Die Einwanderungs- und Einbürgerungspolitik wie sie in Deutschland betrieben wird, könnte kaum verschiedener sein von jener Kanada oder den USA. Auf der einen Seite steht die deutsche Kulturnation, die sich über Ausschließung definiert. Wem das Deutschsein nicht schon in den Genen steckt, der kann kein vollwertiger Staatsbürger werden. Im Multikulturalismus wird eine Art Zustand gesehen, dem es sich zu erwehren gilt. Auf der anderen Seite finden sich die USA und Kanada, zwei Staatsnationen die den Multikulturalismus zur politischen Ideologie erhoben haben und Immigranten zu Landsleuten mit vollen Rechten machen, wenn sie denn ein paar Bedingungen erfüllen.
So oder ähnlich ist der Tenor der meisten wissenschaftlichen Arbeiten, die sich mit Einbürgerung, Integration und Multikulturalismus in den drei Ländern beschäftigen. Doch bei genauerem Hinsehen fallen einige Widersprüchlichkeiten auf, die den Schluss nahe legen, dass die multikulturelle Praxis der drei Staaten in einigen Hinsichten so verschieden gar nicht ist. Diese Widersprüchlichkeiten möchte ich im Folgenden anhand einiger Texte zum Thema darlegen. Dabei gehe ich zunächst auf politische Theorie und Praxis von Einbürgerung und Multikulturalismus, sowie Rassismus und Diskriminierung in Deutschland, Kanada und den USA ein, um anschließend einige Parallelen zwischen den Staaten aufzuzeigen.
Zunächst möchte ich noch einige zentrale Begriffe meiner Arbeit klären. Unter Politik des Multikulturalismus werden hier nach Will Kymlicka „Vorgehensweisen auf verschiedenen Ebenen, mit denen der ethnokulturellen Identität und den Verhaltensformen von Einwanderergruppen Rechnung getragen werden soll“ (Kymlicka 1997/1999: 48) verstanden. Mit Ethnizität bezeichne ich nach Giddens „kulturelle Praktiken und Einstellungen, durch die sich eine Gemeinschaft von einer anderen unterscheidet“ (Giddens 1999: 232). Ethnische Unterschiede sind nicht angeboren, sondern erlernt. Ebenfalls wie Giddens verstehe ich den Minderheitenbegriff nicht rein im numerischen Sinn, Angehörige einer Minderheit sind vor allem benachteiligt gegenüber der Majorität.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Immigration und Einbürgerung
2.1. Annäherung trotz Differenzen
2.2. Kulturnation vs. Staatsnation?
2.3. Migranten und ihr „Nutzen“
2.4. Annäherung bei Formalitäten
3. Multikulturalismus
3.1. Der Exportschlager
3.2. Die liberalen Verfassungsstaaten und das Gleichheitsproblem
4. Diskriminierung und Rassismus
4.1. Die Gefahr für den Multikulturalismus
4.2. Rassistische Tradition und Gegenwart
5. Fazit
6. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Die Einwanderungs- und Einbürgerungspolitik wie sie in Deutschland betrieben wird, könnte kaum verschiedener sein von jener Kanada oder den USA. Auf der einen Seite steht die deutsche Kulturnation, die sich über Ausschließung definiert. Wem das Deutschsein nicht schon in den Genen steckt, der kann kein vollwertiger Staatsbürger werden. Im Multikulturalismus wird eine Art Zustand gesehen, dem es sich zu erwehren gilt. Auf der anderen Seite finden sich die USA und Kanada, zwei Staatsnationen die den Multikulturalismus zur politischen Ideologie erhoben haben und Immigranten zu Landsleuten mit vollen Rechten machen, wenn sie denn ein paar Bedingungen erfüllen.
So oder ähnlich ist der Tenor der meisten wissenschaftlichen Arbeiten, die sich mit Einbürgerung, Integration und Multikulturalismus in den drei Ländern beschäftigen. Doch bei genauerem Hinsehen fallen einige Widersprüchlichkeiten auf, die den Schluss nahe legen, dass die multikulturelle Praxis der drei Staaten in einigen Hinsichten so verschieden gar nicht ist. Diese Widersprüchlichkeiten möchte ich im Folgenden anhand einiger Texte zum Thema darlegen. Dabei gehe ich zunächst auf politische Theorie und Praxis von Einbürgerung und Multikulturalismus, sowie Rassismus und Diskriminierung in Deutschland, Kanada und den USA ein, um anschließend einige Parallelen zwischen den Staaten aufzuzeigen.
Zunächst möchte ich noch einige zentrale Begriffe meiner Arbeit klären. Unter Politik des Multikulturalismus werden hier nach Will Kymlicka „Vorgehensweisen auf verschiedenen Ebenen, mit denen der ethnokulturellen Identität und den Verhaltensformen von Einwanderergruppen Rechnung getragen werden soll“ (Kymlicka 1997/1999: 48) verstanden. Mit Ethnizität bezeichne ich nach Giddens „kulturelle Praktiken und Einstellungen, durch die sich eine Gemeinschaft von einer anderen unterscheidet“ (Giddens 1999: 232). Ethnische Unterschiede sind nicht angeboren, sondern erlernt. Ebenfalls wie Giddens verstehe ich den Minderheitenbegriff nicht rein im numerischen Sinn, Angehörige einer Minderheit sind vor allem benachteiligt gegenüber der Majorität.
2. Immigration und Einbürgerung
2.1. Annäherung trotz Differenzen
Eine Erläuterung der Unterschiede in der deutschen, kanadischen und us-amerikanischen Multikulturalismus- und Einwanderungspolitik stützt sich meist auf die grundsätzlichen Differenzen zwischen zwei Nationstypen, das „historische Selbstverständnis von Deutschland als Kulturnation steht dem angelsächsischen Konzept der Staatsnation gegenüber“ (Adam 1994: 75). Deshalb lege ich hier dar, welche Differenzen bestehen, und wo sich eine Annäherung abzeichnet. Da sich die Themengebiete Immigration / Einbürgerung und Politik des Multikulturalismus stark verschränken und in vielerlei Hinsicht voneinander abhängen, werde ich beide behandeln.
2.2. Kulturnation vs. Staatsnation?
Der Begriff Kulturnation stützt sich auf das Abstammungsprinzip. Menschen mit einer gemeinsamen kulturellen Herkunft sollen auch einen gemeinsamen Staat bilden (Adam 1994: 75). Kymlicka (1997/1999: 26) bezeichnet Deutschland deshalb als ethnische Nation, im Kontrast zu den staatsbürgerlichen Nationen USA und Kanada, in denen das Bekenntnis zum Staat das ausschlaggebende Kriterium für das Erhalten der Staatsbürgerschaft ist, und nicht die ursprüngliche Herkunft. Trotz der grundsätzlichen Unterschiede zwischen diesen Nationstypen werden die daraus resultierenden praktischen Differenzen oft überhöht dargestellt. So weist Heike Hagedorn (2001: 36) darauf hin, dass das in Deutschland gültige Blutsprinzip des ius sanguinis, wobei ein Kind bei der Geburt die Nationalität der Eltern annimmt, von fast allen demokratischen Staaten angewandt wird. Emigrierten Staatsangehörigen wird es auf diese Weise ermöglicht, ihre Staatsbürgerschaft an folgende Generationen weiter zu vererben. Trotzdem wird das ius sanguinis im Zusammenhang mit Deutschland oft mit der von Kategorien wie Blut, Rasse und Stammbaum geprägten nationalsozialistischen Vergangenheit assoziiert. Es ist allerdings richtig, dass Deutschland – anders als andere europäische Einwanderungsländer – lange Zeit an der reinen ethnischen Staatsbürgerschaft festhielt. Dafür wird hauptsächlich die „ungelöste nationale Frage“ (Joppke 2000: 47) verantwortlich gemacht. Mit der Vereinigung der zwei deutschen Staaten 1990 wurde die ethnische Staatsbürgerschaft hinfällig, allein der Widerstand gegen die doppelte Staatsbürgerschaft behinderte noch die Einführung von Elementen des ius soli, des Geburtsortprinzips wie es unter anderem in Kanada und den USA angewandt wird. Dies änderte sich mit dem Ende der Ära Kohl. Am 7.5.1999 verabschiedete der nun mehrheitlich rot-grüne Bundestag die Reform des Staatsbürgerschaftsrechts. Das ius soli ist nun fester Bestandteil des Staatsbürgerschaftsrechts. Die doppelte Staatsbürgerschaft wird nun auch in Deutschland toleriert, ebenso wie in den USA ist sie jedoch nicht offiziell anerkannt (Vgl. Rinke 2002: 250).
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