In seinem Hauptwerk „ Über den Prozeß der Zivilisation“ veranschaulicht Norbert Elias den „ langfristigen Prozeß der Veränderung der Außenzwänge in Selbstzwänge“.1 Schon in seiner Studienzeit interessierte ihn die Frage, wieso sich Aristokraten einem höfischen Ritual beugen, das sie bei aller Zivilisiertheit bestimmten Zwängen unterwirft.2. Dazu brauchte er natürlich Material, das diese Frage klären sollte, das heißt, das diesen langfristigen Prozess der Umwandlung von Fremdzwängen in Selbstzwängen veranschaulicht und dies fand er in den Manierenbüchern. Denn genau dort werden die Veränderungen der Verhaltensregeln dokumentiert. Wichtig war dabei für ihn nicht die Veränderung des Benimmstandarts, sondern warum sich diese änderten, denn darin konnte er die Veränderung von Peinlichkeits- und Schamgrenzen und somit die Triebregulierung der Affekte und Gefühle sichtbar machen.3 Unter Ludwig XIV. war es zum Beispiel verpönt, Speisen mit der Gabel zu essen.4 Und deshalb verbot er dies auch jedem Höfling, der die Ehre hatte, in Anwesenheit des Königs zu essen. Für uns heute ist es unvorstellbar, nicht mit der Gabel zu essen. Sie nicht zu benutzen und mit den Fingern zu essen kommt uns unerzogen vor. Der Grund dafür ist, dass wir meinen, dies sei unhygienisch und unappetitlich. Elias sagt, dass dies Gründe sind, die in die Kategorie Peinlichkeitsgefühl und Scham gehören und es ist die Entstehung dieser Affektkontrollen, für die die Einführung der Gabel ein Beispiel ist. Um den Prozess der Zivilisation zu veranschaulichen ist es daher sehr wichtig zu zeigen, wie sich die Zivilisierung der Sitten der höfischen Menschen langsam in der gesamten Gesellschaft verfestigt haben, denn heutzutage handelt es sich bei diesen Sitten um festgefahrene Standarts. Für uns besteht kein Fremdzwang mehr, er ist zum Selbstzwang geworden, was ja, wie vorher schon bemerkt den Zivilisationsprozess auszeichnet.
Inhaltsverzeichnis:
1. Einleitung:
1.1. Wieso legte Norbert Elias so viel Wert auf die Untersuchung der höfischen Etikette:
1.2. Gesellschaftliche Normen und Etikette
2. Hauptteil
2.1. Was gehörte für Ludwig XIV. zur Etikette?
2.2. Wieso hielten sich die Adligen so strikt an die Etikette?
2.3. Wieso war für Ludwig XIV. die Einhaltung der Etikette so von Bedeutung?
3. Warum elementare Manieren und eine gewisse Etikette auch heute noch entscheidend sind:
4. Schlußwort:
5. Bibliographie
5.1. Gedruckte Quellen
5.2. Ungedruckte Quellen:
1. Einleitung:
1.1. Wieso legte Norbert Elias so viel Wert auf die Untersuchung der höfischen Etikette:
In seinem Hauptwerk „ Über den Prozeß der Zivilisation“ veranschaulicht Norbert Elias den „ langfristigen Prozeß der Veränderung der Außenzwänge in Selbstzwänge“.1 Schon in seiner Studienzeit interessierte ihn die Frage, wieso sich Aristokraten einem höfischen Ritual beugen, das sie bei aller Zivilisiertheit bestimmten Zwängen unterwirft.2. Dazu brauchte er natürlich Material, das diese Frage klären sollte, das heißt, das diesen langfristigen Prozess der Umwandlung von Fremdzwängen in Selbstzwängen veranschaulicht und dies fand er in den Manierenbüchern. Denn genau dort werden die Veränderungen der Verhaltensregeln dokumentiert. Wichtig war dabei für ihn nicht die Veränderung des Benimmstandarts, sondern warum sich diese änderten, denn darin konnte er die Veränderung von Peinlichkeits- und Schamgrenzen und somit die Triebregulierung der Affekte und Gefühle sichtbar machen.3 Unter Ludwig XIV. war es zum Beispiel verpönt, Speisen mit der Gabel zu essen.4 Und deshalb verbot er dies auch jedem Höfling, der die Ehre hatte, in Anwesenheit des Königs zu essen. Für uns heute ist es unvorstellbar, nicht mit der Gabel zu essen. Sie nicht zu benutzen und mit den Fingern zu essen kommt uns unerzogen vor. Der Grund dafür ist, dass wir meinen, dies sei unhygienisch und unappetitlich. Elias sagt, dass dies Gründe sind, die in die Kategorie Peinlichkeitsgefühl und Scham gehören und es ist die Entstehung dieser Affektkontrollen, für die die Einführung der Gabel ein Beispiel ist. Um den Prozess der Zivilisation zu veranschaulichen ist es daher sehr wichtig zu zeigen, wie sich die Zivilisierung der Sitten der höfischen Menschen langsam in der gesamten Gesellschaft verfestigt haben, denn heutzutage handelt es sich bei diesen Sitten um festgefahrene Standarts. Für uns besteht kein Fremdzwang mehr, er ist zum Selbstzwang geworden, was ja, wie vorher schon bemerkt
den Zivilisationsprozess auszeichnet.
1.2. Gesellschaftliche Normen und Etikette
Laut Fremdwörterbuch versteht man unter Etikette die „Gesamtheit der allgemein oder in einem bestimmten Bereich geltenden gesellschaftlichen Umgangsformen“5 Diese Umgangsformen könnte man allerdings auch als „Vorschriften ansehen, wie der Mensch sich zu verhalten hat, um in dieser Welt und in der Gesellschaft mit anderen Menschen glücklich und vergnügt zu leben und seinen Nebenmenschen glücklich und froh zu machen.“6 Man kann also sagen, die Etikette ist ein Teil von gesellschaftlichen Normen. Doch wie sehen diese Normen eigentlich aus? Zuerst sollte festgestellt werden, dass Normen ein wichtiger Bestandteil der Gesellschaft sind. In der Physik gibt es ein Naturgesetz. Es sagt: „Wenn feste Körper sich treffen, entsteht Reibung. Organisationen sind Orte, wo feste Körper, nämlich Menschen, sich treffen- daher entsteht Reibung. Es entstehen Konflikte. Manieren und somit auch gesellschaftliche Normen sind nun nicht der Treibstoff, nicht die Energie, die eine Organisation voranbringt. sie sind aber der „Schmierstoff“, der die Reibung innerhalb der Gesellschaft erträglich macht.7 Da es aber nicht nur eine Gesellschaft, sondern verschiedene gibt, haben wir es auch mit verschiedenen Normen zu tun. Normen sind für einen bestimmten Kulturkreis festgelegt. Auch wenn man sich in Tibet mit herausgestreckter Zunge begrüßt, wäre es in Deutschland sehr unklug, dies zu tun. Hier wird es als Beleidigung aufgefasst. Man kann sagen, dass Normen die Funktion haben, Verhalten zu regeln und prognostizierbar zu machen. Der Straßenverkehr ist ein anschauliches Beispiel dafür: Durch die Ampelregelung gibt es die Norm, bei Rot anzuhalten und bei Grün zu fahren. Gäbe es diese Regelung nicht, wüsste man nicht, was die anderen Fahrer machen, und man könnte ihr Verhalten nicht vorhersehen und der Verkehr würde durch sehr viele Unfälle behindert oder gar zusammenbrechen. Die Nichtbefolgung von Normen wird mit Sanktionen bestraft, bei meinem Beispiel wäre das Bußgeld oder Fahrverbot. Soziale Normen entstehen aber nicht nur durch die Festlegung von bestimmten Regeln, sondern auch durch Gewohnheiten. Wenn man für eine Handlung belohnt wurde und diese Handlung wiederholt und wieder eine Belohnung empfängt, so wird diese Handlung zur Gewohnheit. Man wiederholt sie immer wieder, später auch ohne Belohnung. Diese Handlung wird dadurch zu unserer eigenen Norm. Wie bereits erwähnt, dienen Normen auch dazu, gewisses Verhalten vorherzusehen. Das sieht man auch an den Normen, die aus Gewohnheit entstanden sind. Wenn die Eltern es zum Beispiel gewohnt waren, dass ihr Kind beim Abwasch hilft, so werden sie negativ reagieren, wenn das Kind von dieser Gewohnheit abweicht. sie haben diese Handlung ja vorhergesehen und sie fest in ihre eigenen Handlungen eingeplant. Auch die Einhaltung der Etikette ist eine wichtige Voraussetzung für das gesellschaftliche Miteinander, bzw. für eine gute Position innerhalb der Gesellschaft. Es gibt gewisse Umgangsformen in der heutigen Gesellschaft, die man einfach beherrschen sollte, wie zum Beispiel das Essen mit Besteck. Wenn eine Person heute in ein Restaurant geht und nicht das Besteck, sondern die Finger zum Essen benutzt, so wird sie wohl negative Reaktionen und Äußerungen ernten. Um gesellschaftlich anerkannt zu werden und um sich eine gute Position in der Gesellschaft zu sichern, gehört es heute auch dazu, zu wissen, welches Besteck man für welchen Gang benutzt und was der Unterschied zwischen einem normalen Messer und einem Fischmesser ist. Im Gegensatz dazu gehörte es unter Ludwig XIV. zur Etikette, nur mit dem Messer und den Händen zu essen. Jeder der sich nicht daran hielt wurde mit Verachtung bestraft. Man kann also sagen, dass Etikette und spezielle Normen unverzichtbare Voraussetzungen für das gesellschaftliche Miteinander sind, die auch funktionieren müssen, damit das gesellschaftliche Leben funktionieren kann.
2. Hauptteil
2.1. Was gehörte für Ludwig XIV. zur Etikette?
Das Besondere unter Ludwig XIV. war, dass es nicht nur für jeden Lebensbereich strikte Verhaltensregeln gab, sondern dass Ludwig XIV. diese Regeln selber entworfen hatte. Er erließ detaillierte Bestimmungen für sämtliche Breiche, sei es für Freudenfeste, religiöses Leben oder für Trauerfeiern. Jeder einzelne am Hofe erhielt eine bestimmte Rolle und einen festen Platz zugewiesen. Ludwig XIV. hob durch diese Regeln und Normen auch jedes Mal seine eigene Stellung hervor. Das kann man zum Beispiel sehr gut an Versaille selbst sehen. In vielen anderen Ländern, wie zum Beispiel Spanien oder Deutschland handelt es sich bei den Königspalästen um Sakralbauten, das heißt, die Kapelle und somit die Religion bestimmten das Leben und die Architektur. Bei Ludwig XIV. steht nicht die Kapelle, sondern sein Schlafzimmer im Zentrum des Baus. Er machte also aus einer sehr intimen Platz den Mittelpunkt des Schlosses. In diesem Schlafzimmer spielte sich auch das bis ins letzte Detail durchorganisierte Zeremoniell des „Lever“ ab. Sehr schön beschrieben ist dies bei Norbert Elias, „Die höfische Gesellschaft“8: „ Gewöhnlich um 8 Uhr, jedenfalls zu der Zeit, die er selbst bestimmt, wird der König geweckt, und zwar von dem ersten Kammerdiener, der zu Füßen des königlichen Bettes schläft. Die Türen werden den Kammerpagen geöffnet. Einer von ihnen hat inzwischen bereits den „grand chembellan“, den Großkämmerer und den ersten Kammerherrn benachrichtigt, ein zweiter die Hofküche wegen des Frühstücks, ein dritter stellt sich an der Tür auf und läßt nur die Herren eintreten, die das Vorrecht des Eintritts haben. Diese Vorrecht war ganz genau abgestuft. Es gab sechs verschiedene Gruppen von Menschen, die nacheinander eintreten durften. Man sprach dabei von verschiedenen „Entrées“. Zuerst kam die „Entrée familiére“. An ihr hatten vor allem teil die legitimen Söhne und Enkel des Königs ( Enfants de France ), Prinzen und Prinzessinnen von Geblüt, der erste Arzt, der erste Chirug, der erste Kammerdiener und der erste Kammerpage. Dann kam die „grand entrées“, bestehend aus den grand officiers de la chambre et de la garderobe und den Hernn von Adel, denen der König diese Ehre zuerkannt hatte. Es folgten die "„premiére entrée“ für die Vorleser des Königs, den Intendanten der Vergnügungen und Festlichkeiten und andere. Darauf folgte als vierte die „entrée de la chambre“, die alle übrigen „officiers de la chambre“ umfaßte, außerdem den „grand-aumôniere“ ( Groß-Almosenier ), die Minister und Staatssekretäre, die „conseillers d’Etat“, die Offiziere der Leibgarde, die Marschälle von Frankreich u.a. Die Zulassung zu der fünften Entrée hing bis zu einem gewissen Grade von dem guten Willen des ersten Kammerherrn ab und natürlich von der Gunst des Königs. Zu dieser Entrée gehörten Herren und Damen von Adel, die in solcher Gunst standen, daß der Kammerherr sie eintreten ließ; sie hatten so den Vorzug, sich dem König vor allen anderen zu nähern. Schließlich gab es noch eine sechste Art des Eintritts, und das war die gesuchteste von allen. Man trat dabei nicht durch die Haupttür des Schlafzimmers ein, sondern durch die Hintertür; diese Entrée stand den Söhnen des Königs, auch den illegitimen samt ihren Familien und Schwiegersöhnen offen, außerdem auch z. Bsp. dem mächtigen „surintendant des bâtiments“. Zu dieser Gruppe zu gehören, war Ausdruck einer hohen Gunst, denn die zugehörigen Menschen durften in die königlichen Kabinette zu jeder Zeit eintreten, wenn der König nicht gerade conseil hielt oder eine besondere Arbeit mit seinen Ministern begonnen hatte, und sie konnten im Zimmer bleiben, bis der König zur Messe ging und selbst, wenn er krank war. Man sieht, es war alles recht genau geregelt. die ersten beiden Gruppen wurden zugelassen, wenn der König noch im Bette war. Dabei trug er eine kleine Perücke; er zeigte sich niemals ohne Perücke, auch dann nicht, wenn er im Bett lag. Wenn er aufgestanden war und die Großkämmerer mit den ersten Kammerherren ihm die Robe hingelegt hatten, rief man die folgende Gruppe, die „premiére entrée“. Wenn der König die Schuhe übergezogen hatte, verlangte er die „officiers de la chambre“, und man öffnete die Türen der nächsten Entrée. Der König nahm seine Robe. Der maître de la garderobe zog das Nachthemd beim rechten Ärmel, der erste Diener der Garderobe beim linken, das Taghemd wurde von dem Großkämmerer oder von einem der Söhne des Königs, der gerade anwesend war, herbeigebracht. Der erste Kammerdiener hielt den rechten Ärmel, der erste Diener der Garderobe den linken. So zog der König das Hemd an. Darauf erhob er sich von Fauteuil und der maître de la garderobe half ihm die Schuhe befestigen, schnallte ihm den Degen an die Seite, zog ihm den Rock an usw. War der König fertig angezogen, betete er kurz, während der erste Almonsier , oder ein anderer Geistlicher in dessen Abwesenheit, mit leiser Stimme ein Gebet sprach. Inzwischen wartete der ganze Hof bereits in der großen Galerie, die sich nach den Gärten zu, also hinter des Königs Schlafzimmer in voller Breite des Mittelteils im ersten Stock des Schlosses erstreckte. Das war das „Lever“ des Königs.“ Auch das Zubettgehen des Königs war ein ganz spezielles Zeremoniell um Privilegien zu verteilen. Es war ein ganz besonders begehrtes Vorrecht, dem König während seiner letzten Verrichtungen mit Hilfe einer Kerze zu leuchten. Saint Simon beschreibt dies so: „ Während der König sein Abendgebet verrichtete, hielt der Almosenier den Leuchter, um ihn anschließend, sobald der König sein Gebet beendet hatte, dem ersten Kammerdiener zu überreichen. Bevor er sich nun seiner Kleider entledigte, pflegte der König unter den Anwesenden denjenigen Würdenträger auszuwählen, der während dieser Zeitspanne den Leuchter halten durfte. Die Wahl fiel fast immer auf einen der Vornehmsten und bedeutete einen großen Gunstbeweis. Sobald Ludwig XIV. sich dann angezogen hatte, und man sein Schlafgemach verließ, ergriff der erste Kammerdiener wieder den Leuchter und überreichte ihn nach Belieben jemanden, der noch dableiben und dem „petit coucher“ beiwohnen durfte; das Zubettgehen des Königs erfolgte also ebenfalls in Form einer ganzen Reihe einzelner Zeremonien, die beinahe dem morgendlichen entsprachen.“9 Es wird also sehr deutlich, dass Ludwig XIV. jede noch so alltägliche Verrichtung mit einer symbolischen Funktion ausstattete. Jede Handlung wurde Teil der Etikette.
[...]
1 Korte, Hermann: Über Norbert Elias, Nördlingen, 1988, S. 137.
2 Korte ( wie Anm. 1 ), S. 134.
3 Elias, Norbert: Über den Prozeß der Zivilisation, Bd. 1, Frankfurt/ Main, 1976, S. 10 ff.
4 Bernier, Olivier: Ludwig XIV. Eine Biographie, München, 1993, S. 118.
5 Drosdowsk, Günther: Schülerduden „Fremwörterbuch“, Mannheim, Wien, Zürich, 1984, S. 135.
6 Hurton, Andrea: Gute Umgangsformen heute, Augsburg, 1998, S. 6.
7 Die Malik-Kolumne: „Führungsstil ist nicht wichtig-manager-magazin.de.
8 Elias, Norbert: Die höfische Gesellschaft, Darmstadt/Neuwied, 1977, S. 126.
9 Bluche, Francois: Im Schatten des Sonnenkönigs, Würzburg, 1986, S. 22.
- Citar trabajo
- Susanne Drews (Autor), 2002, Die Etikette als Herrschaftsinstrument - Eine Untersuchung an den Beispielen der höfischen Etikette unter Ludwig XIV. und der beruflichen Etikette in der heutigen Gesellschaft, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/30888
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