Mitarbeiter sind in heutigen besonders technik-orientierten Unternehmen eine wichtige Ressource. Mit dem Wertewandel und steigenden Anforderungen an den Arbeitsplatz stehen Arbeitgeber neuen Herausforderungen in der Arbeitsgestaltung gegenüber, wobei besonders Problemgebiete wie die Bandarbeit und andere repetitive Arbeiten in den Fokus genommen werden.
Seit der Industrialisierung ist die Arbeit am Fließband als unbeliebt und mühselig dargestellt worden nicht nur von der Wissenschaft, sondern auch in Film und Literatur. Sie trägt nicht nur zur Unzufriedenheit der Arbeiter bei, sondern belastet den menschlichen Körper bis hin zur Krankheit auf physischer und psychischer Ebene. Trotzdem ist diese Rationalisierung auch in der modernen Welt notwendig, obwohl nach unzähligen Untersuchungen der Schaden unbestreitbar ist.
Die Forschung zur repetitiven Arbeit hatte dementsprechend erste Veröffentlichungen schon im Jahr 1926, und dauert bis heute an. Mittlerweile ist klar, dass bei repetitiver Arbeit Monotonie und Langeweile zentrale Probleme sind, die zum Nachlassen der Arbeitseffizienz und Arbeitszufriedenheit führen können. Zur zuverlässigen Bewertung von Arbeitsprozessen ist deswegen eine Vielzahl von Elementen zu beleuchten, was sich in der Breite der vorhandenen Messungsmethoden wiederspiegelt.
Wie jedoch lassen sich unvermeidliche, repetitive Arbeiten interessanter und damit effizienter gestalten? Die „Gamification“, die Benutzung von Spielmechanismen in anderen Kontexten, stellt hierfür einen innovativen Lösungsansatz dar, welcher im Folgenden entwickelt wird. Die gegenwärtige Interpretation des Begriffes und Anwendung in verschiedenen Feldern, zeigt die Breite an Möglichkeiten dieses Konzeptes.
Neben der direkten Eignung von Gamification für die Verbesserung monotoner Arbeit soll ein konkretes Beispiel anschaulich machen wie eine Ausführung einer solchen Arbeitsumgestaltung aussehen kann. Dazu wird das Konzept erklärt und analysiert, wobei auf vorangegangene Arbeitsverbesserungsmaßnahmen eingegangen wird. Neuerungen sind besonders die Verwendung der Spielmechanismen und die dadurch entstehende Motivationsförderung, welche den Trend der „Gamification“ attraktiv machen.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abstract
Kurzzusammenfassung
1 Monotonie in der Arbeitslehre
1.1.1 Repetitive Arbeit
1.1.2 Gleichförmigkeit
1.1.3 Monotonie
1.1.4 Psychische Sättigung
1.1.5 Herabgesetzte Wachsamkeit
1.2 Zusammenhänge von Repetitiver Arbeit und subjektiver Monotonie
1.2.1 Umweltabhängige Faktoren der subjektiven Monotonie
1.2.2 Individuelle Unterschiede
1.2.3 Folgen der subjektiven Monotonie
1.3 Motivation als Gegenstück zur Langeweile
1.4 Messung der Langeweile
1.4.1 Boredom Proneness Scale (BPS)
1.4.2 Checkliste zur Erfassung von Fehlbeanspruchungsfolgen (ChEF)
1.4.3 Subjektive Arbeitsanalyse (SAA) und Salutogenetische Subjektive Arbeitsanalyse (SALSA)
1.4.4 ErgoInstrument REBA 9.0
1.4.5 Beanspruchungsmessskala (BMS)
1.4.6 Messung physiologischer Daten
1.5 Verbesserungspotentiale
2 Gamification
2.1 Interpretation und Verständnis
2.2 Gegenwärtige Anwendungen von Gamification
2.3 Das Spiel - der allgemeine Begriff
2.4 Flow Zustand
2.5 Wirkmechanismen von Spielen
2.5.1 Rückmeldungen und Informationen
2.5.2 Klare Regeln und Randbedingungen
2.5.3 Zielsetzung, übergeordnete Ziele und Sinnhaftigkeit
2.5.4 Abzeichen, Punkte und sichtbarer Status
2.5.5 Freies Gestalten, Erkunden und Individualisierung
2.5.6 „Cascading Information“ und Herausforderung
2.5.7 Kommunikation und soziale Interaktion
2.6 Kritik an Gamification
2.7 Handlungsbedarf
3 Lösungsansätze
3.1 Parallelen von Gamification und Arbeitsgestaltungsrichtlinien
3.2 Empirische Studien Gamification-ähnlicher Konzepte
3.3 Arbeitsgestaltung durch Gamification
3.3.1 Rückmeldungen und Informationen
3.3.2 Klare Regeln und Randbedingungen
3.3.3 Zielsetzung, übergeordnete Ziele und Sinnhaftigkeit
3.3.4 Abzeichen, Punkte und sichtbarer Status
3.3.5 Freies Gestalten, Erkunden und Individualisierung
3.3.6 „Cascading Information“ und Herausforderung
3.3.7 Kommunikation und soziale Interaktion
3.4 Effektivität von Gamification
3.5 Problemfelder
3.6 Beispielausführung
3.6.1 Prozessbeschreibung
3.6.2 Auftreten von subjektiver Monotonie
3.6.3 Prozessanpassung
3.6.4 Das Gamification-System
3.6.5 Identifizierte Mechanismen
3.6.6 Kritik und Ausbaumöglichkeiten
3.7 Ausblick und zukünftige Entwicklung
4 Anhang
A. BPS-Fragebogen
B. Tabelle 4: Ebenen der Gamification
C: Checkliste zur Erfassung von Fehlbeanspruchungen
5 Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1:Wirkzusammenhang der subjektiven Monotonie
Abb. 2: Verlauf des Müdigkeitsgefühls bei Monotonie nach [Ric-00]
Abb. 3:Einordnung der Gamification nach [Det-11b]
Abb. 4: Montagearbeitsplatz [Lot-12] mit eingefügtem Bildschirm
Abb. 5: Beispiel für angelegte Stadt [Ige-14]
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Umweltbezogene Einflüsse von subjektiver Monotonie
Tabelle 2: Personenbezogene Einflüsse von subjektiver Monotonie
Tabelle 3: Zusammenfassung der Spielmechanismen nach [Zic-11]
Tabelle 4: Ebenen der Gamification
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abstract
In today`s industry employees and their skills play a central role in the success of companies. Due to a rising standard and expectations of work fulfillment employers feel the pressure of raising the bar in maintaining a high standard of employee satisfaction and making lifelong learning possible. These concerns may particularly arise regarding unpopular tasks, such as repetitive assembly line work. Not only has repetitive work been depicted as boring, but also proven to be malignant for worker`s psychological and physiological well-being. Although these problems are known, repetitive tasks continue to exist due to the large investments needed for the automation of work processes and the technical restrictions of modern machines. Therefore the crucial question arises: what elements constitute a monotonous task and in which way can these be avoided? Using empirical and qualitative data, one can describe main influences divided up into individual characteristics and attributes of the environment, as well as the effects of subjective monotony. Furthermore the measurement of monotony and boredom can be regarded as an essential part of identifying monotonous tasks and is therefore displayed in its variety. Having found problematic work processes, “gamification” may be used to improve employee satisfaction and productivity. “Gamification” is the use of game mechanics in non-gaming contexts, with the aim of motivating users to do certain tasks. This upcoming trend has profoundly changed the design of digital interfaces and web design concentrating on user-centered displays and has in similar forms, such as the “flow”-theory, been observed in various fields. Whether or not the knowledge of these influences can be used for the improvement of repetitive tasks is discussed. Due to the missing current application in the area of industry and workshop, the usage of gamification is observed on a theoretical level with an example implementation. Still similar concepts have been tested and observed, in research and practice, which may hint at the advantages and disadvantages of using such concepts. Summing up the application of gamification for monotonous tasks gives insights into motivational aspects of work design, with new ideas and innovations, but also parallels to older concepts reminding one of the importance of user-centered design.
Kurzzusammenfassung
Mitarbeiter sind in heutigen besonders technik-orientierten Unternehmen eine wichtige Ressource. Mit dem Wertewandel und steigenden Anforderungen an den Arbeitsplatz stehen Arbeitgeber neuen Herausforderungen in der Arbeitsgestaltung gegenüber, wobei besonders Problemgebiete wie die Bandarbeit und andere repetitive Arbeiten in den Fokus genommen werden. Seit der Industrialisierung ist die Arbeit am Fließband als unbeliebt und mühselig dargestellt worden nicht nur von der Wissenschaft, sondern auch in Film und Literatur. Sie trägt nicht nur zur Unzufriedenheit der Arbeiter bei, sondern belastet den menschlichen Körper bis hin zur Krankheit auf physischer und psychischer Ebene. Trotzdem ist diese Rationalisierung auch in der modernen Welt notwendig, obwohl nach unzähligen Untersuchungen der Schaden unbestreitbar ist. Die Forschung zur repetitiven Arbeit hatte dementsprechend erste Veröffentlichungen schon im Jahr 1926, und dauert bis heute an. Mittlerweile ist klar, dass bei repetitiver Arbeit Monotonie und Langeweile zentrale Probleme sind, die zum Nachlassen der Arbeitseffizienz und Arbeitszufriedenheit führen können. Zur zuverlässigen Bewertung von Arbeitsprozessen ist deswegen eine Vielzahl von Elementen zu beleuchten, was sich in der Breite der vorhandenen Messungsmethoden wiederspiegelt. Wie jedoch lassen sich unvermeidliche, repetitive Arbeiten interessanter und damit effizienter gestalten? Die „Gamification“, die Benutzung von Spielmechanismen in anderen Kontexten, stellt hierfür einen innovativen Lösungsansatz dar, welcher im Folgenden entwickelt wird. Die gegenwärtige Interpretation des Begriffes und Anwendung in verschiedenen Feldern, zeigt die Breite an Möglichkeiten dieses Konzeptes. Neben der direkten Eignung von Gamification für die Verbesserung monotoner Arbeit soll ein konkretes Beispiel anschaulich machen wie eine Ausführung einer solchen Arbeitsumgestaltung aussehen kann. Dazu wird das Konzept erklärt und analysiert, wobei auf vorangegangene Arbeitsverbesserungsmaßnahmen eingegangen wird. Neuerungen sind besonders die Verwendung der Spielmechanismen und die dadurch entstehende Motivationsförderung, welche den Trend der „Gamification“ attraktiv machen.
1 Monotonie in der Arbeitslehre
Ein wesentliches Element der Rationalisierung der Arbeit ist die Aufteilung des Produktionsprozesses in eine Vielzahl an Teilaufgaben. Diese Aufteilung ist heute noch vorherrschend und ermöglicht so die geringen Kosten der Massenproduktion. Obwohl die Automatisierung in zahlreichen Bereichen der Produktion bereits den Menschen abgelöst hat, werden viele repetitive Arbeiten aus finanziellen Gründen immer noch von Hand erledigt. Die Arbeitsweise und die psychischen Folgen dieser werden in der Arbeitslehre mit diversen Begriffen bezeichnet.
1.1.1 Repetitive Arbeit
Eine eindeutige Definition der Begriffe „repetitive rbeit“ und „Monotonie“ am Arbeitsplatz liegt bislang nicht vor. Eine qualitative Beschreibung besteht, aber quantitativ gibt es keine klare Eingrenzung.
Eine der wenigen, quantitativ begründeten Definitionen stammt vom dänischen Ministerium für rbeit, welches monoton repetitive rbeit als „ rbeit mit rbeitszyklen von weniger als 30 Sekunden oder Arbeit bei der die immer wieder gleichen Bewegungen 50 % der Zykluszeit ausmachen“ definiert [Fab-06]. Die Zykluszeit wurde auch in Studien als Anhaltspunkt für das Maß der Wiederholung benutzt [Mel-95].
Repetitive Arbeit sei außerdem charakterisiert durch geringe Abwechslung in der Tätigkeit bei gleichzeitigem Fehlen von äußeren Reizen [Phi-91]. Darüber hinaus stellt Phillips die Einfachheit der Handhabung, sowie die Spezialisierung der ufgabe und damit auch die fehlende „task identity“ als wichtige Faktoren dar. Mit „task identity“ ist die Vollständigkeit der Bearbeitung eines Produkts von der Rohstoffform bis hin zum Endprodukt durch einen Mitarbeiter gemeint. Letztlich seien die Vorgabe von kurzen Zykluszeiten, das Fehlen der Faktoren „Autonomie“ des Mitarbeiters und „erhaltenes Feedback“ aus der Aufgabe typische Merkmale repetitiver Arbeit.
Der zentrale Punkt der repetitiven Arbeit ist also die Wiederholung einer bestimmten Abfolge gleichförmiger Bewegungen in einer kurzen Zykluszeit.
1.1.2 Gleichförmigkeit
Damit überschneidet sich der Begriff der „repetitiven Arbeit“ mit dem der „Gleichförmigkeit“, welcher ebenfalls in der Arbeitslehre häufig benutzt wird. Hier ist zu unterscheiden zwischen inhaltlicher und zeitlicher Gleichförmigkeit. Mit „inhaltlicher Gleichförmigkeit“ ist eine über einen längeren Zeitraum inhaltlich gleich bleibende Aktivität gemeint. Die „zeitliche Gleichförmigkeit“ beschreibt Arbeitsprozesse, die über längere Zeiten von der Bewegung her gleichförmig sind. Auch hier ist eine quantitativ genaue Abgrenzung nicht allgemein etabliert hinsichtlich Zykluszeit, Pausenzeiten oder Arbeitszeiten. [Uli-11]
Während „repetitive rbeit“ und „Gleichförmigkeit“ die rbeit beschreiben gehen die Begriffe „psychische Sättigung“, „Monotonie(-zustand)“ und „herabgesetzte Wachsamkeit“ auf die Zustände des Arbeitenden ein laut der DIN. Sie sind in der DIN EN ISO 10075 [DIN-10075] zu den ergonomischen Grundlagen bezüglich psychischer Arbeitsbelastung unter dem Punkt ermüdungsähnliche Zustände zusammengefasst.
1.1.3 Monotonie
Gleichzeitig bestehen noch Meinungsunterschiede in der englischsprachigen Forschungsliteratur: Handelt es sich bei der Monotonie um den Zustand der Person oder um die einwirkende Umgebung? Für die Zwecke dieser rbeit soll mit dem Begriff der „objektiven Monotonie“ die Situation und die Reize beschrieben werden, welche dann zum Zustand der „subjektiven Monotonie“ führen [Mel-95].
Ulich definiert die Monotonie als: „Zustand herabgesetzter psychophysischer ktiviertheit“[Uli-11]. Ähnlich definiert die DIN EN ISO 10075 [DIN-10075 Monotonie: „Ein langsam entstehender Zustand herabgesetzter Aktivierung, der bei langdauernden, einförmigen und sich wiederholenden Arbeitsaufgaben oder Tätigkeiten auftreten kann und der hauptsächlich mit Schläfrigkeit, Müdigkeit, Leistungsabnahme und -schwankungen, Verminderung der Umstellungs- und Reaktionsfähigkeit sowie Zunahme der Schwankungen der Herzschlagfrequenz einhergeht“.
Johansson unterscheidet zwischen der repetitiven Monotonie und der ereignislosen Monotonie. Bei der repetitiven Monotonie ist die Langeweile das Ergebnis der regelmäßigen Wiederholung bestimmter Stimuli, Körperbewegungen oder Ereignisse. Ein Beispiel für am wahrscheinlichsten Betroffene der repetitiven Monotonie sind Montagearbeiter in der Massenfertigung am Fließband. Auslöser der ereignislosen Monotonie sind lange Phasen der Überwachung, welche die ständige ungeteilte Aufmerksamkeit verlangen, zum Beispiel bei Mitarbeitern, die automatisierte Anlagen überwachen. [Joh-89]
Zur ungenauen Definition der Monotonie wurde bereits bemängelt, dass durch die rein subjektive Abfrage einer Situation, zum Beispiel durch einen Selbstbewertungsbogen bereits eine Vorauswahl getroffen wird. Es könnte sein, dass Mitarbeiter ihre Umgebung als monoton empfinden, weil sie sich langweilen und nicht andersherum. Dann würde die subjektive Monotonie nicht in direktem Zusammenhang mit den Arbeitsbedingungen stehen, sondern mit der emotionalen Lage des Mitarbeiters. Würde die Monotonie durch objektive Charakteristika definiert, könnte dies nicht passieren.
1.1.4 Psychische Sättigung
Der Begriff „Sättigung“ bezeichnet eine version gegen eine bekannte, ausgeübte Tätigkeit, welche jedoch nicht monoton sein muss. Es geht hier um eine emotionale Sättigung der Person hinsichtlich der ausgeführten Tätigkeit. Die Psychische Sättigung ist nach der DIN EN ISO 10075 wie folgt definiert: „Zustand der nervös-unruhevollen, stark affektbetonten Ablehnung einer sich wiederholenden Tätigkeit oder Situation, bei der das Erleben des Auf-der-Stelle-Tretens oder des Nicht-weiter-Kommens besteht“ [DIN-10075].
Im Vordergrund steht das Fehlen eines Erfolgserlebnisses bei Wiederholung der Tätigkeit, durch die sich eine emotional geprägte Abneigung gegenüber der Aktivität entwickelt. Dabei kann sie sowohl bei abwechslungsreichen wie auch bei monotonen Aufgaben auftreten. Bei beiden wird die Sättigung durch zeitlichen Druck oder das Fehlen eines Sinns der Arbeit verstärkt [Ric-00]. Im Gegensatz zur Sättigung wird die Monotonie durch eine Veränderung in der Wahrnehmung bei gleichem Arbeitsinhalt aufgehoben [Uli-11]. Letztlich ist zu erwähnen, dass Sättigung im Gegensatz zu Monotonie auch antizipativ, also vor dem Ausführen der Tätigkeit, auftreten kann [Ric-00].
1.1.5 Herabgesetzte Wachsamkeit
Der Begriff „Herabgesetzte Wachsamkeit“ ist nach DIN EN ISO-10075 „Ein bei abwechslungsarmen Beobachtungstätigkeiten langsam entstehender Zustand mit herabgesetzter Signalentdeckungsleistung (z. B. bei Radarschirm- und Instrumententafelbeobachtungen).“. Hiermit werden eindeutig auch Folgen von ereignislosen Aktivitäten beschrieben. Dieser Zustand ist am ehesten bei der ereignislosen Monotonie nach Johansson anzutreffen [Joh-89].
1.2 Zusammenhänge von Repetitiver Arbeit und subjektiver Monotonie
Im Allgemeinen ist jedem bekannt, dass sich bei ständig wiederholenden Tätigkeiten langfristig Langeweile einstellt, welche nicht zufriedenstellend ist. Somit wird angenommen, dass aus repetitiver Arbeit subjektive Monotonie bei der Arbeit folgt, was wiederum zu fehlender Arbeitszufriedenheit führt [Phi-91]. Melamed u.a. bewiesen auch bereits einen moderaten Zusammenhang zwischen Repetitiver Arbeit und Langeweile bei einer Untersuchung von 1.278 Fabrikarbeitern [Mel-95]. Sie teilten diese in verschiedene Kategorien von leichter bis starker Repetition (kurze, mittlere und lange Arbeitszyklen), Arbeitsunterbelastung und abwechslungsreiche Arbeit. Hierbei führte kurzzyklisch, repetitive Arbeit am stärksten zu subjektiver Monotonie, dann Arbeitsunterbelastung, repetitive Arbeit bei mittlerer Zykluszeit, repetitive Arbeit bei längerer Zykluszeit und schließlich abwechslungsreiche Arbeit. Ein ähnlicher Effekt konnte auch beim Zusammenhang von der Anzahl der Krankheitstage mit den jeweiligen Arbeitskategorien festgestellt werden, wobei hier Arbeitsunterbelastung die Liste anführte und der Zusammenhang weniger signifikant war. Ein weiteres Beispiel ist eine Studie von Melin und seinen Co-Autoren [Mel-99], bei der Arbeiter bei repetitiver Arbeit an einer Montagelinie mit in Gruppen organisierten Arbeitern verglichen wurden. Wesentlich schlechtere Ergebnisse wurden bei repetitiver Arbeit festgestellt hinsichtlich der Ermüdung und Aufmerksamkeit der Mitarbeiter. Damit konnte mehrfach ein direkter Zusammenhang zwischen repetitiver Arbeit und subjektiver Monotonie gezeigt werden. Auch die DIN EN ISO 10075 [DIN-10075] nennt die Folgen der repetitiven Arbeit bereits in der Definition: „[͙ Schläfrigkeit, Müdigkeit, Leistungsabnahme und - schwankungen, Verminderung der Umstellungs- und Reaktionsfähigkeit [͙“.
Andere Studien konnten den Zusammenhang von repetitiver Arbeit und subjektiver Monotonie nicht bestätigen [Qui-75]. Diese Studien schreiben das Auftreten der subjektiven Monotonie stärker den Eigenschaften der untersuchten Personen zu als den Charakteristika der ausgeführten Arbeit. Deswegen sollen diese Aspekte im Folgenden getrennt voneinander dargestellt werden.
Das Auftreten der Folgen von subjektiver Monotonie und damit wichtigsten Indikatoren kann also gemäß dem allgemein bekannten Konzept von Belastung und Beanspruchung verstanden werden wie in Abbildung 1 dargestellt.
Die Person nimmt die Arbeitsbedingungen wahr. Diese können je nach Zusammensetzung der umweltabhängigen Faktoren als objektive Monotonie eingestuft werden oder nicht. Je nachdem ob dann die personenabhängigen Faktoren vorliegen führen diese Arbeitsbedingungen dann zum Zustand der subjektiven Monotonie bei der Person. Dieser manifestiert sich wiederum durch Physische Folgen und psychische Beeinträchtigungen, wobei die psychischen Folgen ausschlaggebend sind.
Abb. 1:Wirkzusammenhang der subjektiven Monotonie
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1.2.1 Umweltabhängige Faktoren der subjektiven Monotonie
Um eine differenzierte Arbeitsgestaltung durchführen zu können muss zunächst geklärt werden, welche zur subjektiven Monotonie führenden, umweltabhängigen Faktoren existieren. Dazu nennt die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin [BAuA-10a]:
- „Wiederholungen bestimmter Abläufe“
- „wenig Abwechslung in der Arbeit und/ oder Umgebung“
- „geringe Anforderungen der Arbeit/ Unterforderung“
- „sozial isoliertes Arbeiten“
- „wenig körperliche Betätigung“
- „geringer Einfluss auf Abwechslung der Aufgabe“
- „gleichbleibende Geräuschkulisse“
- „Raumklima“
- „Pausenzeiten“
- „Tageszeit“
Zu vielen dieser Faktoren liegen bereits empirische Untersuchungen vor, während andere rein argumentativ dargelegt sind. Auch wenn es gut ist, sich auf Erfahrungswerte berufen zu können, sollte angestrebt werden die genannten Faktoren experimentell, empirisch zu beweisen und damit einer wissenschaftlichen Arbeitsweise nachzugehen.
Im Fall der monotonen Umgebung als Auslöser für die subjektive Monotonie konnte dieser Beweis bereits erbracht werden. Dies zeigten Thiffault und Bergeron [Thi-03], in einem Experiment in dem Testpersonen einen Fahrsimulator fuhren einmal auf leicht monotonen Fahrbahnen und einmal auf stark monotonen Fahrbahnen. Eine hohe Monotonie hatte einen schnelleren Abbau der Aufmerksamkeit zur Folge als eine niedrige Monotonie. Die hohe Redundanz der auftretenden Reize nennt Richter [Ric-00] als auslösenden Faktor der subjektiven Monotonie.
Fernerhin beobachteten Straußberger und Schaefer [Str-07], dass Unterforderung subjektive Monotonie verstärkt. Testpersonen in zwei Gruppen eingeteilt mussten einen virtuellen Flugzeugradar überwachen. Einer der Gruppen wurde die Aufgabe gestellt, diese Überwachung bei dichtem Verkehr durchzuführen, während die zweite Gruppe mit einer geringeren Verkehrsdichte konfrontiert wurde. Obwohl die Anstrengung bei niedrigem Verkehr als geringer wahrgenommen wurde, nahm die Aufmerksamkeit, Motivation und Konzentration dieser Gruppe schneller ab. Die Testpersonen wurden also nicht genügend gefordert um eine angemessene Stimulierung zu erfahren.
Bartenwerfer hebt hervor, dass sich subjektive Monotonie verstärke „wenn eine einförmige Tätigkeit so beschaffen ist, dass der Arbeitende seine Beachtung (Aufmerksamkeit) auf die einförmige Tätigkeit einengen muss und sich kaum erleichternde motorische oder erlebnismäßige Nebentätigkeiten leisten kann, wenn er die Arbeit anforderungsgemäß ausführen will“ [Uli-11]. Die forcierte Konzentration zur Erfüllung der Aufgabe steht also in dieser Definition im Vordergrund. Der Mitarbeiter nimmt damit nur noch eine geringe Menge an Reizen wahr, weil er gezwungen ist andere Dinge zu ignorieren um seiner Aufgabenerfüllung zu genügen.
Besonders häufig wird auch eine kurze Zykluszeit als Messwert für die Stärke des repetitiven Charakters der Arbeit benutzt und konnte auch als Auslöser für subjektive Monotonie bewiesen werden [Mel-95].
Wenn jedoch positive Faktoren die objektive Monotonie des Arbeitsplatzes ausgleichen, kann keine Langeweile aufkommen. Als positive Faktoren nennen Phillips u.a. [Phi-91]: Identifizierung mit dem Produkt, Wertschätzung der eigenen Arbeit und Arbeitsweise und geringe Stressfaktoren wie zeitlicher Druck oder ungeplante Unterbrechungen. Also kann durch eine allgemeine Verbesserung der Arbeit die subjektive Monotonie bereits verringert werden.
In der folgenden Tabelle 1 werden, die aus der Forschungsliteratur ermittelten umweltbezogenen Aspekte der objektiven Monotonie dargestellt. Da die spezifische Messung der subjektiven Monotonie kein allgemein verbreitetes Instrument ist, wurden als Indikator zum Vorliegen von subjektiver Monotonie folgende Voraussetzungen genommen:
1. Als monoton oder repetitiv bezeichnete Arbeitsbedingungen
2. Negative, nicht rein körperliche Folgen (wie zum Beispiel eine höhere Fehlerquote, Langeweile etc.)
In dieser Untersuchung werden körperliche Folgen außer Acht gelassen, da die subjektive Monotonie eine persönliche Wahrnehmung ist und damit auch bei falscher körperlicher Beanspruchung ausbleiben könnte. Ein verringerter Output kann im Gegensatz dazu ein Hinweis auf eine verminderte kognitive Kapazität und damit subjektive Monotonie sein.
Die in Tabelle 1 genannten Faktoren lösen jedoch einzeln nicht zwangsläufig subjektive Monotonie aus. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie in Kombination als Auslöser fungieren ist jedoch hoch.
Tabelle 1: Umweltbezogene Einflüsse von subjektiver Monotonie
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Unterforderung ist bei Aufgaben wie Überwachen, Sortieren und Bewachen vorhanden nach [Mel-95]
Das Aufkommen von subjektiver Monotonie kann variieren, da allein die Wahrnehmung einer Aufgabe als monoton eine subjektive Erfahrung ist, welche also nicht für alle Mitarbeiter gleichermaßen generalisiert werden kann.
1.2.2 Individuelle Unterschiede
Zu den individuellen Unterschieden merkte Münsterberg 1912 an, dass die Wahrnehmung der Aufgabe durch einen Außenstehenden nicht immer der Wahrnehmung der die Arbeit verrichtenden Person entsprechen muss [Uli-11]. Als Beispiel nannte er folgende Episode: Eine Mitarbeiterin verpackte Glühlampen in Reklamezetteln und dies seit 12 Jahren. Diesen Arbeitsschritt wiederholte sie täglich mehrere tausend Mal. Bei der Frage, ob sie ihre Arbeit als langweilig empfinde, verneinte sie und beschrieb die Abwechslung, die sie beim immer neuen Greifen der Verpackung und Glühbirne erfuhr, sowie die Spannung wie viele Pakete sie bis zur nächsten Pause schaffen würde.
Wie auch später mehrfach bewiesen, stellt sich heraus dass die Wahrnehmung des Maßes an Langeweile stark vom Individuum abhängt [Phi-91]. Einer der immer wieder ermittelten Faktoren war, dass besonders extrovertierte Personen sich schnell langeweilen [Smi-81]. Die Vermutung ist, dass dies auf dem Fakt beruht, dass die kognitive Aktivität von Extrovertierten wahrscheinlich bei Mangel von Stimulation geringer ist als bei Introvertierten. Gleichzeitig konnte gezeigt werden, dass Extrovertierte bessere Leistungen als Introvertierte lieferten, wenn eine langweilende Aktivität durch Reize wie Musik oder Geräusche erweitert wurde [Phi-91]. Nicht alle Studien konnten jedoch den Zusammenhang von Extraversion und erhöhter Wahrscheinlichkeit für subjektive Monotonie bestätigen.
Weitere Eigenschaften, die subjektive Monotonie begünstigen, waren geringes Alter, eine generelle Ruhelosigkeit sowie Unzufriedenheit gegenüber der häuslichen Situation oder der Arbeitssituation, was eine Studie ergab bei der 72 Arbeiter befragt wurden [Smi-55]. Wenn also bereits negative Einflüsse vorlagen konnten diese eine negative Stimmung in andere Lebensbereiche tragen. Fernerhin wurde von mehreren Studien der Einfluss des jungen Alters auf die Wahrnehmung der Langeweile bestätigt [Oha-81], was jedoch keinen klaren Hinweis auf eine Ursache-Wirkung Beziehung gibt. Vielmehr könnte es über die Zeit in der Belegschaft zu einer Selektion von Mitarbeitern kommen oder zu einer Anpassung der Erwartungen über das Arbeitsleben hinweg. Denn es haben sich auch die allgemeinen Erwartungen zur Arbeit als Einfluss auf die Bevorzugung repetitiver Arbeit herausgestellt. Während Mitarbeiter, welche ihre Arbeit als zentrales Interesse in ihrem Leben definierten, Autonomie am Arbeitsplatz bevorzugten, waren nicht so interessierte Mitarbeiter eher repetitiven Arbeiten zugeneigt [Dub-76]. Fernerhin ist die Kontrolle über die Qualität des Ergebnisses im Verhältnis zur Verantwortlichkeit für das Ergebnis wichtig. So kann repetitive Arbeit für manche eine attraktive Alternative zu größerer Verantwortlichkeit darstellen [Phi-91]. In diesen Fällen ist die repetitive Arbeit somit positiv belegt und damit eine verringerte Arbeitszufriedenheit unwahrscheinlicher.
Ferner konnte festgestellt werden, dass positive, verbale Aussagen von Vorgesetzten die Wahrnehmung der Arbeit beeinflussen konnten [Gri-83]. Dabei konnte eine Erhöhung der allgemeinen Zufriedenheit der Mitarbeiter und der wahrgenommenen Aufgabenvariation erzielt werden. Vermutlich ist dies auf die Beachtung sonst unterbewerteter Arbeitsaspekte zurückzuführen, auf die aufmerksam gemacht werden konnte.
Ein weiterer Punkt ist, wie erwähnt, die Unterforderung [Str-07]. Somit ist auch das Können beziehungsweise die Übung der Person wichtig. Die Unterforderung kann sowohl als umweltbezogener Faktor gesehen werden, da bestimmte Aufgaben niemanden vollständig auslasten, als auch als personenbezogener Faktor, da Personen unterschiedliche Fähigkeiten haben.
Eine andere Untersuchung stellte fest, dass der Unterschied zwischen auf dem Land lebenden und in der Stadt lebenden Arbeitern sich auf die Wahrnehmung der repetitiven Arbeit auswirkte [Tur65]. Komplexere Aufgaben wurden von Mitarbeitern vom Land bevorzugt, während repetitive Aufgaben bei Stadtbewohnern beliebter waren. Erklärt werden könne dies am ehesten mit der Theorie, dass auf dem Land die Menge an alltäglichen, verschiedenartigen, intensiven Reizen wesentlich geringer sei und somit ein Ausgleich bei der Arbeit gesucht werde.
Ein genereller Hinweis für die Anfälligkeit für subjektive Monotonie kann auch die Anfälligkeit für Langeweile sein. Indikatoren hierfür sind die psychosoziale Entwicklung, Geschlecht [Wat-99] und ethnische Abstammung („race“) [Wat-92]. Zur psychosozialen Entwicklung, welche bei Studenten gemessen wurde, gehören Aspekte wie Karriereplanung, Engagement im Studium, Lebensplanung, Etablieren von Autonomie, Beziehungsbildung und Toleranz. Diese Untersuchungen ergaben, dass Personen mit höherer Anfälligkeit für Langeweile durch extrinsische Belohnungen besser motiviert
werden konnten als durch intrinsische. Darüber hinaus tendieren diese Personen zu einer geringeren Selbstständigkeit.
Außerdem wurde lange ein negativer Zusammenhang zwischen Intelligenz und Anfälligkeit für Langeweile vermutet, welcher jedoch nur zum Teil hergestellt werden konnte [Dro-82]. Hier bestand die Vermutung, dass intelligentere Menschen auch mehr Kreativität aufweisen und sich somit besser selbst unterhalten können auch in reizarmen Situationen. Auf der anderen Seite wird intelligenten Menschen eine allgemeine höhere Kompetenz und damit größere Wahrscheinlichkeit der Unterforderung zugesprochen. Des Weiteren wurde ein Zusammenhang zwischen der Anfälligkeit für Langeweile und Depressionen gefunden [Far-86]. Auch hier sei auf die unklare Zuweisung von Ursache und Wirkung hingewiesen.
Die Analyse der Faktoren der Skala zur Messung der nfälligkeit für Langeweile („boredom proneness scale-BPS“) gibt zu weiteren Einflüssen uskunft. Teileigenschaften innerhalb dieser Befragung wurden mittels Faktorenanalyse mehrfach ermittelt. Bisher wurden zwischen zwei und acht Faktoren gefunden. Zunächst wurden die Faktoren interne und externe Stimulation festgestellt. Interne Stimulation ist die Fähigkeit sich selbst durch seine Gedanken zu unterhalten. Externe Stimulation ist die individuelle Reaktion in Abhängigkeit von der Intensität eines externen Reizes. Später kamen die weiteren Faktoren emotionale Reaktion, Zeitwahrnehmung und Zwanghaftigkeit (constraint) hinzu. Zuletzt wurden insgesamt acht Faktoren als korrelativ befunden:
- Kreativität (interne Stimulation)
- Monotonie (externe Stimulation) - Zwanghaftigkeit
- Affekt
- Geduld
- Aufmerksamkeit (interne Stimulation) - Herausforderung (externe Stimulation)
Dabei wurden mehrere Faktoren (Kreativität, Monotonie, Aufmerksamkeit und Herausforderung) als Teil der ursprünglichen zwei Faktoren interpretiert. [Vod-03]
Letztlich kann bei den personenbezogenen wie bei den umweltbezogenen Faktoren ein positiver Einfluss, wie eine wahrgenommene Wertschätzung der Arbeit das Auftreten von subjektiver Monotonie verringern [Phi-91].
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die persönlichen Faktoren der subjektiven Monotonie vielfältig sind. Wobei es generell beeinflussbare Größen (positive Ausgleichsfaktoren, Unterforderung) und auch rein individuelle, nicht veränderbare Größen gibt (psychosoziale Entwicklung, ethnische Abstammung, Intro-/Extraversion, Alter). Dabei kann man bedenken, dass die einen Faktoren bei der Auswahl der Mitarbeiter berücksichtigt werden können, während die beeinflussbaren Größen bei der Gestaltung der Arbeitsprozesse bedacht werden müssen.
Tabelle 2: Personenbezogene Einflüsse von subjektiver Monotonie
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Positive Ausgleichsfaktoren: Stolz für das produzierte Gut, Stolz bezüglich einer bestimmten Fähigkeit
Die Ergebnisse der Untersuchungen sind auf Grund ihres Alters teilweise mit Vorsicht zu behandeln. Zum Beispiel ist es durchaus möglich, dass der Unterschied zwischen Land- und Stadtbevölkerung sich verändert hat und auch die Sicht auf die Arbeit als Lebensinteresse. Auf der anderen Seite scheint es auch heute noch schlüssig, dass Faktoren wie Ruhelosigkeit und geringes Alter im direkten Zusammenhang stehen mit der Wahrnehmung von subjektiver Monotonie. Auf Grund des eher geringen wissenschaftlichen Interesses am Thema der repetitiven Arbeit und Monotonie über die letzten Jahre liefern diese teilweise älteren Quellen jedoch den Hauptanteil des gegenwärtigen Wissensstandes der empirischen Forschung.
1.2.3 Folgen der subjektiven Monotonie
Umfassende Untersuchungen zeigen, dass repetitive Arbeit negative Folgen für die Gesundheit der Arbeiter, deren Arbeitszufriedenheit und deren Leistung haben kann [Lou-09, Mel-95, Oeg-80].
Es wurde früh befunden, dass subjektive Monotonie sich auf die Aufmerksamkeit auswirkt. Dies kann zwei gegensätzliche Ergebnisse haben: Entweder einen Zustand geringer innerer Aktivität, einem schlafähnlichen Zustand oder ein Zustand starker innerer Aktivität, also die Bemühung die fehlende äußere Stimulation durch Ausgleichsaktivitäten zu kompensieren [Lou-09].
Allein bereits eine höhere Anfälligkeit für Langeweile ist nachweislich mit einer höheren Fehlerrate verbunden, nachgewiesen mit Hilfe des „cognitive failures questionnaire“ [Wal-03]. Dieser gibt die Tendenz an, bei üblichen Aufgaben bei denen die Wahrnehmung wichtig ist, Fehler zu machen. Außerdem konnte eine Erhöhung der persönlichen Fehlertoleranz festgestellt werden bei der Untersuchung von mehreren Piloten in Simulationsflügen [Bar-43]. Bartlett konnte feststellen, dass die Testpersonen mit der Zeit immer größere Toleranzen beim Abweichen von Zielwerten aufwiesen. Ein anderes Ergebnis von repetitiver Arbeit war ein gestörtes Zeitgefühl, welches ebenfalls die Fehlerwahrscheinlichkeit beeinflusste [Bra-70].
Weitere negative Effekte, die aufgezeigt wurden, waren erhöhte Gefühle der Depression [Cap-75] und Feindseligkeit [Lou-09]. Darüber hinaus konnte eine Korrelation von fehlender Arbeitszufriedenheit und subjektiver Monotonie sowie psychischer Belastung und subjektiver Monotonie gezeigt werden. Es ist jedoch unklar, wie hier Ursache und Wirkung zu differenzieren sind. Diese Unterscheidung ist auch bei der Wahrnehmung eines fehlenden Lerneffekts bei repetitiven Arbeiten schwer [Mel-99].
Weitere zentrale Folgen der repetitiven Arbeit sind der wellenförmige Charakter der Aktivierung bzw. des Müdigkeitsgefühls des Individuums (siehe Abb.2). Mit wellenförmigem Charakter ist die zyklisch, fallende Veränderung des Aktivitätsniveaus gemeint. Die physischen Folgen sind ein verringerter Adrenalinspiegel und Muskeltonus, eine verringerte Kreislaufaktivität, verringerter Sauerstoffverbrauch und -aufnahme sowie ein Desaktivierungsbild im EEG. Die Elektroenzephalografie (EEG) ist ein Werkzeug zur Darstellung der Hirnaktivität. Darüber hinaus kommt es zu einer verstärkten Herzschlagarrhythmie, was eine Störung des normalen Rhythmus des Herzens ist. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine langfristige Beeinträchtigung. [Ric-00]
Abb. 2: Verlauf des Müdigkeitsgefühls bei Monotonie nach [Ric-00]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Dies sind Anzeichen einer geringen kognitiven und physischen Aktivität, was wiederum auch auf die vorher genannten Faktoren wie Unterbelastung und eine eingeengte Aufmerksamkeit hinweist.
Die Fähigkeit nach der Arbeit zu entspannen (gemessen durch Urintests) war schlechter bei repetitiver als abwechslungsreicher Arbeit, was einen Hinweis auf eine verringerte Zufriedenheit durch andauernden Stress gibt. Auch die gefühlte Müdigkeit war in Einklang mit vorigen Ausführungen erhöht bei repetitiver Arbeit. [Mel-99]
Darüber hinaus konnte gezeigt werden, dass repetitive Arbeit erhöhten Blutdruck hervorrufen konnte [Lou-09] und die Herzfrequenz steigerte [Mel-99]. Ein langfristig erhöhter Blutdruck kann ernsthafte gesundheitliche Schäden verursachen. Die chronische Beanspruchung bei repetitiver Arbeit konnte bei Fleischern in der Massenproduktion nachweislich langfristig zu einer Schwächung der Muskulatur führen [Sch-97]. Statt zu einer Stärkung der Muskulatur kann es durch die einseitige
Belastung zu einer Überbeanspruchung kommen und dadurch vorzeitiges Altern hervorrufen. Fernerhin konnte die einseitige Beanspruchung bei repetitiven Tätigkeiten zu vermehrten Beschwerden wie Nacken-, Schulter- oder Armschmerzen führen im Gegensatz zu abwechslungsreicheren Arbeiten [Oeg-80, Mal-01]. Diese Beschwerden werden zusammengefasst unter den Termini „repetitive strain injury“ (RSI), welches eher unspezifische Beschwerden sind, und „cumulative trauma disorder“ (CTD), zu denen jeweils berufstypische Erkrankungen mit klaren Ursachen zählen. So konnten Silverstein, Fine und Armstrong zeigen, dass bei höherer Repetition eine ebenfalls höhere Wahrscheinlichkeit für CTDs vorliegt [Sil-86], sowie eine wesentlich höhere Wahrscheinlichkeit für das Karpaltunnelsyndrom speziell [Sil-87]. Andersen und seine Coautoren ermittelten, dass Arbeit mit gleichzeitig hoher Repetition und hohem Kraftaufwand in dieser Hinsicht am schädlichsten war [And-02].
Indirekt körperliche Beeinträchtigungen wurden bei Telegraphen 1973 [Lou-09] beobachtet, welche bei wahrgenommener Monotonie zu regelmäßigem Trinken und starkem Rauchen neigten.
Im Großen und Ganzen lässt sich also sagen, dass die Folgen der subjektiven Monotonie per Definition bereits schlecht sind. Neben der physisch, chronischen Belastung kommt eine psychische Belastung hinzu, welche sich besonders auf die Aufmerksamkeit auswirkt und letztlich die langfristig wahrgenommene Zufriedenheit senkt.
1.3 Motivation als Gegenstück zur Langeweile
Zusätzlich zur Darstellung von Monotonie und Langeweile sollte auch nach Faktoren der Motivation gefragt werden, also den Gründen, die den Arbeitnehmer dazu bewegen gerade diese Tätigkeit zu wählen. Nerdinger definiert Sie folgend: „Motivation ist das Produkt aus individuellen Merkmalen von Menschen, ihren Motiven, und den Merkmalen einer aktuell wirksamen Situation, in der nreize auf die Motive einwirken und sie aktivieren“ [Ner-08]. Unabhängig von der Person sind also zusätzlich situationsbedingte Faktoren wichtig. Die meisten Handlungen erscheinen individuell und gesellschaftlich nur in bestimmten Situationen als angebracht und zielführend.
Diese Definition ergänzt sehr gut die oben aufgeführten Aussagen zur Monotonie. Die wichtigsten Faktoren sind die Prädispositionen der Person an sich und die vorliegende Situation, also ist es klar, dass in gleichen Situationen verschiedene Personen andere Motivationen und damit auch andere Wahrnehmungen der mit repetitiver Arbeit verbundenen Langeweile, also dem Fehlen einer Motivation haben. Vereinfacht lässt sich das Fehlen einer Motivation mit Langeweile vergleichen, deckungsgleich sind diese Begriffe jedoch nicht.
Weiter lässt sich die Motivation unterscheiden in die intrinsische und extrinsische Motivation. Während die intrinsische Motivation aus der Ausführung der Arbeitstätigkeit selbst Befriedigung hervorruft [Uli-11], folgert bei der extrinsischen Motivation der Arbeitswillen aus der Belohnung durch die Vollendigung der Aufgabe. Somit könnte man also sagen, intrinsische Motivation folgt aus einem Spaß am Prozess an sich, während die extrinsische Motivation sich auf das Ergebnis der Arbeit fokussiert.
Beim Auftreten von intrinsischer und extrinsischer Motivation, kann es langfristig zu einer Motivationsveränderung kommen, wobei die extrinsische Motivation die intrinsische verdrängen kann. Dieser Effekt wird als Korrumpierungseffekt oder auch Effekt der übermäßigen Rechtfertigung bezeichnet [Aro-08]. Hierbei wird das Beispiel gebracht, dass sobald ein Kind für die Erfüllung von Hausaufgaben eine explizite Belohnung erhält, von nun an nur für eine Belohnung Hausaufgaben erledigt werden. Dies setzt eine anfänglich vorhandene intrinsische Motivation voraus, welche überhaupt verdrängt werden kann. Dieser Effekt wurde hinlänglich in verschiedenen Altersklassen und sozialen Gruppen empirisch bewiesen [Dec-99]. So wurde beobachtet, dass besonders wenn die Belohnung mit einer übermäßigen Überwachung und Kontrolle einhergeht, dieses als negativ wahrgenommen wird und zu einem Korrumpierungseffekt führen kann.
Dieser Aspekt der Arbeits- und Sozialpsychologie ist sehr wichtig für die Anwendung der Gamification auf eine Arbeitstätigkeit, da alleine durch die Berufswahl eine gewisse intrinsische Motivation zu Grunde gelegt werden kann, welche möglichst aufrechterhalten und nicht untergraben werden sollte.
1.4 Messung der Langeweile
Zur Analyse der Ist-Situation sollten zunächst die kritischsten Stellen und Mitarbeiter analysiert werden, da es gilt an diesen Stellen die Langeweile zu bekämpfen um ihre negativen Effekte abzubauen. Dazu gibt es eine große Variation an Messungsmethoden sowohl über physiologische Kennwerte als auch über die Selbsteinschätzung der Mitarbeiter. Man unterscheidet die bedingungsbezogene Analyse, welche die Merkmale der Arbeit oder des Arbeitsplatzes analysiert von der personenbezogenen Analyse, welche auf die Auswirkungen der Arbeit auf die Person eingeht. Darüber hinaus gibt es schnell anwendbare eher oberflächliche Verfahren und Verfahren, die in die Detailanalyse hineingehen.
1.4.1 Boredom Proneness Scale (BPS)
Zur Messung der Anfälligkeit einer Person für Langeweile wurde die BPS von Farmer & Sundberg entwickelt [Far-86]. Es handelt sich hierbei um eine personenbezogene Analyse. Diese besteht aus 28 Ja-Nein Fragen (siehe Anhang A); während neuere Modifikationen eine 7-stufige Skala benutzen.
Andere Skalen zur Messung der Anfälligkeit für Langeweile und auch für die Langeweile an sich, sind die „Job Boredom Scale“, „Lee´s Job Boredom Scale“, „Boredom Coping Scale“ und „Boredom Susceptibility Scale“. Bei der „Job Bordeom Scale“ handelt es sich um 11 Fragen auf einer 5-Punkte Likert Skala, d.h. die Fragen müssen auf einer 5-Punkte Skala von „sehr stark“ bis „überhaupt nicht“ beantwortet werden, wobei die Befragung besonders auf die Arbeitsumwelt abgestimmt wurde.
Die BPS kann für die Zuteilung von Mitarbeitern zu gamifizierten und nicht gamifizierten Arbeitsstationen herangezogen werden, da sie besonders die Eigenschaften der Mitarbeiter analysiert.
- Arbeit zitieren
- Moritz Carbon (Autor:in), 2014, Anwendung und Methoden der Gamification zur Erhöhung der Arbeitszufriedenheit bei monotoner Arbeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/306282
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