Als Exilliteratur, auch Emigrantenliteratur genannt, wird die Literatur von Schriftstellern bezeichnet, die unfreiwillig Zuflucht in der Fremde suchen müssen, weil ihre Person oder ihr Werk im Heimatland bedroht ist. Meist geben politische oder religiöse Gründe den Ausschlag für die Flucht ins Exil.
Im Zusammenhang mit der deutschsprachigen Literaturgeschichte meint Exilliteratur in erster Linie die literarische Produktion von Autoren, die unter dem Nazi-Regime emigrierten.
Bereits in der Weimarer Republik gab es schon juristische Vergeltungsmaßnahmen gegen Autoren, Dichter, Verleger, Journalisten, Filmemacher usw. Liberale, kommunistische, jüdische und pazifistische Kulturschaffende wurden diskriminiert. Ihre Veranstaltungen wurden durch die SA gestört, sie erhielten Drohbriefe und Schreibverbote, verloren oft ihren Arbeitsplatz oder wurden sogar gewalttätig angegriffen. Als Folge daraus wanderten bereits in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts viele Angehörige dieser Minderheiten aus Deutschland aus.
Diese Arbeit definiert zunächst den Begriff der Exilliteratur, deren historische Hintergründe und Probleme. Dann werden zur Anschauung die Biographien der Autoren Berthod Brecht und Franz Werfel vorgestellt. Im Anschluss folgt eine Interpretation der Gedichte „Über die Bezeichnung Emigranten“ von Brecht, sowie „Die Verscheuchte“ von Else Lasker-Schüler.
Inhaltsverzeichnis
1. Der Begriff „Exilliteratur“
a) Begriffsklärung
b) Historischer Hintergrund in Deutschland
c) Probleme der Exilliteraten
d) Zentren der deutschen Exilliteratur
e) Merkmale der Exilliteratur
2) Autoren der Exilliteratur
3) Biografien von zwei ausgewählten Autoren
a) BERTOLD BRECHT
b) FRANZ WERFEL
4) Männer- und Frauenbild in der NS-Zeit
5) Ausgewählte Gedichte von Autoren der Exilliteratur
Bertolt Brecht Über die Bezeichnung Emigranten
Else Lasker-Schüler Die Verscheuchte
6) Quellen
1. Der Begriff „Exilliteratur“
a) Begriffsklärung
Das Wort Exil leitet sich vom lateinischen exilium = Verbannung ab.
Als Exilliteratur, auch Emigrantenliteratur genannt, wird die Literatur von Schriftstellern bezeichnet, die unfreiwillig Zuflucht in der Fremde suchen müssen, weil ihre Person oder ihr Werk im Heimatland bedroht ist. Meist geben politische oder religiöse Gründe den Ausschlag für die Flucht ins Exil.
Der Begriff „Exilliteratur“ ist der fachlich gebräuchlichere. Während Emigration neutral den Wechsel des Wohnortes von einem Land in ein anderes bezeichnet, bedeutet Exil eher das Land, welches Zufluchtsort wird. Mitunter wird der Begriff auch für literarische Werke verwendet, die als verbotene Literatur in Exilverlagen erscheinen müssen, auch wenn deren Verfasser in ihrem Heimatland bleiben, also keine Emigranten sind.
Bereits in der Antike und im Mittelalter waren Schriftsteller der Zensur und Verfolgung durch die Mächtigen im Staat ausgesetzt, sodass sie ihre Werke im Exil verfassten. Im 16., 17. und 18. Jahrhundert überwogen meist religiöse Gründe für Exilliteratur. Während der Religionskriege im 16. Jahrhundert zum Beispiel mussten zahlreiche protestantische Dichter ihre katholische Heimat verlassen. Erst mit Ende des 18. Jahrhunderts nahm die politische Exilliteratur an Bedeutung zu.
Im 20. Jahrhundert wächst die Exilliteratur weltweit an. Europa, Lateinamerika, Asien und Afrika sind die Ausgangspunkte vieler Exilliteraten.
b) Historischer Hintergrund in Deutschland
Im Zusammenhang mit der deutschsprachigen Literaturgeschichte meint Exilliteratur in erster Linie die literarische Produktion von Autoren, die unter dem Nazi-Regime emigrierten.
Bereits in der Weimarer Republik gab es schon juristische Vergeltungsmaßnahmen gegen Autoren, Dichter, Verleger, Journalisten, Filmemacher usw. Liberale, kommunistische, jüdische und pazifistische Kulturschaffende wurden diskriminiert. Ihre Veranstaltungen wurden durch die SA gestört, sie erhielten Drohbriefe und Schreibverbote, verloren oft ihren Arbeitsplatz oder wurden sogar gewalttätig angegriffen. Als Folge daraus wanderten bereits in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts viele Angehörige dieser Minderheiten aus Deutschland aus.
Schon vor der Machtübernahme durch die Nazis wurden sogenannte Schwarze und Weiße Listen von nationalsozialistischen und nationalistischen Vereinigungen erstellt, in denen anti-deutsche und nicht-arische Literatur aufgezeigt wurde. Auch hier war die Diskriminierung der Kulturschaffenden die Folge.
Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten mit ihrem Vorsitzenden Adolf Hitler am 30. Jänner 1933 wurde mit der Überarbeitung und Erweiterung der Verbotslisten begonnen. Die Nazis nannten „Literatur“ ab diesem Zeitpunkt „Schrifttum“ und richteten eigene Reichsministerien ein, die sämtliche veröffentlichte Schriften kontrollierten und zentral verbreiteten. Gegen unerwünschte Autoren, Verlage und Presseorgane wurde aggressiver vorgegangen. Verbände von Autoren oder Publikationen wurden verboten.
Am 10. Mai 1933 fand in ganz Deutschland zur gleichen Zeit an vielen Universitäten eine Bücherverbrennung unter dem Motto „Wider den undeutschen Geist“ statt. Diese wurde wie eine Zeremonie abgehalten und hatte eine unmissverständliche Bedeutung. Es wurden die Schwarzen Listen konsequent abgearbeitet und sämtliche als nicht-arisch gekennzeichnete Werke feierlich und öffentlich verboten und verbrannt. Diese Bücherverbrennung vom 10. Mai 1933 kann als Ausgangspunkt der Exilbewegung vieler deutscher Literaten und Kulturschaffenden bezeichnet werden. Diese „Säuberung des Schrifttums“ wurde in der folgenden Zeit noch intensiver. Die Nationalsozialisten nahmen die komplette Literatur ein.
Diese gesamte Entwicklung war sehr radikal und erschreckte die Kulturschaffenden. Zahlreiche Autoren und Publizisten verließen ihr Land. Insgesamt wurden etwa eine halbe Million Menschen aus Deutschland vertrieben. Darunter waren ca. 30 000 politisch Verfolgte, ca. 5 000 Kulturschaffende, davon ca. 2 500 Autoren und Publizisten.
c) Probleme der Exilliteraten
Die Exilliteraten wurden mit einer Vielzahl von Problemen konfrontiert:
Existenzprobleme und Isolation im Exil gehörten genauso dazu wie die oft schmerzvolle Trennung vom Heimatland und Probleme mit der Veröffentlichung ihrer Literatur.
Die meisten Schriftsteller, die ihr Land aus politischen Gründen verließen, waren überzeugt, dass Hitler früher oder später gestürzt werden würde und sie bald in ihre Heimat heimkehren könnten. Sie glaubten auch, dass die ausländischen Behörden unbürokratisch mit den politisch Verfolgten umgingen. Aber in den meisten Fällen war es genau das Gegenteil. Einreisegenehmigungen, die Ausstellung von Ausweisen und Arbeitsgenehmigungen stellten oft große Probleme dar. Die Kontakte zum Heimatland waren abgetrennt, neue Dokumente erhielt man oft nur mit Beziehungen. Ohne Aufenthaltsgenehmigung und gültige Ausweise wurde aber auch keine Arbeitserlaubnis ausgestellt, und so war es für fast alle Exilliteraten ein großes Problem, für ein geregeltes Einkommen zu sorgen. Daraus ergab sich dann ein finanzieller Engpass, der oft bis zur Existenznot führte. Viele Exilliteraten konnten ihr Leben nur mit der Unterstützung von Freunden, Bekannten oder Hilfsorganisationen finanzieren.
Das Leben fern der Heimat bedeutete auch oft einen Kulturschock. Die fremde Mentalität und Kultur und auch die Erkenntnis, dass sich im Ausland keiner für deutsche Literatur interessierte und man im Heimatland anscheinend vergessen war, führte bei vielen Exilliteraten zur Isolation und Vereinsamung. Viele litten im Exil auch unter der Haltung, die man den Deutschen entgegenbrachte: Fremdenhass, Nationalismus, antisemitische Tendenzen gab es auch in den Exilländern.
Manchen Exilliteraten aber gelang es trotzdem sich schnell zu integrieren (z.Bsp. Thomas Mann, Franz Werfel, Lion Feuchtwanger), andere aber resignierten, führten ein kleinbürgerliches Leben und begingen nicht selten Selbstmord.
Ein großes Problem, mit dem die Exilliteraten auch zu kämpfen hatten, war die Veröffentlichung ihrer Literatur. Es war schwer, Möglichkeiten zur Publikation zu finden. Oft war auch die Ablehnung deutscher Literatur im Exilland groß. Viele Emigranten litten unter dem Gefühl, ihre deutsche Sprache im Ausland zu verlieren. Sie fanden kein geeignetes, wohlwollendes Publikum und keine Anerkennung für ihr literarisches Schaffen. Die literarische Arbeit im Exil war auch oft verbunden mit der Angst vor Abschiebung, der Bedrohung durch NS-Agenten, der Ablehnung durch die Bevölkerung und dem Entzug der schriftstellerischen Existenzgrundlage. Es gab nur wenige Autoren wie z.Bsp. Thomas Mann, die sich das Leben mit der Veröffentlichung ihrer Texte finanzieren konnten.
Ein großer Teil der Exilliteratur wurde erst nach 1945 veröffentlicht, ein noch größerer Teil gar nicht. Man kann sagen, dass die Situation der deutschen Exilliteraten generell schlecht war.
d) Zentren der deutschen Exilliteratur
Die deutschen Exilautoren wanderten in die unterschiedlichsten Länder aus. Sowohl in Europa als auch in Nord- und Südamerika, Asien oder Australien fanden sie Zuflucht. Ein wirkliches Zentrum des deutschen Exils hat es nie gegeben. In welchem Land die Emigranten Exil bekamen, hing vor allem von deren politischen Orientierung ab. Kommunisten wanderten meist in die Sowjetunion aus, Sozialliberale nach Frankreich oder Skandinavien, Neutrale in die Schweiz und England. Die Tschechoslowakei mit Prag kann als ein Zentrum des deutschen Exils bezeichnet werden. Deutsche konnten hier relativ unkompliziert einreisen und eine Aufenthaltsbewilligung beantragen.
Nachdem die Nazis Österreich und die Tschechoslowakei annektiert, Polen, Frankreich und die Niederlande besetzt und auch England bedroht hatten, wanderten viele Exilliteraten von ihrem ersten Zufluchtsort weiter in die USA aus. Zentren waren hier New York und Kalifornien.
e) Merkmale der Exilliteratur
Das meiste, das im Ausland von den deutschen Exilliteraten verfasst wurde, war Erzählprosa.
Die bevorzugte Gattung war der Roman. Diese Literaturform kam dem ausländischen Publikum entgegen und hatte dadurch höhere Chancen auf Veröffentlichung.
Zum einem gab es den Zeitroman und zum anderen die Autobiografien.
Der Zeitroman lässt sich in „Deutschlandromane“ und „Exilromane“ unterteilen.
„Deutschlandromane“ behandeln das gegenwärtige und vergangene Deutschland und sind wie Dokumentationen, Reportagen oder Erklärungen gearbeitet. Zu den „Deutschlandromanen“ zählt man auch den historischen Roman. Hier versucht der Autor den Zustand in Deutschland mit historischen Entwicklungen und Ereignissen zu begründen.
In den „Exilromane“ verarbeiten die Emigranten ihre Erlebnisse und wollen über das Dritte Reich aufklären.
Der Bereich der Lyrik fällt in der Exilzeit bescheiden aus. Es wurden schon Gedichte veröffentlicht, der Großteil jedoch wurde erst, wenn überhaupt, nach Kriegsende publiziert. Inhaltlich war die Lyrik für die Dichter ein Mittel, das Erlebte zu verarbeiten.
Dramatiker hatten es im Exil besonders schwer. Ihre Theaterstücke wurden meist nicht aufgeführt. Hier ist Bertold Brecht die große Ausnahme. Ihm gelang es, in Frankreich und auch später in den USA mehrere Theaterstücke aufzuführen, die sich kritisch mit Deutschland und dem Krieg auseinander setzten.
Viele Exilliteraten arbeiteten auch als Journalisten und verfassten Beiträge für die Presse des Exillandes: Reportagen, Kritiken, Kommentare, Berichte aus dem Nazi-Deutschland, Reisebeschreibungen, Kurzprosa und Fortsetzungsromane.
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- Dominik Hösl (Author), 2014, Exilliteratur zur Zeit des Nationalsozialismus. Überblick über Autoren und Werke, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/309826
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