Bei den Recherchen zur 350-jährigen Geschichte des Hofes und seiner Familien werden als Quellen die am Moarhof aufbewahrten Original-Urkunden sowie die Protokolle des Gerichts Schenna aus dem Südtiroler Landesarchiv in Bozen ausgewertet.
"Moar af Tschivon" ist ein Erbhof und wird über Jahrhunderte von derselben Familie bewirtschaftet. Die mehrmalige Änderung des Familiennamens beruht auf der Tatsache, dass die weibliche Erbfolge öfters zum Tragen gekommen ist.
Zur Qualität des Werkes tragen vor allem die folgenden Aspekte bei:
- Die Offenlegung und Auswertung eines Inventars aus der 2. Hälfte des 18. Jh.
- Ein eigenwilliges Testament vom Beginn des 18. Jh.
- Der historische Exkurs zur Bäuerlichen Grundentlastung von 1848.
Inhalt
Historischer Mappenauszug 1858
Zeichen-Erklärung
Foto vom heutigen Tschivon
Einleitung
I. Familienbuch Mayrhof in Tschivon
II. Das Gericht Schenna und die ältesten Zeugnisse des Mayrhofs auf Tschivon
III. Die Familie Grießer am Mayrhof in Tschivon
Valentin Grießer, Bauer 1655 - 1676
Georg Grießer, Bauer 1676 - 1705
IV. Balthasar Grießer, Bauer 1705 - 1753
V. Valentin Grießer (1753 - 1774) Außer Mayr
Christian Grießer (1753 - 1806) Inner Mayr
VI. Maria Grießer (1792 - 1818) Außer Mayr
Jakob Grießer (1806 - 1828) Inner Mayr
VII. JosefEnnemoser (1818 - 1868) Außer Mayr
Die Grundentlastung und die Zusammenlegung der beiden Mayrhöfe auf Tschivon
Vili. Maria Ennemoser - Mair (1869 - 1898)
IX. Die Familie Thaler am Mayrhof in Tschivon
MariaMair (1898 - 1936)
Johann Thaler, Hälfte des Hofes (1907 -1951)
Johann Thaler (1937 - 1981)
Johann Thaler (1981 - 2002)
Karl Thaler (ab 2002)
Anhang 1: Testament Georg Grießers 1717
Anhang 2: Inventar am Halben Mayrhof 1794
Verwendete Urkunden
Literatur und Quellenangabe
Bildnachweis
Wappen der Familie Thaler
Zum Autor des Textes
Historischer Mappenauszug Katastergemeinde Schenna Franzisko Josephinische Landvermessung 1858
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Zeichen-Erklärung
Vorbemerkung: Bevor das Metermaß eingeführt wurde, hatten die verwendeten Maßeinheiten von Region zu Region recht unterschiedliche Geltung. Soweit wie möglich werden hier die landesüblichen Flächenmaße angegeben.
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Nach der Währungsreform im Jahre 1892 der K. u. K. Monarchie wurde die Krone (1 Krone = 100 Heller) parallel zum Gulden eingeführt, und ab 1900 galt nur mehr die Krone als Zahlungsmittel in der Monarchie.
Der Gegenwert von 1 Gulden = 2 Kronen (K).
Der Gegenwert von 1 Kreuzer = 2 Heller (h).
Das Verfachbuch (Vb) stellt nicht nur eine Vorform des Grundbuches dar, sondern enthält auch Verträge (Erb-, Entricht-, Kauf-, Verkauf- sowie Heiratsverträge etc.), Verlassenschaftsabhandlungen, Vergleiche, Schuldbriefe, Quittungen und Inventare. Das Vb ist also von überaus großer Bedeutung bei der Hofgeschichtsforschung.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Foto Hans Pâmer
Der Moarhof heute: Der Grundbesitz reicht vom Gehöft (l.o.) mit Obstgärten,Kastanienhain und Wald bis zum Labboden, mit Stadele (r.u.)
Einleitung
„Wir verdanken das Leben unseren Vorfahren und tragen ihr Erbe in unseren Anlagen" Peter Ortner
Schenna besitzt seit Anfang dieses Jahrhunderts ein von einem sachkundigen Team erarbeitetes Dorftuch, in dem wichtìge Bereiche aus Geschichte, Kunstgeschichte, Volkskultur, Gesellschaft, Wirtschaft, Handel, Handwerk und Religion fundiert dargestellt werden.
Walter Innerhofer, der Koordinator und Mitautor des Buches, gibt allerdings zu bedenken, dass „auf 720 Seiten nicht alles, was Schenna ist und war" in einem Dorftuch darstellbar ist ... "vor allem wird in nächster Zeit noch eine Hofgeschichte von Schenna zu schreiben sein, weil die bäuerlichen Hofstellen... wohl als älteste Siedlungsstätten bezeichnet werden müssen." (Dorftuch Schenna 2002, S. 11)
Die vorliegende Schrift handelt von einer Hofgeschichte auf Tschivon, die auch die seit Mitte des 17. Jahrhunderts am Mayrhof lebenden Familien einbezieht.
Wichtìge und unverzichtbare Quellen zur Erforschung einer Hofgeschichte sind die Verfachbücher, die sich seit 1985 im Landesarchiv Bozen befinden. Im Archiv des Gerichts Schenna fehlen leider einige der genannten Bücher, man weiß nicht, wie und wann sie verloren gegangen sind. Dieser Verlust ist jedoch für die Erforschung der Geschichte des Mayrhofes auf Tschivon nicht von so großer Bedeutung, weil im Familienarchiv des Mayrhofes einige Originaldokumente erhalten sind und vor allem weil die zwei großen Bauernpersönlichkeiten der betreffenden Zeit, Georg und Balthasar Grießer, eine rege Tätigkeit beim Gericht zu Schenna entfaltet haben. Durch die Darstellung ihrer Tätigkeit in den erhaltenen Verfachbüchern war es möglich, die durch den obgenannten Verlust entstandenen Lücken einigermaßen zu schließen.
Der Mayrhof auf Tschivon ist ein Erbhof, der von der Mitte des 17. Jhs. an bis heute von derselben Familie bewirtschaftet wird, wobei die weibliche Erbfolge mehrmals zum Tragen gekommen ist. Zum leichteren Verständnis der familiären Zusammenhänge wird in der Darstellung mit dem sog. Familienbuch begonnen.
Im zweiten Kapitel wird der Versuch unternommen, den Namen ,Tschivon' zu erklären und die frühesten eruierbaren Zeugnisse vom Mayrhof aufzuspüren.
Das dritte Kapitel befasst sich mit zwei Persönlichkeiten der Familie Grießer, einer Familie, die seit der Mitte des 17. Jhs. 200 Jahre lang den Mayrhof in Tschivon bewirtschaftete.
Im vierten Kapitel wird Balthasar Grießer in seinem ca. 50-jährigen Wirken für Hof, Familie und Dorf- Gemeinschaft dargestellt. Wie sein Großvater hat er den Hof geteilt und zwei Söhnen übergeben. Diese Teilung in Außer- und Inner-Mayr blieb 100 Jahre lang aufrecht.
Die beiden nachfolgenden Abschnitte (Kapitel 5 und 6) befassen sich mit den Besitzern der beiden Mayrhöfe und heben einige durch die Teilung entstandenen Probleme hervor.
Das siebte Kapitel handelt von der Familie Ennemoser mit besonderer Berücksichtigung der bäuerlichen Grundentlastung sowie dem Rückkauf des InnerMayrguts.
Anschließend wird der Übergang des wiedervereinigten Mayrhofoesitzes von der Familie Ennemoser auf die Familie Mair beschrieben.
Im letzten Kapitel wird die Familie Thaler in Wort und Bild dargestellt, die nun seit über 100 Jahren am Mayrhof auf Tschivon beheimatet ist.
Im Anschluss daran folgen noch ein Testament und ein Inventar (Anhang 1 und 2) aus dem 18. Jahrhundert sowie Quellen- und Literaturangaben.
Den Abschluss bildet das Stammwappen der Familie Thaler.
Familienbuch Mayrhof in Tschivon
Die Vorfahren der heutigen Besitzerfamilie des Mayrhofs auf Tschivon, lassen sich bis zur Mitte des 17. Jhs. zurückverfolgen: Aus den vorhandenen Quellen lässt sich schließen, dass Valentin Grießer den Hof im Jahre 1655 gekauft hat.
Da in den Matrikelbüchern der Pfarre Schenna die Eintragungen erst im Jahre 1631 beginnen und das erste Verfachbuch des Gerichts Schenna sogar erst 1648 angelegt wurde, können über die Herkunft der ersten Mayrhofoesitzer, nämlich über die Familie Grießer oder über die vorhergehenden Besitzerfamilien, keine gesicherten Angaben gemacht werden.
Das Familienbuch vom Mayrhof auf Tschivon wird nachstehend, wie es aus den Kanonischen Büchern der Pfarre Schenna und aus den Verfachbüchern des Südtiroler Landesarchivs hervorgeht, angeführt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
II. Das Gericht Schenna und die ältesten Zeugnisse des Mayrhofs aufTschivon
Seit dem 12. Jh. kommen die „Herren von Schennan" als tirolische Ministerialen vor. Im Jahre 1346 übergab der Tiroler Landesfürst die Verwaltung des Burggrafenamtes an Konrad von Schenna und ermächtigte ihn dazu, auf dem Bühel zu Schenna, wo bisher schon ein Ansitz bestand, ein Schloss zu bauen. Im Jahre 1354 wurde ihm dann auf Lebenszeit „das Gericht auf Schennan" mit allen Rechten eines Landesfürsten übertragen.
Schenna wurde von dem Verbande des Landgerichts Meran losgelöst und zu einem autonomen Gericht gemacht. Der Umfang des Gerichts war mit dem der Pfarre Schenna identisch, welche vor „unvordenklicher" Zeit entstanden war und bis gegen Ende des 12. Jhs. auch das Pfarrgebiet von St. Leonhard (die orographisch linke Seite des Passeiertales) umfasste. Auf die Herren von Schenna und die Herren v. Starkenberg, die eigene Richter für die Gerichtsgeschäfte eingesetzt hatten, folgten als Pfandbesitzer mit Lehensrecht bis 1752 die Grafen von Lichtenstein und dann die Grafen Bettoni aus Brescia.
Im Jahre 1806 wurde laut Verordnung vom 21. November das Gericht Schenna dem Landgericht Meran einverleibt. Allerdings konnte das Gericht noch bis zum Jahre 1810 tagen und eigene Verfachbücher anlegen. Die förmliche Einverleibung ins Landgericht Meran erfolgte erst am 1. Mai 1817.
Das Gericht Schenna zerfiel ursprünglich in sechs „Dechneien" (Fraktionen), nämlich in Perg, Tschivon, Verdins, Oberdorf, Unterdorf, Obertal und Untertal.
Sieht man sich den M. Theresianischen Kataster und die Ausführungen Tarnellers an, so gehörte zur „Dechnei" Tschivon ein Großteil der bäuerlichen Siedlungen von Schenna. Heute, wo so manches ehemalige bäuerliche Anwesen nicht mehr besteht, da das ursprüngliche Bauerndorf zu einem Tourismuszentrum umgestaltet wurde, spielt Tschivon immerhin noch eine bedeutende Rolle in Schenna, denn auf seinem Gebiet, rechts vom Schnuggenbach stehen die Kirche, der Friedhof, der Dorfplatz und das Schloss Schenna.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Das Dorfzentrum von Schenna mit Kirche und Mausoleum
Was die Bedeutung und die Herkunft des Namens Tschivon (mundartlich: Tschifuun) betrifft, so konstatiert der Fachmann im Südtiroler Landesarchiv, Johannes Ortner, dass es sich dabei um einen sog. „Prädiennamen" handelt. In den von den Römern eroberten Provinzen wurden die Heeresangehörigen für ihre erbrachten Dienste oftmals mit Landgütern abgefunden. (Vergleiche die Namen Riffian, Prissian, Terlan usw.)
Tschivon kommt also vom alpenromanischen *(praedium) Civianum, was soviel heißt wie „ Landgut einer Person namens Civius".
Aller Wahrscheinlichkeit nach war dieser Civius ein recht bedeutender Landbesitzer in der Umgebung des Schlosshügels von Schenna, vielleicht beim Gatterergraben hinterm Mayr in Tschivon.
Frühe Zeugnisse und historische Belege zum Mayrhof auf Tschivon lassen sich bei J. Tarneller und den Notariatsimbreviaturen im MeranerStadtarchivtinden.
J. Tarneller glaubt, dass der im Dokument „der gelt in Tirol" von 1285 angeführte Hof Varschneit der Mayrhof in Tschivon sei. Dieserverklungene Name sei alpenromanisch * frazinedu = Eschenwald; also Ort, wo Eschen wachsen. (Der gleiche Name wie in Verschneid am Tschöggelberg). In den Notariatsimbreviaturen1 des Stadtarchivs Meran sind auch Mayrhofoesitzer genannt: So z.B. anlässlich der Beendigung eines Streits in Heiratsangelegenheiten zwischen Schenner Bauern. Am 14. Februar 1394, im Hause des Richters Konrad von Schenna, unter Federführung des Notars Johann, Sohn des Heinrich von Schelklingen, war einer der Zeugen Konrad, Meier von Verdins. Im Jahre 1396 wurde Konrad, Meier von Verdins, zweimal erwähnt. Einmal trat er als Zeuge in einer Geldangelegenheit beim obgenannten Notar auf, das andere Mal fungierte er selbst als Geldverleiher: „Konrad genannt Dorfmeister und seine Frau Katherine bekennen, von Konrad, Meier auf Verdins, 14 Mark Berner erhalten zu haben, wofür sie ihm einen immerwährenden Zins von 14 Pfund Berner aus ihren Gütern in Mais gegenüber der Zenoburg verkaufen. Meran 1396 November 25/'
Beim Notar Jakob von Laas ist noch zu lesen, dass Konrad, Meier auf Verdins, sowie andere namentlich genannte Bürger von Meran und St. Martin i. P. „ ... bekennen, von Nikolaus Wolf, Sohn des verstorbenen Konrad Wolf von St. Martín, Passeier, 35 Pfund Berner erhalten zu haben, wofür er ihnen alle seine Rechte auf den Hof ze den Wolfern in St. Martín, Passeier, verkauft. Meran, 1400Februar8."
In „Des Gerichts und des Schlosses Schenna Herrlichkeiten und Freiheiten" vom Jahre 1500 wird der Mayrhof auf Verdins auch als einer der Tschivoner Bauernhöfe genannt, die die Hoffueren zum Schloss zu erledigen verpflichtet waren (Verbindlichkeit der Holzlieferung).
Im Jahre 1515 wird laut J. Tarneller der Hof Mair auf Verdings in Tschavaner Dechanei genannt.
Erst in den Verfachbüchern des Gerichts Schenna - das erste stammt aus dem Jahre 1648 - finden wir die gängige Hofoezeichnung Mayr auf Tschivon, wobei aber ab und zu sowohl in den Gerichtsprotokollen als auch in den Originalurkunden die Bezeichnung Mayr auf Verdins verwendet wird.
III. Die Familie Grießer und deren 200-jährigesWirken am Mayrhof in Tschivon
Die Familie Grießer gelangte um die Mitte des 17. Jhs. unter Valentin, dem Stammvater der Familie Grießer, in den Besitz des Mayrhofes in Tschivon, der langjährigen Heimat späterer Generationen. Ansehen und Bedeutung der Familie wuchsen unter den zwei Nachkommen Valentin Grießers, und zwar unter Georg und Balthasar, die für längere Zeitspannen das verantwortungsvolle Amt eines Kirchprobstes der Filialkirche St. Georg innehatten und ihre Familien auch auf den Riser- sowie den Rastlhof in Schenna verpflanzten.
Valentin Grießer, Bauer 1655 - 1676
Da die Verfachbücher des Gerichts Schenna von 1664 bis 1676 verloren gegangen sind, können keine präzisen historischen Abläufe angegeben werden. Die formulierten Schlussfolgerungen lassen sich nur aus den in den nachfolgenden Jahren erhaltenen Gerichtsprotokollen ablesen.
Aus dem im Jahre 1680 erfolgten Vergleich zwischen Valentin Grießer und seiner Stiefschwester Eva Khuen, der Ehefrau Jakob Moßers vom Wiserhof, geht hervor, dass aus der „globten Mieterlichen Catarina Locherischen Thaillung de dato Schenna 22. February 1655 besagter
Valentín Grießer als Annehmer des Mayrhofs, und völligen Vermigens, unter Verpindung desselben schuldig worden Valentin Grießer hatte im Erbkontrakt von 1676 seinen zwei Söhnen Georg und Stephan den Mayrhof mit der Verpflichtung übergeben, die aus der Vermögensteilung mit den Moßerischen Eheleuten von 1655 resultierenden Schulden zu übernehmen. Aus dem angeführten Protokoll „Abraittung 1685, fol. 206 - 210" geht dies auch klar hervor. Über den Kauftontrakt vom Jahre 1676, in dem die Teilung und die Übergabe des Mayrhofes an die Söhne Valentin Grießers Georg und Stephan dokumentiert sind, informieren die zwei Urkunden von 1678, fol. 130 und von 1680, fol. 111 - 113.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Titelseite des Dokuments Vb. Schenna 1680, fol. 111
In diesem zweiten Dokument (Teilung des Mayr-Hofs in Tschivon) wird festgehalten, dass Stephan Grießer mit seinem Anteil nicht zufrieden war und mit seinem Bruder Georg eine gerechtere Lösung der Hofteilung anstrebte, weil „Georg nit allein den pessern Grundt, sondern auch den mehrern Thalli genieße..."
Daher wurden Zeugen geladen, einen Augenschein in der Sache zu nehmen und „zur Verhietung allerhandt Weltlelfflgkelt und Ersparung der Uncosten zur Erhaltung wirklich Fried und Einigkeit, dem Wissen zum Pessern mainendt, dass wohl solcher gestalten recommodiert und verglichen worden."
Die einvernehmliche Lösung des Problems betreffs der Hofteilung bestand darin, dass Georg dem Bruder Stephan „jeniges Gietl - darinnen ain topplete Rebpergl steeht - neben der halßen Leltn llgendt, aus sein Innhabenden halben Mayrhof, hlemlt flr algenthümbllch auf Eblg yberlassen und eingeraumt" hat.
Stephan Grießer hingegen soll für seinen Bruder Georg Grießer „crafft dlts obllglert seln, Jenlge aln Yhrn Waln so Georg Grleßer chrafft selnes Khauffs selnen Ehelelbllchen lleben Vattern Valtin Grleßer lebenslanckhllchen zuerraichen schuldig" sein.
In den Jahren von 1693 bis 17052 sind für die Geschichte des Mayrhofes auf Tschivon wichtige Ereignisse eingetreten, die in den Gerichtsprotokollen der späteren Jahre vermerkt wurden. Fürs Erste hat Stephan Grießer seinen Anteil am Mayrhof dem Bruder Georg abgetreten und darauffiin den Riserhof gekauft. Im Jahre 1705, am 29. November, übertrug Georg Grießer das gesamte Haab und Guth des Mayrhofs auf Tschivon seinem ältesten Sohn Balthasar Grießer.
Georg Grießer, Bauer 1676 - 1705
Nach dem Tod von Tante Gertraud und von Vater Valentin Grießer i. J. 1682 erhielten die Brüder Benedikt (zu Diensten in Plars) und Marx Grießer (am Tablhof im Landgericht Meran) das ihnen jeweils zustehende recht ansehnliche Erbe von Georg Grießer ausbezahlt, und Anfang der 1690er Jahre gelang letzterem auch der Rückkauf der anderen Hälfte des Mayrguts, das bis dahin dem Bruder Stephan gehört hatte. Damit war Georg Grießer wiederum Alleinbesitzer des Mayrhofes auf Tschivon.
In den 1690er Jahren wurde „Georg Grießer Mayr auf Verdins, als derweillen durch Geist: und Weltliche Obrigkeit des Lobwirdigen Gotts Hauses St. Georgen Cappellen auf Schenna ..." bestellt. Dies war eine verantwortungsvolle, doch öfters auch unangenehme Aufgabe, weil so mancher die dem Gotteshaus geschuldeten Abgaben bzw. Zahlungen nicht fristgerecht entrichtet hatte.
Es sind noch einige solcher Schuldbriefe - wie später angeführt - erhalten, in denen verschiedene Hofoesitzer von Tall, Verdins und Schenna „in gietiger Audienz" vom Richter zu Schenna, Bernhardt Feigenpuz, zur Begleichung ihrer offenen Rechnungen (Hauptsache oder Zinsen) zitiert wurden, um „innerhalb von 14 Tagen bey Vermeidung der wirklichen Execution neben gebirenden Uncosten (die Schulden,) zu bezahlen."
Der hl. Georg und der hl. Martin sind die großen Bauernheiligen, denen beiden in Schenna, seit dem Mittelalter ein Kirchlein geweiht ist.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Kirche zum Hl. Georg in Schenna mit dem romanischen Rundbau und den gotischen Fresken im Innenraum.
Der hl. Georg war von alters her auch Landespatron von Tirol bis zum Jahre 1772. Die anderen österreichischen Kronländer mussten schon ca. 100 Jahre vorher unter Kaiser Leopold I. auf ihre Landespatrone verzichten und den hl. Josef dafür einsetzen.3 In Tirol blieb nun seit dem Jahr 1772 der hl. Joseph Landespatron. Aber weil bei uns viele Pfar- reien einen zweiten Kirchenpatron verehren, so hat die Tiroler Landesregierung im Jahre 2006 auch den hl. Georg gewissermaßen „rehabilitiert" und zum zweiten Landespatron von Tirol erhoben. Dass seine Vereherung erhalten blieb, davon zeugt auch das Bild aus einem alten Bauernschrein auf Magfeld.
IV. Balthasar Grießer, Bauer 1705 - 1753
In den ersten Jahren seiner Bauerschaft am Mayrhof in Tschivon stand Balthasar Grießer, der älteste Sohn und Hoferbe, noch ganz im Schatten seines Vaters Georg Grießer, was durch mehrere Protokolle des Gerichts Schenna aus dem Jahre 17164 untermauert wird. Von dem im Erbvertrag d. J. 1705 vereinbarten Kaufschilling von 2500 fl musste Balthasar jedes Jahr 100 fl seinem Vater samt Zinsen überweisen. Die Quittungen der Jahre 1716, 1717, 1719 und 1723 bestätigen dies.
Ab 1717 verwaltete Balthasar, wie einst schon sein Vater Georg Grießer, das St. Georgskirchlein als von der geistlichen und weltlichen Obrigkeit in Schenna eingesetzter Kirchprobst. Es blieb ihm dabei nicht erspart, die geschuldeten Zahlungsbeträge von einzelnen Bauern bei Gericht zu melden und eintreiben zu lassen.
Eine große Herausforderung, ja eine Belastung für die Familie Grießer stellte das im Jahr 1717 vom Vater Georg Grießer verfasste und bei Gericht hinterlegte Testament mit der beigefügten Verordnung dar. (Siehe Anhang 1). Nach dem Tod des Vaters im April 1727 erhielten die Söhne Martin Grießer, Rastl, und Georg Grießer, Riser, die Ermächtigung zur Einsichtnahme in das Testament und zu dessen Präsentation an die Erben, wie es am 22. April 1727 auch tatsächlich geschah.
Außer Balthasar und dem Kurator von Ursulas Kindern, Mark Ylbmer, Pircher auf Verdins (Ursula Grießer verstarb 1724), die gegebenenfalls einen Rekurs einzuleiten vorgaben, nahmen alle anderen Kinder/Erben das Testament samt Verordnung an.
Am 10. Juni 1727 wurde eine gerichtliche Verhandlung einberufen, die schließlich mit einem Vergleich und am Tag darauf mit einer einvernehmlichen Vermögensteilung endete.
Bei dieser Gerichtsverhandlung ging der Richter zuerst auf die wesentlichen Punkte des Testaments ein und hielt fest, dass Balthasar Grießer wegen der zu niedrig eingeschätzten Taxierung des Hofes im Erbkontrakt und Ursula Grießer wegen der hohen Prozesskosten im Streit gegen den Vater „von seinen nach seinen Tott verbleibenden Vermigen genzlich ausgeschlossen"werden sollten. Das väterliche Erbe sei also nur unter den anderen sechs Kindern zu verteilen, um eine Gleichbehandlung zu gewährleisten.
Da Balthasar Grießer und Thoman Ylbmer, Ursulas Ehemann, die Absicht bekundeten, dasväterlicheTestament anzufechten, lenkte das Gericht mit der Begründung ein, dass die Enterbung nicht verhältnismäßig sei, zu großes Aufsehen erregen könnte und die Parteien wegen eines Prozesses „in große Uncosten versinken würden. Dahero hat man sich an Seiten des Gerichts zwischen den Kindern und Geschwistriget eifrigst unterhandelt"
Die wichtigsten Ergebnisse des ausgehandelten Vergleichs waren:
- Auffiebung der Enterbung: „Nemblichen undsovile es dem Sohn Balthauser und der Schwester Ursula die Thoman Ylbnerischen Kinder wegen der von Vater gethanen Enterbung berieret, solle diese und solcher des Vaters disfahls gethanen Verordnung genzlich aufgehebt, hin: und abgethan sein und verbleiben..."
- Im Streit betreffs des Ausschlusses der Geschwister Balthasars bei der Verhandlung mit dem Vater über die erworbenen Fahrnisse, Möbel etc. verteidigte sich Balthasar dadurch, dass er, gegenüber dem Vater, eine Reihe von erbrachten Leistungen nannte, sodass auch hierin eine akzeptable Lösung einvernehmlich gefunden wurde.
Die Teilung des Vermögens Georg Grießers unter seinen Erben wurde in einem über 20 Seiten langen Dokument festgehalten. Zusammenfassend soll hier nur das ausgehandelte Ergebnis bzw. die ,Erbsportion' angeführt werden.
Sieben Kinder erhielten vom Vater bereits ein „Heiratsgut" von je 300 fl ausbezahlt. Maria Grießer war ledig und wurde nachher auch für ihre Dienste im Hause der Eltern einvernehmlich entlohnt.
[...]
1 Kurzfassungen von Käufen, Vergleichen, Streitfällen usw., die von Notaren im 14. Jh. stammen und noch erhalten sind. Dr. Raimund Senoner und Markus Gamper haben sie übersetzt und transkribiert
2 Die Verfachbücher der Jahre von 1693 -1715 des Gerichts Schenna sind leider auch verloren gegangen.
3 Später haben einige Bundesländer dies rückgängig gemacht und wieder ihre selbst gewählten Landespatrone eingesetzt wie z. B. Wien den hl. Stephan und Oberösterreich den hl. Florian.
4 Ab diesem Jahr sind nun alle Verfachbücher des Gerichts Schenna erhalten und im Landesarchiv Bozen einsehbar.
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