Bei Beschäftigung mit der Frage, welche Faktoren langfristig dazu beigetragen haben, eine französische Sprachnorm zu konstituieren, stößt man gleich zu Beginn auf die enge Verbindung zwischen der französischen Sprache und ihrer Literatur. Bereits in frühen Jahrhunderten kristallisierte sich die Funktion der französischen Literatur als Bezugspunkt und Ideal für die Verwendung des Französischen hinaus. In einer wechselseitigen Beziehung war die Literatursprache somit zugleich Ausdruck der herrschenden Norm als auch das Medium, durch das die Konstituierung dieser Norm erfolgte.
Während zu einer Zeit relativer kultureller und sprachlicher Einheit innerhalb des Hexagons noch Ideale wie Natürlichkeit, Reinheit und Klarheit der französischen Klassiker als maßgeblich für den bon usage der französischen Sprache galten, lässt sich ab Beginn der postkolonialen Literatur eine deutliche Veränderung dieses Konzepts beziehungsweise auch das Aufbrechen bisheriger Normen feststellen. Die postkolonialen Autoren mussten sich hierbei direkt damit auseinandersetzen, in welcher Weise das Schreiben in der französischen Sprache, der Sprache der ehemaligen Kolonialherren, die Konzeption und Repräsentation der eigenen Identität beeinflusste oder gegebenenfalls auch beeinträchtigte. Es entstand die Frage, inwieweit man kulturelle Eigenidentität einbüßte, indem man sich der Sprache des Landes bediente, das das eigene Land vorher unterworfen und regiert hatte.
Ahmadou Kourouma hat seine eigene Methode gefunden, um mit dieser schwierigen Thematik umzugehen. Seine Werke haben unter Literaturkritikern und Sprachwissenschaftlern eine große Debatte ausgelöst. Hierbei wird insbesondere die Frage nach der Sprache Kouroumas aufgeworfen, die das erreichen soll, was dem eigenen Land unter französischer Herrschaft nicht möglich war: die eigene Identität durch das Medium der französischen Sprache zu kreieren, ohne dass die Verwendung des Französischen jedoch die Niederlage ausdrücken würde, die dies vor der Unabhängigkeit noch bedeutet hatte. So wird das Schreiben auf Französisch als eine Möglichkeit „de témoigner d’un peuple qui a été violé dans cette langue-là“ gesehen. In diesem Sinn verwendet Kourouma die französische Sprache, „en [la] colonisant à son tour“, um so die eigene kulturelle Identität zurückzuerobern und zu konstituieren.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Entstehung frankophoner Literaturen im Postkolonialismus.
- 2.1. Das Konzept des Plurilinguismus im frankophonen Roman..
- 2.2. Plurilinguismus bei Kourouma: Von der Oralität des malinké zur Schriftkultur..
- 3. Le métissage der französischen Sprache: sprachliche Modifikationen in den Werken Kouroumas
- 3.1. Metaebene der Sprache...
- 3.2. Lexikalische Ebene..
- 3.3. Semantische und grammatische Ebene.......
- 4. Schlussbetrachtung...
- 5. Literaturverzeichnis...
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit befasst sich mit den Auswirkungen der Entstehung von frankophonen Literaturen auf die bisher geltende französische Sprachnorm. Sie untersucht, wie plurilinguistische Konzepte in diesen Werken zunehmend an Bedeutung gewinnen und analysiert das sprachliche Konzept, das den Werken von Ahmadou Kourouma zugrunde liegt.
- Die Bedeutung von Plurilinguismus in frankophonen Literaturen
- Die „Malinkisierung“ des Französischen in den Werken von Ahmadou Kourouma
- Die Rolle der Oralität in Kouroumas Werk
- Die sprachlichen Modifikationen, die Kourouma an der französischen Sprache vornimmt
- Die Auswirkungen dieser Modifikationen auf die Gesamtkonzeption seiner Werke
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der französischen Sprachnorm und ihrer Veränderung im Kontext der postkolonialen Literatur ein. Sie stellt Ahmadou Kourouma und seine Werke als Beispiel für die Auseinandersetzung mit der eigenen Identität in der Sprache der ehemaligen Kolonialherren vor.
Kapitel 2 beleuchtet die Entstehung von frankophonen Literaturen im Postkolonialismus und die damit verbundene sprachlich-kulturelle Pluralisierung. Es wird die Frage nach der Definition von „frankophoner Literatur“ erörtert und verschiedene Ansätze zur Klassifizierung dieser Literaturen vorgestellt.
Kapitel 3 analysiert die sprachlichen Modifikationen, die Kourouma an der französischen Sprache vornimmt. Es werden die Metaebene, die lexikalische Ebene sowie die semantische und grammatische Ebene betrachtet.
- Arbeit zitieren
- Natascha Zeck (Autor:in), 2014, Französisch im Wandel. Plurilinguismus und „Malinkisierung“ in den Werken von Ahmadou Kourouma, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/305766
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