Die Arbeit stellt zunächst das Konzept des Land Sharing vor, welches die Vereinbarkeit von Landwirtschaft und Naturschutz auf derselben Fläche für möglich hält. Bildlich wird es als Mosaik aus unterschiedlich intensiv genutzten Flächen und natürlichen Habitaten dargestellt. Dieses soll durch kleinbäuerliche Landwirtschaft und agrarökologische Anbaumethoden erreicht werden, was zu Ernährungssouveränität (lokal produzierte, qualitativ, quanitativ und kulturell adäquate und selbstbestimmte Ernährung) führt.
Die peruanische Region Madre de Dios wird auf Ansätze und Akteure hin untersucht, die für oder gegen eine Entwicklung zugunsten des Land Sharing stehen. Aus der Perspektive der Politischen Ökologie werden dafür lokale Konflikte um den Umgang mit der Natur und der Art der Landwirtschaft durch lokal und global agierende Akteure analysiert. Dabei werden die lokalen Ressourcenkonflikte um Gold, Holz und Land in einen globalen Kontext gestellt.
Das Ende stellt den Versuch einer Prognose der lokalen Entwicklungen dar, und auch die Bedingungen, die für eine Land Sharing zugewandte Entwicklung benötigen würde.
Inhaltsverzeichnis
Abkurzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1. Einleitung
1.1. Hinfuhrung und thematische Einordnung
1.2. Zur Gliederung
1.3. Ziel dieser Arbeit
1.4. Auswahl des Untersuchungsgebietes
1.5. Methodik
1.6. Selbstverortung und personliche Motivation
2. Theorie und konzeptueller Kontext
2.1. Politische Okologie
2.1.1. Entstehung und Definition
2.1.2. Forschungsschwerpunkte
2.1.3. Theoretischer Bezug und Methodik
2.2. Land Sharing
2.2.1. Land Sharing vs. Land Sparing
2.2.2. Okologische Grundlagen und Argumentation von Land Sharing
2.2.3. Kleinbauerliche Landwirtschaft und Agrarokologie
2.2.4. Die Grune Matrix
2.3. Land Sharing und Politische Okologie
3. Land Sharing-Strukturen in Madre de Dios - Peru
3.1. Politischer Uberblick
3.2. Landeskundlicher Uberblick
3.2.1. Naturraumlicher und administrativer Uberblick
3.2.3. Aktuelle umweltrelevante Entwicklungen
3.3. Charakterisierung der Landwirtschaft in Madre de Dios
3.4. Existenz von Land Sharing-Strukturen in Madre de Dios
3.4.1. Land Sharing-Akteure in Madre de Dios
3.4.2. Naturschutz in Madre de Dios aus der Perspektive des Land Sharing
3.4.3. Landschaftliche Fragmentierung und landwirtschaftliche Matrix
4. Einfluss politisch-okologischer Problemfelder auf die Entstehung von Land Sharing
4.1. Illegaler Holzeinschlag
4.2. Expansion der Siedlungs-, StraRen- und Landwirtschaftsflachen
4.3. Informeller und illegaler Goldabbau
5. Ausblick
5.1. Perspektiven fur Madre de Dios
5.2. Land Sharing-Perspektiven in Madre de Dios
6. Fazit
Literaturverzeichnis
Anhang
Abkurzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Land Sparing-Landschaft in Brasilien (Quelle: Mongabay 2014)
Abbildung 2: Fragmentierte Landschaft in Chiapas, Mexiko. Naturliche Habitate sind eingebettet in eine landwirtschaftliche Matrix (Quelle: Perfecto et al. 2009, S. 5)
Abbildung 3: Vergleich von Land Sparing (links) und Land Sharing (rechts). Je dunkler die Quadrate eingefarbt sind, desto hoher ist deren okologische Qualitat. Darunter ist ein Vergleich der Grundsatzlichen Unterschiede zwischen den beiden Konzepten zu finden (Quelle: Fischer et al. 2008, S. 381)
Abbildung 4: Anteil an der weltweiten landwirtschaftlichen Produktion nach Produktionsweise (Quelle: ETC Group 2009, S. 1)
Abbildung 5: Effizienz unterschiedlich diverser Agrarokosysteme (Quelle: Altieri et al. 2012, S. 2)
Abbildung 6: Kleinbauerliche Souveranitat durch Agrarokologie (Quelle: Altieri et al. 2012, S. 11)
Abbildung 7: Grofite Flusslaufe, Interoceanica und Unterteilung des Departamentos Madre de Dios nach Provincias (eigener Entwurf auf Grundlage von Google Earth 2015, Banco Central De Reserva Del Peru Sucursal Cusco 2014, S. 1; Mosquera 2009, S. 159)
Abbildung 8: Verhaltnis von Immigration zu Emigration in Madre de Dios von 1940 bis 2007 (Eigener Entwurf auf Datenbasis von INEI2007)
Abbildung 9: Verteilung der Bevolkerung in Madre de Dios (verandert nach Mosquera 2009, S. 160)
Abbildung 10: Fragmentierung und Landnutzungswandel durch Goldabbau in der Mine Huepetuhe, Madre de Dios (Quelle: Panoramio 2013)
Abbildung 11: Entwaldete Flachen 1991 (links) und 2008 (rechts) entlang der Interoceanica im Suden von Madre de Dios. Waldflachen sind in grau, entwaldete Flachen in weifi dargestellt. Der schwarze Punkt symbolisiert Puerto Maldonado (Vuohelainen et al. 2012, S. 654)
Abbildung 12: Satellitenbildaufnahme im Suden Puerto Maldonados zeigt die fragmentierte Landschaft zu beiden Seiten der Interoceanica (Quelle: Google Earth 2013)
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Flachen- und Bevolkerungsanteil nach Provincia (Eigener Entwurf auf Datenbasis von INEI 2013)
Tabelle 2: Aufteilung nach Flachenanteil der jeweiligen Nutzung; „spezlelle Behandlung" deutet auf die Einbeziehung von indigenen Reservaten und Okotourismuskonzessionen hin (Eigene Darstellung, auf Grundlage von GOREMAD 2008, S. 11)
1. Einleitung
1.1. Hinfuhrung und thematische Einordnung
Die wachsende Weltbevolkerung und die zunehmende Dringlichkeit zur Losung der globalen Krisen fuhren zu einer Vielzahl alternativer Konzepte, die neue Ansatze zur Losung der Krisen anbieten und die konventionellen Krisenbewaltigungsstrategien als gescheitert kritisieren.
In den meisten tropischen Landern treten die Krisen des globalen Wirtschaftssystems ver- starkt zu Tage: Die Hunger- und Armutsproblematik, Umweltzerstorung und die Auswirkungen des Klimawandels betreffen vor allem die dort lebenden Menschen, deren Uberleben haufig direkt von der naturlichen Umgebung abhangt (Krings 2008, S. 5).
Ausgehend vom globalen Artensterben und der Ernahrungskrise kritisieren Perfecto und Vandermeer die konventionellen Naturschutz- und Landwirtschaftspraktiken. Diese werden bisher meist als unvereinbar miteinander betrachtet und vor allem KleinbauerInnen werden als "the enemy of biodiversity"(Perfecto und Vandermeer 2008, S. 174) verurteilt. Mit dem integrativen Konzept des Land Sharing haben Perfecto und Vandermeer einen neuen Ansatz entwickelt um diese globalen Krisen anzugehen. Land Sharing verurteilt den okozentrischen "Festungsnaturschutz"(Clausing 2013, S. 93), der die Verdrangung der lokalen Bevolkerung zur Folge hat. Von einer populationsbiologischen Argumentation des Artenschutzes ausgehend, gelangen Land Sharing-BefurworterInnen zu dem Schluss, dass langfristiger und sozial vertrag- licher Naturschutz nur durch den Einbezug von KleinbauerInnen moglich ist, die durch die Ag- rarokologie zum Erhalt der Artenvielfalt in einer fragmentierten Landschaft beitragen konnen.
Als Naturschutzkonzept verfolgen die Akteure des Land Sharing bestimmte Interessen im Um- gang mit der Natur, die mit den Interessen anderer Akteure konkurrieren. Aufgrund dieser Politisierung der Natur bietet sich die Politische Okologie an, um Problemfelder bei der Ent- stehung von Land Sharing-Strukturen zu untersuchen.
Die Akteure des Land Sharing konnen im Kontext der Ernahrungssouveranitatsbewegung ver- ortet werden, da beide Ansatze auf die Macht und Dynamik der sozialen Bewegungen setzen und „von unten" eingefordert und umgesetzt werden.
Land Sharing kann in die Reihe der neueren kapitalismuskritischen und Post-Development An- satze eingeordnet werden, die den Umgang des Menschen mit der Natur und ihrer Ressourcen thematisieren (Buen Vivir, Ubuntu, Postextraktivismus u.a.).
1.2. Zur Gliederung
Nach der Einleitung (Kapitel 1), in der die Relevanz und Ziele der Arbeit dargestellt werden, folgt der Hauptteil (Kapitel 2 - 4), der zunachst die theoretische (Kapitel 2.1) und konzeptuelle (Kapitel 2.2) Grundlage legt, deren Kompatibilitat aufzeigt (Kapitel2.3), um diese anschlieRend auf ein Fallbeispiel anzuwenden (Kapitel 3.4), nachdem ein grundlegender Uberblick uber die Daten und Entwicklungen von Relevanz uber diese gegeben wurde (Kapitel 3.1 bis 3.3). In Kapitel 4 findet die Synthese der vorigen Kapitel statt. Kapitel 5 beinhaltet einen Ausblick zur Entwicklung der Fallbeispielregion. Kapitel 6 umfasst die Schlusskonklusion in Form des Fazits.
1.3. Ziel dieser Arbeit
Die Arbeit verfolgt trotz ihres geringen Umfangs mehrere Ziele. Sie soll aufzeigen, dass die Politische Okologie ein adaquates Konzept darstellt, um Fallbeispiele auf Land Sharing-Ansatze hin zu untersuchen und wie sich politisch-okologische Problemfelder auf Land Sharing-Struk- turen auswirken konnen. Um dies zu gewahrleisten, ist es notwendig zunachst die Problemfelder in der Fallbeispielregion auszuarbeiten, sowie die Komplexitat, Ursachen und die ver- schiedenen Akteure derselben aufzuzeigen. AuRerdem sollen Zukunftsszenarien bezuglich des Potentials von Land Sharing-Strukturen in der Region aufgezeigt werden.
Grundsatzlich soll diese Arbeit, ganz im Sinne der Politischen Okologie, sowie des Land Sharings, zum Hinterfragen etablierter Strukturen und Praktiken anregen, vor allem bezuglich des Umgangs mit und des Verstandnisses von Natur, was sich in der Umsetzung von Landwirt- schaft und Naturschutz niederschlagt.
1.4. Auswahl des Untersuchungsgebietes
Die Wahl des Fallbeispiels fallt auf den sudwestlichen Auslaufer des Amazonasbeckens in Peru, im Departamento Madre de Dios. Es bietet sich fur die Aufgabenstellung der Arbeit besonders an, da die Region bis vor einigen Jahren noch relativ isoliert von den nationalen und international Markten war und erst seit Beginn des 21. Jahrhunderts durch den gestiegenen Gold- preis und den Bau der transamazonischen StraRe Interoceanica tiefgreifende ErschlieRungs- und Ausbeutungsprozesse in Gang gesetzt wurden, mit weitreichenden okologischen und so- zialen Folgen. Als Teil des groRten zusammenhangenden tropischen Regenwaldes der Erde und eine der artenreichsten Regionen mit groRen Naturschutzgebieten und gleichzeitig gro-
Rem landwirtschaftlichem Potential sind Interessenkonflikte um naturliche Ressourcen zwi- schen verschiedenen Akteuren der lokalen, nationalen und internationalen Ebene fur diese Region abzusehen oder werden bereits ausgetragen.
Daruber hinaus weist die Region wenig angepasste landwirtschaftliche Methoden und geringe Ertrage auf, ebenso wie eine zunehmende Fragmentierung der Landschaft, was gute Voraus- setzungen fur Ansatze des Land Sharing-Konzeptes darstellt.
Eigene Reiseerfahrungen und Tatigkeiten im Bereich der agrarokologischen Landwirtschaft fuhren zu personlichem Interesse des Autors dieser Arbeit an dieser Region.
1.5. Methodik
Samtliche Informationen dieser Arbeit wurden durch Literaturrecherchen erhoben. Die theo- retischen und konzeptuellen Grundlagen wurden aus wissenschaftlichen Artikeln in Sammel- werken oder Monographien, und auch einzelnen wissenschaftlichen Publikationen erarbeitet. Die Informationen zum Fallbeispiel wurden durch die Aktualitat der Thematik zum Teil aus lokalen und regionalen Zeitungsartikeln bezogen, ebenso wie aus verschiedener grauer Lite- ratur von NGOs oder Regierungsbehorden. Dennoch konnten auch hierzu einige wissenschaft- liche Publikationen ausgewertet werden, die von international bekannten Universitaten stam- men, oder von der lokalen Universitat in Puerto Maldonado oder anderen Institutionen in Peru herausgegeben wurden.
Selbstkritisch muss erwahnt werden, dass in der Analyse des Fallbeispiels die Literaturrecher- che nur eine relativ distanzierte Sicht auf die Situation zulasst und Medien neben den wenigen verfugbaren Studien eine wichtige Quelle darstellten. Eine differenziertere und exaktere Un- tersuchung der Auswirkungen von politisch-okologischen Problemfeldern auf Land Sharing- Strukturen ist durch Feldstudien vor Ort moglich.
1.6. Selbstverortung und personliche Motivation
Laut Blaikie (1999) in Krings (2011, S. 1101) „interessiertsich die Politische Okologie dafur, wie und von welchen unterschiedlich machtigen Interessensgruppen Wissen von und uber die Um- welt produziert und verbreitet wird". Dementsprechend sollten auch ForscherInnen, die poli- tisch-okologische Ansatze verfolgen, daruber reflektieren, welche Bedeutung die Produktion von Wissen uber andere Menschen oder die Natur hat und kritisch und reflektiert mit dieser Macht umgehen.
Im Hinblick auf diese Arbeit soil auch das Verhaltnis von Mensch und Natur und das weit ver- breitete Verstandnis des Dualismus von Mensch und Natur kritisch hinterfragt werden. Dieses Verstandnis ist keineswegs „in der menschlichen Natur" verankert, sondern das Produkt der Konstruktion durch das vorherrschende westliche Gesellschafts- und Wirtschaftsmodell. Dieses gefahrdet durch den systeminharenten Wachstumszwang und stetig wachsenden Res- sourcenbedarf den Erhalt dessen, was als Natur verstanden wird.
Von dieser Position ausgehend kann der Naturschutz als Symptombekampfung der kapitalis- tischen Expansion gewertet werden. Wurde sich der Mensch als Teil der Natur verstehen, wurde sich die Bedeutung des Begriffs „Naturschutz" in der Paradoxie verlieren und hatte seine Notwendigkeit verloren (Buscher und Fletcher 2014).
In diesem Sinne liegt auch dieser Arbeit der Wunsch zu Grunde, einen Beitrag zur Reflexion der Menschen (und des Naturschutzes) bezuglich ihres Verhaltnisses gegenuber der Natur (als „Wildnis") zu leisten. Dem Land Sharing liegt ein anderer Umgang des Menschen mit der Natur zu Grunde, weshalb dieses auch in der Postwachstumsdebatte als Konzept zum Umgang mit der Natur gehandelt wird, wie Vortrage zu diesem Thema bei der letztjahrigen internationalen Degrowth-Konferenz in Leipzig zeigten (Degrowth-Konferenz Leipzig 2014).
2. Theorie und konzeptueller Kontext
2.1. Politische Okologie
2.1.1. Entstehung und Definition
Die Politische Okologie ist eine Forschungsrichtung, die sich an der Schnittstelle von Natur- und Sozialwissenschaften als transdisziplinarer Ansatz etabliert hat. Sie wurde in den 1980er Jahren vorwiegend in der anglophonen Geographie entwickelt und entstand angesichts der zunehmenden Globalisierung und Verscharfung von Umweltproblemen beziehungsweise der vereinfachten Darstellung der Ursachen dieser Probleme durch die sogenannten apolitische Okologie. Aufgrund der weiter zunehmenden Brisanz der globalen Umweltproblematik erfahrt die Politische Okologie weiterhin wachsende Aufmerksamkeit (Krings 2008, 2011). Im Zent- rum politisch-okologischer Fragestellungen stehen allgemein „problematische Mensch-Um- welt-Beziehungen"(ebd. 2011, S. 1097f), wobei laut Blaikie (1999) in Krings (2008, S. 6) die Umwelt „als ein Schlachtfeld divergierender Interessen" angesehen wird.
Bei der Analyse der Ursachen von Umweltdegradation und -zerstorung wird die Politisierung von Akteuren und der Natur als Ressource untersucht, sowie soziale und machtpolitische Strukturen und Hierarchien herausgearbeitet, die vor dem Hintergrund sozialer, politischer und okonomischer Gegebenheiten auf lokaler, nationaler und globaler Ebene betrachtet wer- den, unter Berucksichtigung historischer Ereignisse (ebd. 2011, S. 1097f). Es wird von der An- nahme ausgegangen „that any tug on the strands of the global web of human-environment linkages reverberates throughout the system as a whole"(Robbins 2012, S. 13).
Dies grenzt die Politische Okologie deutlich von der sogenannten apolitischen Okologie (vgl. (ebd. 2012, S. 14) ab, aus deren Kritik die Politische Okologie hervorgegangen ist. Die Kritik besteht vorwiegend in den monokausalen Erklarungsansatzen der apolitischen Okologie, nach denen Umweltdegradation und -zerstorung, in Anlehnung an den englischen Okonomen Thomas R. Malthus (1766*-1834+), rein durch Bevolkerungsdruck und Ressourcenknappheit bedingt seien. Nach der Politischen Okologie werden diese beiden Faktoren allerdings durch den Kontext gesellschaftlicher Organisationsformen relativiert. Wohlstand und Technisierung sind dabei beispielsweise entscheidendere Faktoren als die reine GroRe der Bevolkerungszahl. So konsumiert ein Bruchteil der weltweiten Bevolkerung den GroRteil der globalen Ressour- cen (ebd. 2012, S. 14ff). Bryant und Bailey, zitiert in Robbins (2012, S. 19f), schreiben „that environmental change and ecological conditions are the product of political process. [...] costs and benefits associated with environmental change are for the most part distributed among actors unequally... which inevitably reinforces or reduces existing social and economic inequalities which holds political implications in terms of the altered power of actors in relation to other actors". Bei diesem Zitat wird die Politisierung von Natur deutlich und es zeigt, dass eine apolitische Okologie die Ursachen von Umweltveranderungen- oder Ressourcenkonflikten nur unzureichend erklaren kann.
Da Umweltzerstorung und -degradierung in den Landern des globalen Sudens insbesondere die lokale Bevolkerung betreffen, da diese haufig direkt von ihrer Umwelt abhangig ist, kon- zentriert sich die Politische Okologie bisher vorwiegend auf diese Lander. Dabei wird die Vul- nerabilitat als ein wichtiger Faktor betrachtet, sowie die koloniale Vergangenheit der meisten dieser Lander und haufig bestehende neokoloniale Strukturen, die im Zuge der Untersuchung von Machthierarchien relevant sind. Diese Stromung der Politischen Okologie wird als Third World Political Ecology bezeichnet (Krings 2008, S. 5). In der jungeren Vergangenheit werden zunehmend auch politisch-okologische Forschungen bezuglich Umweltgerechtigkeit in den reichen Landern der Industrienationen unternommen, im Rahmen der sogenannten First World Political Ecology (ebd. 2011, S. 1097f; McCarthy 2002).
2.1.2. Forschungsschwerpunkte
Allgemein stehen im Forschungsinteresse die Folgen der weltweit prasenten und grower wer- denden sozialen Ungleichheit als Folge des neoliberalen kapitalistischen Systems, das entspre- chend der Fragmentierenden Entwicklung soziale Ungleichheit produziert und diese durch Marginalisierung manifestiert (Scholz 2012). Diese auRert sich im Zuge von Umweltungerech- tigkeit im Zugang zu naturlichen Ressourcen, der durch Machthierarchien bestimmt wird, die in der Regel zugunsten der okonomisch Privilegierten ausfallen. Praktisch auRert sich dies bei Themenkomplexen wie Regenwaldzerstorung, Bodenerosion, Umweltverschmutzung (z.B. durch Bergbau), Landnutzungskonflikte (z.B. Vertreibungen durch landwirtschaftliche, Stau- damm- oder Naturschutzprojekte) und Artensterben, bei denen unterschiedliche Interessen- und Akteursgruppen interagieren und aufgrund machtpolitischer Ungleichheiten Verliererln- nen und Gewinnerlnnen hervorgehen. Daruber hinaus werden Faktoren wie Geschlecht, ge- sellschaftlicher Stand und Ethnizitat der Akteure beachtet (Krings 2008, S. 8, 2011, S. 1097f). Da (lokale) Umweltzerstorung stets als ein Teil des komplexen globalen Systems gesehen wird ist die Aufgabe der Politischen Okologie „finding causes rather than symptoms of prob- lems"(Robbins 2012, S. 20).
Als weitere Aufgabestellung sieht Robbins (2012, S. 20) die Erarbeitung von Alternativen und entwirft so folgende Metapher der Politischen Okologie: „Offering both a 'hatchet' to take apart flawed, dangerous, and politically problematic accounts, and a 'seed', to grow into new socio-ecologies".
2.1.3. Theoretischer Bezug und Methodik
Entsprechend der Transdisziplinaritat der Politischen Okologie kann eine Vielzahl theoretischer Bezuge ausgemacht werden, weshalb Robbins (2012, S. 20) die politisch-okologischen Erklarungsansatze mit einer Tendenz „to be highly (sometimes recklessly) integrative" be- schreibt. So sind Ansatze aus der Entwicklungstheorie wie der Livelihood- und Verwundbar- keitsansatz ebenso zu finden wie Einflusse der Dependenztheorie oder der Politischen Oko- nomie, wobei durchweg der Fokus auf den Wechselwirkungen zwischen gesellschaftlich-oko- nomischer Organisation, Ressourcenverfugbarkeit und Umweltzustand gelegt wird.
Ein wichtiger methodischer Ansatz der Politischen Okologie besteht in der Analyse von Akteu- ren bezuglich der Politisierung von Umwelt. Dabei wird grundsatzlich zwischen Einzelakteuren und Akteurskollektiven unterschieden. Einzelakteure stellen hier okonomisch rational han- delnde Individuen dar, die dem eigenen Wohlergehen Prioritat gegenuber Anderen oder dem Zustand der Umwelt einraumen. Als Akteurskollektive werden Gruppen von Einzelakteuren bezeichnet, die sich uber bestimmte Zugehorigkeitsmerkmale wie Sprache, Kultur, Ethnie, ge- sellschaftlicher Stand oder politische Orientierung identifizieren und im Umweltkontext glei- che Interessen verfolgen. Aufgrund dieser Konstruktion von Zugehorigkeiten und entgegen- gesetzten Interessen kommt es haufig zu Konflikten um Verfugungsrechte uber Naturressour- cen. Oftmals finden diese Konflikte zwischen dem Staat bzw. einer staatlichen Institution, und einer durch dessen Handlungen benachteiligten gesellschaftlichen Gruppe statt, wobei das machtpolitische Gewicht haufig zugunsten des Staates ausfallt. Macht wird aus poststruktu- ralistischer Sicht im Kontext von Wissen gesehen, und manifestiert sich durch Gesetze, Dis- kurse, Sprache, Bildung und Kultur, welche die entsprechende Gruppe nach eigenen Interessen beeinflussen kann. Hierbei ist zu beachten, dass wiederum jedes Akteurskollektiv in wei- tergehende Machthierarchien eingebunden ist und auch innerhalb dieser Akteurskollektive Heterogenitat auftritt. So ist ein Staat einer okonomisch schwachen Gruppe gegenuber dominant, wahrend er selbst in internationale Verflechtungen und Verpflichtungen eingebunden ist, denen er sich moglicherweise in demselben Konflikt beugen muss, und somit seine eigent- liche Dominanz gegenuber dem schwacheren Kollektiv nicht geltend machen kann.
Bei der Methode der Mehrebenenanalyse kommt der Ansatz der Akteursgruppen zum Tragen. Hierbei wird bezuglich eines Umweltkonfliktes bzw. eines Aktes der Umweltzerstorung oder - degradation die Ursachensuche anhand der Verflechtungen und Einflussnahme beteiligter Ak- teure auf jeder Ebene vollzogen. In der globalisierten Welt sind dabei in der Regel alle Ebenen, von lokal bis global, relevant, da sich systemische Strukturen und Machtgefalle geltend machen. Hierbei sollte bedacht werden, dass die verschiedenen Handlungsebenen nicht als eine Hierarchie der Handlungsmacht anzusehen sind, da es sonst zu Komplexitatsreduktion kom- men kann (Krings 2011, S. 1102f).
Das beschriebene Analysevorgehen wird in Kapitel 3 und 4, soweit mit der zur Verfugung ste- henden Informationen moglich, bei der Untersuchung der Land Sharing-Strukturen und die Auswirkungen der politisch-okologischen Problemfelder auf diese, angewendet.
2.2. Land Sharing
Das Land Sharing-Konzept (als Synonym findet sich in der Literatur haufig die Bezeichnung „wildlife-friendly farming") wurde von den WissenschaftlerInnen Ivette Perfecto und John Vandermeer von der University of Michigan entworfen; seit 2007 wurden mehrere Publikati- onen dazu herausgegeben (Perfecto und Vandermeer 2007; 2008; 2010). 2009 erschien das Buch „Nature's Matrix - Linking Agriculture, Conservation and Food Sovereignty", das zusam- men mit Angus Wright verfasst wurde (Perfecto et al. 2009). Im deutschsprachigen Raum machte Peter Clausing (2013) das Konzept in seinem Buch „Die grune Matrix - Naturschutz und Welternahrung am Scheideweg" erstmals einer breiteren Offentlichkeit bekannt, wie Re- zensionen unter anderem in der Taz. Die Tageszeitung (2014b) und den Lateinamerika Nach- richten (2014) zeigen.
Perfecto et al., S. 54 fordern in ihren Publikationen einen Paradigmenwechsel im Naturschutz, werfen dem konventionellen Naturschutz Kurzsichtigkeit und soziale Unvertraglichkeit vor und stellen seine Erfolge, vor allem in Zeiten des menschengemachten Klimawandels, als Gan- zes in Frage. Aufgrund der Flachenbeanspruchung von Naturschutz und Landwirtschaft wer- den diese beiden Sektoren meist als Konkurrenz verstanden. Wegen der globalen Hunger- problematik und des weltweiten Biodiversitatsverlustes fordern Perfecto und Vandermeer (2010) mehr Integritat dieser beiden Bereiche, um durch eine agrarokologische Intensivierung der Landwirtschaft folglich beide Nutzungen auf derselben Flache zu ermoglichen, und dadurch Losungsansatze fur die globale Hungerproblematik und das Artensterben zu bieten. Dabei legen sie ihren Fokus auf tropische Landschaften, da dort haufig die Hungerproblematik auf die der Umweltzerstorung und des Artensterbens stoRt und die Fragmentierung der Land- schaft zunimmt (Perfecto und Vandermeer 2008, S. 175).
Ihre Kritik am bisherigen Naturschutz, die Argumentation des Land-Sharing-Konzeptes und wie das geforderte Paradigma gestaltet sein soll, wird in den folgenden Kapiteln dargestellt.
2.2.1. Land Sharing vs. Land Sparing
Bei der Land Sharing vs. Land Sparing-Debatte stehen sich zwei Konzepte gegenuber, die die Losung derselben Probleme zum Ziel haben, dabei allerdings unterschiedliche Vorgehenswei- sen und Argumentationsstrange verfolgen. Beim Diskurs um die beiden Konzepte wird haufig auch die dabei auftretende Polarisierung durch die unterschiedlichen Ideale der zwei Parteien kritisiert (Fischer 2012).
Als Ausgangslage wird von beiden Konzepten eine wachsende Weltbevolkerung genannt, die bis 2050, je nach Schatzungen variierend, auf ca. 9 Milliarden Menschen anwachsen wird (United Nations 2011, S. xix) und zunehmend energie- und flachenintensive Nahrungsmittel (wie tierische Produkte) nachfragt. Damit einher geht eine Zunahme des Nahrungsmittelver- brauchs bis zu diesem Zeitpunkt um etwa 70% (Schutter 2014, S. 8) bei einer wachsenden Weltwirtschaft und Expansion des kapitalistischen Systems. Infolge dessen wachst der Druck auf die noch zur Verfugung stehenden Flachen „intakter Natur". Bei beiden Konzepten wird die aktuelle Verscharfung globaler Umweltprobleme wie Klimawandel, Artensterben, Entwal- dung sowie die fortbestehende Armuts- und Hungerproblematik als Ausgangssituation be- tont, die sich in erheblichem MaRe im globalen Suden bzw. in den Tropen abspielt und aus- wirkt, weshalb sich die Debatte um die Vereinbarkeit von Artenschutz und Landwirtschaft uberwiegend auf die Tropen konzentriert (Tscharntke et al. 2012; World Food Programme 2014; UNDP 2014; Perfecto et al. 2009).
Land Sharing ist aus der Kritik am (1995 erstmals von US-Amerikanischen Wissenschaftler Paul E. Waggoner erwahnten) Land Sparing hervorgegangen (Clausing 2013, S. 93). Deshalb soll hier zunachst das Land Sparing-Konzept erklart und die Kritik daran, aus der Perspektive der Land Sharing-BefurworterInnen, dargestellt werden. Diese Herangehensweise fuhrt ebenfalls zu einer Dichotomie zwischen den beiden Konzepten, die im Diskurs uber Land Sharing vs. Land Sparing kritisiert wird. Eine differenziertere Darstellung kann aufgrund des Umfangs die- ser Arbeit nicht geleistet werden und ist auch fur die Fragestellung der Arbeit nicht von Be- deutung, da sich diese nicht mit der Debatte, sondern ausschlieRlich mit Land Sharing befasst.
Land Sparing verfolgt die Idee, durch groRtmogliche Intensivierung bereits bestehender landwirtschaftlicher Flachen die Ertrage zu erhohen und die dadurch frei werdenden Flachen unter Naturschutz zu stellen. Dies beinhaltet in der Umsetzung, ganz im Sinne der Grunen Revolution, einen hochtechnisierten Einsatz chemi- scher Dunge- und Pestizidmittel, sowie eventuell genetisch veranderter Pflanzen, die in groRflachigen Monokulturen angebaut werden. Die Naturschutzgebiete sollen hingegen unter weitgehendem Ausschluss menschli- cher Aktivitat abgegrenzt von den landwirtschaftlichen Nutzflachen bestehen (Vgl. Abbildung 1 und Abbildung 3) (ebd. 2013, S. 49ff).
Die Kritik an diesem Konzept setzt auf systemischer Ebene an. Mit der Expansion der kapita- listischen Verwertungslogik in samtliche Bereiche geht die Kommodifizierung und Kommerzi- alisierung von Lebensmitteln und Landwirtschaft und die Entlokalisierung der Wertschop- fungskette der landwirtschaftlich assoziierten Bereiche einher. Dadurch konnen letztlich, auf- grund der globalen Konkurrenz, nur groRe (multinationale) Konzerne bestehen, die auf Profit- maximierung und nicht auf die Erzeugung von Lebensmitteln ihren Fokus legen, wodurch der Natur kein intrinsischer Wert (mehr) beigemessen wird und diese nur durch den Einbezug in die kapitalistische Verwertungslogik (PES, REDD+, internationaler CO2-Zertifikatehandel etc.) erhalten werden kann. Infolge stehen die industrielle Landwirtschaft mit dem sogenannten „Festungsnaturschutz" (ebd. 2013, S. 93) nebeneinander, die in ihrer raumlichen Auspragung das Land Sparing-Konzept darstellen (ebd. 2013).
Die kritische Analyse des Land Sparing-Konzepts stellt auRerdem die Einsparung von Flachen fur den Naturschutz in Frage. So haben Flachen mit hoch intensivierter industrieller Landwirtschaft negative Auswirkungen auch auf angrenzende und vor allem flussabwarts liegende Flachen und Gewasser, beispielsweise durch Auswaschung und Transport von Pestiziden oder Dungern. AuRerdem fuhrt die Intensivierung landwirtschaftlicher Flachen haufig zu zusatzli- cher extensiver Landnutzung, einerseits durch verdrangte lokale Bevolkerung, die sich in neuen, marginaleren Gegenden Waldflachen fur die Landwirtschaft urbar machen (mussen), und andererseits durch Migrationszustrome in dieses Gebiet aufgrund der okonomischen An- ziehungskraft (Matson und Vitousek 2006, S. 709f). Clausing (2013, S. 49) betont auRerdem, dass heute bereits knapp die Halfte der laut Ausubel et al. (2013) bis 2060 prognostizierten eingesparten Flachen bereits wieder durch Anpflanzungen von Bioenergiepflanzen nicht dem Naturschutz zur Verfugung gestellt wurden. Flachen fur Energiepflanzen wurden in der Be- rechnung ursprunglich nicht einbezogen.
Weitere Kritik stellt die Effektivitat der Schutzgebiete in Frage: Die meiste Biodiversitat findet sich auRerhalb von Schutzgebieten, namentlich in vom Menschen dominierten „production landscapes"(Baudron und Giller 2014, S. 233). So stehen nur ca. 5,1% der weltweiten Landfla- che unter strengerem Schutz (lUCN-Kategorien I-IV), wodurch ein GroRteil der weltweiten Ar- tenvielfalt nicht erfasst wird. Daruber hinaus waren die Schutzgebiete weltweit noch im Jahr 10 2003 mit einem Finanzierungsdefizit von ca. 1,4 Mrd. US$ - die etwa 2/3 des Bedarfs darstellen - stark unterfinanziert, was die Effektivitat und Implementierung zusatzlicher Schutzgebiete in Frage stellt. Des Weiteren werden zur Anpassung an den Klimawandel Habitatverschiebungen von bis zu mehreren hundert Kilometern (bei Vogeln) erwartet. In einer zunehmend fragmen- tierten Landschaft mit industriell bewirtschafteten landwirtschaftlichen Nutzflachen werden Migrationsbewegungen immer schwieriger und unwahrscheinlicher (siehe auch 2.2.2.) ebd. 2014).
AuRerdem wird kritisiert, dass die lokale Bevolkerung nicht in das Konzept mit einbezogen wird, sondern haufig als „the enemy of biodiversity"(Perfecto und Vandermeer 2008, S. 174) dargestellt wird. Gebiete mit „Naturschutzfestungen und Agrarwusten"(Clausing 2013, S. 93) bieten keine Perspektive fur die landliche Bevolkerung. Diese migriert zu groRen Teilen in die urbanen Zentren, wo sie unter armlichen Bedingungen lebt, oder an marginalen Standorten Subsistenzlandwirtschaft zu betreiben versucht (Schutter 2014, S. 9).
Fur eine ausfuhrlichere Kritik am globalen Ernahrungssystem und der industriellen Landwirt- schaft wird an dieser Stelle auf Holt-Gimenez et al. (2009), Clausing (2013) und Lowenstein (2011) verwiesen.
2.2.2. Okologische Grundlagen und Argumentation von Land Sharing In ihrer Argumentationslinie gehen Perfecto et al. (2009) von einer Grunderkenntnis der Po- pulationsbiologie aus, die kaum mehr in Frage gestellt wird: Dem Metapopulationsmodell nach Levins (1969). Eine Metapopulation wird danach als die Summe von Subpopulationen (Teilpopulationen) einer Art verstanden, die miteinander in (genetischem) Austausch stehen. Es gilt als erwiesen, dass Subpopulationen auf Dauer aussterben (lokale Extinktion), wenn diese vom Genaustausch mit anderen Subpopulationen abgeschnitten sind, etwa durch Krank- heiten, Schadlinge oder andere Umweltereignisse, denen sie sich meist durch einen zu kleinen Genpool nicht ausreichend anpassen konnen, wodurch auch Inzucht nicht auszuschlieRen ist. Damit also das Uberleben einer Art (auf Metapopulations- und folglich auf globaler Ebene) von Dauer sein kann, mussen den lokalen Extinktionen Migrationsbewegungen entgegenwir- ken. Diese bewirken Neugrundungen von Subpopulationen in bisher unbesiedelten Gebieten (lokale Kolonisation) oder konnen durch den sogenannten rescue effect bestehende Subpopulationen stabilisieren (Perfecto et al. 2009; Wiedle 2014; Vandermeer und Carvajal 2001, S. 211).
Dieser Erkenntnis entsprechend gilt folgende Formel:
Dabei steht P fur den Anteil aller fur die entsprechende Art verfugbaren Habitate, der tatsach- lich von einer Subpopulation besiedelt ist. Dieser ist zu berechnen durch 100% (1 = Anzahl aller moglichen Habitate) minus dem Verhaltnis von Aussterben (e = extinction) zu Migration (m = migration) innerhalb einer Metapopulation.
Um das Uberleben einer Art zu garantieren muss die Variable P grower Null sein. Dies wird zum Beispiel dadurch erreicht, dass m grower e ist, sodass das Verhaltnis dieser beiden Fakto- ren gegen Null lauft, wodurch letztlich alle moglichen Habitate besiedelt werden konnten. Zu beachten ist, dass folglich e fur den Erhalt einer Metapopulation nicht groRer-gleich m werden darf, da sich sonst die Zahl der kolonisierbaren Habitate Null annahert.
Perfecto et al. (2009, S. 196f) unterscheiden dabei drei verschiedene Arten von Habitaten:
1. Kontinuierliche Habitate sind Gebiete mit homogenen Habitatstrukturen. Inzwischen gibt es zunehmend Belege dafur, dass auch innerhalb solcher Habitate Populationen mit Idealbedingungen geclustert und nicht flachendeckend auftreten, also in Subpo- pulationen unterteilt sind und somit Metapopulationsdynamiken (inklusive der oben geschilderten Migrationsdynamik) aufweisen. Diese Verteilung entsteht durch das Auftreten von Krankheiten und Schadlingen, die die Entstehung von flachendeckenden Vorkommen verhindern.
2. Heterogene Habitate weisen heterogene Habitatstrukturen auf, sodass sich Metapopulationsdynamiken ausbilden. Als Beispiel konnen hier Teiche genannt werden, die in einem Wald verteilt sind und fur Amphibien Idealhabitate darstellen. Zwischen den Teichen finden Migrationsbewegungen stattfinden.
3. Fragmentierte Habitate entstehen durch den Eingriff des Menschen, durch den es zu Zerschneidungen von Habitaten kommt. Haufig wird hier die Metapher von Inseln un- beruhrter Natur gezeichnet, die in einem Meer landwirtschaftlicher oder auf andere Weise durch den Menschen genutzte Flachen liegen. Auch hier treten Metapopulati- onsstrukturen auf, wobei die Migrationsbedingungen je nach Art und Beschaffenheit der dazwischen liegenden Flachen variieren und zunehmende Fragmentierungspro- zesse einzelne Habitate verkleinern und deshalb lokale Extinktionen vorantreiben.
Nach Perfecto und Vandermeer (2008, S. 177) pragen fragmentierte Habitate bereits das Bild der annahernd gesamten Erdoberflache. Sie betonen dabei, dass „habitats that are biodiversity 'poor', may be extremely important as passageways for the habitats that are biodiversity 'rich'"(Perfecto und Vandermeer 2008), wodurch nicht nur groRflachigen, sondern auch klei- nen Ruckzugsgebieten und Nutzflachen Relevanz zugesprochen wird, wenn durch die angren- zenden Nutzflachen die Moglichkeit zur Migration gegeben ist. Nach obiger Argumentations- kette besteht also die Forderung nach mehr Konzentration des Naturschutzes auf die genutz- ten Flachen, die zwischen den naturlichen Habitaten liegen, um Migrationswahrscheinlichkei- ten zu beeinflussen. Die Migration und die Qualitat der sich auf den Migrationsrouten befind- lichen Flachen sind deshalb neben dem Bestehen „unberuhrter" Habitate essentieller Be- standteil des Uberlebens von Arten sind. Perfecto und Vandermeer (2008, S. 177) schlussfol- gern daraus: „A collection of biological reserves in a sea of intensive agriculture dominated by monocultures and pesticide applications is probably far worse for overall biodiversity conservation than a smaller collection of biological reserves in a sea of diverse agroecosystems managed organically and with some tree cover. The matrix matters!"
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Fragmentierte Landschaft in Chiapas, Mexiko. Naturliche Habitate sind eingebettet in eine land- wirtschaftliche Matrix (Quelle: Perfecto et al. 2009, S. 5).
Dementsprechend fuhren Perfecto et al. bei ihrer Forderung nach einem neuen Naturschutz- paradigma das Argument an, dass der zweite entscheidende und beeinflussbare Parameter die Migrationswahrscheinlichkeit von Arten ist. Auch wenn es gleichermaRen essentiell ist Ruckzugshabitate zu erhalten, wurde durch das oben beschriebene Modell nach Levins deut- lich, dass ein langfristiger Artenschutz sich ebenso auf die Migrationsbewegungen und -bedin- gungen zwischen den Habitatinseln konzentrieren muss.
Doch auch dem in Kombination mit Naturschutzgebieten entwickelten Konzept der biologi- schen Korridore ziehen Perfecto und Vandermeer das kleinteilige Flachenmosaik vor (Vgl. Ab- bildung 3). Sie argumentieren, dass „in the case of stepping stones or corridors, the interesting question is 'what is the probability that a pathway exists between the forest fragments?' In the case of a landscape mosaic, the basic question is 'what is the probability of migration from fragment to fragment?' The answer for stepping stones or corridors will be either close to zero, or close to 1.0. The answer for a landscape mosaic will be some figure between zero and 1.0, but not restricted to one extreme or the other" (Perfecto et al. 2009, S. 29f).
Binary landscape (“island model”) vs Continuous and heterogeneous landscape Optimization for equilibrium vs Maintenance of resilience Species treated as additive vs Species interactions of major interest Nature and agriculture treated as separate vs Externalities and ecosystem services considered Humans considered separate from nature vs Humans considered part of nature
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Vergleich von Land Sparing (links) und Land Sharing (rechts). Je dunkler die Quadrate eingefarbt sind, desto hoher ist deren okologische Qualitat. Darunter ist ein Vergleich der Grundsatzlichen Unterschiede zwischen den beiden Konzepten zu finden (Quelle: Fischer et al. 2008, S. 381).
Der Unterschied in der raumlichen Auspragung von Land Sharing und Land Sparing wird in Abbildung 3 zusammenfassend dargestellt, ebenso wie einige Grundcharakteristiken.
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- Tim Schneider (Author), 2015, Politisch-ökologische Problemfelder bei der Entstehung von Land Sharing-Strukturen im tropischen Südamerika, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/310919
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