Der Titel dieser Arbeit verrät die hauptsächliche Ausgangsfrage: Ist eine musikalische Begabung erlernbar oder angeboren? Darüber hinaus beschäftigt sich diese Facharbeit aber auch mit den Faktoren, welche eine musikalische Begabung begünstigen. Denkbar wäre, dass eine musikalische Begabung entweder erlernbar oder angeboren sein kann, also beides möglich ist. Es gäbe also Fälle in denen eine musikalische Begabung angeboren ist, beispielsweise in Musikerfamilien, in denen die Kinder bereits im jungen Alter Instrumente auf relativ hohem Niveau spielen können. Andererseits sei es möglich ohne natürlicher Befähigung ein Instrument zu lernen, beispielsweise wenn in einer Grundschulklasse jeder Schüler lernt, Blockflöte zu spielen.
Wissenschaftlich konnte die „Begabung“ als sehr abstrakter Begriff noch nicht eindeutig erklärt werden. Deshalb kann es sich im Folgenden nur um eine Annäherung an die Fragestellung handeln. Zunächst wird die Begabung und alle damit verbunden Begrifflichkeiten im Allgemeinen geklärt. Im weiteren Schritt wird versucht die Musik als Bereich der Begabung abzugrenzen. Im letzten Schritt wird gezielt die Findung und Förderung musikalisch Begabter betrachtet. Wissenschaftlich gesehen ist die musikalische Begabung lediglich eine Art der Begabung, weshalb im ersten Schritt Begabungsmodelle verschiedener Wissenschaftler vorgestellt werden, auf die sich zuletzt wieder einordnend bezogen wird.
INHALTSVERZEICHNIS
1. Einleitung
2. Der Begriff der Begabung
2.1 Der Versuch einer Definition
2.2 Begabungsmodelle als wissenschaftliche Herangehensweise
2.2.1 Das Drei-Ringe-Begabungsmodell
2.2.2 Das triadische Interdependenzmodell
2.2.3 Das Münchener Begabungsmodell
3. Die Begabung im Bereich Musik
3.1 Alltagstheoretische Erklärungen
3.2 Angeboren gleich vererbt?
3.3 Anlage-Umwelt-Problematik
4. Findung und Förderung musikalisch Begabter
4.1 Begründungen der Begabtenförderung
4.2 Musikschulen
4.3 Musikunterricht an allgemeinbildenden Schulen
4.4 Beispiel ÄJugend Musiziert“
5. Schluss
6. Quellen- und Literaturverzeichnis
1. EINLEITUNG
Wir nutzen täglich Begriffe wie ÄBegabung“ oder in der Musik auch ÄMusikalität“. Doch was wir damit meinen, wissen wir oft gar nicht. Wir sprechen von einer Begabung, wenn jemand eine überdurchschnittliche Leistung erbringt. Oder sprechen wir von einer Begabung, wenn jemand eine überdurchschnittliche Leistung erbringen könnte? Eine höhere Leistung kann durch mehr Lernen herbeigeführt werden. Doch in der Musik ist das anders? Oft wird davon gesprochen, dass der Musik etwas Angeborenes, eine natürliche Befähigung, vorrausgehe, welche nicht jeder habe.
Seit circa zehn Jahren gehört die Musik zu meinem Alltag. Durch steigendes Interesse bedingt, habe ich mittlerweile nahezu täglich mit Personen zu tun, denen eine Ämusikalische Begabung“ zugesprochen wird. Oft frage ich mich, was die Hintergründe dieser ÄBegabungen“ sind. Außerdem habe ich drei Trompetenschüler, bei denen sich mir immer wieder die Frage stellt, wie die zum Teil deutlichen Leistungsunterschiede zustande kommen.
Der Titel dieser Arbeit verrät dabei die hauptsächliche Ausgangsfrage: Ist eine musikalische Begabung erlernbar oder angeboren? Darüber hinaus beschäftige ich mich aber auch mit Faktoren, welche eine musikalische Begabung begünstigen. Denkbar wäre, dass eine musikalische Begabung entweder erlernbar oder angeboren sein kann, also beides möglich ist. Es gäbe also Fälle in denen eine musikalische Begabung angeboren ist, beispielsweise in Musikerfamilien, in denen die Kinder bereits im jungen Alter Instrumente auf relativ hohem Niveau spielen können. Andererseits sei es möglich ohne natürlicher Befähigung ein Instrument zu lernen, beispielsweise wenn in einer Grundschulklasse jeder Schüler lernt, Blockflöte zu spielen.
Wissenschaftlich konnte die ÄBegabung“ als sehr abstrakter Begriff noch nicht eindeutig erklärt werden. Deshalb kann es sich im Folgenden nur um eine Annäherung an die Fragestellung handeln. Zunächst habe ich die Begabung und alle damit verbunden Begrifflichkeiten im Allgemeinen geklärt. Im Weiteren Schritt habe ich versucht die Musik als Bereich der Begabung abzugrenzen. Im letzten Schritt habe ich gezielt die Findung und Förderung musikalisch Begabter betrachtet, wodurch ich mich der Ausgangsfrage auf einem alternativen Weg angenähert habe. Wissenschaftlich gesehen ist die musikalische Begabung lediglich eine Art der Begabung, weshalb ich im genannten ersten Schritt Begabungsmodelle verschiedener Wissenschaftler vorstelle, auf die ich mich zuletzt wieder einordnend beziehe.
2. DER BEGRIFF DER BEGABUNG
2.1 DER VERSUCH EINER DEFINITION
Für die Begabung gibt es keine allgemein anerkannte oder allgemeingültige Definition. Verwunderlich ist dies, wenn man bedenkt, in welchem Maße die Wissenschaft sowie die breite Öffentlichkeit mit dem Thema Begabung beziehungsweise Begabten umgeht. Oft wird die Begabung als Synonym zu Intelligenz verwendet (Beispiel: Einer Person mit einem hohem Intelligenzquotienten wird oft eine Hochbegabung zugesprochen.)1, wobei der Duden dort unterscheidet: Während Intelligenz als ÄFähigkeit [des Menschen], abstrakt und vernünftig zu denken und daraus zweckvolles Handeln abzuleiten“2 beschrieben wird, sei die Begabung die angeborene Befähigung zu bestimmten Leistungen oder eine natürliche Anlage. Außerdem sieht der Duden die Begabung als Synonym zum Talent3, was einen deutlichen Widerspruch zu anderen Verständnissen von Begabung darstellt4. Die Intelligenz sei also etwas das jeder Mensch besitzt, während die Begabung oder das Talent eine angeborene Besonderheit unter den Menschen darstelle, welche jedoch nicht automatisch zu Leistungen (beispielsweise das Spielen eines Musik- instruments) führe. Demnach sei eine musikalische Begabung also auch angeboren und nicht erlernbar. Im Brockhaus wird die Begabung dagegen als Äindividuelle Möglichkeit zu bestimmten Leistungen“5 beschrieben. Es wird also nicht behauptet, dass eine Begabung angeboren sei. Weiterhin besteht die Theorie, dass eine Begabung die Fähigkeit zum Lernen sei.6
Wissenschaftlich gesehen gibt es viele verschiedene Begabungsmodelle, welche unterschiedliche Auffassungen von Begabung beinhalten. Allgemein ist die Begabung das Potential, oder sie beinhaltet dieses Potential, dazu, ungewöhnliche, hohe Leistungen zu erzielen. Dieses Potential wird zwar allgemein als individuell angesehen, doch einen Geltungsbereich gibt es nicht in jedem Begabungsmodell. So gibt es die Annahme, dass einem Menschen eine bestimmte, individuelle Menge an Begabung zukommt, welche keinem Bereich zugeordnet werden könne7. Dem entgegen steht die weit verbreitetere Annahme, dass eine mögliche Begabung einem oder mehreren Bereichen zugeordnet werden könne. Ohne Zusatz ist letzteres Voraussetzung für eine rein musikalische Begabung.8
Einig sind sich alle Begabungsmodelle darin, dass eine Begabung abgestuft werden kann, eine mögliche Begabung also in einem individuellen Maße vorliegt. Teilweise existieren sogar Verfahren zur Messung der Begabung, meist mithilfe standardisierter Tests. So kann neben einer Begabung auch eine Hochbegabung oder gar eine Höchstbegabung vorliegen.9
2.2 BEGABUNGSMODELLE ALS WISSENSCHAFTLICHE HERANGEHENSWEISE
In der Wissenschaft wird oft mithilfe von Begabungsmodellen erklärt, was Begabung ist oder was die Begabung entscheidend unterstützt. Dabei wird eine musikalische Begabung nicht in einzelnen Modellen erklärt, sondern als Teil der Begabungsforschung verstanden, sodass die musikalische Begabung nur innerhalb einiger Modelle gesondert betrachtet wird. Teilweise wird vorausgesetzt, was eine Begabung ist und es wird lediglich geschildert, welche weiteren Faktoren gegeben sein müssen, damit sich eine entsprechende Leistung zeigt. Diese Art der Begabungsmodelle sehen eine Begabung als etwas angeborenes, beziehungsweise der Definition des Dudens entsprechend (siehe 2.1 - Versuch einer Definition). Das Drei-Ringe-Begabungsmodell von Joseph Renzulli, dessen Erweiterung von Franz J. Moenks und das Münchener Begabungsmodell von Kurt Heller zeigen dabei einerseits, dass die Entwickler durchaus Ähnlichkeiten bei ihren Auffassungen haben, andererseits jedoch, dass es deutliche Unterschiede gibt. Maßgebend ist hier auch die Problematik einer Definition.
2.2.1 DAS DREI-RINGE-BEGABUNGSMODELL
Das Drei-Ringe-Begabungsmodell von Renzulli (siehe Abbildung 1) besteht aus den drei Faktoren (den drei Ringen) Kreativität, Motivation und intellektuelle Fähigkeiten. Wo sich diese überlappen ist eine Begabung gegeben. Die dargestellte Überlappung soll eine Kombination, also ein Zusammenwirken der jeweiligen Faktoren, deskribieren. Thematisch lässt sich dieses Modell nicht betrachten, da die intellektuellen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Das Drei-Ringe-Modell von Joseph Renzulli. Nach: http://cdn.grin.com/images/preview-
file?document_id=141312&hash=007507b5c9dca7565 58b4d7671a4b6d9&file=OPS/Images/image003.jpg. Entnommen am 17.01.2015.
Fähigkeiten allgemein definiert sind. Das Modell betrachtet eine musikalische Begabung oder musikalische Fähig- keiten also nicht einzeln. Zu dem Bereich der Kreativität gehören Faktoren wie Originalität, Phantasie, Flexibilität oder das divergente Denken (ÄQuerdenken“). Nach einigen Darstellungen des Drei-Ringe- Modells gehört zu dem Bereich der Motivation auch die Umwelt. Faktoren wie Fleiß, Ausdauer, Ehrgeiz, emotionale Stabilität, die Anerkennung der Umgebung oder auch eine optimale Förderung sind hier entscheidend.10
Die bereits dargestellte Problematik der Definition von Begabung kommt auch hier zum Tragen. In anderen Darstellungen des Renzulli-Modells wird statt intellektuelle Fähigkeiten (siehe Abbildung 1) der Begriff Begabung verwendet. Das Ergebnis wird dann als Leistung oder auch als Talent bezeichnet, wobei hier zwischen Talent und Begabung unterschieden wird.
2.2.2 DAS TRIADISCHE INTERDEPENDENZMODELL
Franz J. Moenks ent- wickelte das triadische Interdependenzmodell11, eine Erweiterung des Drei-Ringe-Modells (sie- he Abbildung 2), speziell für Schüler. Er geht davon aus, dass sich eine Leis- tung nur zeigt, wenn neben den Faktoren des Drei-Ringe-Modells die äußeren Einflussgrößen Familie, Freunde und
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Franz J. Moenks Erweiterung des Drei-Ringe-Modells.
Nach:http://www.epr.ch/bre/begabung/informationen_zum_thema/index Schule, also Merkmale
.html. Entnommen am 17.01.2015. der Umwelt mitwirken.
Die Begabung wird also als Produkt einer dynamischen Korrelation zwischen persönlichen Anlagen, also etwas Angeborenes, und dem Einfluss der sozialen Umwelt verstanden.12
2.2.3 DAS MÜNCHENER BEGABUNGSMODELL
Der entscheidende Unterschied von dem Münchener Begabungsmodell von Heller (siehe Abbildung 3) im Vergleich zu dem Drei-Ringe-Modell beziehungsweise der Erweiterung von Moenks liegt darin, dass keine allgemeinen intellektuellen Fähigkeiten, sondern individuelle Begabungsfaktoren als Prädikatoren fungieren. So wird eine mathematische Begabung beispielsweise von einer sprachlichen Begabung unterschieden. Die musikalische Begabung, beziehungsweise die Musikalität, ist dabei ein gesonderter Faktor. Zur Umsetzung in eine entsprechende Leistung werden nichtkognitive Persönlichkeitsmerkmale sowie Umwelteinflüsse als Moderatoren angenommen. Zu den nichtkognitiven Persönlichkeitsmerkmalen gehören beispielsweise Motivation, Ängste oder Lernstrategien. Zu den Umwelteinflüssen gehören Förderungsmaßnahmen, die Familie oder auch die Schule. Beide Moderatoren stehen in einer Wechselwirkung mit den Prädikatoren, also den Begabungsfaktoren, sie beeinflussen sich also gegenseitig. Die Begabungsfaktoren sowie die beiden Einflussbereiche zusammen führen zu einer Leistung, welche sich in verschiedenen Bereichen individuell äußern kann. So auch eine Leistung im Bereich der Musik. Eine musikalische Begabung wird hier als natürliche Anlage verstanden, wobei die Leistung im Bereich Musik von weiteren Faktoren abhängt.13
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Das Münchner Hochbegabungsmodell von Heller. Nach: Heller, K., Talentförderung - Expertise - Leistungsexzellenz, Band 2, Münster 2008, S. 67.
3. DIE BEGABUNG IM BEREICH MUSIK
3.1 ALLTAGSTHEORETISCHE ERKLÄRUNGEN
Während die Musikalität oder die musikalische Begabung wissenschaftlich nur eine Art der Begabung ist, welche gegenüber anderen Formen der Begabung keinen besonderen Stellenwert hat, wird Sie im Alltag meistens gesondert betrachtet. So entstehen zahlreiche unterschiedliche Auffassungen wie sich eine musikalische Begabung äußert.
[...]
1 Vgl. http://www.bildung-und-begabung.de/begabungslotse/informationen-fuer-lehrer-eltern- schueler/muetter-und-vaeter/was-ist-begabung, Völmicke, E., Was ist Begabung?, entnommen am 17.01.2015.
2 http://www.duden.de/rechtschreibung/Intelligenz, entnommen am 17.01.2015.
3 Vgl. http://www.duden.de/rechtschreibung/Begabung, entnommen am 17.01.2015.
4 Vgl. http://www.hochbegabtenhilfe.de/Begabungsmodelle.html, Eckerle, T., ÄModelle der Hochbegabung“ - Systematisierung von Randbedingungen für die resultierende Leistungsfähigkeit, entnommen am 17.01.2015.
5 Brockhaus A - Z Wissen, Band 1 A - BLAK, Gütersloh 2010, S. 617.
6 Vgl. Kraemer, R., Musikpädagogik, eine Einführung in das Studium, Augsburg 2004, S. 302. 4
7 Anmerkung: Die Begabung wird hier als relativ angesehen; wenn diese bestimmte Menge an Begabung gering ist, wäre eine Begabung im eigentlichen Sinne nicht gegeben.
8 Vgl. Eckerle, T.
9 Vgl. Völmicke, E.,
10 Vgl. Eckerle, T.
11 Triadisch (lat.) - die Dreiheit betreffend; Interdependenz - gegenseitige Abhängigkeit.
12 Vgl. http://www.epr.ch/bre/begabung/informationen_zum_thema/index.html, Brunner, E. Begabungs- und Leistungsmodelle, entnommen am 17.01.2015.
13 Vgl. Heller, K., Talentförderung - Expertise - Leistungsexzellenz, Band 2, Münster 2008, S. 67. 8
- Quote paper
- Jens Brüggemann (Author), 2015, Musikalische Begabung. Erlernbar oder angeboren?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/306542
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