Das Bruchverhalten des druckbeanspruchten Betons kann mit Hilfe des Compressive Damage Zone Models (CDZ) gut beschrieben werden. Die dazu erforderlichen Eingangsparameter wurden bereits für normalfeste und hochfeste Betone sowie für Leichtbeton ermittelt.
Im Rahmen der vorliegenden Diplomarbeit wurde die Anwendbarkeit des Modells für hochfeste Stahlfaserbetone mit Polypropylenfaseranteilen überprüft und mit neu bestimmten Modellparametern erweitert.
Grundlage hierfür waren umfangreiche Versuche, deren Spannungs-Dehnungslinien in Bezug auf das CDZ-Modell ausgewertet wurden.
Im Anschluss wurden Versuche durchgeführt, bei denen von bis an die Bruchlast vorbelasteten Probekörpern die Restquerzugfestigkeit bestimmt wurde. Versuchsaufbau und –ablauf werden umfassend beschrieben.
Abschließend wurden die so an Probekörpern gefundenen Parameter bei der Nachrechnung von Bauteilversuchen verwendet. Es wurden Spannungs-Dehnungs-Beziehungen aufgestellt, die das Nachbruchverhalten von Modellstützen aus hochfestem Stahlfaserbeton in Abhängigkeit der Fasergehalte beschreiben.
Inhaltsverzeichnis
1 Einführung
2 Druckversagen von Betonkörpern unter einaxialer Beanspruchung
2.1 Grundsätzliches zum Versagensmechanismus von Beton
2.1.1 Versagen infolge Längsrißbildung; Ausbildung einer Schadenszone Ld
2.1.2 Versagen infolge Schubbandausbildung
2.2 Das Compressive Damage Zone Model (CDZ)
2.2.1 Modellbeschreibung und Absicht
2.2.2 Ermittlung der inelastischen Energie Win
2.2. 3 Ws - Energie, die nach der Maximallast in den Längsrissen dissipiert wird
2.2. 4 Wd - Energie, die in den Längsrissen dissipiert wird
2.2. 5 Gl - Energieanteil infolge Abgleitens auf dem Schubband
2.2. 6 Wc - Gesamtenergie
2.2.7 Herleitung der Parameters r, g
3 Herangehensweise bei der Versuchsauswertung zentrisch gedrückter Zylinder
3.1 Bestimmung von E-Modul, eel, ein, den Energieanteilen Wel und Win sowie des Formbeiwertes a
3.2 Spezifische Bruchenergie Gf, Materialkenngrößen g und r
3.3 Energieanteile Wc, Gl*1/L, Ws und Proportionalitätsfaktor k
3.3.1 Auswertung bei Probekörpern mit Schubbandausbildung
3.3.2 Auswertung bei Probekörpern ohne Schubbandausbildung
4 Auswertung und Beurteilung der Versuchsergebnisse zentrisch gedrückter Zylinder
4.1 Modellparameter aus Versuchen; Vergleich mit den Vorschlägen von Markeset
4.1.1 Versuchskörper bei denen eine Schubbandausbildung zu erkennen war
4.1.2 Versuchskörper bei denen keine Schubbandausbildung vorlag
4.2 Bewertung des Verhältnisses ein /eel und Eingang in Gleichung (8)
4.3 Bewertung der Versuchsergebnisse für den Modellparameter k
4.4 Zusammenfassung der Parameter und Vorschläge für ein/eel und k
4.4.1 Verhältniswert e in /e el
4.4.2 Parameter k
4.5 Bestimmung des Modellparameters k mittels der Entfestigungs-Rißöffnungs-Beziehung nach Remmel [6] und der darauf aufbauenden Entfestigunskurve für Stahlfaserbetone nach Kützing [3]
4.5.1 Zugspannungs-Rißöffnungs-Beziehung für faserfreien Beton nach [6]
4.5.1.1 Bestimmung der Entfestigungsfunktion für einen Kiesbeton C50/
4.5.1.2 Bestimmung des CDZ-Modellparameters k
4.5.1.3 Berücksichtigung des Verhaltens der Rißzone bei Entlastung
4.5.2 Zugspannungs-Rißöffnungs-Beziehung für Stahlfaserbeton nach [3]
4.5.2.1 Numerische Bestimmung des CDZ-Modellparameters k und der Bruchenergie Gf in Abhängigkeit des Stahlfasergehalts
4.5.2.2 Bestimmung des bei Stahlfaserbetonen im weggesteuerten Druckversuch umgesetzten Bruchenergieanteils
4.6 Einfluß der Vorbelastung auf die Querzugfestigkeit
5 Anwendung der CDZ-Parameter bei Bauteilversuchen
5.1 Gegenüberstellung einiger Unterschiede der DIN 1045 und der DafStb‑Richtlinie für hochfesten Beton
5.2 Spannungs-Dehnungsbeziehungen mittig beanspruchter Druckglieder
5.2.1 Bruchverhalten und Spannungs-Dehnungs-Linie nach Simsch [16]
5.2.2 Erweiterung des CDZ-Modells [1] auf eine Umschließungsbewehrung in der Druckzone nach Meyer [2]
5.2.3 Spannungs-Dehnungs-Linie basierend auf dem CDZ‑Modell und der Erweiterung nach Meyer
5.3 Auswertung der durchgeführten Stützenversuche
5.3.1 Überblick über die Versuchsreihe
5.3.2 Darstellung und Diskussion der Versuchsergebnisse
5.3.3 Spannungs-Dehnungs-Verhalten im Nachbruchbereich
5.3.4 Einflußgrößen und Anwendungsgrenzen der Spannungs-Dehnungs-Funktion für mittigen Druck
6 Zusammenfassung und Ausblick
6.1 Zusammenfassung
6.2 Ausblick
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Selbständigkeitserklärung
Abkürzungsverzeichnis und Variablendeklaration
Anlagenverzeichnis
1 Einführung
Die aktuelle Ausgabe der DIN 1045 gilt für Betone der Festigkeitsklassen B5 bis B55. Zunehmend werden jedoch auch Betone höherer Festigkeiten eingesetzt. Mit Hilfe von Zusatzmitteln wie Verflüssigern und Zusatzstoffen wie Microsilica können Festigkeiten von bis zu 130 N/mm² erreicht werden. Als Einsatzgebiet kommt vornehmlich der Hochhausbau in Frage. Zunehmend wird hochfester Beton jedoch auch beim Bau von Ölplattformen verwendet, wo er durch die Möglichkeit der Eigengewichtreduzierung den Transportvorgang erleichtert.
Für durch Normalkräfte beanspruchte Bauteile ist bei konstanten Abmessungen und zunehmenden Betonfestigkeiten eine Verringerung des Längsbewehrungsgehaltes möglich. Eine erwünschte Folge sind günstigere Einbaubedingungen, die auch die Gefahr von Fehlstellen im Beton vermindern.
Beispiele für die Verwendung von hochfestem Beton (B85) sind das Hochhaus der Commerzbank in Frankfurt am Main oder Teile der Landeszentralbank der Freistaaten Sachsen und Thüringen in Leipzig.
Der Zusatzstoff Microsilica, der meist mit Wasser als Suspension zugeben wird, besteht zu ca. 90% aus Kieselsäure (Siliciumdioxid). Microsilicastaub hat eine 100fach größerer spezifische Oberfläche als Zement. Zudem reagiert der Silicastaub mit dem bei der Hydratation entstehenden Calciumhydroxid zu Calciumsilicathydrat, welches eine höhere Festigkeit als seine Ausgangsstoffe aufweist. Durch die feinere Struktur des Silicastaubes setzt sich das Microsilica in die Zwischenräume zwischen den Zuschlagskörnern und verschließt somit auch die Kapillarporen. Dieser Effekt führt nicht nur zu einer erhöhten Dichtheit des Betons sondern auch zu einem besseren Verbund zwischen Zementmatrix und Zuschlagskorn. Bei Betonen normaler Festigkeitsklassen laufen Risse in der Regel entlang der Zuschlagskorngrenzen. Bei hochfestem Beton kann dies nicht mehr festgestellt werden. Es kommt zu einem Brechen der Zuschläge. So sind Bruchflächen hochfester Betone durch glatte Oberflächen gekennzeichnet. Eine Kornverzahnung ist nicht vorhanden.
Die fehlende Verbindung zwischen den Rißoberflächen führt zu einem anderen Materialverhalten als bei normalfestem Beton. So kann bei hochfesten Prüfkörpern mit laborüblichen Abmessungen festgestellt werden, daß im einaxialen Druckversuch ein schlagartiges, explosives Versagen nach Erreichen der Maximallast eintritt. Ein „duktiles“ Verhalten wie bei normalfestem Beton, daß sich in einer weit größeren Maximaldehnung und einer langsameren Spannungsabnahme nach Erreichen der Druckfestigkeit äußert, gibt es bei hochfestem Beton nicht. Dieser versagt je nach vorhandener Probenkörpergeometrie und in Abhängigkeit der Randbedingungen der Versuche eher spröde und ohne Vorankündigung.
Solch ein Verhalten muß natürlich in den Normen vor allem unter sicherheitstechnischen Aspekten berücksichtigt werden. Aus diesem Grunde wurde vom Deutschen Ausschuß für Stahlbeton eine Richtlinie für hochfesten Beton herausgegeben, die als Ergänzung zur DIN1045/07.88 anzusehen ist. Sie gilt für die Festigkeitsklassen B65 bis B115. Die Richtlinie bezieht sich auf die einzelnen Abschnitte der DIN, bringt allerdings Abänderungen und Ergänzungen mit ein. So gelten z. B. kleinere Bügelabstände und andere Grenzstauchungen. Als Folge des spröden Versagens von hochfestem Beton, wird der Abfall der Spannungs-Dehnungs-Linie nach Erreichen der Druckfestigkeit mit anwachsender Festigkeitsklasse immer steiler. Dies ist auch der Grund für eine eher vorsichtige Ausnutzung der Grenzdehnungen. Die ungünstigere Form der Spannungs-Dehnungs-Linie im Vergleich zu Normalbeton, hat somit zur Folge, daß die Tragkapazität hochfester Betonglieder nicht voll ausgeschöpft werden kann.
Ziel weiterer Entwicklungen soll es also sein, die jetzt vorsichtig gewählten Abminderungen durch Vorschläge basierend auf physikalisch begründeten Materialgesetzen zu ersetzen. Voraussetzung dafür ist ein Beton, der trotz seiner sehr hohen Festigkeiten ein so zähes Versagen wie normalfester Beton zeigt. Da es nicht nur Ziel der Forschung sondern auch der Wirtschaft ist, die Kapazitäten hochfester Betone möglichst weiter auszunutzen, gibt es weltweit umfangreiche Versuchsprogramme, hochfesten Beton so zu fertigen, daß er ein duktileres Materialversagen zeigt. Eine Möglichkeit stellt die Verwendung von Fasern als Zusatzstoff dar. In Leipzig wurde im Rahmen des Forschungsvorhabens „Entwicklung zäher, zementgebundener Hochleistungswerkstoffe, die in neuartigen Anwendungen im Bereich des Bauwesens eingesetzt werden können“ ein Gemisch aus Stahl- und Polypropylenfasern entwickelt, im folgenden als Fasercocktail bezeichnet, welches ein sehr viel duktileres Verhalten von hochfestem Beton ermöglicht. So soll in dieser Diplomarbeit ein Zusammenhang zwischen der Duktilitätssteigerung und den zugegebenen Stahl- und Polypropylenfasergehalten gefunden werden. Grundlage sind dabei Probekörper, die im Rahmen des oben erwähnten Forschungsvorhabens an der Universität Leipzig hergestellt worden sind. Weiteres Ziel soll es sein, den gefundenen Zusammenhang auf Bauteilversuche anwenden zu können. Zu diesem Zwecke ist das Bruchverhalten von zentrisch belasteten Stützen auszuwerten, und es ist zu untersuchen, ob eine Übertragung der an Probekörpern gewonnenen Erkenntnisse auf die Bauteilversuche möglich ist.
2 Druckversagen von Betonkörpern unter einaxialer Beanspruchung
In diesem Abschnitt soll auf das Wesen des Druckversagens von Beton kurz eingegangen werden. Im weiteren werden die Grundzüge des Compressive Damage Zone Model (CDZ) erläutert. Das CDZ Modell wurde 1993 von Gro Markeset in Norwegen entwickelt und ermöglicht die Beschreibung des Nachbruchverhaltens von Beton.
2.1 Grundsätzliches zum Versagensmechanismus von Beton
Das nichtlineare Verhalten von Beton, welches in den Normen DIN 1045 bzw. EC 2 berücksichtigt wird, hat seine Ursache in belastungsbedingten Strukturänderungen. Mit Zunahme der Belastung im ansteigenden Ast entstehen Mikrorisse. Dabei bilden sich zunächst Rißoberflächen zwischen der Zementmatrix und den Zuschlagskörnern aus. Rißlänge und Rißöffnung sind dabei u. a. abhängig von Art, Größe und Zugfestigkeit der Zuschläge als auch von der Dichtheit des Zementsteins und den Verbundeigenschaften zwischen Zement und Zuschlagskörnern.
Nach Erreichen der Druckfestigkeit bildet sich eine Schadenszone aus, in der die Mikrorisse zu Längsrissen anwachsen. Sie sind in Richtung der Hauptdruckspannung gerichtet.
In Abhängigkeit der vorhandenen Probekörperabmessungen und den Eigenschaften des verwendeten Betons ist es möglich, daß es mit zunehmender Verformung zu einer Vereinigung der Longitudinalrisse kommt. Dann bildet sich ein Schubband aus, auf dem die zwei entstandenen Bruchkegel abgleiten.
Diese zwei Versagensmechanismen können in zwei Energieanteile aufgeteilt werden, die nach dem Erreichen der Druckfestigkeit noch dissipiert werden müssen, um eine vollständige Zerstörung des Betonkörpers zu erreichen.
2.1.1 Versagen infolge Längsrißbildung; Ausbildung einer Schadenszone Ld
Die Längsrißbildung soll an dem folgenden Kornmodell näher erklärt werden. Wie in Abbildung 1 zu erkennen ist, wird die zentrisch eingebrachte Druckkraft über geneigte Druckstreben von Zuschlagskorn zu Zuschlagskorn übertragen. Die Zuschlagskörner beteiligen sich dabei auf Grund von geometrischen und Festigkeitsunterschieden verschieden am Lastabtrag. Die aus der Neigung der Druckstreben resultierende Querzugkraft kann dabei solange zwischen den Körnern übertragen werden, bis die Querzugfestigkeit des Betons überschritten wird. Ab diesem Punkt bilden sich Längsrisse aus.
Die Dehnungen im geschädigten Bereich nehmen nun stärker zu als im ungeschädigten. In diesem kommt es im Nachbruchbereich, d. h. im absteigenden Ast der Spannungs-Dehnungslinie, zu einer Entspannung. Im Probekörper bildet sich eine Schadenszone (Abbildung 2) aus. Dieses Wissen führte zu der Erkenntnis, daß das Versagen von Beton unter Druck nicht mehr rein materialabhängig ist, sondern in großem Maße auch von der Geometrie des Bauteils bestimmt wird. Aus Abbildung 2 kann ebenfalls eine Gleichung für die Veränderung des Kolbenhubweges D s abgelesen werden, wobei De d und De ihren Vorzeichen gemäß einzusetzen sind.
(1)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Kornmodell mit Darstellung der Querzugkräfte [2], Foto eines Probekörpers mit Längsrißbildung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Betonversagen mit Lokalisierung
Über die Höhe der Schadenszone Ld wurden in [1] und [2] folgende Angaben gemacht:
- für ein Höhe/Breite Verhältnis L/D > 2,0 à Ld = 2,5 D
- für L/D £ 2,0 à Ld = L; der ganze Betonkörper wird in den Bruchprozeß involviert.
Diese Werte konnten sowohl durch die Versuche an Betonzylindern (300/100) als auch durch die durchgeführten Stützenversuche bestätigt werden (Anlage 3, Anlage5).
2.1.2 Versagen infolge Schubbandausbildung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Wie einleitend schon erwähnt, kann es bei einer zunehmenden Längsrißbildung zu einer Vereinigung dieser Risse kommen. Es bildet sich ein Schrägriß aus (Abbildung3). Dieser Schrägriß teilt den Probekörper in zwei Bruchhälften, die aufeinander abgleiten. Da sich dieses Schubband selbst auch nur in der Schadenszone ausbildet, also in einem Teil des Probekörpers, verhalten sich die restlichen Bereiche weiterhin elastisch. Wie auch bei der Versagensform durch Längsrißbildung führt dies zu der Schlußfolgerung, daß der abfallende Belastungsast, beruhend auf der Schubbandausbildung, nicht nur eine Materialeigenschaft ist, sondern eben auch von der Geometrie des Probekörpers beeinflußt wird.
Abbildung3: Versagen durch Bildung eines Schubbandes [2], Foto eines Probekörpers mit vorhandenem Schubband
Bei den Versuchskörpern mit Faseranteilen wurde ab einem bestimmten Fasergehalt das Auftreten eines Schubbandes nicht mehr festgestellt. Grund hierfür kann die immer noch enorme Beanspruchbarkeit zwischen den Längsrissen sein, welche durch die Fasern vernäht werden. Da sich bei Stahlfaserbetonen die Spannung im abfallenden Belastungsast ab einer bestimmten Größe nur noch sehr langsam verringert (Abbildung 4), ist die Bruchenergie dieser Betone größer. Die übertragbare Spannung zwischen den Rissen erreicht somit erst bei einer sehr großen Rißweite den Wert Null.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: s- w -Verhalten von Betonen mit Stahlfaseranteilen, [3]
2.2 Das Compressive Damage Zone Model (CDZ)
2.2.1 Modellbeschreibung und Absicht
Mittels des CDZ Modells soll das Verhalten von Beton unter einaxialer Druckbeanspruchung nachgebildet werden. Zweck dieses Modells ist es, durch herkömmliche Materialparameter, wie E-Modul und Druckfestigkeit und durch in jüngerer Zeit entwickelte Parameter, wie die spezifische Bruchenergie Gf, Energiebeträge zu ermitteln, die zum Versagen von Betonbauteilen unter Druck erforderlich sind. Als weitere Eingangswerte, die zur Bestimmung der Energiebeträge notwendig sind, kommen geometrische Verhältnisse, sowie neue, erst durch das CDZ Modell eingeführte Modellparameter hinzu. Mittels der Größe der so ermittelten Energien können dann z. B. Aussagen über die Sprödigkeit eines Betons getroffen werden, die für Sicherheitsüberlegungen von großer Bedeutung sind.
Die Energie, die zum Versagen eines Betonkörpers erforderlich ist, wird durch die Fläche repräsentiert, welche durch Abszisse und Spannungs-Dehnungs-Linie begrenzt wird. Die Spannungs-Dehnungs-Linie wird im deformationsgesteuerten Druckversuch ermittelt. Um eine analytische Betrachtung zu ermöglichen, wird die Kurve in drei Teile zerlegt (Abbildung 5). Der erste Teil kennzeichnet das Verhalten des Betons vor der Maximallast und nach der Maximallast im ungeschädigten Bereich. Der zweite Teil stellt das Verhalten in der Schadenszone dar, in der sich Längsrisse bilden und aufweiten. Und im dritten Teil spiegelt sich das Verhalten des Schubbandes wider, wenn die zwei Bruchkegel aufeinander abgleiten.
In Abbildung 6 werden die einzelnen Kurventeile überlagert, um die komplette Spannungs-Dehnungs-Linie zu erhalten. Die Gesamtenergie setzt sich also wie folgt zusammen:
(2)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Darstellung der drei Kurvenanteile bei Druckbeanspruchung, [2]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6: Überlagerung der drei Kurventeile zur vollständigen Spannungs-Dehnungs-Kurve
2.2.2 Ermittlung der inelastischen Energie Win
Der Energieanteil vor Erreichen der Maximallast wird als inelastischer Anteil Win bezeichnet und entsteht durch sich bildende Mikrorisse.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Aus Abbildung 7 kann auf folgende Gleichung geschlossen werden:
Abbildung 7: Darstellung des inelastischen Anteils Win und des elastischen Anteils Wel
a ist ein Formbeiwert, der den nichtlinearen Verlauf des ansteigenden Astes berücksichtigt.
2.2.3 Ws - Energie, die nach der Maximallast in den Längsrissen dissipiert wird
Wie in Abbildung 5 zu sehen ist, wird in [1] davon ausgegangen, das eine Proportionalität zwischen Win und Ws besteht. Diese Proportionalität wird durch den Faktor k ausgedrückt.
(4)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Als Begründung wird in [1] von folgendem Sachverhalt ausgegangen. Da sowohl die Mikroriß- als auch die Längsrißbildung ein Versagen auf Querzug darstellen, muß die
Bruchenergie Gf absorbiert werden. In [5] wurden Versuche geführt, die den Einfluß einer Vorbelastung auf die noch vorhandene Querzugfestigkeit untersuchen. Dabei wurde bemerkt, daß bei Erreichen der maximalen Druckfestigkeit noch ca. 55-65 % der ursprünglichen Querzugfestigkeit vorhanden waren (Abbildung 8). Mit diesem Wert ist in einer Zugspannungs-Rißöffnungs-Kurve zu erkennen, daß erst ein Teil der Bruchenergie verbraucht wurde, und somit der restliche Teil noch dem weiteren Öffnen der Längsrisse im Bereich der Schadenszone zur Verfügung steht. Den Verhältnisfaktor k bestimmte Markeset für Normalbeton zu 3,0 und für Leichtbeton zu 1,0. Für Beton mit Stahlfaseranteilen, ist die Annahme naheliegend, daß der Faktor k über 3,0 liegen müßte, da die Spannung und damit die Energie in den Fasern erst aktiviert wird, wenn sich Längsrisse gebildet haben und die Rißweiten zunehmen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 8: Vorhandene Querzugfestigkeit in Abhängigkeit zur Druckbeanspruchung; Zugspannungs-Rißöffnungs-Kurve
2.2.4 Wd - Energie, die in den Längsrissen dissipiert wird
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Wd stellt die Summe der beiden Energieanteile dar, die in den Längsrissen umgewandelt wird (Abbildung 9).
Abbildung 9: Wd als Summe von Win und Ws
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
(5)
Die Faktoren k und r können als Materialparameter betrachtet werden. Wobei r sich proportional zum Abstand der Longitudinalrisse untereinander verhält. Das heißt, je feiner die Längsrisse über den Umfang verteilt sind, desto kleiner wird r und desto mehr Bruchenergie wird in den Rissen umgesetzt. Diese Hypothese konnte an den Bruchbildern der Versuchskörper bestätigt werden.
In [1] wird Gleichung (5) weiter umgestellt:
(6)
2.2.5 Gl - Energieanteil infolge Abgleitens auf dem Schubband
Da bei Faserbetonen ein Schubband meist ausbleibt, wird hier auf eine detaillierte Herleitung verzichtet. Es kann hierfür auf [1] und [2] verwiesen werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
(7)
Das Produkt b wc wurde dort zu 0,36 mm für normalfesten und 0,217 mm für hochfesten Beton bestimmt. Der Faktor b hängt dabei von der Form des abfallenden Astes der Spannungs-Dehnungs-Linie infolge des Abgleitens auf dem Schubband ab. Die maximale Verschiebung der beiden Bruchteile wird durch wc angegeben.
2.2.6 Wc= - Gesamtenergie
Aus den Gleichungen (2), (6), (7) und der Berücksichtigung der Höhe der Schadenszone folgt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
(8)
2.2.7 Herleitung der Parameters r, g
Um die CDZ-Parameter r und g zu erhalten, wurde von Markeset [1] folgende Herangehensweise gewählt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
(14)
Um r bestimmen zu können, wurde in [1] für Normalbeton g=0,25 mm-1 und für Leichtbeton g=0,50 mm-1 ermittelt.
Ob diese Werte auch für Beton mit Faseranteilen gelten und inwiefern sich ihre Verwendung empfiehlt, ist Abschnitt 4 zu entnehmen.
3 Herangehensweise bei der Versuchsauswertung zentrisch gedrückter Zylinder
Bei der Auswertung von weggesteuerten Druckversuchen an Zylindern (300/100) wurde das folgende Ziel angestrebt. Die Druckspannungs-Dehnungs-Linien, die als Meßergebnisse der Versuche vorlagen, sollten entsprechend dem CDZ Modell nach [1] in die einzelnen Energieanteile zerlegt werden.
Um eine gewisse Rationalisierung bei der Ermittlung einzelner Parameter zu erreichen, wurde ein Tabellenkalkulationsprogramm verwendet. Im folgenden soll erläutert werden, wie die prinzipielle Berechnung erfolgte.
3.1 Bestimmung von E-Modul, eel, ein, den Energieanteilen Wel und Win sowie des Formbeiwertes a
Der E-Modul ist, wie in DIN 1048 T1 Ziffer 4.8 festgelegt, als Sekantenmodul bestimmt worden. Als Schnittpunkte mit der Spannungs-Dehnungs-Kurve kamen die Werte fu /3 und fu /6 mit den dazugehörigen Dehnungen e fu/3 bzw. e fu/6 zum Ansatz (Abbildung 10). Für die Versuchsreihe FC, ME, ZC wurden auf Grund der höheren Festigkeiten fu /2 und fu /3 verwendet, da bei diesen Betonen im unteren Bereich des Belastungsastes ein stark nicht‑elastisches Verhalten zu verzeichnen war.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 10: Versuchsmeßergebnisse mit langsam ansteigendem Belastungsast
Folgende Gleichungen dienten zur Ermittlung der einzelnen Werte:
(15)
(16)
Mit Hilfe dieser Dehnungen wurden dann die elastische Energie Wel und die inelastische Energie Win ermittelt.
(17)
Für die inelastische Energie wurde dabei, wie inAbbildung 11 zu sehen ist, der Anteil zwischen dem gekrümmten Teil der Kurve und der Geraden des E-Moduls vernachlässigt. Die Werte W (fu) und W (fu /6) sind die Flächenanteile in den Grenzen 0.. e fu bzw. 0.. e fu/6.
Abbildung 11: Darstellung der Arbeitsanteile Wel und Win
Der Formbeiwert a berechnet sich aus der Fläche des Parallelogramms (e in * fu) und der aus dem Versuch ermittelten Energie Win.
(18)
3.2 Spezifische Bruchenergie Gf, Materialkenngrößen g und r
Der Wert der spezifischen Bruchenergie wird notwendig, um die in [1] vorgeschlagenen Materialparameter g und r zu berechnen. Bei den faserfreien Versuchskörpern wurde bei der Ermittlung von Gf auf die von Remmel [6] vorgeschlagene Formel
zurückgegriffen. Bei den Versuchskörpern mit Stahlfasergehalt wird auf [3] verwiesen. Hier ist allerdings zu erwähnen, daß bei den Druckversuchen nicht die gesamte Bruchenergie dissipiert wurde, da nach Beendigung des Versuches immer noch ein Verbund des Probekörpers vorhanden war. Auf Grund der großen Rißweiten hat der verbleibende Rest der Bruchenergie aber keine praktische Bedeutung mehr. Jedoch ist bei der Berechnung von k nach Punkt 4.5.2.2 eine Vernachlässigung dieses Anteils nicht möglich.
Die Bestimmung von g und r erfolgt nach den Gleichungen (12), (13), (14).
3.3 Energieanteile Wc, Gl*1/L, Ws und Proportionalitätsfaktor k
3.3.1 Auswertung bei Probekörpern mit Schubbandausbildung
Wie unter 2.2 erwähnt, kann die Energie, die nach Erreichen der Druckfestigkeit noch dissipiert wird, in zwei Anteile gegliedert werden. Der erste Anteil Ws * Ld / L liegt der weiteren Rißaufweitung der Längsrisse zu Grunde. Der zweite Anteil wird umgewandelt, wenn oberer und unterer Bruchkegel auf einer Bruchfuge (Schubband) abgleiten. Das Schubband entsteht dabei aus sich verbindenden Längsrissen bzw. Mikrorissen.
Aus den Meßwerten ist der Energieanteil, der nach Erreichen der Maximallast umgesetzt wurde bekannt. Im weiteren wird dieser Energieanteil als Wpp (post peak) bezeichnet. Der Energiebetrag, welcher infolge des Abgleitens zweier Bruchkegel auf dem Schubband entstand (Gl), berechnet sich nach Gleichung (7). Wobei in [1] das Produkt b wc mit 0,36mm für normalfesten und 0,217mm für hochfesten Beton angegeben ist. Die Energie, die durch das weitere Öffnen der Längsrisse verbraucht wurde (Ws), kann nun als Differenz ermittelt werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
(20)
Da wie schon erwähnt, in [1] von einer Proportionalität der Energieanteile Ws und Win ausgegangen wird, ist auch bei der Auswertung der Versuche mit Fasern ein solcher Proportionalitätsfaktor k bestimmt worden. Der Faktor kG gibt die Abhängigkeit des Anteils Wpp von Win wieder. Bei diesem Wert ist allerdings zu beachten, daß er nicht unabhängig von der Versuchskörpergröße ist. Die Höhe der Schadenszone Ld beeinflußt kG.
Der Arbeitsanteil Wc stellt die gesamte Fläche unter der Spannungs-Dehnungs-Kurve dar.
Wd ist der Teil der Energie, der in den Längsrissen absorbiert wird.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
3.3.2 Auswertung bei Probekörpern ohne Schubbandausbildung
Die Notwendigkeit des Aufsplittens des Energieanteil Wpp ist hier nicht gegeben, da keine Energie über das Entstehen eines Schubbandes abgebaut wird. Die Berechnung des Proportionalitätsfaktors k ist dann direkt möglich.
(21)
Es folgt weiterhin:
(22)
4 Auswertung und Beurteilung der Versuchsergebnisse zentrisch gedrückter Zylinder
4.1 Modellparameter aus Versuchen; Vergleich mit den Vorschlägen von Markeset
Im diesem Abschnitt werden die Modellparameter zusammenfassend dargestellt. Sie wurden dabei wie unter 2.2.5. angegeben berechnet. Bei der Auswertung fanden folgende Versuchsreihen Berücksichtigung. Zu den genauen Mischungsentwürfen, dem Versuchsaufbau und -ablauf wird dabei auf [4] verwiesen.
- faserfreie Betone (C25, C35, C50, Referenzmischung B105)
- niedrigfeste Betone (LF-Serie) mit variierenden Faseranteilen von 0,25‑Vol.% - 1,0 Vol.% Stahlfasern und 0,0 Vol.% - 0,2 Vol.% Polypropylenfasern
- mittelfeste Betone (MF-Serie) mit Stahlfaseranteilen 0,5 Vol.% - 1,5 Vol.% und 0,0 Vol.%, 0,1 Vol.%, 0,2 Vol.% bzw. 0,5 Vol.% Polypropylenfasern
- hochfeste Betone mit verschiedenen Fasertypen:
FC...Harex SF 32/01 (L»32mm, sichelförmig)
ME...Firma ME Fasersysteme (L»32mm, Ø1,0mm; gezogene Drahtfaser)
ZC...Dramix ZP30‑0,5
Von jedem Mischungsentwurf sind in der Regel drei Probekörper getestet worden, von denen das arithmetische Mittel gebildet wurde. Ausreißer blieben dabei unberücksichtigt.
Die verwendeten Faserarten wurden in Anlage 1 dargestellt. Rißverläufe und Bruchbilder der LF‑Serie sind in Anlage 2 zu sehen.
Wie unter 2.2.5 erwähnt, muß die Auswertung für die Versuche mit und ohne Schubbandausbildung getrennt erfolgen.
4.1.1 Versuchskörper bei denen eine Schubbandausbildung zu erkennen war
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die einzelnen Auswertungstabellen der Versuche sind im Anhang 3 zu finden. Tabelle 1 stellt eine Übersicht dar, die einen schnellen Vergleich der Versuchsergebnisse aller Mischungen erlaubt.
Tabelle 1: Parameter für die Versuche mit Schubbandausbildung
Der Formbeiwert a liegt dabei konstant bei ca. 0,90. Die in [1] und [2] gegebenen Vorschläge wurden damit bestätigt.
Die Werte k, g und r sind dort mit 3; 0,25mm-1 bzw. 1,11mm (a =0,90) angegeben. Wie in Tabelle 1 zu sehen ist, konnten die Werte g und r mit den Versuchen der LF‑Serie nicht bestätigt werden. Für die faserfreien Probekörper wurde zumindest die Größenordnung der vorgeschlagenen Werte erreicht. Der Proportionalitätsfaktor k liegt dabei für die faserfreien Probekörper in der Nähe von 3,0. Für die hochfeste Mischung wird ein Wert erreicht, der kleiner als der vorgeschlagene ist. Es ist dabei für faserfreie hochfeste Betone generell zu überlegen, ob von einer Längsrißbildung im vorgeschlagenen Maße ausgegangen werden kann. Aus der Spannungs-Dehnungs-Linie dieses Versuchs war eine Abnahme des Anstiegs im Belastungsast nicht zu beobachten. Vielmehr versagte der Probekörper plötzlich. Es ist eine nahezu lineare Spannungs-Dehnungs-Linie bis zur Bruchlast meßbar gewesen. Dies ist auch am sehr kleinen Wert des Verhältnisses e in /e el erkennbar. Nach dem Erreichen der Maximallast ist ein sofortiger Abfall der Spannung zu verzeichnen. Am Bruchbild selbst war zu erkennen, daß keine Längsrißbildung auftrat. Das Bruchbild äußerte sich nur durch das auftretende Schubband. Um eine Bestätigung für den Parameter k zu erhalten, wurden Versuche zur Bestimmung der noch vorhandenen Restquerzugfestigkeit bei einer Vorbelastung von ca. 95% der Bruchlast durchgeführt (Punkt 4.6).
Die Aussage von Markeset, daß der Modellparameter r in direkter Proportionalität zum Abstand der Längsrisse untereinander steht, kann anhand der Rißbilder und der berechneten Werte für r in Tabelle 1 bestätigt werden. Da allerdings r in Abhängigkeit von der spezifischen Bruchenergie Gf ermittelt wird, ist eine genaue Aussage über diesen Wert schwierig. Wie schon erwähnt, kann bei Faserbetonen nicht davon ausgegangen werden, daß die gesamte Bruchenergie dissipiert wird. Es ist unbekannt, wie weit die einzelnen Längsrisse sich geöffnet haben. Der wirklich verbrauchte Bruchenergieanteil ist somit kaum zu bestimmen (Punkt 4.5.2.2). Um diesen Umstand zu umgehen, wird auf Gleichung (23) verwiesen.
Wie aus Tabelle 1 und Abbildung 12 weiterhin zu entnehmen ist, liegt kein Einfluß des Faseranteils auf die Druckfestigkeit vor. Es kann außerdem gesagt werden, daß ein Stahlfasergehalt von 1,0 Vol.% ein sehr gutes Nachbruchverhalten zur Folge hat. Auf den Proportionalitätsfaktor k wird unter 4.3 eingegangen. An dieser Stelle soll nur erwähnt werden, daß mit der Verwendung von Stahlfasern k einen deutlich größeren Wert als 3,0 annimmt.
Abbildung 12: Niedrigfeste Betone mit 0-1,0 Vol.% Stahlfasern und ohne Polypropylenanteil
4.1.2 Versuchskörper bei denen keine Schubbandausbildung vorlag
Zu den Versuchskörpern, bei denen keine Schubbandausbildung zu verzeichnen war, gehörten die der niedrigfesten Versuchsreihe (LF) mit 0,2 Vol.% Polypropylenfasern, die mittelfeste Versuchsreihe (MF) sowie die hochfeste Serie, bei der verschiedene Fasertypen eingesetzt wurden. Die Versuchsergebnisse sind Tabelle 2 zu entnehmen.
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- Citation du texte
- Torsten Römer (Auteur), 1998, Zur bruchmechanischen Modellierung des Druckversagens von Beton, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/30