Dieses Essay beschäftigt sich mit der Darstellung des Tympanons der Ritterstiftskirche zu Bad Wimpfen und beleuchtet den historischen, kulturellen sowie politischen Kontext zu dessen Entstehung. Im weiteren Verlauf werden die Thesen innerhalb dieses Essays durch das Hinzuziehen weiterer Quellen untermauert.
1. Einleitung
Grundlage für das Verfassen dieses Essays bildet das im Sommersemester 2015 gehaltene Seminar „Grundkurs Judentum I: Antikes, rabbinisches und mittelalterliches Judentum“.
Dieses Essay beschäftigt sich mit der Darstellung des Tympanons der Ritterstiftskirche zu Bad Wimpfen (siehe Anhang) und beleuchtet den historischen, kulturellen sowie politischen Kontext zu dessen Entstehung. Im weiteren Verlauf werden die Thesen innerhalb dieses Essays durch das Hinzuziehen weiterer Quellen untermauert.
2. Beschreibung des Bildnachweises
Zu sehen ist das Tympanon als Teil des Seitenportals der Ritterstiftskirche St. Peter zu Bad Wimpfen im Tal, Baden-Württemberg. Es handelt sich hierbei nicht um das Hauptportal, sondern um das südliche Portal der Querhausfassade.1
Der ursprüngliche Bau ist auf das 10. Jahrhundert zu datieren, jedoch wurde die Basilika erst im 15. Jahrhundert fertiggestellt.
Die gravierendsten Umbauten und Erweiterungen des romanischen Grundwerkes datiert Marc Carel Schurr auf das 13. Jahrhundert.2
Die zentrale Figur des Tympanons bildet die vergrößerte Darstellung des gekreuzigten Jesus, flankiert von „Ecclesia“ zu seiner Rechten und „Synagoga“ (oder auch „Synagoge“) zu seiner linken Seite. Wie in zahlreichen, bildlichen Darstellungen der Gotik und des Mittelalters wird die Person der Ecclesia, die das Christentum personifiziert, aufrecht stehend, gekrönt und mit einem Kreuz in der einen und einem Kelch in der anderen Hand dargestellt. Die Figur der Synagoga wird hingegen oft als „gebrochene“ Frau abgebildet, die zur Seite oder zu Boden blickt; die Krone der Synagoga liegt am Boden. Wie auch auf diesem Portal dargestellt, hält sie in der einen Hand eine zerbrochene Lanze, ihrer anderen Hand entgleiten Gesetzestafeln, die oft mit hebräischer oder hebraisierter Schrift versehen sind. Des Weiteren wird die Figur der Synagoga häufig mit verbundenen Augen dargestellt, was die Blindheit der Juden gegenüber Jesus verdeutlichen soll.
3. Bedeutungs- und Darstellungswandel der Ecclesia und Synagoga im Laufe des Mittelalters
Die beiden Figuren, welche in der Regel als Paar abgebildet werden, symbolisieren das Alte und das Neue Testament, beziehungsweise den „alten“ und den „neuen“ (durch Christus „erneuerten“) Bund mit Gott.3
In Erscheinung traten die beiden allegorischen Frauengestalten erstmals um das 9. Jahrhundert herum, allerdings wurde bereits zuvor in ersten bildlichen Darstellungen „das Judentum“ als ein alter, kraftloser Mann dargestellt.4
Natascha Bremer formuliert, dass sich hier „zum ersten Mal der religiöse Konflikt zwischen Judentum und Christentum in einer für Jahrhunderte verbindliche Ausdrucksweise, aber ebenso die Zusammengehörigkeit des Alten und des Neuen Bundes“ ausdrückt.5
Und weiter: „Seine Repräsentanten [Synagoga und Ecclesia] werden unter dem Kreuz zusammengerufen und durch das Kreuz voneinander geschieden.“6
Sie weist allerdings auch darauf hin, dass die Kreuzigungsszene Christi erst in späteren Darstellungen abgebildet wurde, da sie lange als schmachvoll galt.7
Bernhard Blumenkranz beschreibt die mittelalterlichen Darstellungen der Synagoga auch folgendermaßen:
„Wir kennen tatsächlich eine Form der Darstellung der Synagoga, wo sie mit den Marterwerkzeugen ausgerüstet ist; durch sie ist das Judentum, das sie repräsentieren soll, mit der steten Verantwortung für die Passion Christi beladen. […] Wie ein Szepter, wie ein Herrschaftsemblem, hält Synagoga stolz in der Rechten die Lanze und den Schwammstab, in der Linken die Dornenkrone.“8
Blumenkranz führt weiter aus:
„Zahlreiche Belege aus dem frühen Mittelalter zeigen, wie damals das Judentum wohl als Gegner betrachtet wurde, aber als fast ebenbürtiger, jedenfalls als selbstbewußter, stolz-kämpferischer und noch ungebeugter Gegner. […] Synagoga entfernt sich vom Kreuz, d.h. sie lehnt das Christentum ab. [...] Auch in der Geschichte des Motivs erkennt man den einschneidenden Umbruch […] Zu Beginn des 12. Jh. begegnen wir im Liber Floridus des Lambertus aus St. Omer einem neuen Typ der Synagoga-Darstellung. Ihre Krone ist ihr vom Haupt genommen, ihr Banner ist zerbrochen. Wie das Taufbecken links zum Empfang der Christen bereit ist, neben Ecclesia mit stolz flatterndem Banner und demütig emporgehaltenem Kelch, so hält neben Synagoga, rechts unten, die Hölle ihren Rachen weit offen zum Empfang der Juden.“9
[...]
1 Vgl. Schurr, Marc Carel: Gotische Architektur im mittleren Europa 1220-1340 – Von Metz bis Wien. München / Berlin 2007: S.167.
2 Vgl. Ebd. S.165.
3 Vgl. Riese, Brigitte: Lexikon der Ikonografie – Religiöse und profane Bildmotive. Leipzig 2007: S.120f.
4 Vgl. Seiferth, Wolfgang: Synagoge und Kirche im Mittelalter. München 1964: S.16f.
5 Bremer, Natascha: Das Bild der Juden in den Passionsspielen und in der bildenden Kunst des deutschen Mittelalters. Frankfurt 1986: S.167
6 Ebd.
7 Vgl. Ebd. S.41 und S.167.
8 Blumenkranz, Bernhard: Juden und Judentum in der mittelalterlichen Kunst. Stuttgart 1965: S.55.
9 Ebd. S.57f.
- Arbeit zitieren
- Aiko Gastberg (Autor:in), 2015, Ecclesia und Synagoga, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/309611
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