Ich beschäftige mich in dieser Arbeit mit den beiden großen Themenkomplexen Methoden und Medien im Unterricht. Da in der Schule derzeit viele neue Medien Einzug halten spricht man auch von Medienvielfalt im Unterricht. Auf der anderen Seite möchte ich zeigen, wie sich diese Medienvielfalt mit der Methodeneinseitigkeit des Frontalunterrichts verbinden lässt.
Wie passen also Methodenmonismus und Medienvielfalt zusammen? Wie war der Unterricht früher, heute und wie wird er in der Zukunft aussehen oder wie sollte er in der Zukunft aussehen?
Mit diesen und weiteren Fragen möchte ich mich in meiner Abschlussarbeit beschäftigen.
Inhaltsverzeichnis
1 Vorwort
2 Einleitung
3 Begriffserklärung
3.1 Methodenmonismus
3.2 Medienvielfalt
4 Schulalltag - Unterrichten im Wandel der Zeit
4.1 Die Schule früher
4.2 Die Schule von heute - der ‚gewünschte‘ Ist-Zustand
4.3 Die Schule von morgen - vom ‚tatsächlichen‘ Ist-Zustand zum Soll-Zustand
5 Vergleich ausgewählter Studien
6 Interpretation der Studien
6.1 Interpretation aus Sicht der Lehrerinnen und Lehrer
6.2 Interpretation aus Sicht der Schülerinnen und Schüler
7 Eigene Empirische Untersuchung
7.1 Fragebogen
7.2 Untersuchungsobjekte
7.3 Darstellung der Untersuchungsbefunde - eine Auswertung
8 Unterrichtsplanung auf Basis der Studien
8.1 Bedingungsanalyse
8.1.1 Lerngruppe und Lehrer-Schüler-Verhältnis
8.1.2 Äußere Bedingungen (sozio-kulturelle Bedingungen)
8.1.3 Schlussfolgerungen für den Unterricht
8.2 Sachanalyse
8.3 Begründung der didaktischen Stufung
8.4 Stundenziele
8.5 Methodenauswahl
8.6 Aussagen zu Schülerleistungen
9 Durchführung und Reflexion
9.1 Erste Unterrichtsstunde - Verlaufsplanung (gekürzt)
9.2 Zweite Unterrichtsstunde - Verlaufsplanung (gekürzt)
9.3 Reflexion
10 Zusammenfassung - Fazit - Ausblick
11 Literaturverzeichnis
11.1 Bücher
11.2 Zeitschriften
11.3 Interviews
11.4 Studien
11.5 Internetquellen
12 Anhang
12.1 Variablenbezeichnung der eigenen empirischen Studie
12.2 Daten der eigenen empirischen Studie
12.3 Tafelbilder
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 - Funktion von Medien
Abbildung 2 - Behaltewerte beim Lernen
Abbildung 3 - Kategoriensystem der endogenen Variablen
Abbildung 4 - Die durchschnittliche Unterrichtsstunde
Abbildung 5 - Clusterzentren der Unterrichtsphasenmuster
Abbildung 6 - Ausgewählte Studien zur prozessorientierten Unterrichtsmethodenforschung
Abbildung 7 - Fragebogen Deckblatt
Abbildung 8 - Fragebogen Seite 1
Abbildung 9 - Fragebogen Seite 2
Abbildung 10 - Fragebogen Seite 3
Abbildung 11 - Metaebene
Abbildung 12 - Frage 25
Abbildung 13 - Mediennutzung im Unterricht
Abbildung 14 - Frage 26
Abbildung 15 - verwendete Unterrichtsmethoden
1 Vorwort
Die vorliegende wissenschaftliche Abschlussarbeit entstand im Zeitraum von Oktober 2014 bis Januar 2015 im Rahmen meiner Ersten Staatsprüfung an der FriedrichSchiller-Universität in Jena.
Ich beschäftige mich in dieser Arbeit mit den beiden großen Themenkomplexen Methoden und Medien im Unterricht. Da in der Schule derzeit viele neue Medien Einzug halten spricht man auch von Medienvielfalt im Unterricht. Auf der anderen Seite möchte ich zeigen, wie sich diese Medienvielfalt mit der Methodeneinseitigkeit des Frontalunterrichts verbinden lässt.
Wie passen also Methodenmonismus und Medienvielfalt zusammen? Wie war der Unterricht früher, heute und wie wird er in der Zukunft aussehen oder wie sollte er in der Zukunft aussehen?
Mit diesen und weiteren Fragen möchte ich mich in meiner Abschlussarbeit beschäftigen.
Ich möchte mich zuvor jedoch bei meinen Betreuerinnen Frau Prof. Dr. Bärbel Kracke und Frau Sigline Teumer für die gute Betreuung und Kooperation bedanken. Ein weiterer Dank geht an das Staatliche Gymnasium Georgianum für die Teilnahme an einer Umfrage, die es mir möglich macht, wissenschaftliche Ergebnisse mit empirischen Daten zu unterstützen.
Ich wünsche viel Spaß und Freude beim Lesen der Arbeit.
Für Rückfragen stehe ich Ihnen unter der Mailadresse tim.reukauf@web.de jederzeit gerne zur Verfügung.
2 Einleitung
„Ich bin Musiker, Zauberer, Streitschlichter, Philosoph, Forscher, Zuschauer, Vorleser, Trostspender, Spieleentwickler, Kaufmann, Teamplayer, Trainer, Seelsorger, Diplomat, Entertainer,…Sei alles, werde Erzieher!“[1] Mit diesem Slogan wirbt der Paritätische Wohlfahrtsverband Hamburg e.V. für den Beruf des Erziehers. Auch als Lehrer[2] ist man weit mehr als ein reiner „Stoffvermittler“.
In der Schule stehen Lehrerinnen und Lehrer tagtäglich einer Reihe von großen und unterschiedlichen Herausforderungen gegenüber: eine wachsende Heterogenität, neue Bildungspläne und Bildungsstandards, ein erweiterter Förder- und Integrationsanspruch. Im Unterricht soll differenziert und individualisiert, sowie Kompetenzen vermittelt werden. Dabei stehen Lehrer ihren Schülerinnen und Schülern als Lernbegleiter und Lernberater zur Seite.
Vor allem in den letzten Jahren und durch den Einsatz neuster und modernster Technik im Unterrichtsraum werden Lehrer immer mehr zu „Entertainern“, die den Stoff nicht mehr nur mit Tafel und Kreide vermitteln. Auch der Anspruch der Zielgruppe ist im Vergleich zur Schule vor 100 Jahren ein ganz anderer. Schülerinnen und Schüler wachsen mit den „Neuen Medien“ auf und wollen diese auch in der Schule präsent haben. Der Unterricht muss sich aus diesem Grund dem Wandel der Zeit anpassen und Lehrkräfte müssen beziehungsweise sollten diese neuen Möglichkeiten zur Stoffvermittlung nutzen.
Ich möchte mich in der vorliegenden Hausarbeit: „Das Ende der Kreidezeit“ - Methodenmonismus und Medienvielfalt am Beispiel des Wirtschaft und Recht-Unterrichts an Thüringer Gymnasien“ genau mit diesem Thema beschäftigen. In der Hausarbeit soll es um die neuen digitalen Klassenzimmer gehen und somit um die Anzahl an Medien, die sowohl Lehrkräften als auch Schülerinnen und Schülern zugänglich sind. In diesem Zusammenhang stellt sich aber die Frage, warum trotz Medienvielfalt und Einsatz von digitalen Lehr- und Lernmöglichkeiten die meiste Unterrichtszeit der Frontalunterricht Friedrich-Schiller-Universität Jena Hausarbeit zur Ersten Staatsprüfung zur Anwendung kommt. Hierbei sollen verschiedene Studien verglichen werden, sowie ein eigener Schülerfragebogen Aufschluss geben.
Am Beispiel des Thüringer Lehrplans für den Wirtschaft und Recht-Unterricht in der gymnasialen Oberstufe soll der theoretische Teil auch mit praktischen Beispielen untermauert werden.
Zu Beginn der Arbeit werde ich mich mit den beiden Begriffen Methodenmonismus und Medienvielfalt genauer beschäftigen. Auf diese beiden in Gliederungspunkt 3 geklärten Begriffe wird sich meine weitere Arbeit stützen.
Abschnitt 4 beschäftigt sich mit dem Schulalltag und dem Unterrichten im Wandel der Zeit. In diesem Gliederungspunkt werde ich mich mit der Schule früher, der Schule heute und der Schule von morgen beschäftigen. Nach einem kurzen historischen Blick in die Vergangenheit unserer Schulgeschichte werde ich kurz den Ist-Zustand der Schule von heute und den gewünschten Soll-Zustand der Schule von morgen erläutern.
Im nächsten Gliederungspunkt werde ich ausgewählte Studien zu dem Themengebiet vorstellen und im Gliederungspunkt 6 auswerten. Hier werden vor allem zwei Studien, die sich mit dem kaufmännischen Unterricht beziehungsweise dem Wirtschaft und Recht-Unterricht beschäftigen, genauer betrachtet. In der Interpretation dieser Studien wird es eine Unterscheidung meinerseits in die Interpretation aus Sicht der Lehrerinnen und Lehrer und der Interpretation aus Sicht der Schülerinnen und Schüler geben.
Da auch ich Methodenmonismus und Medienvielfalt am Beispiel des Wirtschaft und Recht-Unterrichts untersuchen möchte, habe ich eine eigene empirische Untersuchung durchgeführt. Diese Untersuchung, die Untersuchungsobjekte und vor allem die Darstellung der Untersuchungsbefunde sowie eine Auswertung präsentiere ich im Abschnitt 7.
Da ich der festen Überzeugung bin, dass die Erkenntnisse dieser wissenschaftlichen Abschlussarbeit, die sowohl aus den schon vorhandenen Studien und aus meiner eigenen empirischen Untersuchung, tatsächlich in der Praxis angewendet werden können, habe ich zum Abschluss meiner Arbeit eine Unterrichtsplanung auf Basis dieser verschiedenen Studien angefertigt.
Friedrich-Schiller-Universität Jena Hausarbeit zur Ersten Staatsprüfung Diese Unterrichtsplanung besteht aus der Bedingungsanalyse einer Klasse aus meinem Praxissemester sowie den daraus resultierenden Schlussfolgerungen für den Unterricht, einer Sachanalyse und der Begründung der didaktischen Stufung bis hin zu der Durchführung und Reflexion der Unterrichtsstunden, die so tatsächlich im Laufe meines Praxissemesters 2013 stattgefunden haben.
Ich möchte mit dieser Arbeit nicht nur wissenschaftliche Erkenntnisse und Studien losgelöst von dem tatsächlich stattfindenden praktischen Unterricht betrachten, sondern auch immer wieder die Verbindung zwischen Theorie und Praxis herstellen.
Auch wenn es sich hier um eine wissenschaftliche Arbeit handelt, ist für mich gerade im erziehungswissenschaftlichen Bereich beziehungsweise in der Abschlussarbeit zur Ersten Staatsprüfung dieser Brückenschlag sehr wichtig.
Aus diesem Grund werden auch alle Erkenntnisse dieser Arbeit mit dem eben genanntem Unterrichtsbeispiel am Ende der Hausarbeit verdeutlicht, um zu zeigen, dass diese wissenschaftlichen Studienergebnisse auch tatsächlich in der Praxis Anwendung finden können.
3 Begriffserklärung
3.1 Methodenmonismus
Bevor wir zu dem eigentlichen Begriff des Methodenmonismus kommen können, müssen wir uns mit dem Begriff Unterrichtsmethoden auseinandersetzen. Nach Hilbert Meyer sind „Unterrichtsmethoden […] die Formen und Verfahren, mit denen Lehrerinnen, Lehrer, Schülerinnen und Schüler die sie umgebende natürliche und gesellschaftliche Wirklichkeit unter Beachtung der institutionellen Rahmenbedingungen der Schule aneignen.“[3]
Unter Unterrichtsmethoden versteht man „Handlungsfolgen in der wechselseitigen Tätigkeit des Lehrers und der Schüler, die darauf gerichtet sind, auf einem möglichst erfolgreichen und rationellen Weg ein bestimmtes Ziel bei der Arbeit an einem bestimmten Unterrichtsstoff mit allen Schülern zu erreichen.“[4]
Zu den Unterrichtsmethoden zählen beispielsweise der Lehrervortrag, der Schülervortrag, das Unterrichtsgespräch, Methoden der selbstständigen Arbeit der Schülerinnen und Schüler und viele weitere. Unterrichtsmethoden werden in lehrerzentrierte und schülerzentrierte Methoden unterschieden. In den letzten Jahren hat das selbstständige und eigenverantwortliche Lernen zunehmend an Bedeutung gewonnen und der schülerzentrierte Unterricht rückt immer mehr in den Mittelpunkt.
Methodenmonismus bedeutet im Zusammenhang mit dieser Hausarbeit, dass nach den aktuellen Studien und der eigenen empirischen Untersuchung, zu deren Erkenntnissen ich ab Gliederungspunkt 5 kommen werde, hauptsächlich eine Methodenform im aktuellen Unterricht an Schulen Anwendung findet. Im Unterricht verwendet der Lehrer zum überwiegenden Teil lehrerzentrierte Unterrichtsmethoden, also einen fragenentwickelnden Unterricht. Dabei hat der Frontalunterricht einen dominanten Platz in der gymnasialen Oberstufe gefunden. Gründe hierfür sowie die Vor- und Nachteile werden im Gliederungspunkt 6 bei der Interpretation der Studien genauer untersucht.
3.2 Medienvielfalt
Ein Medium, abgeleitet vom lateinischen Begriff medium, der Mitte beziehungsweise der Mittelpunkt, meint nach neuerem Verständnis ein Vermittelndes im ganz allgemeinen Sinn. Seit den 1980er Jahren steht der Begriff Medium für die Gesamtheit aller Kommunikationsmittel und wird für die Kommunikationsorganisationen verwendet.
Nach Hilbert Meyer sind „Medien […] ‚tiefgefrorene‘ Ziel-, Inhalts- und Methodenentscheidungen - zumeist in Form von Unterrichts- und Lehrmaterialen. [Diese] müssen im Unterricht durch das methodische Handeln von LehrerInnen und SchülerInnen wieder ‚aufgetaut‘ werden.“[5]
Den Begriff der Medienvielfalt verwende ich in meiner Abschlussarbeit unter dem Gesichtspunkt, dass im Unterricht sehr viele Medien Anwendung finden. Der Lehrer, der hauptsächlich frontal unterrichtet, verwendet neben dieser Methodeneinseitigkeit jedoch viele verschiedene Anschauungsformen, um den Unterricht zu präsentieren. Medien sollen den Lehrenden unterstützen und eine Verbindung zwischen Lernenden und Lernstoff herstellen. Diese Verbindung soll wiederrum einen Bezug zur Wirklichkeit herstellen.
„Das wichtigste Medium im Unterricht ist der Körper des Lehrers.“[6]
Eine generelle Klassifizierung von Unterrichtsmedien ist nicht möglich. Jedoch unterscheidet man zwischen Lehr- und Lernmedien. Lehrmedien sind ausgehend vom Einsatz des Lehrers und die Lernmedien ausgehend vom direkten Einsatz durch die Schülerinnen und Schüler.
Lehrmedien sind beispielsweise der Lehrkörper, die Tafel, die Interaktive Tafel, verschiedene Folien, Präsentationen, Tonträger, Filme, Presse, Modelle und viele mehr. Lernmedien hingehen sind beispielsweise die Hefter der Schülerinnen und Schüler, Arbeitsblätter, das Internet, Computer, Bücher, hierbei vor allem Lehrbücher, Experimente, Bilder oder Lernkarteien, um nur ein paar wenige zu nennen.
Die Funktion von Medien kann durch folgende Abbildung veranschaulicht werden. Lehrer, Lehrstoff und Lernender stehen hierbei in einer Wechselbeziehung, die sich gegenseitig bedingt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1 - Funktion von Medien - eigene Darstellung
Der Lehrer präsentiert den Lehrstoff, den er im Vorfeld natürlich aufbereiten und didaktisch reduzieren musste. Der Lehrer steuert weiterhin auch die Lernenden, die wiederrum dem Lehrer ein Feedback geben, ob sie den Lehrstoff verstanden haben oder nicht. Medien sollen bei dem Prozess der Stoffvermittlung helfen und die Lehrenden dabei unterstützen, den Stoff an die Lernenden zu vermitteln. Die Lernenden lernen den Lehrstoff, den sie später wieder abrufen sollen.
4 Schulalltag - Unterrichten im Wandel der Zeit
In diesem Gliederungspunkt möchte ich den Schulalltag und somit den Unterricht im Wandel der Zeit betrachten. Allerdings möchte ich mich hierbei nur auf den Medieneinsatz und die zur Anwendung kommenden Unterrichtsmethoden beschränken. Angefangen von der gewöhnlichen Kreidetafel und dem klassischen lehrerzentrierten Unterricht über die „Neuen Medien“ bis hin zu dem Whiteboard und dem moderneren Unterrichtsformen, wie dem schülerzentrierten Unterricht, soll so ein kurzer Einblick in den Wandel der Medien und Methoden des Unterrichts präsentiert werden.
4.1 Die Schule früher
Über 200 Jahre war es die schwarze oder grüne Schultafel, die als zentrales Medium zur Präsentation von Inhalten im Mittelpunkt des Unterrichts stand. Auf der Tafel, deren Oberfläche zuerst aus Schiefer bestand, haben Generationen von Lehrern und Schülerinnen und Schüler mit weißer oder farbiger Kreide beziehungsweise einem Kreidegriffel geschrieben, gerechnet und gezeichnet. Die Kreidetafel mit ihren mehr oder weniger kunstvollen Tafelbildern - je nach dem pädagogischen und zeichnerischen Talent der Lehrkraft - war der klassische Mittelpunkt des Unterrichts von der Grundschule über die Oberschule bis hin zur Universität.
Früher war die Schule geprägt durch Strenge, Pauken, Fleiß und Strafen mit körperlichen Züchtigungen. So ist Schule heute zum Glück nicht mehr. Schon früher hätte man den Unterrichtsstil mit dem Begriff Methodenmonismus beschreiben können. Es fand fast zu einhundert Prozent der Frontalunterricht Anwendung. Unter diesem Begriff versteht die Pädagogik im Allgemeinen den Unterricht im Klassenverband, der thematisch durch den Lehrer organisiert ist und in dem verschiedene Sachverhalte über die Sprache vermittelt werden. Dabei ist der Lehrende derjenige, der die Interaktionsprozesse und die Kommunikation steuert und kontrolliert.[7]
4.2 Die Schule von heute - der ‚gewünschte‘ Ist-Zustand
Obwohl der Computer schon längere Zeit Einzug in die Schule gehalten hat, führte er bisher meist ein Randleben - verbannt in extra Übungsräume oder Abseits im Klassen- zimmer. Mit dem neuen Medium des interaktiven Whiteboards rückte der Computer als zentrale Schaltstelle schlagartig in den Mittelpunt des Unterrichts. Auf der digitalen Tafel, die über einen Beamer Inhalte wie auf einem überdimensionalen Computermonitor abbildet, können Bilder, Texte sowie Audio- und Videodateien wiedergegeben werden.
Die Möglichkeiten der Darstellung auf dieser neuen weißen Tafel, dem Whiteboard, scheinen gegenüber der klassischen Kreidetafel nahezu unbegrenzt.
Aber mit dieser interaktiven Tafel lassen sich nicht nur Dinge besser abbilden. Die mit dem Computer verbundene Tafel kann darüber hinaus von den Lehrern und den Lernenden als universelles Werkzeug verwendet werden. Auf ihr können im Unterricht Inhalte in neuer und vor allem besserer Form, nämlich interaktiv recherchiert, gestaltet und präsentiert werden. Durch die Kombination von Interaktionen mit den Möglichkeiten der vielseitigen Darstellung eröffnet das Whiteboard schließlich auch Freiraum für neue pädagogische Konzepte und bietet neue Formen im Umgang zwischen Lehrern und Schülern.
Das Interaktive Whiteboard, so scheint es, ist für die Schule das Medium der Zu- kunft.
Digitale Medien haben eine große Bedeutung in Schule und Unterricht. Sie werden von vielen, aber noch nicht von allen Lehrern eingesetzt. Schülerinnen und Schüler werden durch digitale Medien sehr gut motiviert sich im Unterricht zu beteiligen. Sie nutzen ganz gerne die „Neuen Medien“, aber es ist immer noch so, dass im Vergleich zu anderen Ländern an deutschen Schulen noch viel zu wenig damit gearbeitet wird, wenn man sich das Potential der digitalen Medien für den Unterricht genau betrachtet.[8]
Das interaktive Whiteboard hat eine Reihe von Vorteilen gegenüber der klassischen Kreidetafel. So war es vor allem auch im Geometrieunterricht dem handwerklichen Geschick des Lehrers zu verdanken, wenn Kreise und Geraden mit dem überdimensionalen Gerätschaften, wie Lineal und Zirkel zu gelungenen grafischen Abbildungen gerieten.
Beim Whiteboard sind keine zusätzlichen Geräte notwendig, um in Sekundenschnelle jegliche Art von geometrischen Figuren auf die digitale Tafel zu zaubern. Eine Palette liefert das entsprechend benötigte digitale Werkzeug.
Welcher Lehrer kennt nicht die Unbequemlichkeiten mit überdimensionalen Karten die Welt den Schülerinnen und Schülern näher bringen zu wollen? War die Karte glücklich aus dem Kartenraum geholt und geöffnet, bleib nur der Zeigestock um auf Kartengebiete hinzuweisen - und in den hinteren Reihen war es für die Schülerinnen und Schüler schwierig Einzelheiten auf der Karte zu erkennen.
Das Kartenmaterial, welches über das Whiteboard meist bereits schon zur Verfügung steht, ist stets auf dem aktuellen Stand. Zudem können die Schüler, sowie der jeweilige Lehrer Kartenausschnitte interaktiv verändern und vergrößern. Einzelne Stellen und Gebiete lassen sich markieren und eine spezielle Software zum Thema bietet zusätzliche Möglichkeiten um auf geografische Besonderheiten hinzuweisen und so Lerninhalte gezielt dem gewünschten pädagogischen Konzept folgend optisch in besserer Qualität in den Unterricht einfließen zu lassen.
Im Kunstunterricht kann das herkömmliche Präsentieren von Bildern durch Poster und Zeigestab durch neue Möglichkeiten ersetzt werden. Bilder können teilweise verdeckt oder abgedeckt werden um auf bestimmte Merkmale besonders hinweisen zu können.
Aber nicht nur in Mathematik, Kunst oder Geographie erleichtert das Whiteboard den Unterricht. Im Wirtschaft und Recht - Unterricht, auf welchen ich mich in meiner Hausarbeit beschränken möchte, kann die interaktive Tafel ebenfalls vielseitig eingesetzt werden. In meiner eigenen Stundenplanung, die ich am Ende dieser Arbeit vorstellen möchte, wird das Marktmodell mit Hilfe des Whiteboards und im Zusammenspiel der Schülerinnen und Schüler mit der Lehrkraft, erarbeitet. Hierbei ist vor allem hilfreich, dass das Ergebnis nicht wie auf einer Kreidetafel vollständig statisch abgebildet ist. Die Erarbeitungsschritte und die Verschiebungen verschiedener Kurven können mit Hilfe des Computers immer wieder wiederholt und durch Animation erneut dargestellt werden.
Auch schwere Medienschränke gehören mit dem Whiteboard der Vergangenheit an. Das umständliche Einlegen von Videos, die zudemmeist nur über eine begrenzte Le- bensdauer und eine eingeschränkte Bildqualität verfügen, war eben so wenig ideal wie die beschränke Bildfläche des Fernsehgeräts. Schülerinnen und Schüler der letzten Reihen hatten Probleme, das kleine Fernsehbild, gestört durch die Spieglungen der Fenster oder der Lichter im Klassenraum, zu erkennen.
Das Whiteboard als zentrale Medienstation muss nicht mehr extra aufgebaut werden, damit Videos betrachtet werden können. Die Vielfalt an unterschiedlichen Geräten wie Videorecorder, Fernbedienung und TV wird durch ein zentrales Medium ersetzt, das interaktiv auf dem Bildschirm bedient werden kann.
Das laufende Bild kann angehalten werden, um dann direkt bearbeitet oder als Standbild kopiert und somit später als Unterrichtsgrundlage für den weiteren Verlauf der Stunde gespeichert zu werden. Das Whiteboard bietet die Möglichkeit, Inhalte, die die Schüler gerade im Video präsentiert bekommen haben, direkt als Einzelbilder abzufotografieren, diese in das Tafelbild zu integrieren und im Anschluss über interaktive Arbeitsblätter zu vertiefen.
Lehrer verwenden im Unterricht eine Reihe von Medien, die zur Veranschaulichung von Unterrichtsinhalten dienen sollen. Dazu gehören unter anderem Texte, Bilder, der Tageslichtprojektor, Karten, die klassische Kreidetafel, Bücher, Audiomaterial, Filme und auch diverse Anschauungs-Modelle. Alle diese Medien können auch weiterhin ohne Medienbruch über das Whiteboard verwendet werden, und dies in bester Darstellungsqualität. Mit der Möglichkeit der Interaktion eröffnen sich für diese herkömmlichen Medien über das Whiteboard neue Komponenten, die den Unterricht entscheidend verändern können.
Das interaktive Whiteboard ist eine neue, interessante und innovative Erweiterung des Unterrichtsgeschehens, weil es sehr viele Sachen ermöglicht, die eine normale Kreidetafel nicht zulässt. Der Lehrer kann Tafelbilder vorarbeiten und sofort in den Unterricht einsteigen. Er kann Aufzeichnen und aufzeigen, wie sich etwas entwickelt und man kann sich im Nachgang diesen Prozess immer wieder anschauen. Wenn man etwas normal an eine Kreidetafel schreibt, ist das Ergebnis immer statisch. Beim Whiteboard kann manden Bearbeitungsprozess immer wieder neu anschauen. Lehrerinnen und Leh- rer können Tafelbilder direkt speichern um in der nächsten Unterrichtsstunde nahtlos mit dem Unterrichtsgeschehen fortzufahren.
Ein weiterer Vorteil ist der Zugriff auf das Internet. Mit dem Whiteboard kann man interaktiv im Internet arbeiten, Schülerinnen und Schüler lassen sich besser in das Unterrichtsgeschehen einbeziehen und die Motivation steigt enorm.
Dieses Einbringen durch Aktionen und Interaktionen, das dem Schüler mit dem Whiteboard ermöglicht wird, eröffnet ebenso viele Möglichkeiten für den Unterricht, wie die Vielzahl an unterschiedlichen Medien, die jetzt schnell und unkompliziert und vor allem in neuer Kombination im Unterricht zur Verfügung stehen.
Mit vorbereiteten Tafelbildern lassen sich komplexe Zusammenhänge leicht strukturieren und ansprechend visualisieren. Im dynamischen Ablauf können diese Grafiken in einem gemeinsamen interaktiven Prozess, während der Unterrichtsstunde, von den Schülerinnen und Schülern ergänzt und komplettiert werden.
Ist bei diesem Prozesse ein komplexes Tafelbild entstanden, so kann dieses am Ende der Unterrichtsstunde problemlos gespeichert und zu Beginn der nächsten Unterrichtsstunde wieder aufgerufen und erneut bearbeitet werden.
Durch die Aktionen, die zum Teil auch spielerischen Charakter haben können, besteht die Chance, Schülerinnen und Schüler schneller und leichter für ein Thema zu interessieren und damit auch die Aufmerksamkeit im Unterricht stärker zu fokussieren und länger binden zu können. Durch diese Aktionen und Interaktionen haben wir auch im Bereich der Unterrichtsmethoden einen Wandel vom lehrerzentrierten Unterricht hin zur Schülerorientierung.
Schülerinnen und Schüler, die aktiv in den Erarbeitungsprozess eines Tafelbildes integriert werden können, fühlen sich für den positiven Verlauf einer Unterrichtsstunde mit verantwortlich. In diesem Zusammenhang lohnt sich ein Blick auf die „Behaltewerte“[9] beim Lernen, die etwas darüber aussagen, wie effektiv welche Form des Lernens ist. So ist das reine Lesen mit einem Wert von 10 Prozent am uneffektivsten. Das gewöhnliche Hören und Sehen im Unterrichtsablauf, beispielsweise beim Lehrervortrag oder auch bei einem Schülervortrag einer Mitschülerin oder eines Mitschülers hat einen Behaltewert von 50 Prozent. Am effektivsten ist aber die eigene Erarbeitung und Bewältigung beziehungsweise Lösungssuche bei einem bevorstehenden Problem. Was sich Schülerinnen und Schüler selbstständig erarbeiten, bleibt zu 90 Prozent erhalten. Man erinnert sich später oder auch im Laufe des Lebens an diese Situation, bei welchem man das gleiche oder ein ähnliches Problem hatte und kommt somit viel schneller wieder zu einer Lösung, wenn man sich diese bereits einmal selbstständig oder zusammen in Partner- oder Gruppenarbeit erarbeitet hat.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2 - Behaltewerte beim Lernen[10] - aus.: M. Hornhuber, Behaltewerte beim Lernen.
Kommen wir aber wieder zurück zu weiteren Vorteilen des Whiteboards als neues und zentrales Medium im Unterricht:
Der Vergleich einer Aufgabenstellung mit der richtigen Lösung, der sofort und gut sichtbar nach jeder Übung stattfinden kann, ermöglicht zum einen eine schnelle Kontrolle, zum anderen liefert er eine positive Verstärkung und fördert so spontan und nachhaltig den Lernerfolg bei den Schülerinnen und Schülern.
Das Whiteboard erweckt das Tafelbild durch den Einsatz von grafischen Animationen zu neuem Leben. So lässt sich ein dynamischer Ablauf auf diese Weise wesentlich besser und verständlicher darstellen, als es bei einer herkömmlichen Tafel möglich gewesen wäre.
Für den Wirtschaft und Recht - Unterricht könnten wir hierbei zum Beispiel die komplexe Erarbeitung des Wirtschaftskreislaufs nennen, die durch dynamische Erarbeitungsprozesse für Schüler wesentlich deutlicher werden, als mit einer klassischen Kreidetafel. Weiterhin besteht die Möglichkeit im Unterrichtsteil „Recht“ Rechtsfälle immer mit einem kurzen Video zu beginnen. Auf diese Weise kann der Rechtsfall dargestellt und somit für die Schüler realitätsgetreuer abgebildet werden, als es die Darstellung mit Hilfe eines Textes womöglich könnte.
4.3 Die Schule von morgen - vom ‚tatsächlichen‘ Ist-Zustand zum Soll-Zustand
Die Schule von morgen muss sich immer an der Entwicklung der Gesellschaft orientieren.
„Lehrer sind keineswegs digitale Verweigerer,“[11] so Udo Beckmann[12] in einem Interview. Lehrerinnen und Lehrer können immer nur so gut sein, wie sie es selbst in Studium und Referendariat gelernt haben beziehungsweise wie sie sich später mit Fort- und Weiterbildungen auseinandersetzen.
Deutsche Schulen aber haben einen erheblichen Nachholbedarf im Umgang mit digitalen Medien, die die Zukunft unseres Unterrichtsgeschehens darstellen werden. „Die Ausstattung ist in der Mehrheit der Fälle sehr unbefriedigend. An vielen Schulen sind die Voraussetzungen für digitales Lernen nicht einmal ansatzweise erfüllt.Häufig gibt es keinen Anschluss ans schnelle Internet, PCs stehen in der Regel als Einzelexemplar im Lehrerzimmer oder bei der Schulleitung. Mehr als jede fünfte Lehrkraft hat nicht einmal [im Jahr 2014] Zugang zu einem Computer […]“[13]
Wenn wir von der Schule von morgen reden, müssen wir immer auch die Ausstattung der Schulen berücksichtigen. Gerade aus dem Grund, weil neue und digitale Medien immer wichtiger werden. „Im Alltag der meisten Kinder und Jugendlichen spielen vor allem elektronische Medien eine wichtige Rolle - dazu liefert die JIM-Studie 2011[14] einige wesentliche Zahlen: Betrachtet man die Haushalte insgesamt, so kann man sagen, dass Computer, Fernseher, Handy und Internet heute zur Grundausstattung gehören: 99 100 Prozent der Haushalte verfügen darüber. [Weiterhin hat] fast jeder Jugendliche zwischen 12 und 19 Jahren […] ein eigenes Handy (96 Prozent). Etwas weniger verfügt über einen eigenen Computer (79 Prozent).“[15]
Da die Schülerinnen und Schüler bereits mit diesen neuen Medien aufwachsen, sollte auch der Unterricht in der Schule auf diese Medien zurückgreifen. Neben der modernen und aktuell technischen Ausstattung unserer Schulen gehört auch die Aus- und Weiterbildung der Lehrkräfte zu den zukünftig wichtigen Aufgaben. Was bringen neue Medien und Methoden, wenn Lehrerinnen und Lehrer sie nicht bedienen oder anwenden können? Sandra Doth[16] berichtet in der Zeitschrift PÄDAGOGIK über einen Versuch, Fortbildungsinhalte in der Praxis anzuwenden. Die Ergebnisse werden überraschen:
„Interessengeleitetes Lernen, Eigenverantwortung und aktive Beteiligung der Schülerinnen und Schüler im […] Unterricht - geht das? Und wie verträgt sich das mit engen Vorgaben und zunehmender Output-Orientierung?“[17]
„Wie? Und ich soll wirklich nur ein Bild malen.“
Verwirrt steht Anna vor ihrer Lehrerin.
„Ja genau, bei der Aufgabe geht es darum, deine Überlegungen zum Thema in einem Bild darzustellen.“ beruhigt sie die Lehrerin.
„Das ist mir zu schwer, dann schreibe ich lieber eine Debatte!“ lautet die Antwort.
„Kennen Sie das auch? Ich komme mit einer Vielzahl neuer Eindrücke von einer Fortbildung. So also kann Unterricht auch sein! Mir fallen spontan mehrere Stellen in meinen bewährten Reihen ein, die sich mit dem einen oder anderen neu Gelernten ganz sicher verbessern lassen. Ich sollte dringend einiges davon ausprobieren! Am nächsten Morgen treffe ich wieder auf meine alten Bekannten: Lehrplan, große Lerngruppen, Raumnot, hohe Stundenbelastung, Korrekturen, fehlendes Material, skeptische Kollegen, irritierte Schüler, Bequemlichkeit.
Und oft überarbeite ich dann doch nur kleinste Teile meiner eigenen, vertrauten, eigentlich doch ‚sowieso schon ganz guten‘ Unterrichtsreihen.“[18]
Damit die Schule von morgen zum vollen Erfolg wird und wir nichtmehr in Zukunft vom erhofftem „Soll-Zustand“ sprechen müssen, sondern endlich den „Ist-Zustand“ erreichen, über den wir immer reden, müssen wir an vielen Faktoren arbeiten. „Sofern überhaupt eine IT-Ausstattung da ist, fehlt es vielfach an geschultem Fachpersonal, das die Technik betreut. Meistens müssen sich Pädagogen um Support, Wartung und Aktualisierung kümmern - nicht selten außerhalb ihrer Dienstzeit. Das gilt auch für den Erwerb von IT-Kenntnissen. Neun von zehn Lehrern erledigen das auf eigene Faust zu Hause, weil es entsprechende Fortbildungen so gut wie nicht gibt.“[19]
„Die digitale Schule ist mehr oder weniger die Privatangelegenheit der einzelnen Lehrkraft.“[20]
Neben der Ausstattung und der Schulung von Lehrkräften gehören auch die Faktoren dazu, welche Frau Doth angesprochen hat. Dazu zählen die Überarbeitung des Lehrplans, kleinere Lerngruppen, bessere Räumlichkeiten, Entlastung von Lehrerinnen und Lehrern sowie ausreichend Material und vor allem die Experimentierfreudigkeit auf Seiten der Schülerinnen und Schüler aber auch auf Seiten der Lehrerinnen und Lehrer.
Natürlich gibt es bereits Schulen, die durch moderne Ausstattung und gute räumliche Gegebenheiten punkten können. Wie aber beispielsweise eine Lehrplananpassung aussehen müsste, werde ich im nächsten Gliederungspunkt betrachten, wenn ich ausgewählte Studien näher unter die Lupe nehmen und die Ergebnisse präsentieren werde.
Eine gute Schule wie auch die Weiterentwicklung des Bildungswesens ist abhängig von der Qualität der Lehrkräfte. Die Studie von J. Hattie[21] bestätigt, dass Lernergebnisse stärker durch die Unterrichtsqualität und Lehrerkompetenz als durch strukturelle Merkmale des Bildungssystems beeinflusst werden. Insbesondere das erlernbare Handeln, wie zum Beispiel eine klare und störungspräventive Unterrichtsführung, ein zugewandtes, ermutigendes, fehlerfreundliches und unterstützendes Lernklima, eine breite Palette an aktivierenden Lehr- und Lernstrategien ist für den Lernerfolg der Schülerinnen und Schüler von großer Bedeutung.
5 Vergleich ausgewählter Studien
In diesem Gliederungspunkt möchte ich auf einige ausgewählte Studien eingehen und die Vorgehensweise der empirischen Datenerhebung untersuchen und vergleichen. Eine Interpretation zweier Studien erfolgt dann im Anschluss in Gliederungspunkt 6.
Nach einer Studie von Pätzold, Klusmeyer, Wingels und Lang[22] im Jahr 2003sowieeiner weiteren Untersuchung aus dem Jahr 2006 von Seilfried, Grill und Wagner[23] gibt es keine Veränderung der Unterrichtsrealität. „Es gibt vielfältige Hinweise darauf, dass das unterrichtliche Handeln in deutschen Schulen - ungeachtet der Diskussion über Handlungsorientierung und Konstruktivismus […] - noch immer durch Gleichförmigkeit und Methodenmonismus geprägt ist.“[24] Den dominantesten Platz im Unterrichtsgeschehen nimmt der lehrerzentrierte, fragend-entwickelnde Frontalunterricht ein. Dabei gibt es eine unterschiedliche Wahrnehmung des Unterrichts von Lehrerinnen und Lehrern gegenüber der Wahrnehmung von Schülerinnen und Schülern. Lehrer als aktiver Part des Frontalunterrichts schätzen die Zeit des Frontalunterrichts selbst weniger stark ein, als die zuhörenden Schülerinnen und Schüler.
Die Sozialform die überwiegend im Unterricht Anwendung findet ist der Klassenunterricht. Das meist genutzte Medium die Tafel. Wir haben an deutschen Schulen eine starke Dominanz des Frontalunterrichts und wenig Schülerorientierung. Die Überzeugungen der letzten Jahre haben sich verändert, das faktische Handeln der Lehrpersonen jedoch nicht.
Es gibt nach wie vor nur wenige empirische Untersuchungen, die diese Behauptungen stützen. Dennoch findet man in den Studien, die vorhanden sind, immer wieder die gleichen Ergebnisse:
Die Videostudie, die im Rahmen der „Third International Methematics and Science Study“ (TIMSS) für den Mathematik- und naturwissenschaftlichen Unterricht durchge- führt wurde, ermittelte einen Anteil des Frontalunterrichts an der gesamten Unterrichtszeit von 73%.[25] „Knapp 90 Prozent der verbleibenden schülerzentrierten Phasen arbeiten die Schüler alleine.“[26] Auch Ditton analysierte im Rahmen von QuaSSU[27], ein von der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Rahmen des Schwerpunktprogramms „Bildungsqualität von Schule“ (BIQUA) entwickeltes Programm, dass es ein Vorherrschen des Frontalunterrichts in allgemein bildenden Schulen gibt. „Bei einer Befragung von mehr als 4.000 Schülerinnen und Schülern zum Mathematikunterricht erreichte das Item „Der Lehrer redet und stellt Fragen, einzelne Schüler antworten“ auf einer vierstufigen Skala von 1 = nie bis 4 = oft mit einem Mittelwert von 3,17 den höchsten Grad an Zustimmung […]“[28]
Auch ältere Studien belegen, dass der Unterricht in Deutschland vorwiegend nach dem Muster des fragend-entwickelnden lehrerzentrierten Frontalunterrichts abläuft. Schon 1985 kamen Hage, Bischoff, Dichanz, Eubel, Oehlschläger und Schwittmann mittels eines standardisierten Beobachtungsrasters zu dem Ergebnis, dass circa 75 Prozent der Unterrichtssequenzen in der Sozialform „Klassenunterricht“ erfolgt.[29] „Mit Hage et. al. kann man in diesem Zusammenhang von einer methodischen „Monostruktur“ sprechen.“[30]
[...]
[1] vgl. www.vielfalt-mann.de
[2] Zur besseren Lesbarkeit soll für den gesamten Bericht das generische Maskulinum Anwendung finden. Mit der gewählten Formulierung sind sowohl Männer und Frauen gleichermaßen angesprochen.
[3] vgl. H. Meyer, 2002.
[4] aus: Neuer G., Babanski J.K.: „Pädagogik“. Volk und Wissen. Berlin. 5. Auflage. 1985. S. 362.
[5] vgl. H. Meyer, 1987.
[6] vgl. H. Meyer, 1987.
[7] vgl. Hilbert Meyer: Unterrichtsmethoden. II Praxisband. 8. Auflage. Frankfurt/M. Cornelsen. 1997. S.183.
[8] vgl. International Compter and Information Litacy Study (ICILS). 20.11.2014.
[9] vgl. M. Hornhuber, Behaltewerte beim Lernen.
[10] aus.: M. Hornhuber, Behaltewerte beim Lernen.
[11] Udo Beckmann im Interview mit Ralf Wurzbacher. 2014.
[12] Udo Beckmann ist Bundesvorsitzender des Verbands Bildung und Erziehung (VBE), der deutschlandweit rund 140.000 Lehrerinnen und Lehrer vertritt
[13] Udo Beckmann im Interview mit Ralf Wurzbacher. 2014.
[14] Jugend, Information, (Multi-) Media (JIM). Basisuntersuchung zum Medienumgang 12- bis 19- Jähriger Hrsg. vom Medienpädagogischen Forschungsverbund Südwest. Stuttgart 2011.
[15] P. Schepers/ B. Wetekam: Handbuch Medienkunde - Konzeption und praktische Umsetzung schulischer Medienbildung. westermann. Braunschweig 2012.
[16] Sandra M. Doth ist Lehrerin für Biologie und Sozialwissenschaften am Nicolaus-Cusanus-Gymnasium in Berglisch Gladbach, Erprobungsstufenkoordinatorin und Netzwerkmoderatorin im Projekt „Lernpotenziale“.
[17] aus PÄDAGOGIK. 65 Jahrgang. Heft 2. Februar 2013, Julius Beltz GmbH & Co. KG. Hamburg 2013.
[18] aus PÄDAGOGIK. 65 Jahrgang. Heft 2. Februar 2013, Julius Beltz GmbH & Co. KG. Hamburg 2013.
[19] Udo Beckmann im Interview mit Ralf Wurzbacher. 2014.
[20] Udo Beckmann im Interview mit Ralf Wurzbacher. 2014.
[21] vgl. J. Hattie: „Lernen sichtbar machen für Lehrpersonen: Überarbeitete deutschsprachige Ausgabe von „Visible Learning for Teachers“. Schneider Verlag. 2014.
[22] vgl. Pätzold, Klusmeyer, Wingels, Lange: „Lehr-Lern-Methoden in der beruflichen Bildung“. Berufs und Wirtschaftspädagogik. bis. BWP 18. 2003.
[23] Seilfried, Grill, Wagner: „Unterrichtsmethoden in der kaufmännischen Unterrichtspraxis“. in Wirtschaft und Erziehung. 58. 2006. 7-8. S. 236 - 241.
[24] Seilfried, Grill, Wagner: „Unterrichtsmethoden in der kaufmännischen Unterrichtspraxis“. in Wirtschaft und Erziehung. 58. 2006. 7-8. S. 236 - 241.
[25] vgl. TIMSS - Trends in International Mathematics and Science Study.
[26] Seilfried, Grill, Wagner: „Unterrichtsmethoden in der kaufmännischen Unterrichtspraxis“. in Wirtschaft und Erziehung. 58. 2006. 7-8. S. 236 - 241.
[27] QuaSSU = Qualitätssicherung in Schule und Unterricht.
[28] Seilfried, Grill, Wagner: „Unterrichtsmethoden in der kaufmännischen Unterrichtspraxis“. in Wirtschaft und Erziehung. 58. 2006. 7-8. S. 236 - 241.
[29] vgl. Hage, Bischoff, Dichanz, Eubel, Oehlenschläger, Schwittmann: „Das Methoden-Repertoire von Leh rern. Eine Untersuchung zum Schulalltag der Sekundarstufe I. Opladen. 1985.
[30] Seilfried, Grill, Wagner: „Unterrichtsmethoden in der kaufmännischen Unterrichtspraxis“. in Wirtschaft und Erziehung. 58. 2006. 7-8. S. 236 - 241.
- Arbeit zitieren
- Tim Reukauf (Autor:in), 2015, Methodenmonismus und Medienvielfalt im Unterricht. „Das Ende der Kreidezeit“, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/310972
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