Sonifikation bezeichnet seit etwa 20 Jahren eine zunächst nur naturwissenschaftliche Methode der Darstellung von Daten in Klängen. Sonifikation oder Sonification, oft auch Vereinfacht als Verklanglichung von Daten dargestellt, ist somit ein akustisches Pendant zur Visualisierung. Im naturwissenschaftlichen Kontext kommt ihr dabei die Aufgabe einer Strukturerfassung zu, das heißt über den Hörsinn sollen Gesetzmäßigkeiten erkannt werden oder bereits bekannte Zusammenhänge sollen dargestellt und herausgearbeitet werden. Mittlerweile hat die Sonifikation auch Eingang in die Künste gefunden.
Eine seit Jahren anerkannte Definition der Sonifikation wurde im Rahmen der International Conference on Auditory Displays (ICAD) im Jahr 1997 entwickelt: “Sonifikation ist definiert als die Verwendung von nichtgesprochenem Audiomaterial um Informationen zu übermitteln. Genauer gesagt, Sonifikation ist die Transformation von Datenbeziehungen in wahrgenommene Beziehungen mittels eines akustischen Signals zum Zweck der Ermöglichung einer Kommunikation oder Interpretation. Von Natur aus ist Sonifikation interdisziplinär, integriert Konzepte der menschlichen Wahrnehmung, Akustik, Design, den Künsten und der Ingenieurwissenschaften.“ Der Sonifikationskünstler und Geophysiker Florian Dombois schreibt in Bezug auf diese Definition auch von einem “making sense of data“.
Die seit Anfang der 1990er-Jahre jährlich abgehaltenen ICAD-Konferenzen haben bislang einen fruchtbaren Diskurs über das Thema Sonifikation vermittelt. Die Bezeichnung der Auditory Displays im Namen ICAD kann auf dem ersten Blick durchaus für Verwirrung sorgen. Der Mensch wird oftmals als visuelles Wesen bezeichnet, daher ist es auch nicht verwunderlich, dass bei dem Begriff Displays für gewöhnlich an Bildschirme gedacht wird. Doch Displays müssen nicht zwangsläufig auf einer visuellen Ebene arbeiten, sondern können auch andere Sinne ansprechen. Auch akustische Displays für das Gehör sind möglich. Im Grunde genommen gleichwertig mit visuellen Displays, werden sie in der Wissenschaft jedoch eher vernachlässigt.
Einführung:
Sonifikation bezeichnet seit etwa 20 Jahren eine zunächst nur naturwissenschaftliche Methode der Darstellung von Daten in Klängen. Sonifikation oder Sonification, oft auch Vereinfacht als Verklanglichung von Daten dargestellt, ist somit ein akustisches Pendant zur Visualisierung. Im naturwissenschaftlichen Kontext kommt ihr dabei die Aufgabe einer Strukturerfassung zu, das heißt über den Hörsinn sollen Gesetzmäßigkeiten erkannt werden oder bereits bekannte Zusammenhänge sollen dargestellt und herausgearbeitet werden. Mittlerweile hat die Sonifikation auch Eingang in die Künste gefunden.
Eine seit Jahren anerkannte Definition der Sonifikation wurde im Rahmen der International Conference on Auditory Displays (ICAD) im Jahr 1997 entwickelt: “Sonifikation ist definiert als die Verwendung von nichtgesprochenem Audiomaterial um Informationen zu übermitteln. Genauer gesagt, Sonifikation ist die Transformation von Datenbeziehungen in wahrgenommene Beziehungen mittels eines akustischen Signals zum Zweck der Ermöglichung einer Kommunikation oder Interpretation. Von Natur aus ist Sonifikation interdisziplinär, integriert Konzepte der menschlichen Wahrnehmung, Akustik, Design, den Künsten und der Ingenieurwissenschaften.“[1] Der Sonifikationskünstler und Geophysiker Florian Dombois schreibt in Bezug auf diese Definition auch von einem “making sense of data“.[2]
Die seit Anfang der 1990er-Jahre jährlich abgehaltenen ICAD-Konferenzen haben bislang einen fruchtbaren Diskurs über das Thema Sonifikation vermittelt. Die Bezeichnung der Auditory Displays im Namen ICAD kann auf dem ersten Blick durchaus für Verwirrung sorgen. Der Mensch wird oftmals als visuelles Wesen bezeichnet, daher ist es auch nicht verwunderlich, dass bei dem Begriff Displays für gewöhnlich an Bildschirme gedacht wird. Doch Displays müssen nicht zwangsläufig auf einer visuellen Ebene arbeiten, sondern können auch andere Sinne ansprechen. Auch akustische Displays für das Gehör sind möglich. Im Grunde genommen gleichwertig mit visuellen Displays, werden sie in der Wissenschaft jedoch eher vernachlässigt.
Eines der Hauptanwendungsgebiete in der modernen Naturwissenschaft liegt für die akustischen Displays in der explorativen Datenanalyse. Im Rahmen statistischer Erhebungen werden Sonifikationsverfahren hier vor allem im Data Mining angewendet. Data Mining meint die systematische Analyse eines Datenbestandes, welche zum Ziel hat neue Muster zu erkennen. Es gibt mehrere Aufgabenstellungen des Data Mining. Eine sonifizierte Anwendung kann zum Beispiel im Bereich der Ausreißererkennung liegen, in dem man Daten die einen bestimmten Wert über- oder unterschreiten eine andere Frequenz zuteilt. Schnell abgespielt kann ein Anwender so nicht passende Daten heraushören.
Im Bereich der Kunst kann man die Sonifikation am ehesten im Bereich der Musik verorten, allerdings gehorcht sie nicht den Gesetzmäßigkeiten der klassischen Instrumental- oder Vokalmusik. Es gibt keine Komponistin, die Komposition wird von der sonifizierten Sache vorgegeben. Der Mensch kann die vorgegebene Komposition nur bearbeiten, indem er zum Beispiel die Geschwindigkeit bestimmt, Passagen herausschneidet oder umorganisiert oder die Töne bestimmt, welche die Daten repräsentieren.
Florian Dombois schreibt vor diesem Hintergrund von einer Doppelbödigkeit der Sonifikation, einerseits was das ästhetische Zuhören betrifft, also das Hinhören wie im Konzertsaal oder das Lauschen einer Erzählung; anderseits meint Doppelbödigkeit aber auch das Spannungsverhältnis zwischen Kunst und Naturwissenschaft. “Denn ähnlich der Fotografie oder dem Video taugt sie zur Kunst gerade so wie zum Dokumentarismus, und so sind Datenwahl, Konvertierungsverfahren und Kontextualisierung wesentliche Spielfelder der künstlerischen Praxis.“[3] Sonifikation ist somit auch ein Paradebeispiel für Artistic Research, einer Forschung, die Kunst und Wissenschaft gleichberechtigt zu verbinden sucht und deren Arbeiten zugleich als Kunst- und wissenschaftliches Werk angesehen werden wollen.
Noch stärker als in der Kunst, ist in der Naturwissenschaft das Sehen von grundlegender Bedeutung. Hier stellt sich die Frage inwiefern die Sonifikation das Potenzial besitzt die akustische Beweisführung neben der visuellen und mathematischen Evidenz als dritte Säule zu etablieren.
Die Vorgänger der modernen Sonifikation:
Das Data Mining ist ein gutes Beispiel für eine moderne Anwendung des Zusammenspiels von Klang und Daten. Doch die Idee eines Zusammenhangs von Daten und Klang ist bedeutend älter als die Informatik und findet sich schon im antiken Griechenland. Bereits im 6. Jahrhundert v. Chr. formulierte Pythagoras die Intervalle der Oktave in einfachen Zahlenverhältnissen. Pythagoras stellte fest, dass zwischen den Tönen und den Zahlen eine Gesetzmäßigkeit besteht, so entspricht z.B. eine Oktave der Proportion 1:2, eine Quinte entspricht 2:3 und eine Quarte hat die Proportion 3:4. Ca. 2000 Jahre später baute Galileo Galilei eine Versuchsanordnung, die der heutigen Definition der Sonifikation nahe kommt. Im berühmten Experiment der schiefen Ebene, welches das Gesetz vom freien Fall bestimmen sollte, ließ er Kugeln eine Bahn hinunter rollen und bestimmte dabei ihre Zeit. Entlang der Ebene positionierte er Glocken oder Saiten, welche beim Anschlag der Kugel eine Zeitnahme ermöglichten. Hier ist der Klang direkt im Experiment, also im Erkenntnisprozess, integriert. Die lange Zeitspanne zwischen Pythagoras und Galilei weist darauf hin, dass nicht viele Experimente die akustische Form der Überprüfung wählen. Das auditive stand und steht dem visuellen Erkennen in der Wissenschaft nicht gleichwertig gegenüber. Auch heute noch hat das visuelle Erkennen eine herausgehobene Bedeutung. Das manifestiert sich auch im Sprachgebrauch. Man denke nur an Floskeln wie ‚Mal sehen‘ oder ‚Ich sehe mich gezwungen‘.
Ein auch noch heute weit verbreitetes und bereits im 18. Jahrhundert entwickeltes Verfahren der Sonifikation ist die medizinische Auskultation. Leopold von Auenbrugger entwickelte 1761 eine perkussive Methode der Diagnostik, indem der Arzt mit seinen Fingern auf die Haut des Patienten klopft und anhand der Eigenresonanz auf den Zustand des darunterliegenden Organes schließt. Die Weiterentwicklung dieses Verfahrens führte einige Jahre später zum Stethoskop. Hier zeigt sich ein recht einfaches Beispiel der Sonifikation, welches zwar allgemein bekannt ist, jedoch bei recht wenigen Menschen einen Bezug zum Terminus der Sonifikation hervorruft.
Ein weiteres solches Beispiel ist das Geiger-Müller-Zählrohr, umgangssprachlich besser bekannt als Geigerzähler. 1913 von Hans Geiger und Walther Müller entwickelt, wird es hauptsächlich dazu benutzt radioaktive Strahlung aufzuspüren bzw. seinen Anwender vor dieser Strahlung zu warnen. Im Bereich des Strahlenschutzes ist das Geiger-Müller-Zählrohr mit einem akustischen Signal ausgerüstet, dem charakteristischen „Knacken“. Jedes einfallende Teilchen oder Strahlungsquantum wird in einen elektrischen Impuls umgesetzt, der wiederum in ein akustisches Signal transferiert wird. Je mehr Teilchen, sprich je mehr Radioaktivität in das Zählrohr einfällt, desto schneller und intensiver wird das Knacken. Oder vereinfacht ausgedrückt: Je „wilder“ das Knacken, desto gefährlicher ist der momentane Standort für seine Anwenderin. Sicherlich könnte man hier die elektrischen Impulse auch in ein visuelles statt in ein akustisches Signal umwandeln. Doch abgesehen davon, dass die Augen des Anwenders eventuell für andere (wichtigere) Aufgaben gebraucht werden, hat das auditive Signal hier weitere Hintergründe. Ein visuelles Signal kann man, absichtlich oder unabsichtlich, übersehen. Dem akustischen Signal kann man sich nur schwer entziehen, wenn es denn in einer entsprechenden Lautstärke auftritt. Um sich dem visuellen zu entziehen reicht in den meisten Fällen eine einfache Kopfdrehung.
Eine weitere wissenschaftliche Sonifikation akustischer Signale vollzog sich mit der Einführung der Elektroenzephalografie (EEG) in der neurologischen Forschung. 1924 gelang es dem Psychologen Hans Berger die elektrische Aktivität der Großhirnrinde durch eine Messung von Spannungsschwankungen an der Kopfoberfläche aufzuzeichnen. Einige Jahre später wurde der Ruhezustand des Gehirns, der sich als Rauschen äußert, als Bergerrhythmus benannt. Aus medizinhistorischer Sicht ist hier eine erweiterte Form der Auskultation durch Technik erkennbar. Zwar hat die Neurologie immer auch auf visuelle Aufzeichnungen gesetzt, da diese später besser auswertbar waren, trotzdem war die Medizin einer der wichtigsten Wegbereiter für die Nutzung der Sonifikation. Neben der Auskultation und dem EEG gibt es noch weitere Beispiele der Sonifikationsforschung im Bereich der Neurologie. So fingen bereits kurz nach Erfindung des Telefons einige Wissenschaftler damit an, elektrische Impulse in Muskeln und Nervenbahnen akustisch erfahrbar zu machen. “[Die] Analogie von Schall und Elektrizität [...] bringt [...] zu Gehör, was nie zum Hören bestimmt gewesen war“.[4]
Aus kulturhistorischer Sicht schlägt Florian Dombois drei Ären der Sonifikation vor.[5] Zum Einen die Zeit seit der Erfindung des Telefons ab 1876, welche sich jedoch durch mangelnde Reproduzierbarkeit nicht entscheidend weiterentwickelt hat. Zum Anderen die Zeit nach Einführung des Magnetbandes als billiges Speichermedium ab ca. Mitte des 20. Jahrhunderts. Ein weiterer Wendepunkt war für ihn die Verbreitung des Internets sowie die Gründung der ICAD 1992. Allerdings unterschlägt Dombois hier die historischen Vorläufer der heutigen Sonifikation vor 1876 und fußt seine Einteilung auf technischen statt auf erkenntnistheoretischen Wendepunkten.
Verfahren der Sonifikation:
Seit Anfang der 1990er-Jahre hat sich in der wissenschaftlichen Literatur eine Einteilung der Sonifikationsverfahren in verschiedene Klassen durchgesetzt, deren verbreitestete im Folgenden kurz beschrieben werden sollen:
Audifikation: Hierunter versteht man die direkte Umsetzung der Messwerte von Daten in Schallschwingungen. Eine Weiterverarbeitung der Daten beschränkt sich hier für gewöhnlich nur auf die Abspielgeschwindigkeit. Ein Beispiel für die Audifikation ist das Geiger-Müller-Zählrohr.
Parameter-Mapping-Sonifikation: In diesem Verfahren werden den Messwerten verschiedene kontrollierbare akustische Parameter, wie z.B. Tonhöhe, Lautstärke, Klangfarbe oder Filtereigenschaften zugeordnet. Somit können verschiedene Parameter simultan dargestellt werden. Thomas Hermann gibt hierzu in seinem Aufsatz ‚Daten hören‘ das Bsp. eines Datensatzes über Mobiltelefone, in dem jedes Gerät durch mehrere Merkmale wie Preis, Größe, Speicherkapazität etc. charakterisiert ist und jedes Gerät einen Datenvektor liefert. „Die Sonifikation ist dann das Ergebnis der Überlagerung aller Einzelklänge. Dies kann durchaus zeitlich geordnet sein, wenn zum Beispiel der Preis (von 100 bis 500 EUR) auf den Zeitpunkt des zugehörigen Klangs (von 0 bis 10 Sekunden) »ge- map -t« wird. Durch eine solche Sonifikation lassen sich hochdimensionale Zusammenhänge erkennen.“[6] Einfachere Beispiele sind hier akustische Einparkhilfen oder der Peilsender.
[...]
[1] International Community for Auditory Displays Editorial Committee: Sonification Report: Status of the field and Research Agenda. Palo Alto 1997. S. 4. Hervorhebungen übernommen.
[2] Dombois, Florian: Sonifikation. Ein Plädoyer, dem naturwissenschaftlichen Verfahren eine kulturhistorische Einschätzung zukommen zu lassen. In: Petra Maria Meyer (Hrsg.): acoustic turn. Wilhelm Fink Verlag, München 2008. S. 94.
[3] Dombois, Florian: Angeschlagene Moderne. In: Schoon, Andi; Volmar, Axel [Hrsg.], Das geschulte Ohr. Eine Kulturgeschichte der Sonifikation. Transcript, Bielefeld 2012. S. 168.
[4] Volmar, Axel: Die Anrufung des Wissens. Eine Medienepistemologie auditorischer Displays und auditiver Wissensproduktion. In: Navigationen – Zeitschrift für Medien und Kulturwissenschaften. Jg. 7, Heft 2. S. 110.
[5] Dombois 2008. S. 96.
[6] Hermann, Thomas: Daten hören. In: Schulze, Holger [Hrsg.], Sound Studies : Traditionen - Methoden - Desiderate ; eine Einführung. Transcript, Bielefeld 2008. S. 218.
- Citation du texte
- René Basse (Auteur), 2015, Das Zusammentreffen von Naturwissenschaft und Kunst in der Sonifikation, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/305735
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