Die vorliegende Arbeit widmet sich der Frage, ob Vergleichsportale für Flüge im Internet, genauer gesagt flug.idealo.de, anhand des verwendeten Betriebssystems bzw. Browsers preisdiskriminieren.
Der erste Teil unserer Arbeit gibt einen Überblick darüber, was Preisdiskriminierung ist, warum Unternehmen sie anwenden, welche Voraussetzungen dazu notwendig sind und wo sie verwendet wird. Dabei wird der Schwerpunkt auf die Preisdiskriminierung des Endkunden gelegt, während die zwischen Unternehmen nur kurz Erwähnung findet. Im zweiten Teil werden nach Erläuterung bestehender Formen der Preisdiskriminierung im Airline Markt die Ergebnisse einer selbst durchgeführten mehrwöchige Studie vorgestellt.
Diese konnten zwar keine pauschale Preisdiskriminierung von Apple-Nutzern belegen, doch waren bei einem Großteil aller gefundenen Preisabweichungen zwischen auf beiden Systemen angezeigten Flügen die Preise in Mac OS X größer als die in Windows gezeigten. Bei Betrachtung der Höhe der auftretenden Differenzen war festzustellen, dass, wenn sie zum Nachteil von Windows auftraten, die meist wesentlich stärker ausfielen als die bei ihrem Apple-Pendant. Trotz vieler gefundener Preisabweichungen, bildeten die Suchergebnisse mit gleichen Preisen die große Mehrheit.
Inhaltsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die Theorie der Preisdiskriminierung
2.1. Preisdiskriminierung vs. Preisdifferenzierung
2.2. Ziele der Preisdiskriminierung
2.3. Voraussetzungen für Preisdiskriminierung
2.4. Formen der Preisdiskriminierung
2.4.1. Preisdiskriminierung ersten Grades
2.4.1.1. Perfekte Preisdiskriminierung
2.4.1.2. Zweistufige Tarife
2.4.2. Preisdiskriminierung zweiten Grades
2.4.2.1. Teilmärkte
2.4.2.2. Bündelung
2.4.3. Preisdiskriminierung dritten Grades
2.4.4. Intertemporale Preisdiskriminierung und Spitzenlast Preisbildung
2.5. Preisdiskriminierung in der Praxis
2.6. Rechtliche Aspekte der Preisdiskriminierung
3. Empirischer Teil
3.1. Einleitung
3.2. Überblick Preisdiskriminierung im Airline-Markt
3.3. Versuchsaufbau.
3.4. Auswertung
3.4.1. Preisabweichungen
3.4.2. Durchschnittswerte der angezeigten Preise
3.4.3. Absolute und relative Häufigkeiten
3.4.4. t-Test und statistische Betrachtung
3.5. Interpretation der Ergebnisse
4. Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Tab. 1 Übersicht der gesuchten Verbindungen und Zeitpunkte der Abfrage
Tab. 2 Konkrete Eingaben in die Suchmaske am Beispiel der ersten New- York-Verbindung
Tab. 3 Gerätespezifikationen
Tab. 4 Übersicht über die Anzahl der gefundenen Flüge
Tab. 5 Anzahl der absoluten Preisabweichungen
Tab. 6.1 P-Werte New York-Verbindung
Tab. 6.2 P-Werte Mallorca-Verbindung
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1 Marktbearbeitung ohne Preisdifferenzierung - Einheitspreis Quelle: Zinnbauer, Markus; et al. „Preisdiskriminierung mittels Auktionen im Internet“
Abb. 2 Netto-Wohlfahrtsverlust aufgrund von Monopolmacht Quelle: Eigene Darstellung (in Anlehnung an Pindyck, Robert; et al. „Mikroökonomie“)
Abb. 3 Einfache Form eines zweistufigen Tarifs Quelle: Eigene Darstellung (in Anlehnung an Pindyck, Robert; et al. „Mikroökonomie“)
Abb. 4 Preisdiskriminierung 2. Grades mit drei Teilmärkten Quelle: Helmedag, Fritz Prof. Dr. TU Chemnitz
Abb. 5.1 Reservationspreise mehrere Nachfrager Quelle: Pindyck, Robert; et al. „Mikroökonomie“
Abb. 5.2 Konsumentscheidungen, wenn Produkte separat verkauft werden Quelle: Pindyck, Robert; et al. „Mikroökonomie“
Abb. 5.3 Konsumentscheidungen bei Produktbündelung Quelle: Pindyck, Robert; et al. „Mikroökonomie“
Abb. 6 Preisdiskriminierung dritten Grades - Marktsegmentierung Quelle: Schulz, Prof. Norbert Ph.D.
Abb. 7 Spitzenlast-Preisbildung Quelle: Pindyck, Robert; et al. „Mikroökonomie“
Abb. 8 Ansicht Oberfläche Automator mit fertig erstelltem Arbeitsablauf für die New York - Verbindung
Abb. 9 Applescript für das Eingeben der Daten in die Suchmaske
Abb. 10.1 Screenshot Windows Internet Explorer
Abb. 10.2 Screenshot Mac OS X Safari
Abb. 11 Ausschnitt aus dem Excelsheet
Abb. 12.1 Preisabweichungen Übersicht
Abb. 12.2 Menge der Preisabweichungen
Abb. 13.1 Durchschnitt der acht günstigsten angezeigten Preise Verbindung: Frankfurt - New York
Abb. 13.2 Durchschnitt der acht günstigsten angezeigten Preise Verbindung: Frankfurt - New York 2
Abb. 13.3 Durchschnitt der acht günstigsten angezeigten Preise Verbindung: Frankfurt - New York 3
Abb. 14.1 Durchschnitt der acht günstigsten angezeigten Preise Verbindung: Frankfurt - Mallorca 1
Abb. 14.2 Durchschnitt der acht günstigsten angezeigten Preise Verbindung: Frankfurt - Mallorca 2
Abb. 14.3 Durchschnitt der acht günstigsten angezeigten Preise Verbindung: Frankfurt - Mallorca 3
Abb. 15.1 Differenz der Mittelwerte bei identischen Flügen auf Mac und Windows bei den New York - Verbindungen
Abb. 15.2 Differenz der Mittelwerte bei identischen Flügen auf Mac und Windows bei den Mallorca - Verbindungen
Abb. 16.1-6 Absolute Häufigkeit von Preisabweichungen bei New York 1-3 und Mallorca 1-3
Abb. 17.1-6 Relativer Anteil von Preisunterschieden bei spezifischen Flügen
Abb. 18 Relativer Anteil von Preisunterschieden bei allen Flügen
Abb. 19 Preisdifferenzen zugunsten Mac und Windows im Vergleich
Abb. 20 Globaler Absatz von PCs von 2008 bis 2013 nach Hersteller, Quelle: Forrester Research, © Statista 2014
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
Unternehmen haben unter bestimmten Voraussetzungen einen Spielraum bezüglich der Preissetzung bei ihren Produkten. Das ermöglicht ihnen einen höheren Umsatz als sie ihn im Wettbewerbsmarkt erwarten könnten. Eine Möglichkeit dazu ist die Preisdiskriminierung, also der Versuch den Preis des Produktes oder der Dienstleistung an die maximale Zahlungsbereitschaft möglichst vieler Nachfrager anzugleichen und somit die Konsumentenrente weitestgehend abzuschöpfen. Natürlich ist es fast unmöglich die Zahlungsbereitschaft jedes Konsumenten zu erfragen und diese als Preis zu setzen. Unternehmen können aber spezifische Merkmale auswählen, um Käuferschichten zu identifizieren. Ein ganz typisches Beispiel sind Studenten- und Schülertarife im Kino oder im Schwimmbad. Durch das Internet ist die flexible Preissetzung für die Unternehmen sehr viel einfacher und kostengünstiger geworden, was zusätzliche Anreize schafft. Mag man anfangs noch denken, bei Preisdiskriminierung handele es sich um ein seltenes ökonomisches Phänomen, so wird man bei genauerer Betrachtung feststellen, dass sie so weit verbreitet ist und so häufig angewendet wird, dass sich die Konsumenten nicht nur daran gewöhnt haben, sondern diese sogar im Alltag als selbstverständlich erachten. Jeder Kunde erwartet, dass bei dem Kauf von Produkten in großen Verpackungseinheiten der Durchschnittspreis pro Einheit geringer ist als bei dem Kauf von nur einer Einheit des Produkts. Aus Sicht des Verbrauchers kann in zwei Arten von Preisdiskriminierung unterschieden werden, nämlich in versteckte und in offensichtliche. Die eine Art erwartet der Kunde oder er sucht sie sogar. Er weiß, dass Elektronikprodukte bei deren Markteinführung teuer sind und der Preis danach peu-a-peu gesenkt wird und dass der Urlaub in der Neben- statt Hauptsaison günstiger ist. Die andere Form ist für die meisten Verbraucher nicht ersichtlich. Nimmt man an einer Auktion teil, so wird im Falle vieler Bieter die gesamte Konsumentenrente des Käufers abgeschöpft. Besucht man mit seinen Kindern einen Vergnügungspark, in dem neben dem Eintrittspreis noch Tickets für die einzelnen Fahrgeschäfte zu lösen sind, geschieht dasselbe. Fragwürdig wird Preisdiskriminierung dann, wenn von E-Commerce Seiten unbemerkt Informationen über den verwendeten Computer oder den Wohnort ermittelt werden, um so auf die Zahlungsbereitschaft des jeweiligen Besuchers zu schließen und Preise entsprechend anzupassen. In jüngster Vergangenheit aufgedeckte Fälle von Preisdiskriminierung wie der von staples.com, bei dem anhand vom Standort der Onlinekunden und ihrer Entfernung zu den beiden größten Konkurrenten OfficeMax Inc. und Office Depot Inc. Onlinepreise individuell gestaltet wurden, machen die zunehmende Bedeutung von individueller Preissetzung im Internet deutlich, die sich oftmals im Spagat zwischen höheren Margen und Reputationsverlust bewegt.1 Der Airline Ticket Markt ist seit Beginn einer der bedeutendsten, wenn es um flexible und unterschiedliche Bepreisung anhand von Nutzerdaten geht. Im letzten Jahrzehnt wurde in mehreren wissenschaftlichen Arbeiten gezeigt, dass Airlines Informationen über ihre Kunden nutzen, um Preise individuell zu gestalten.2 Neben Status des Kunden, Buchungszeitpunkt, Reisedauer und gewünschtem Zielort könnte auch die Tatsache, ob der Kunde einen Macintosh oder Windows-PC verwendet, Aufschluss über die entsprechende Zahlungsbereitschaft geben und damit Anreiz für eine Nutzer- spezifische Bepreisung sein.
Die vorliegende Arbeit widmet sich daher der Frage, ob Vergleichsportale für Flüge im Internet, genauer gesagt flug.idealo.de, anhand des verwendeten Betriebssystems bzw. Browsers preisdiskriminieren. Der erste Teil unserer Arbeit gibt einen Überblick darüber, was Preisdiskriminierung ist, warum Unternehmen sie anwenden, welche Voraussetzungen dazu notwendig sind und wo sie verwendet wird. Dabei wird der Schwerpunkt auf die Preisdiskriminierung des Endkunden gelegt, während die zwischen Unternehmen nur kurz Erwähnung findet. Im zweiten Teil werden nach Erläuterung bestehender Formen der Preisdiskriminierung im Airline Markt die Ergebnisse einer selbst durchgeführten mehrwöchige Studie vorgestellt. Diese konnten zwar keine pauschale Preisdiskriminierung von Apple-Nutzern belegen, doch waren bei einem Großteil aller gefundenen Preisabweichungen zwischen auf beiden Systemen angezeigten Flügen die Preise in Mac OS X größer als die in Windows gezeigten. Bei Betrachtung der Höhe der auftretenden Differenzen war festzustellen, dass, wenn sie zum Nachteil von Windows auftraten, die meist wesentlich stärker ausfielen als die bei ihrem Apple-Pendant. Trotz vieler gefundener Preisabweichungen, bildeten die Suchergebnisse mit gleichen Preisen die große Mehrheit.
2. Die Theorie der Preisdiskriminierung
2.1. Preisdiskriminierung vs. Preisdifferenzierung
Ob es überhaupt einen Unterschied zwischen Preisdiskriminierung und Preisdifferenzierung gibt, ist nicht ganz eindeutig. Abhängig von der Herkunft der Literatur werden die Begriffe meist synonym verwendet, so wird es auch in den folgenden Teilen der Bachelorarbeit sein. In der Regel wird price discrimination im deutschen mit Preisdifferenzierung übersetzt. Im angelsächsischen Sprachraum trennt man, angelehnt an Arthur Cecil Pigou (1877-1959), in Preisdiskriminierung ersten, zweiten und dritten Grades (Pigou 1920). Die zweitgradige Preisdiskriminierung entspricht hierbei der horizontalen, die drittgradige Preisdiskriminierung der vertikalen Preisdifferenzierung. Weiterhin wird häufig in zeitliche, räumliche, abnehmerbezogene, mengenbezogene und distributionskanalbezogene Preisdifferenzierung unterschieden (Silberer 2007). Aber auch diese lassen sich meist einem der drei Grade der Preisdiskriminierung zuordnen. In den folgenden Kapiteln wird hierauf noch genauer eingegangen, wobei die dazugehörigen Bergriffe detailliert erläutert werden. Die Geschichte der Preisdiskriminierung beginnt zu den Zeiten der Industrialisierung im 19. Jahrhundert. Es stellte sich die Frage, in welcher Höhe man die Entgelte für die Nutzung öffentlicher Leistungen, insbesondere auf dem Verkehrssektor, erheben sollte. Das zentrale Problem der Verantwortlichen war eine Preissetzung, die möglichst niedrig war, aber gleichzeitig hoch genug um alle anfallenden Kosten zu decken. Zu den Pionieren auf diesem Gebiet gehört der Ingenieur Jules Dupuit, der in Frankreich die Instandhaltung von Brücken und Fernstraßen überwachte. Er erkannte in der Preisdiskriminierung das Mittel, um die Nutzung der Verkehrswege und die Mauterträge zu erhöhen (Gifford 2010).
2.2. Ziele der Preisdiskriminierung
Das Ziel dieser Preisstrategie ist das „ Skimming “, das bestmögliche Abschöpfen der Konsumentenrente. Dieser Begriff bezeichnet den Bereich zwischen dem von Unternehmen gesetzten Preis für ein Produkt oder eine Dienstleistung und dem Betrag, den ein Kunde dafür maximal zu zahlen bereit wäre, dem Reservationspreis. In der Abbildung 1 entspricht das graue Rechteck dem Umsatz bei einem Einheitspreis, die weiße Fläche hingegen repräsentiert die nicht abgeschöpften Zahlungsbereitschaften der Verbraucher.
Abbildung 1: Marktbearbeitung ohne Preisdifferenzierung - Einheitspreis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Zinnbauer, Markus; et al. „ Preisdiskriminierung mittels Auktionen im Internet “
Das Unternehmens versucht die Konsumentenrente in eigenen Gewinn zu transferieren. Dabei werden unterschiedlichen Kunden für das gleiche oder ein sehr ähnliches Produkt unterschiedliche Preise berechnet (Pindyck & Rubinfeld 2009), wobei die Preisabweichungen nicht auf höheren oder geringeren Kosten bei der Produktion beruhen (Helmedag 2001). Obwohl Ökonomen wie Phlips die Definition der Preisdiskriminierung mit absoluten Preisunterschieden bevorzugen, greift diese etwas zu kurz. Durch sie würden manche Preisunterschiede als Preisdiskriminierung bezeichnet, obwohl nicht der Gedanke der Abschöpfung der Konsumentenrente dahinter steht, sondern vielmehr die Verringerung impliziter Kosten durch bessere Planbarkeit und Auslastung. Um diesem Unterschied gerecht zu werden spezifizierte Stigler die Definition der Preisdiskriminierung dadurch, dass er die unterschiedliche Relationen zu den Grenzkosten ergänzt (Anderson 2008):
„ Price discrimination is present when two or more similar goods are sold at prices that are in different ratios to marginal costs.“
George J. Stigler (1987)
Grundsätzlich ist diese Form der Preisbildung nur bei Unternehmen mit Marktmacht möglich, denn im perfekten und somit auch transparenten Wettbewerb wird der Marktpreis extern durch Angebot und Nachfrage determiniert, während die Unternehmen ihre Menge an das Preisniveau und ihre Grenzkosten anpassen. Unternehmen mit Marktmacht können ihre Preise und die produzierten Mengen selbst wählen. Sie maximieren ihren Gewinn und finden den optimalen Output durch die Bestimmung des Schnittpunkts von Grenzkosten und -erlös. Die Projektion dieses Punktes nach oben auf die Nachfragekurve ergibt den Cournot’schen Punkt. Daraus resultiert der optimale (Einheits-) Preis des Monopols, der höher ist als die Grenzkosten des Unternehmens und immer höher als er auf dem Wettbewerbsmarkt wäre [Pc < PM]. Was in der folgenden Abbildung als verlorene Konsumentenrente bezeichnet ist, wurde durch die Maximierungsbedingung in Produzentenrente umgewandelt. Der Deadweight-Verlust entsteht durch die ineffiziente Allokation der Ressourcen durch den nicht markträumenden Preis. Es ist ein Netto- Wohlfahrtsverlust und kann durch die Anwendung von Preisdiskriminierung minimiert werden. Die Beziehung zwischen Einheitspreis und Preisdiskriminierung kann man sich anhand zweier Extreme vorstellen. Im ersten Fall hat das monopolistische Unternehmen keine Informationen über die Wertschätzung des Kunden bezüglich seines Produktes. Dann wird es einen Einheitspreis setzen, bekommt den Monopolgewinn, der an der unteren Grenze der Produzentenrente liegt und auch der Konsument verbleibt mit einer positiven durchschnittlichen Konsumentenrente. Das zweite Extrem ist, dass das Unternehmen perfekte Informationen über die Wertschätzung des Kunden hat. Es kann den Markt dann komplett segmentieren und die Preise der Wertschätzung anpassen. Sind alle einzelnen Reservationspreise berücksichtigt, entspricht dies der Preisdiskriminierung ersten Grades. Das Ergebnis ist effizient, lässt die Konsumentenrente aber auf Null sinken, während die Produzentenrente ihr Maximum erreicht (Bergemann, Brooks und Morris 2013). Alle anderen Formen der Preisdiskriminierung liegen zwischen diesen beiden Punkten.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Netto-Wohlfahrtsverlust aufgrund von Monopolmacht Quelle: Eigene Darstellung (in Anlehnung an Pindyck, Robert; et al. „ Mikro ö konomie “ )
2.3. Voraussetzungen für Preisdiskriminierung
Damit Unternehmen Zusatzumsätze durch Preisdiskriminierung realisieren können, müssen gewisse Voraussetzungen herrschen. Zum einen müssen Unternehmen über eine gewisse Marktmacht verfügen, folglich ein Monopol oder Oligopol sein (Varian 1989). Möglich ist Preisdiskriminierung aber auch auf kompetitiven Märkten mit Informationsasymmetrie (Zinnbauer 2001). Weiterhin braucht es eine Heterogenität der Zahlungsbereitschaften. D.h. die Konsumenten (-gruppen) müssen, egal wie sie differenziert werden oder ob sie sich selbst selektieren, bereit sein, unterschiedliche Preise zu zahlen und ihre Zahlungsbereitschaft muss sich mit zunehmender Konsummenge verringern. Dabei darf die Möglichkeit zur Arbitrage durch den Handel der Güter zwischen den Konsumenten nicht vorhanden sein. Mögliche Formen um dies zu erreichen sind personalisierte Tickets, hohe Transportkosten oder Produktdifferenzierung. Drittens müssen die Konsumentengruppen unterscheidbar sein, entweder durch eine Selbstselektion ihrerseits oder durch beobachtbare Signale bzw. Merkmale. Weiterhin dürfen die Kosten der Identifikation, Isolierung und Kontrolle der Teilmärkte nicht größer sein als der zusätzlich erzielte Erlös (Zinnbauer 2001). Nicht unbedingt Voraussetzung aber relevant ob und in welcher Form Preisdiskriminierung durchgeführt wird, ist die Menge und Qualität an Informationen, die Unternehmen über Konsumenten und Wettbewerber haben. Hätte ein Monopolist perfektes Wissen über die Wertschätzung der Nachfrager für sein Produkt, sollte er personalisierte Preise setzen und somit eine erstgradige Preisdiskriminierung wählen (Armstrong 2006). Der Umkehrschluss daraus ist: wollen die Nachfrager verhindern, ihre Konsumentenrente an einen Monopolisten abtreten zu müssen, sollten sie ihre privaten Daten schützen (Armstrong 2006).
2.4. Formen der Preisdiskriminierung
2.4.1. Preisdiskriminierung ersten Grades
2.4.1.1. Perfekte Preisdiskriminierung
Bei der Preisdiskriminierung ersten Grades spricht man von einer perfekten Preisdiskriminierung. Es handelt sich um ein idealisiertes Konzept, eine theoretische Extremsituation, bei der ein Unternehmen mit Marktmacht die gesamte Konsumentenrente abschöpft (Walz 2012). Bei dieser pareto-effizienten Art der Preisdifferenzierung wird jede Einheit eines Produktes oder einer Dienstleistung zu der maximalen Zahlungsbereitschaft, dem Reservationspreis, eines jeden Nachfragers angeboten, solange diese über den Grenzkosten des Unternehmens liegt. Die Einführung einer Preisdiskriminierung ersten Grades im Monopol führt zur Gewinnmaximierung für das Unternehmen und gleichzeitig zu einer Steigerung der Wohlfahrt für die Allgemeinheit (Stole 2000). Die notwendige Voraussetzung für dieses theoretische Konstrukt ist die Annahme, dass keine Güterarbitrage möglich ist, also das Gut oder die Dienstleistung nicht an anderer Stelle günstiger zu haben ist. In der Realität findet sie allerdings selten Anwendung, da der Aufwand und die resultierenden Kosten, um die individuellen Reservationspreise zu erfragen, den zusätzlichen Umsatz kaum rechtfertigen. Am nächsten kommt man der Preisdiskriminierung ersten Grades wohl bei Auktionen: Möchte ein Interessent einen Gegenstand erwerben, wird er bis zu seinem Reservationspreis mitbieten. Die zusätzlichen Kosten für das Auktionshaus, bzw. den Auftraggeber sind gering, findet die Auktion automatisiert im Internet statt, wie z.B. bei eBay, sind praktisch gar keine Mehrkosten vorhanden.
2.4.1.2. Zweistufige Tarife
Eine weitaus besser anwendbare Variante der erstgradigen Preisdiskriminierung sind zweistufige Tarife.3 Sie bestehen aus einem niedrigen fixen Basistarif und einem darauf aufbauenden variablen Teil, der abhängig vom Grad der Nutzung ist. Ein solches Modell kann man sich gut anhand eines Vergnügungsparks vorstellen (Oi 1971). Anfangs zahlt man einen Preis für den Eintritt, danach muss für jedes Fahrgeschäft extra bezahlt werden. Ein weiteres Beispiel sind Mobilfunktarife mit einer Grundgebühr. Hier zahlt der Kunde für das Telefon und die Rufnummer einen monatlichen Fixpreis. Für die Nutzung fallen dann weitere Kosten an. Setzt man voraus, dass der Kunde die anfallenden Kosten in den Beispielen richtig einschätzt, ist gut vorstellbar, wie jeder Einzelne den variablen Teil nutzt bis seine maximale Zahlungsbereitschaft erreicht ist. Zweistufige Tarife finden meist bei komplementären Gütern Anwendung. Die Herausforderung für Unternehmen bei zweistufigen Tarifen besteht in der Entscheidung, wie hoch die Eintrittsgebühr im Vergleich zur Nutzungsgebühr sein soll (Pindyck & Rubinfeld 2009). Gäbe es nur
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Einfache Form eines zweistufigen Tarifs Quelle: Eigene Darstellung (in Anlehnung an Pindyck, Robert; et al. „ Mikro ö konomie “ )
einen Konsumenten oder besäßen alle dieselbe Nachfragefunktion, würde der Tarif, um die Konsumentenrente vollständig abzuschöpfen, folgendermaßen aussehen:
Wobei xc die Gleichgewichtsmenge, pc der Preis bei Wettbewerb und A die Konsumentenrente ist (Walz 2012). Bezogen auf das Beispiel des Vergnügungsparks, heißt dies, dass A die Höhe des Eintritts und pc = GK die Nutzungsgebühr wäre.
2.4.2. Preisdiskriminierung zweiten Grades
2.4.2.1. Teilmärkte
Der Preis ist hierbei abhängig von der gekauften Menge bzw. von der gekauften Qualität. Varian bezeichnet diese Form, als eine Preisdiskriminierung basierend auf endogenen Kategorien (Varian 1989), ergo ist es eine Selbstselektion der
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Preisdiskriminierung 2. Grades mit drei Teilm ä rkten Quelle: Helmedag, Fritz Prof. Dr. TU Chemnitz
Konsumenten. Im Gegensatz zur Preisdiskriminierung ersten Grades beschränkt man sich darauf den Gesamtmarkt horizontal in mehrere Teilmärkte aufzuteilen, um die Fläche der Konsumentenrente zu minimieren. Deswegen wird diese Form in deutscher Literatur auch als horizontale Preisdifferenzierung bezeichnet. Dieses Verfahren schöpft die Zahlungsbereitschaften nicht in Gänze ab, macht deren individuelle Ermittlung aber auch unnötig und erscheint somit sehr geeignet für die Praxis. Die Voraussetzung für ihre Anwendung ist, dass ein Markt in homogene Käufergruppen mit jeweils unterschiedlichen Zahlungsbereitschaften aufteilbar ist. Die Herausforderung für Unternehmen bei dieser Art der Preisdiskriminierung ist das Finden der kostenminimalen und gleichzeitig umsatzmaximalen Anzahl an horizontalen Segmenten und deren Größe (Helmedag 2001). Es wird nicht nach spezifischen Merkmalen der Nachfrager differenziert. Vielmehr zahlen die Konsumenten, die dieselbe Outputmenge oder Qualität kaufen, identische Preise. Da die Entscheidung darüber frei ist, handelt es sich um eine Selbstselektion der Nachfrager. Das Unternehmen setzt lediglich den Anreiz zu diesem Mechanismus. Die simpelste Form der zweitgradigen Preisdiskriminierung ist die Unterscheidung in Kunden mit hoher und mit niedriger Nachfrage an Menge. Dies ist in der Abbildung 4 dargestellt. Es gibt drei unterschiedliche Mengen desselben Produkts zu drei verschiedenen Preisen. Während die weiße Fläche die Produzentenrente anzeigt, sind die verbliebenen Dreiecke die Residuen der Konsumentenrente. Im Vergleich zu Abbildung 4 ist hier ersichtlich, wie stark diese dezimiert wurde. Ein Beispiel für die zweitgradige Preisdiskriminierung sind Klingen für Nassrasierer, bei denen der Durchschnittspreis pro Stück sinkt, kauft man sie in größeren Verpackungseinheiten. Man spricht hier von einer nicht-linearen Preissetzung, die landläufig als Mengenrabatt bekannt ist. Der Begriff der mengenmäßigen Preisdifferenzierung, der bereits eingeführt wurde, kann also der Preisdiskriminierung zweiten Grades nach Pigou zugeordnet werden. Eine andere übliche Variante ist die Diskriminierung von Konsumenten durch Qualitätsunterschiede. Wie bei der mengenmäßigen Preisdifferenzierung muss auch hier die richtige Selbstselektionsbedingung gefunden werden. Die Preise müssen so gesetzt sein, dass eine Gruppe an Nachfragern, auf die ein bestimmtes Qualitätslevel zugeschnitten ist, genau dieses und kein anderes Level wählen (Varian 1989). Varian zitiert Jules Dupuit, der schon im 19. Jahrhundert die Feststellung machte:
„Es sind nicht die paar tausend Franc, die man ausgeben müsste, um über dritte- Klasse Wagons ein Dach zu setzen oder deren Sitze zu polstern (...). Was die Unternehmen versuchen, ist solche Passagiere, die sich die Tarife der zweiten Klasse leisten können davon abzuhalten dritte Klasse zu reisen (...). Es trifft die Armen, nicht weil man sie verletzen will, sondern um die Reichen zu ängstigen…“. In der Gegenwart ist das mit den geringen Sitzabständen der Economyclass in Flugzeugen vergleichbar. Natürlich erhöht die Fluggesellschaft durch solche Maßnahmen ihren Umsatz, da sie bei annähernd gleichen Kosten mehr Passagiere befördern kann, gleichzeitig erzeugt oder verstärkt der Platzmangel, insbesondere auf langen Flügen, aber auch den Anreiz der Passagiere, die sich einen Platz in der Businessclass leisten können, diesen auch zu buchen.
2.4.2.2. Bündelung
Auch die Bündelung (engl. Bundling) ist eine Form von zweitgradiger Preisdiskriminierung. Dabei wird in reine und gemischte Bündelung unterschieden. Es ist das Verkaufen von zwei oder mehr unterschiedlichen Gütern in Paketen (Varian 1989). Unternehmen nutzen die heterogenen Zahlungsbereitschaften von Nachfragern bezüglich der einzelnen Güter in einem Paket. Varian erklärt das anschaulich anhand zweier Kinos, die Filme von der Filmgesellschaft ausleihen möchten. Für das Beispiel werden eventuell anfallende Kosten vernachlässigt. Das Kino A ist bereit für Film 1 $9.000 und für Film 2 $3.000 zu zahlen, Kino B hingegen würde für Film 1 sogar $10.000 ausgeben, aber nur $2.000 für Film 2. Die Summe an Zahlungsbereitschaft beider Kinos ist $12.000. Würde die Filmgesellschaft die Filme einzeln verleihen und seine Profite maximieren wollen, müsste sie für Film 1 $9000 und für Film 2 $2000 verlangen. Liehen jetzt beide Kinos beide Filme aus, würde ein Umsatz von $22,000 generiert werden. Durch die Bündelung kann der Filmverleih die individuellen Zahlungsbereitschaften pro Film
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5.1: Reservationspreise mehrere Nachfrager Quelle: Pindyck, Robert; et al. „ Mikro ö konomie “
jedoch vernachlässigen, denn die Zahlungsbereitschaften pro Paket sind jeweils $12,000. Verleiht sie die Filme in Paketen wird dementsprechend ein Umsatz von $24,000 erzielt. Das Beispiel zeigt den elementaren Teil beim Einsatz von Bündeln zur Preisdiskriminierung auf, nämlich die negative Korrelation bezüglich der Wertschätzung der Güter innerhalb des Pakets (Varian 1989). Abbildung 5.1 zeigt die Zahlungsbereitschaften von drei Konsumenten bezogen auf zwei unterschiedliche Produkte. Es wird deutlich, dass Konsument C die höchsten Reservationspreise hat und sie für beide Güter gleich sind. Die Konsumenten B und C hingegen haben nicht nur deutlich geringere Zahlungsbereitschaften, sondern sie weisen auch unterschiedliche Präferenzen der Güter auf. Die Abbildung 5.2 verallgemeinert in soweit die Informationen über die Reservationspreise, als dass sie die Aussage über die Zahlungsbereitschaften beliebig vieler Nachfrager graphisch mit den Preisen für die zwei Güter abgleicht. Es entstehen vier Quadranten, die Aufschluss darüber geben, ob ein Konsument Produkt eins oder zwei kauft, seine Reservationspreise für beide Produkte zu niedrig sind oder hoch genug, um beide zu kaufen. Verkauft ein Unternehmen die beiden Güter zusammen als Paket, handelt es sich um eine Bündelung. Der Gesamtpreis für das Bündel kann allgemein als Summe der Reservationspreise für die zwei einzelnen Güter betrachtet werden. Graphisch stellt diese Summe, wie in Abbildung 5.3 ersichtlich, eine Budgetbeschränkung dar. Die
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5.2: Konsumentscheidungen, wenn Produkte separat verkauft werden Quelle: Pindyck, Robert; et al. „ Mikro ö konomie “
Konsumenten mit einer kumulierten Zahlungsbereitschaft oberhalb oder genau auf der Budgetgrade kaufen das Produktbündel, während solche, die unterhalb liegen, es nicht kaufen. Verbraucher aus Sektor II würden aber vielleicht eines der Produkte separat kaufen, wenn die Möglichkeit dazu bestünde. Bei der Preisdifferenzierung durch Bündelung werden wie oben bereits erwähnt zwei Formen unterschieden: die reine und die gemischte Bündelung. Während bei der reinen Form bestimmte Produkte ausnahmslos in Paketen verkauft werden, können die Produkte bei der
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5.3: Konsumentscheidungen bei Produktb ü ndelung Quelle: Pindyck, Robert; et al. „ Mikro ö konomie “
gemischten Bündelung auch einzeln verkauft werden. Auf die Abbildung 5.3 bezogen bedeutet dies, dass Nachfrager mit einer Zahlungsbereitschaft unterhalb der Budgetgrade entweder eines der Produkte einzeln erwerben oder dem Unternehmen ganz als Käufer verloren gehen (Pindyck & Rubinfeld 2009). Dementsprechend fallen auch die Resultate der Untersuchungen von Adams und Yellen aus, die 1976 diesbezüglich aufzeigten, dass die gemischte die reine Bündelung immer dominiert (Varian 1989). In mancher Literatur wird die Koppelung als weitere Form der Bündelung beschrieben. Das bedeutet, dass Produkte in bestimmten Kombinationen gekauft werden müssen, um ihren Zweck zu erfüllen. Pindyck und Rubinfeld nennen hier das Beispiel eines Kopiergerätes, das nur mit speziellem Papier desselben Herstellers funktioniert. Ebenso kann aber argumentiert werden, dass es sich um einen zweistufigen Tarif und damit um eine Preisdiskriminierung ersten und nicht zweiten Grades handelt. Das Kopiergerät entspräche dann einem Eintrittspreis und das notwendige Papier einer Nutzungsgebühr.
[...]
1 vgl. „Websites Vary Prices, Deals Based on Users' Information“ (2012), The Wallstreet Journal
2 vgl. Alderighi, Cento und Piga (2011)
3 Die Zuordnung der zweistufigen Tarife zu der Preisdiskriminierung ersten Grades stützt sich auf Hal R. Varian. Andere Ökonomen ordnen sie anders ein.
- Arbeit zitieren
- Björn Buchholz (Autor:in), Robert Gross (Autor:in), 2014, Vergleichsportale für Flüge. Preisdiskriminierung im Internet, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/309880
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