Wer hat die Wahl? Die Jugendlichen, die sich in einer Phase befinden, in der man noch nicht erwachsen und trotzdem kein Kind mehr ist? Oder die Erwachsenen, die diese Phase überwunden haben und nun reich an Erfahrungen versuchen, ihre Fehler der nachfolgenden Generation zu ersparen; wohl wissentlich, dass Alle ihre eigenen Fehler machen müssen?
Wahl ist immer ein Stück Identitätsfindung. Und das in allen Lebensbereichen. Sowohl im politischen Raum durch die Beteiligung an Jugendstadtrats- und Kommunalwahlen, in der Wahl des Berufwegs durch Schule, Ausbildung und/oder Studium als auch in der privaten Sphäre, z.B. durch die erste Liebe oder die Wahl von Freizeitstilen. Für keine andere Gruppe der Gesellschaft spielt demnach das Thema ‚Wahl’ eine so große Rolle, wie für die Jugendlichen. Doch welche Wahl haben sie?
Jugendliche haben die Rolle des unmündigen Kindes hinter sich, gelten aber auch noch nicht als Erwachsene. Was kennzeichnet dann eigentlich Jugend?: Charakteristisch ist zuvörderst ein wachsender Freiheitsdrang, verbunden mit dem Wunsch nach vermehrter Übernahme von persönlicher Verantwortung und Selbstständigkeit innerhalb eines Identitätsbildungsprozesses.
„Nicht Erwachsen, Nicht Mehr Kind”
- Jugendliches Leben zwischen zwei Fronten -
wer hat die Wahl? Die Jugendlichen, die sich in einer Phase befinden, in der man noch nicht erwachsen und trotzdem kein Kind mehr ist? Oder die Erwachsenen, die diese Phase überwunden haben und nun reich an Erfahrungen versuchen ihre Fehler der nachfolgenden Generation zu ersparen; wohlwissentlich, dass Alle ihre eigenen Fehler machen müssen?
Wahl ist immer ein Stück Identitätsfindung. Und das in allen Lebensbereichen. Sowohl im politischen Raum durch die Beteiligung an Jugendstadtrats- und Kommunalwahlen, in der Wahl des Berufwegs durch Schule, Ausbildung und/oder Studium als auch in der privaten Sphäre, z.B. durch die erste Liebe oder die Wahl von Freizeitstilen. Für keine andere Gruppe der Gesellschaft spielt demnach das Thema ‚Wahl’ eine so große Rolle, wie für die Jugendlichen. Doch welche Wahl haben sie?
Jugendliche haben die Rolle des unmündigen Kindes hinter sich, gelten aber auch noch nicht als Erwachsene. Was kennzeichnet dann eigentlich Jugend?: Charakteristisch ist zuvörderst ein wachsender Freiheitsdrang, verbunden mit dem Wunsch nach vermehrter Übernahme von persönlicher Verantwortung und Selbstständigkeit innerhalb eines Identitätsbildungsprozesses.
„Identitätsfindung und -bildung“
Im „ psychosozialen Moratorium “, wie der deutsch-amerikanische Psychologe Erik H. Erikson die Entwicklungsphase zwischen Kindheit und Erwachsenenidentität bezeichnete, findet die entscheidende Identitätsfindung und –bildung der Heranwachsenden statt. Die Eltern, aber auch Gleichaltrige (Peer groups), Freunde, die Schule und das (nahende) Erwerbsleben bilden die einbindenden Kulturen, die (Identitäts-)Entwicklungen fördern, aber auch hemmen können. (vgl. Abb.1)
„Wer einmal zu sich selbst gefunden hat, der kann nichts auf dieser Welt mehr verlieren.“ (Schriftsteller Stefan Zweig)
Die Jugendphase dient der Vorbereitung auf das Erwachsenenalter und beinhaltet neben der Suche nach Verhaltenssicherheit die Abnabelung von der ‚Fremdbestimmtheit’ durch die Eltern.
Jugendliche suchen nach ihrer eigenen Identität, einem persönlichen Lebensstil innerhalb einer schrittweisen Selbstfindung – all dies inmitten des Übergangs zur Erwachsenenwelt (Ebenen der Identitätsfindung nach Erikson). Dabei ist die Adoleszenz eine Zeit, in der die jungen Menschen verschiedene soziale Rollen ausprobieren, um ihre Identität zu finden. Sie blicken zurück und analysieren ihr Verhalten aus vergangener Zeit (reflexives Moment). Sie definieren ihre Zukunft und arbeiten eigene Zukunftsperspektiven aus, d.h. sie stecken sich Ziele und schmieden Pläne, wie ihr zukünftiges Leben aussehen sollte und wie sie es realisieren könnten (operatives Moment). Die jungen Leute suchen sich einen Lebensstil, der zu ihrer Persönlichkeit passt. So werden bestimmte Regeln und Normen für das eigene Wohlergehen und Leben angenommen und verinnerlicht (akzeptatives Moment). Neue Eindrücke und Meinungen werden aus ihrem Umfeld aufgenommen und mit eigenen Ansichten und Vorstellungen vom Leben verbunden (soziales Moment).
„Jugend und Erwachsene“
Diese ‚Jugend von heute’, unterteilt in zahlreiche jugendliche Subkulturen und Lebensstile – LAN-Fans, Wakeboarder, Hip-Hopper, Breakdancer, Techno-Freaks, Gothics, Rapper, Skater, Raver etc. – wählt unter vielen Identifikationsmustern und pendelt zwischen ihnen. Ihre Distanz zur Erwachsenenwelt zeigen sie nicht nur äußerlich durch individuelle Kleidungsstile, sondern auch durch eigene Normen und Verhaltenserwartungen. Die „ skeptische Generation “ (Helmut Schelsky) entwickelt autonome Systeme, die Unverständnis provozieren können und sich nahezu täglich auf neue Art und Weise mit anderen Spielarten verbinden lassen können. Dies führt oftmals zu Konflikten mit den Erwachsenen. Viele Erwachsene konzentrieren ihre Kritik auf die Jugend, weil diese sich wegen der Unausgeglichenheit ihres Verhaltens als Zielscheibe anbietet. Die Jugend wird zum ‚gesamtgesellschaftlichen Prügelknaben.’
„ Die Jugend liebt heute den Luxus. Sie hat schlechte Manieren, verachtet die Autorität, hat keinen Respekt mehr vor älteren Leuten und diskutiert, wo sie arbeiten sollte. Die Jugend steht nicht mehr auf, wenn Ältere das Zimmer betreten. Sie widerspricht den Eltern und tyrannisiert die Lehrer. “ (Philosoph Sokrates)
Es lässt sich dabei ein mangelndes Verständnis der Erwachsenen für jugendliche Bedürfnisse und Lebensweisen, eine oft fehlende Akzeptanz für jugendliche Interessen und Vorstellungen sowie ein unzureichendes Einfühlungsvermögen in jugendliche Denksphären konstatieren. Für die Jugendlichen ergibt sich auch deshalb eine Barriere und Front gegenüber den Erwachsenen und dem Erwachsenwerden. Ähnlich wie Salingers Hauptfigur Holden Caulfield in „ Der Fänger im Roggen “ erscheint das Erwachsensein dem Jugendlichen stellvertretend für unaufrichtige, unehrliche Kompromisse und die Falschheit des verlogenen Lebens. Sie erkennen selbst das Defizit an Anerkennung und Akzeptanz – dabei ist jedoch Anerkennung die wichtigste Quelle für ein positives Selbstbild von Jugendlichen, gerade in dem Selbstfindungszeitraum der Heranwachsenden.
Es ist schwer jung zu sein, es ist schwer Jugendlicher zu sein. Eingefangen zwischen zwei Fronten, die sich für den Betrachter klar getrennt gegenüber stehen. Die Kinder mit ihrer Phantasie und ihrer Unbeschwertheit auf der einen, die Erwachsenenwelt mit ihren fest gefügten Regeln und Normen auf der anderen Seite. Wo endet dann eigentlich die Heimat und fängt die Fremde an?
„Es ist schwer jung zu sein“
Das Leben, das Jugendliche Tag für Tag, Jahr für Jahr zwischen diesen Fronten leben ist schwer. Ohne Rücksicht auf Können und Wollen wird ein Spagat verlangt. „ Es ist schwer jung zu sein “, hört der Jugendliche zugleich als Entschuldigung der erwachsenen Gesellschaft, dass seine Gedanken und Ideale vielleicht revolutionär sein mögen, jedoch nicht die positiven Veränderungen in der Gesellschaft mit sich bringen. Neue Vitalität, die verkrustete Strukturen aufbricht, ist fehl am Platz; denn was ist das für eine Gesellschaft, die keinen Änderungen unterworfen ist?
Aber das ist auch die Kehrseite der Medaille, der Jugendwahn der modernen Mediengesellschaft, deren Anliegen es ist bloß nicht alt zu werden, bloß nicht altmodisch zu werden. Die Jugend ist oftmals Trendsetter. Was Töchter und Söhne tragen, regt oft Mütter und Väter an, führt sie zur Nachahmung. Es kommt zu Reaktionsbildungen bei den Erwachsenen, die für sich Stile von Jugendlichen übernehmen. Die Folge sind z.B. die vielfach genannten Mütter, die sich den Schuhschrank mit ihren Töchtern teilen, die dieselben ‚Klamotten’ tragen und dieselben Konzerte besuchen. Gerade auch kosmetisches Gepflegtsein und Sportlichkeit steht für Jugendlichkeit. „ Was bin dann noch ich? “, denkt sich der Jugendliche, der sich seiner eigenen Lebenswelt beraubt sieht, wenn die Gesellschaft ihre Zukunft wie Salingers „Fänger im Roggen“ vor den Gefahren des Erwachsenenseins beschützen will, gleichzeitig ihre Jugend nicht abgelegt hat. Erich Kästners Bemerkung, dass die meisten Menschen ihre Kindheit ablegen wie einen alten Hut und wie eine Telefonnummer vergessen, die nicht mehr gilt, scheint ihre Berechtigung verloren zu haben.
Jung und unreif sind Adjektive, die häufig gleichgesetzt werden. Die Weisheit kommt mit dem Alter, daraus folgend sind die Träume und Wünsche, die Ideen der Jugend auf einem anderen Niveau. Einem Niveau, das dem der Erwachsenenwelt schrittweise angeglichen werden muss.
„ Die Welt verändern, das wollte ich auch einmal. “ Wer hat diesen Satz nicht schon einmal gehört?
„Gesellschaftliche Herausforderungen“
Junge Menschen stehen unter einem immer größeren Druck - bei der Arbeit, der Suche nach einer beruflichen Ausbildung, der Schule, der Hochschule. Von ihnen wird immer mehr in immer kürzerer Zeit gefordert. Sie leben in einem Wirrwarr an Widersprüchen:
Einerseits sollen sie Familie gründen und Kinder in die Welt setzen, andererseits aber mobil und flexibel bleiben. Sie sollen schlecht bezahlte, befristete Einstiegsjobs annehmen, mit denen sich aber keine Familie ernähren lässt und gar keine Studienkredite zurückzuzahlen sind. Sie hangeln sich von Praktikum zu Praktikum, befinden sich in Warteschleifen und suchen mühsam einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz.
Der Druck auf die Jugendlichen ist zu groß - dadurch wird ihnen zu wenig Zeit für Familie, Freundschaft und Freizeit gelassen. Diese Perspektivlosigkeit prägt das Lebensgefühl.
Die Gesellschaft fordert von Jugendlichen Flexibilität und Stabilität, Kreativität und Disziplin, Offenheit und Beständigkeit. Hieraus eine klare Orientierung zu entwickeln in einer Zeit, in der scheinbar alles geht und in der niemand heute weiß, was morgen ist - eine große Herausforderung!
„Jugendliches Leben im Wandel der Zeit“
Jugendliches Leben zwischen Kindheit und Erwachsensein findet sich heute in einer anonymen Gesellschaft wieder, in einer unpersönlichen, durch Fremdheit geprägten Atmosphäre. War früher direkte Kommunikation, das Gespräch mit Freunden und der Familie die einzige Möglichkeit zum Dialog, bilden heute der unpersönliche E-Mail- und SMS-Verkehr, die Chat-& ICQ-Kommunikation einen modischen Kontrast, der stärker nicht sein könnte. Wer hier nicht mithalten kann, hat verloren! (digital divide) Ein voluminöser Wandel ist also zu erkennen.
Auch die Freizeit spielt für die Jugendlichen eine immer größere Rolle. In ihr kann der Jugendliche seinen Hobbys und Vorlieben ungehindert nachgehen und seine freie Entfaltung ist keinen schulischen Pflichten oder elterlichen Maßregelungen unterworfen. In der Freizeit vereinigen sich zahlreiche Faktoren, die der Jugendforscher Opaschowski (1996: 90-95) als Erholung (Rekreation), Ausgleich (Kompensation), Erziehung (Edukation), Nachdenken & In sich gehen (Kontemplation), Verständigung (Kommunikation), Beteiligung (Partizipation), Einbindung (Integration) und Sozialisation (Enkulturation) zusammenfasst. Die gesamte Freizeitbeschäftigung ist freiwillig, so dass keinerlei Leistungsdruck gegeben ist, keine Unterordnung unter Erwachsene und keine soziale Kontrolle durch die Eltern.
Herumtollen auf Straßen, Spielen in Wäldern, an Bächen und Flüssen ist immer seltener die Freizeitrealität Heranwachsender. War früher das Straßenspiel – bestehend u.a. aus dem „ Gummitwist “, „ Bäumchen wechsle Dich “ und „ Wer hat Angst vor dem schwarzen Mann “ – die zentrale Spielform im Leben der Generation der Kinder, so ist heute mobiles Telefonieren, Surfen im Internet und der gesamte Multimedia-Bereich zur Jugendkultur geworden. Doch liegen allein hierin die Gründe eines wachsenden Konfliktpotentials? Ist allein der technische Fortschritt für gesellschaftliche Probleme verantwortlich?
„Im ‚Labyrinth des Lebens’“
In der Lebensphase zwischen Kindheit und Erwachsensein, der Phase der so genannten Adoleszenz, werden die Jugendlichen mit der schwierigen Aufgabe konfrontiert, sich nach Möglichkeit eigenverantwortlich und realitätsgerecht in die Welt der Erwachsenen hineinzufinden. Doch innerhalb von Reifungs- und Lernprozessen erwartet sie einerseits ein anfänglich unabsehbares ‚ Labyrinth des Lebens ’, aus Pflichten und Ordnungen, Regeln, Normen und Gesetzen, andererseits einen auf sie einströmenden, medial vermittelten Pessimismus der Gesellschaft, welches beides Ängste und innere Unsicherheiten hervorrufen kann. An der Schwelle zum Erwachsenwerden wehren sich viele Jugendliche dagegen Mitglied dieser ‚Erwachsenen-Clique’ zu werden, die ihnen in leer gelaufenen Traditionen und hohlem Drang nach reiner Anpassung erstarrt, ja entmenschlicht zu sein scheint.
Da sich Selbstsicherheit und Selbstbewusstsein der Jugendlichen aufgrund der fortschreitenden Identitätsbildung noch nicht voll ausgeprägt und stabilisiert haben, fürchten sie sich vor herannahender Unübersichtlichkeit und Orientierungslosigkeit, in Zeiten von hoher Arbeitslosigkeit und Globalisierung (vgl. Abb.1). In der Schule werden sie mit Leistungsdruck, Schulstress und Überforderung konfrontiert und fühlen sich zu wenig auf die Arbeitswelt vorbereitet. Die Erwachsenengeneration ist zudem nicht in der Lage, den jungen Menschen hinreichende Orientierungshilfen mit auf den Weg zu geben.
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- Quote paper
- Alexander Stock (Author), 2006, Nicht erwachsen, nicht mehr Kind. Jugendliches Leben zwischen zwei Fronten, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/305352
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