Jahrzehntelang betrachtete man die Wirtschafts- und Rechtswissenschaften als zwei verschiedene Disziplinen mit wenig gemeinsamer Schnittmenge. Beiden Bereichen lagen ganz unterschiedliche Fragestellungen zugrunde. Erst Anfang der neunziger Jahre kam die Diskussion der „ökonomischen Analyse des Rechts“ auf.
Dabei beeinflusst die jeweils aktuelle Rechtssprechung die Entscheidungen von Unternehmen und Haushalten bezüglich knapper Ressourcen. Eben mit dieser Ressourcenknappheit und den daraus entstehenden Problemen beschäftigt sich die Ökonomie. Im Bereich der entstehenden Schnittmenge ergeben sich zum Beispiel Fragen nach der Allokationswirkung des Rechts oder dem bewussten Einsatz des Rechts als Steuerungsinstrument.
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die ökonomische Effizienz der geltenden Haftungsregeln näher zu untersuchen. Die Analyse wird dabei beispielsweise von folgenden Fragestellungen geleitet: Welche Präventionswirkungen gehen von Haftungsregeln aus? und: Sind Haftungsregeln ein probates Mittel zur Internalisierung externer Effekte?
Inhaltsverzeichnis
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Grundproblematik
2.1 Begründung für staatliche Regulierung
2.1.1 Interaktionsbeziehungen
2.1.2 Theoretische Ansätze
2.2 Externe Effekte
2.3 Instrumente
3. Haftungsregeln
3.1 Verschuldenshaftung
3.2 Gefährdungshaftung
3.3 Juristische vs. ökonomische Sichtweise
4. Kausalität
5. ökonomisches Basismodell
5.1 Modellvoraussetzungen
5.2 Gesellschaftlich optimales Sorgfaltsniveau
5.3 Modell bei Monokausalität
5.4 Modell bei alternativer Kausalität
5.4.1 Wahrscheinlichkeitsschwelle
5.4.2 Wahrscheinlichkeitshaftung
5.5 Modell bei Multikausalität
6. Anwendungsbeispiele in MOE-Ländern
6.1 Tschechien
6.2 Polen
6.3 Ungarn
7. Versicherung
7.1 Grundlagen
7.2 Detailbetrachtung
7.3 Probleme
8. Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Adams, Michael: Ökonomisches Theorie des Rechts, Band 1, Frankfurt a.M. 2002
Boyd, J.: Environmental Liability Reform and Privatization in Central and Eastern Europe, European Journal of Law and Economics, Nr. 3, 1996
Endres, Alfred: Ökonomische Grundlagen des Haftungsrechts, Heidelberg 1991
Endres, Alfred: Ökonomische Aspekte des Haftungsrechts, in: Ress, G. / Stein, Th. (Hrsg.), Vorträge, Reden und Berichte aus dem Europa-Institut, Sektion Rechtswissenschaft, Nr. 283, Saarbrücken 1993
Endres, Alfred: Das Umwelthaftungsrecht aus ökonomischer Sicht, in: Rationalisierungs-kuratorium der deutschen Wirtschaft [RKW] (Hrsg.), Umwelthaftung aus juristischer und ökonomischer Sicht, Eschborn 1994
Endres, A. / Rehbinder, E. / Schwarze, R.: Haftung und Versicherung für Umweltschäden aus ökonomischer und juristischer Sicht, Berlin-Heidelberg-New York 1992
European Bank for Reconstruction and Development (Hrsg.): Investors’ Environmental Guidelines, London 1994
Feess, Eberhard: Umweltökonomie und Umweltpolitik, München 1995
Feess, Eberhard: Haftungsregeln für multikausale Umweltschäden, Marburg 1995
Gobert, Arne: Europäische Rechtsangleichung in Ungarn, Berlin 1997
Homeyer, I. von / Bär, St. / Carius, A. / Deim, S.: Umweltpolitik in Mittel- und Osteuropa – Analyse der EU-Osterweiterung, Berlin 2001
Kolstad, Charles D.: Environmental Economics, New York 2000
Kramer, M. / Brauweiler, H.-Ch.(Hrsg.): Internationales Umweltrecht – Ein Vergleich zwischen Deutschland, Polen und Tschechien, Wiesbaden 1999
Lowitzsch, J.: Umweltrecht und Investitionstätigkeit in der Republik Polen vor dem Hintergrund der EU-Erweiterung, in: Lowitzsch, J. / Knebel, J. (Hrsg.): Das Umweltrecht Polens im Lichte der EU-Erweiterung, Arbeitspapiere des Osteuropa-Instituts, Heft 14/2000, Berlin 2000
Abbildungsverzeichnis
1 Interaktionsbeziehungen zw. Unternehmen, Regierung, Gesellschaft
2 Verschuldenshaftung
3 Gefährdungshaftung
4 Gesellschaftlich optimales Sorgfaltsniveau
5 Verschuldenshaftung bei Monokausalität
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
Jahrzehntelang betrachtete man die Wirtschafts- und Rechtswissenschaften als zwei verschiedene Disziplinen mit wenig gemeinsamer Schnittmenge.[1] Beiden Bereichen lagen ganz unterschiedliche Fragestellungen zugrunde. Erst Anfang der neunziger Jahre kam die Diskussion der „ökonomischen Analyse des Rechts“ auf.
Der relevante Punkt ist, dass das Recht die Entscheidungen von Unternehmen und Haushalten bezüglich knapper Ressourcen beeinflusst. Und gerade mit Ressourcenknappheit und den daraus entstehenden Problemen beschäftigt sich die Ökonomie. Im Bereich dieser Schnittmenge ergeben sich zum Beispiel Fragen nach der Allokationswirkung des Rechts oder nach dem bewussten Einsatz des Rechts als Steuerungsinstrument.
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die ökonomische Effizienz der geltenden Haftungsregeln näher zu untersuchen. Dies soll vor allem von folgenden Fragestellungen geleitet sein:
- Welche Präventionswirkungen gehen von Haftungsregeln aus?
- Können Haftungsregeln bei entsprechender Ausgestaltung dazu dienen, das Verhalten von Umweltschädigern (insbesondere Unternehmen) positiv zu beeinflussen?
- Ist dieses Verhalten dann auch gesellschaftlich optimal?
- Sind Haftungsregeln ein probates Mittel zur Internalisierung externer Effekte?
Um Antworten auf diese Fragen zu extrahieren, werde ich folgendermaßen vorgehen: Zunächst wird versucht das Thema in einen größeren Gesamtzusammenhang einzuordnen. Außerdem werden Begründungen für den Eingriff des Staates diskutiert und die Theorie der externen Effekte wird erläutert.
In Kapitel drei gehe ich auf die Unterschiede zwischen Verschuldens- und Gefährdungshaftung ein. Des weiteren werden die verschiedenen Betrachtungsweisen von Juristen und Ökonomen bezüglich Haftungsregeln dargestellt. Kapitel vier beschäftigt sich mit den drei Kausalitätsformen: Monokausalität, alternative Kausalität und Multikausalität. Diese Unterscheidung dient als Grundlage für das anschließende Kapitel, in dem das ökonomische Basismodel (Kosten-Nutzen-Theorie) vorgestellt wird.
Nach dieser – doch eher theoretischen – Darstellung werde ich versuchen einige Anwendungsbeispiele aus Mittel- und Osteuropäischen (MOE) Staaten aufzuzeigen. Der Schwerpunkt liegt hier auf drei ausgewählten Ländern; Tschechien, Polen und Ungarn. Zum Abschluss wird der Versicherungsaspekt näher beleuchtet und es werden in diesem Zusammenhang auftretende Problematiken diskutiert. Die Seminararbeit endet mit einem Fazit, in dem auch versucht wird, einen Ausblick in die Zukunft zu geben.
2. Grundproblematik
2.1 Begründung für staatliche Regulierung
2.1.1 Interaktionsbeziehungen
Das Hauptproblem der Umweltpolitik liegt darin, dass die Regierung bestrebt ist, gesellschaftlich wünschenswerte Aktionen durchzusetzen, diese aber in der Regel nicht im Sinne der umweltverschmutzenden Unternehmen liegen.[2] Da eine ständige, lückenlose Kontrolle und Überwachung nicht möglich ist, entstehen gewisse Diskrepanzen. Zusätzlich gestaltet sich die Festlegung eines Optimums – also z.B. der optimalen Schadstoffmenge in der Luft – in der Realität mehr als schwierig.
Problematisch ist die Tatsache, dass die Regierung quasi von zwei Seiten Druck erhält und damit eine Art vermittelnde Position einnehmen muss. Auf der einen Seite sind die Bürger und somit potentielle Wähler, die natürlich eine möglichst geringe Umweltbelastung fordern. Neben dem Konsum von Waren („goods“) möchten sie möglichst wenig Verschmutzung („bads“) ausgesetzt sein.[3] Auf der anderen Seite gibt es die Unternehmen, für die eine laxe Umweltpolitik mit geringeren Kosten verbunden ist und somit favorisiert wird. Sie haben wiederum aber auch die Rolle als Arbeitgeber inne. Aufgabe der Regierung ist es nun, die Forderungen beider Seiten angemessen zu berücksichtigen.
Die folgende Abbildung soll noch einmal einen Überblick über die vielfältigen Interaktionsbeziehungen zwischen der Regierung, den Unternehmen und der Gesellschaft geben:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.1: Interaktionsbeziehungen zwischen Regierung, Unternehmen, Gesellschaft
Quelle: In Anlehnung an Kolstad, Environmental Economics, S. 138.
2.1.2 Theoretische Ansätze
Die Regulierung von Problemen umweltbedingter Art durch die Regierung lässt sich durch zwei unterschiedliche Theorien erklären.[4] Nach der Theorie des öffentlichen Interesses (public interest theory) greift die Regierung eines Landes ein, um Marktversagen zu korrigieren und so den gesellschaftlichen Nutzen zu erhöhen. Die Interessengruppen-Theorie (interest group theory) dagegen besagt, dass bestimmte Gruppen die Regierung beeinflussen, um so ihre eigenen Interessen zu fördern (Lobbying). Beide Theorien können selbstverständlich auch nebeneinander Gültigkeit haben.
Nach der Theorie des öffentlichen Interesses gibt es drei wesentliche Gründe für staatliche Regulierung: unvollständiger Wettbewerb, unvollständige Information und externe Effekte (externalities). Der zuletzt genannte Aspekt ist in diesem Zusammenhang am wichtigsten, da es eben erst aufgrund von externen Effekten zum Marktversagen kommt, welches die Regierung zu korrigieren versucht.
2.2 Externe Effekte
Externe Effekte treten immer dann auf, wenn ein Wirtschaftssubjekt A durch seine Aktivitäten die Nutzen- oder Produktionsfunktion eines anderen Wirtschaftssubjektes B beeinflusst, ohne auf die Auswirkungen zu achten und ohne die Existenz einer Vertragsbeziehung zwischen beiden Parteien.[5] Das bedeutet, dass das schädigende Unternehmen keine „offizielle“ Erlaubnis durch die andere Partei hat und es auch keine Vereinbarungen über eventuelle Kompensationszahlungen gibt. Externe Effekte können sowohl positiv als auch negativ sein, je nachdem ob die Auswirkungen der wirtschaftlichen Aktivität das Nutzenniveau des anderen Wirtschaftsubjektes erhöhen oder senken.
Ein Beispiel für positive externe Effekte sind Innovationen. Sofern diese nicht patentrechtlich geschützt sind, können andere Unternehmen auf die Forschungsergebnisse zurückgreifen und ggf. in ihrem Sinne weiterentwickeln.[6]
In der umweltpolitischen Diskussion sind aber vor allem die negativen externen Effekte von praktischer Bedeutung. Fast alle Produktionsprozesse von Unternehmen führen zu Belastungen der Umwelt. Zur Verdeutlichung hier ein kleines Beispiel:
Gegeben sei ein Unternehmen A, welches bei der Herstellung seiner Produkte Schadstoffe erzeugt und diese in einen nahegelegenen Fluss leitet. Dadurch wird die Produktionsfunktion eines Fischereibetriebes negativ beeinflusst, weil sich seine Produktionsbedingungen verschlechtern. Ebenso könnte man sich vorstellen, dass die Emissionen eines Stahlwerks die Betriebstätigkeit einer Wäscherei negativ beeinflussen.
2.3 Instrumente
Es gibt zwei grundlegende Arten von staatlicher Regulierung: auf der einen Seite Instrumente, die dem Prinzip „command and control“ folgen und auf der anderen Seite der Eingriff in Form von ökonomischen Anreizen (incentives).[7]
Beim erstgenannten Modell werden die Wahlmöglichkeiten für das Unternehmens stark eingeschränkt. Es gibt von der Regierung festgelegte Vorgaben oder Aktionen (z.B. Höchstgrenzen für Emissionen), die unbedingt eingehalten bzw. befolgt werden müssen. Oftmals werden „command and control“ - Maßnahmen mit Strafen oder Geldbußen kombiniert, um im Falle des Nicht-Einhaltens der Vorgaben wirkungsvoll gegensteuern zu können.
Die ökonomischen Anreize lassen sich in drei verschiedene Kategorien unterteilen: Emissions-Gebühren, handelbare Emissions-Zertifikate und Haftungsregeln.
Bei den Emissions-Gebühren erfolgt die Steuerung über den Preis, d.h. das verursachende Unternehmen zahlt eine festgelegte Gebühr „pro Einheit Verschmutzung“ an die Regierung. Emissions-Zertifikate dagegen steuern über die Menge. Die Regierung gibt eine bestimmte Anzahl an Zertifikaten heraus, mit denen der Inhaber das Recht erwirbt die Umwelt zu verschmutzen. Diese „permits“ sind zwischen den einzelnen Unternehmen frei handelbar, d.h. es ergibt sich auch hier ein Preis bzw. Wert für die Verschmutzung der Umwelt.
[...]
[1] Vgl. zu den ersten zwei Absätzen Endres, Umwelthaftungsrecht, S. 47.
[2] Vgl. zu diesem Absatz Kolstad, Environmental Economics, S. 137.
[3] Für den Terminus „Bad“ als Pendant zu „Good“ hat sich im deutschsprachigen Raum noch kein äquivalenter Begriff durchgesetzt. Man kann hier weiter differenzieren nach Rivalität und Ausschließbarkeit oder „public“ vs. „private bad“; auf die Feinheiten soll aber im Zusammenhang dieser Arbeit nicht weiter eingegangen werden, da dies für das weitere Verständnis irrelevant ist.
[4] Vgl. zu diesem Gliederungspunkt Kolstad, Environmental Economics, S. 135 ff.
[5] Vgl. Feess, Umweltökonomie, S. 9 ff.
[6] Feess, Umweltökonomie, S. 10.
[7] Vgl. zu diesem Gliederungspunkt Kolstad, Environmental Economics, S.139 ff.
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