Dieses Essay beschäftigt sich mit der Weimarer Rechtsverfassung und ihrem Scheitern. Als Hugo Preuß in seiner Denkschrift am 3. Januar 1919 seine Empfehlungen für die Gestaltung einer neuen Reichsverfassung gab, war er sich der Gunst der Stunde bewusst, dem Reich eine neue staatsrechtliche Ordnung geben zu können. Die Weimarer Republik sollte verfassungsrechtlich auf der Grundlage einer demokratischen Republik mit föderativen und parlamentarischen Elementen entstehen.
Für Preuß war als Bedingung für die Gründung einer Republik ein einheitlicher Volksstaat unabdingbar. Der Gedanke des Volksstaats wiederum basiert auf der geistigen und moralischen Grundlage, dass das deutsche Volk sich als Staatsvolk einer deutschen Nation bewusst wird und sich dann in seiner politischen Gesamtheit demokratisch in einer Republik organisiert. Die von Preuß gewünschte Republik sollte ferner Strukturen eines dezentralisierten Einheitsstaates tragen.
Nicht alle Empfehlungen von Preuß wurden in die Weimarer Reichsverfassung übernommen, auch wenn die Verfassung deutlich seine Handschrift trägt, wie dieses Essay zeigt.
“Deutsche Verfassungsgeschichte von 1849-1949”
Essay: “Ist die Weimarer Reichsverfassung gescheitert?”
Als Hugo Preuß in seiner Denkschrift am 3. Januar 1919 seine Empfehlungen für die Gestaltung einer neuen Reichsverfassung gab, war er sich der Gunst der Stunde bewusst, dem Reich eine neue staatsrechtliche Ordnung geben zu können. Die Weimarer Republik sollte verfassungsrechtlich auf der Grundlage einer demokratischen Republik mit föderativen und parlamentarischen Elementen entstehen.
Für Preuß war als Bedingung für die Gründung einer Republik ein einheitlicher Volksstaat unabdingbar. Der Gedanke des Volksstaats wiederum basiert auf der geistigen und moralischen Grundlage, dass das deutsche Volk sich als Staatsvolk einer deutschen Nation bewusst wird und sich dann in seiner politischen Gesamtheit demokratisch in einer Republik organisiert.
Die von Preuß gewünschte Republik sollte ferner Strukturen eines dezentralisierten Einheitsstaates tragen. Einerseits wollte Preuß dadurch dem deutschen Wesen, das eine Abneigung gegen Zentralismus hegte, Rechnung tragen und die autonome Selbstverwaltung, insbesondere auf kultureller Ebene gewährleisten. Andererseits wollte er dadurch die Macht der Einzelstaaten beschränken und die Reichseinheit stärken. Die Republik könnte zwischen den Interessen des Reiches und den Interessen der Einzelstaaten, insbesondere des Hegemon Preußen, zerrieben werden. Aus diesem Grund sprach sich Preuß für eine Neugliederung der Einzelstaaten, insbesondere für eine Aufteilung des Einheitsstaates Preußen aus.
Als Staatsform empfahl Preuß eine parlamentarische Demokratie. Das System der Konkordanz und der direkten Demokratie der Schweizer Eidgenossenschaft erweise sich als unpraktikabel und nicht finanzierbar in einem so bevölkerungsreichen Staat wie dem Deutschen Reich, welches darüber hinaus noch über eine Vielzahl von Parteien verfügte. Die Präsidialdemokratie der USA habe, nach Meinung von Preuß, ebenfalls ihre Schwächen gezeigt. Die starre Durchführung der Gewaltenteilung und der Dualismus von Präsident und Parlament führten zu einer geistigen Verarmung der Volksvertretungen. Im Gegensatz zu dem System der Schweiz und der USA, zeichne die deutsche parlamentarische Demokratie sich durch eine ebenbürtige Stellung von Reichpräsident und Parlament aus.
Die gleichwertige Stellung von Reichspräsident und Volksvertretern lässt sich natürlich nur über eine gleiche Legitimationsgrundlage gewährleisten. Das bedeutet, dass der Reichspräsident ebenfalls direkt vom Volk gewählt werden muss und nicht vom Parlament. Die wichtigste Funktion des Reichspräsidenten ist die Ernennung des Reichskanzlers und in Übereinstimmung mit ihm die Ernennung der übrigen Mitglieder der Reichsregierung. Bei einem nicht auszugleichenden Konflikt zwischen Reichspräsident und Parlament kann der Reichspräsident das Parlament auflösen und Neuwahlen ausschreiben. Bei Konflikten über einzelne Gesetze kann er die Gesetzesfrage durch ein Referendum abstimmen lassen. Im Gegenzug kann der Reichstag durch eine Volksabstimmung, die politische Haltung des Reichspräsidenten beurteilen lassen. Bestätigt das Volk die politische Haltung des Reichspräsidenten, so gilt dieses Referendum als eine Wiederwahl des Reichspräsidenten. Durch das Referendum kommt die politische Verantwortlichkeit zur Geltung. Die rechtliche Verantwortlichkeit bei Verfassungs- oder Gesetzesverletzungen ergibt sich aus der Befugnis des Reichstags, den Reichspräsidenten vor dem Staatsgerichtshof anzuklagen.
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- Magistra Artium Sarah Heitz (Author), 2004, Ist die Weimarer Reichsverfassung gescheitert?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/308736