist, ob Stress als Belastung, als Reaktion auf die Belastung oder als Beziehung zwischen Reizen und Reaktionen be
schrieben wird (Knoll, Scholz & Rieckmann, 2005, S.89). Hans Selye, der als Vater der Stressforschung gilt, definierte Stress als eine unspezifische, stereotype Antwort des Körpers auf die Summe aller Reize und ist Begründer des oben erläuterten allgemeinen Adaptionssyndroms (Wippert & Beckmann et al., 2009, S. 94). Neben diesem reaktionsbezogenen Modell existiert noch eine Reihe an weiteren Stressmodellen. In der Folge sollen zwei klassische Stressmodelle und zwei arbeitsbezogene Stressmodelle erläutert werden.
3.2.1 Klassische Stressmodelle
3.2.1.1 Salutogenetischer Ansatz
Der Medizinsoziologe Aaron Antonovsky entwickelte im Rahmen der Stress- und Bewältigungsforschung Ende der 1970er Jahre das Konzept der Salutogenese. Den Schwerpunkt des Modells bildet die Frage nach den Entstehungsbedingungen und Entwicklungsfaktoren von Gesundheit (Holzträger, 2012, S. 98).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Das Gesundheits-Krankheits-Kontinuum, modifiziert nach Antonovsky
Der Wissenschaftler sah in den Begriffen Gesundheit und Krankheit zwei entgegengesetzte Extreme eines Kontinuums, auf dem der Mensch sich befindet. Er ist der Auffassung, dass weder völlige Gesundheit noch völlige Krankheit für den lebenden Organismus wirklich zu erreichen sind und berücksichtigt in seiner Theorie neben den krankmachenden Stressoren auch die gesundheitsschützenden Widerstandsressourcen (Götz-Neumann, 2006, S.175). Gesundheit ist kein Zustand, sondern ein Prozess, der mitunter durch das Kohärenzgefühl (Widerstandsressource) des Betroffenen beeinflusst wird. Das Kohärenzgefühl erweist sich als globale Orientierung und besagt, in welchem Ausmaß ein Mensch ein durchdringendes, existentielles Grundvertrauen in sein Dasein hat (Bernhard & Wermuth, 2011, S. 32). Es besteht aus drei Komponenten (Weineck & Weineck, 2005, S. 288f):
1. Gefühl von Verstehbarkeit:
Beschreibt die Fähigkeit des Menschen, die Welt nicht als chaotisch, willkürlich, zufällig oder unerklärlich wahrzunehmen, sondern als geordnet und strukturiert.
2. Gefühl von Bewältigbarkeit:
Beinhaltet die Überzeugung, dass Schwierigkeiten lösbar sind und geeignete Ressourcen zur Verfügung stehen, den Anforderungen erfolgreich zu begegnen.
3. Gefühl der Sinnhaftigkeit:
Beschreibt das Ausmaß, in dem das Leben als sinnvoll erachtet wird. Es besteht die Überzeugung, dass Probleme und Anforderungen es wert sind, Energie zu investieren.
Ein stark ausgeprägtes Kohärenzgefühl befähigt Menschen flexibel auf Anforderungen zu reagieren. Die für die spezifische Situation angemessenen Ressourcen werden aktiviert. Damit fungiert es als flexibles Steuerungsprinzip, das den Einsatz verschiedener Verarbeitungsmuster (Copingstrategien) in Abhängigkeit von den Anforderungen anregt. Die jeweilige Ausprägung des Kohärenzgefühls entscheidet, ob eine Person einen Reiz als neutral oder als spannungserzeugend bewertet (Bernhard & Wermuth, 2011, S. 32).
3.2.1.2 Stressmodell nach Lazarus
Das „transaktionale Stressmodell“ von Richard Lazarus (1991) beschäftigt sich mit Prozessen der kognitiven und emotionalen Bewertung einer Situation und mit den für eine Person verfügbaren Bewältigungsmöglichkeiten. Im Gegensatz zu den reiz- und reaktionsorientierten Stresstheorien geht dieses kognitive Modell nicht von einem einfachen Wirkungsschema eines Reizes aus (Nerdinger, Blickle & Schaper, 2011, S.479). Lazarus sieht Stressreaktionen als komplexe Wechselwirkungsprozesse zwischen den Anforderungen der Situation und der handelnden Person. Er geht davon aus, dass nicht die Beschaffenheit der Reize oder Situationen für die Stressreaktion von Bedeutung sind, sondern die subjektiven Bewertungsprozesse des Betroffenen. Nicht alle Menschen reagieren in gleicher Weise auf bestimmte, potenziell stressreiche Ereignisse (Bernhard & Wermuth, 2011, S. 35). Die transaktionale Stresstheorie unterscheidet drei Bewertungsstufen (Greiner, Langer & Schütz, 2012, S.20):
1. Primäre Bewertung:
In dieser Bewertungsstufe wird eingeschätzt, welche Bedeutung ein Ereignis für das Wohlbefinden des Individuums hat. Situationen können als positiv, irrelevant oder stressend bewertet werden. Auf irrelevant oder positiv eingestufte Situationen erfolgt keine Stressreaktion. Stressreiche Situationen, die als schädigend, bedrohend oder herausfordernd kategorisiert werden, haben eine Anspannungsreaktion zur Folge. Bewertungsprozesse laufen dabei nicht immer bewusst ab.
2. Sekundäre Bewertung:
In der Sekundärbewertung wird überprüft, welche subjektiv wahrgenommenen Fähigkeiten und Möglichkeiten zur Bewältigung der Situation zur Verfügung stehen. Werden die vorhandenen Ressourcen als unzureichend eingeschätzt, so entsteht Stress. In der Folge kommt es bei der Person zum Einsatz von individuellen Bewältigungsstrategien. Sie dienen dazu, die negativen Konsequenzen von Stressoren zu verhindern oder zu reduzieren.
3. Neubewertung:
Wurde das stressauslösende Ereignis mittels Bewältigung verändert (unabhängig von Erfolg oder Misserfolg), kommt es wiederum zu einer Neubewertung der Situation. Die jeweiligen Bewältigungsbemühungen des Betroffenen verändern den Stressor oder dessen Wahrnehmung - das Ergebnis wird im Anschluss wieder bewertet.
3.2.2 Arbeitsbezogene Stressmodelle
3.2.2.1 Job-Demand-Control-Modell nach Karasek
Das „Job-Demand-Control-Modell“ von Karasek (1979) erklärt den Zusammenhang zwischen den Arbeitsanforderungen und dem eigenen Handlungsspielraum. Demnach wirken sich hohe Belastungen bei gleichzeitig geringem Entscheidungsspielraum besonders stressintensiv aus. Dagegen kann ein hoher Entscheidungsspielraum bei gleichzeitig hohen Anforderungen positive Auswirkungen erzeugen (Allenspach & Brechbühler, 2005, S. 29). Schnelles Arbeiten, Zeitdruck und sich widersprechende Arbeitsaufgaben sind Beispiele für hohe Arbeitsanforderungen (job demands). Das Ausmaß des Entscheidungsspielraums (job decision latitude) lässt sich in die beiden Aspekte Möglichkeit zur Fähigkeitserweiterung (skill discretion) und Entscheidungsmacht (decision authority) untergliedern. Aus den beiden Dimensionen der Anforderung und Kontrolle lässt sich durch das Ausmaß, gemessen in hoch und gering, eine Vier-Felder-Tafel skizzieren. Diese erlaubt eine Einteilung der Arbeitsbedingungen in high-strain-, low-strain-, active- und passive-jobs (Aust, 1999, S.81).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
High-strain-jobs ergeben sich durch eine Konstellation von hohen Anforderungen und geringen Entscheidungsspielräumen. Arbeitssituationen dieser Art provozieren beim Individuum das Gefühl der Überforderung und fördern negative Emotionen wie Angst oder Besorgnis. Längerfristig einwirkende Anforderungen bewirken eine erhöhte Anfälligkeit für Erkrankungen (Karasek & Theorell, 1990, 31 ff).
Active-jobs sind charakterisiert durch hohe Anforderungen bei gleichzeitig großen Entscheidungsspielräumen. Die Person hat die Möglichkeit beruflichen Anforderungen mit einer Vielzahl von Handlungsmöglichkeiten zu begegnen. Somit können Anspannungen, die durch die hohen Anforderungen entstehen, aktiv abgebaut und bewältigt werden. Active-jobs wirken herausfordernd, Fähigkeiten weiterzuentwickeln und Neues hinzuzulernen (Karasek & Theorell, 1990, S. 35). Low-strain-jobs ergeben sich aus einer Kombination von geringen Anforderungen und hohen Entscheidungsspielräumen. Karasek und Theorell erkennen in Arbeitssituationen solcher Art eine unterdurchschnittlich niedrige Wahrscheinlichkeit von psychologischer Überbeanspruchung und Erkrankungsrisiken (1990, S. 36).
Passive-jobs weisen niedrige psychologische Anforderungen und zugleich auch niedrige Entscheidungsmöglichkeiten auf. Solche Arbeitssituationen bewirken zwar keinen Stress, aber haben trotzdem negative Folgen für das seelische und körperliche Wohlbefinden. Sie motivieren nicht zum Erlernen neuer Fähigkeiten, sondern bewirken, dass bereits Erlerntes wieder verlernt wird, weil Fähigkeiten nicht eingesetzt werden können und nicht die Möglichkeit besteht sie zu fördern (ebd., S. 36 ff).
3.2.2.2 Arbeitspsychologisches Stressmodell nach Bamberg
Das von Bamberg et al. konzipierte „Arbeitspsychologische Stressmodell“, das sich auf die Berufswelt bezieht, stellt eine Erweiterung des transaktionalen Stressmodells dar. Relevante Faktoren des arbeitspsychologischen Stressmodells sind neben Stressoren/Risikofaktoren und Ressourcen auch Bewertung und Bewältigung sowie Stressfolgen (Bamberg et al., 2006, S.12).
Stress wird in diesem Zusammenhang als „...ein subjektiv intensiv unangenehmer Spannungszustand, der aus der Befürchtung entsteht, dass eine
- stark aversive,
- subjektiv zeitlich nahe (oder bereits eingetretene) und
- subjektiv lang andauernde Situation
sehr wahrscheinlich nicht vollständig kontrollierbar ist, deren Vermeidung aber subjektiv wichtig erscheint“ definiert (Greif, Bamberg & Semmer, 1991, S. 13). Diese Auslegung interpretiert Stress als einen negativen Zustand und weist ihm Prozesscharakter zu. Die anschließende Abbildung zeigt das Arbeitspsychologische Stressmodell.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 4: Arbeitspsychologische Erweiterung des transaktionalen Stressmodells (Bamberg et al., 2006, S.12)
Basis des Modells bildet die Unterscheidung zwischen personen- und bedingungsbezogenen Aspekten. Personenbezogene Faktoren betreffen Merkmale und Kompetenzen, die an eine Person gebunden sind. Bedingungsbezogene Faktoren knüpfen an Merkmale und Kompetenzen an, die durch die Umwelt gegeben sind. Einen relevanten Ausgangspunkt des Modells stellen die bedingungsbezogenen Stressoren und die personenbezogenen Risikofaktoren dar. Stressoren und Risikofaktoren führen mit erhöhter Wahrscheinlichkeit zu Stressfolgen; sind aber nicht grundsätzlich für jedes Individuum stressauslösend. Einen weiteren wichtigen Ausgangspunkt repräsentieren die bedingungs- und personenbezogenen Ressourcen. Ressourcen sind Mittel, die bei der Bewerkstelligung von Anforderungen in Anspruch genommen werden können, um das Auftreten von Stressoren und Risikofaktoren zu vermeiden, deren Ausmaß zu verringern bzw. die Wirkung zu vermindern (Zapf & Semmer, 2004, S. 1042, zitiert nach Bamberg et al., 2006, S.13). Bedingungsbezogene Ressourcen richten sich nach der Arbeitsaufgabe und der Organisation. Wichtige Beispiele, die in diesen Bereich fallen, sind Kontrolle, Handlungsspielraum oder Autonomie sowie soziale Unterstützung. Personenbezogene Ressourcen werden durch das Individuum selbst bereitgestellt. Dazu gehören Fähigkeiten und Mittel, wie zum Beispiel soziale Kompetenz oder Bewältigungsstrategien (Bamberg et al., 2006, S.14). Ebenfalls bedeutsame Elemente des Modells sind die Bewertung und Bewältigung. Hierbei wird zwischen primärer und sekundärer Bewertung unterschieden. Der primäre Bewertungsprozess bezieht sich auf die Bewertung eines Ereignisses hinsichtlich des Wohlbefindens eines Menschen. Der sekundäre Bewertungsprozess richtet sich nach den individuellen Bewältigungsfähigkeiten und -möglichkeiten, die in Bezug auf das stres- sauslösende Ereignis zur Verfügung stehen. Die primäre und sekundäre Bewertung beeinflussen sich gegenseitig (Bamberg et al., 2006, S.11). Stressfolgen sind durch einen zeitlichen Faktor geprägt und entstehen in der Folge entweder kurzoder langfristig. Sie nehmen Einfluss auf die somatische, kognitive, emotionale und Verhaltensebene. Das Modell zeigt, dass die Entstehung von Stress nicht ausschließlich auf bedingungs- oder personenbezogene Aspekte zurückzuführen ist. Gegebenheiten aus der Tätigkeit im Betrieb und aus der jeweiligen Person beeinflussen sich gegenseitig und bilden das Fundament für das Aufkommen von Stress. Stressoren/Risikofaktoren und Ressourcen üben einen direkten Einfluss auf den Bewertungs- und Bewältigungsprozess aus, der indessen die Entstehung von Stressfolgen bedingt. In Folge dessen kommt es zu Rückwirkungen auf die
Stressoren/Risikofaktoren und Ressourcen. Es besteht die Gefahr der Entwicklung einer Stressspirale (Bamberg et al., 2006, S.16).
3.3 Stressmanagement
Stressmanagement im Sinne einer zielgerichteten und effektiven Stressprävention und Stressbewältigung beinhaltet Strategien und Maßnahmen, die darauf ausgerichtet sind Belastungssituationen zu reduzieren oder ganz zu vermeiden. Da sich das Stressgeschehen meist auf verschiedenen Ebenen abspielt, können die Bewältigungsmaßnahmen auch auf diesen unterschiedlichen Ebenen ansetzen (Kentzler & Richter, 2010, S.46). Rückhalt erfährt der Betroffene im Bereich der sozialen Betreuung (Familie, Freunde, Sozialsystem), im medizinisch/therapeutischen Bereich sowie über somatische Therapien wie richtige Ernährung, Bewegung, und Entspannung. Abhängig von den jeweiligen Stressoren, kann die Unterstützung mehr auf die Stabilisierung der psychischen oder der physischen Funktionen und Zustände ausgerichtet sein. Optimalerweise sind beide Faktoren zu berücksichtigen (Rensing, Koch, Rippe & Rippe, 2006, S. 18). Stressbewältigungskompetenz ist erlernbar und zeigt sich in einer positiven Beeinflussung von Verhalten, Denken sowie individuellen Reaktionen (Kentzler & Richter, 2010, S.52).
3.3.1 Instrumentelles Stressmanagement
Instrumentelles Stressmanagement setzt auf der Ebene der Stressoren an und zielt darauf ab, diese zu reduzieren oder ihre Entstehung zu unterbinden. Maßnahmen und Strategien können dabei reaktiv auf konkrete, aktuelle Belastungssituationen erfolgen oder präventiv auf die Verringerung oder Annullieren zukünftiger Belastungen wirken. Für die zielgerichtete Stressbewältigung sind Sachkompetenz (fachliche Qualifikation), sozial-kommunikative Kompetenz und Selbstmanagementkompetenz (Fähigkeit zu einem eigengesteuerten und zielgerichteten Handeln) erforderlich (Kaluza, 2012, S.88). Für instrumentelles Stressmanagement gibt Kaluza (2012) folgende Beispiele:
- Erweiterung der fachlichen Kompetenzen (Information, Fortbildung, kollegialer Austausch).
- Organisatorische Verbesserung (Aufgabenverteilung, Ablaufplan, Ablagesystem etc.).
- Optimierung der persönlichen Arbeitsorganisation, Selbstmanagement (persönliche/berufliche Prioritäten definieren, realistische Zeitplanung, Delegation).
- Entwicklung sozial-kommunikativer Kompetenzen (anderen Grenzen setzten, häufiger „nein“ sagen, andere verstehen, Klärungsgespräche führen etc.).
- Aufsuchen von Unterstützung (soziales Netzwerk).
- Entwicklung von Problemlösekompetenzen.
3.3.2 Mentales Stressmanagement
Mentales Stressmanagement bzw. kognitives Stressmanagement findet auf der Ebene der persönlichen Stressverstärker statt und bezweckt eine Änderung stresserzeugender oder stressverschärfender persönlicher Motive, Einstellungen und Bewertungen. Mentale Strategien der Stressbewältigung haben zum Ziel negative Antreiber in Stresssituationen bewusst zu machen und diese kritisch zu reflektieren, um sie in der Folge in stressvermindernde, förderliche Einstellungen und Bewertungen umzuwandeln. Dies geschieht beispielsweise durch (Kaluza, 2012, S.89):
- Kritische Überprüfung perfektionistischer Leistungsansprüche; Lernen eigene Leistungsgrenzen zu akzeptieren.
- Schwierigkeiten als Herausforderung, nicht als Bedrohung zu sehen.
- Reduzierung der persönlichen Identifikation zu alltäglichen Aufgaben und Wahrung von innerer Distanz.
- Bewusstmachen von Positiven, Erfreulichen und Gelungenen; Dankbarkeit entgegenbringen.
- Akzeptierung der Realität, z.B. weniger feste Vorstellungen und Erwartungen an andere haben.
3.3.3 Regeneratives Stressmanagement
Das regenerative Stressmanagement handelt auf der Ebene der körperlichen und seelischen Stressreaktionen.
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