Diese Arbeit soll untersuchen, was Franzosen und Briten in Südindien (genauer gesagt: im Gebiet der Koromandelküste) für Interessen verfolgt haben und wie die indische Beteiligung am Siebenjährigen Krieg einzuordnen ist. Letztlich stellt sich die Frage, ob der Dritte Karnatische Krieg tatsächlich als Teil des Siebenjährigen Krieges zu sehen ist und in dessen Kontext absichtlich geführt wurde oder ob es gegebenenfalls andere Gründe für die Kriegsführung auf dem indischen Subkontinent gab, wie etwa die Handelsinteressen der Kompanien oder sogar geplante Weltreichbestrebungen. Diese Frage wurde in der Vergangenheit durchaus kontrovers diskutiert.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung und Literaturüberblick
Vor Ausbruch des Krieges
Die Interessen der Briten und Franzosen
Südindische Kriegsschauplätze
Fazit
Quellen- und Literaturverzeichnis
Einleitung und Literaturüberblick
Über den Siebenjährigen Krieg von 1756 bis 1763 wurde in der Vergangenheit bereits viel geschrieben und viele Theorien veröffentlicht. Dennoch konnten zum Beispiel auf die Frage, ob es wirklich der erste Weltkrieg war, keine befriedigende Antwort gefunden werden. Aufgrund der Vielzahl der Kriegsschauplätze, die „von Bengalen bis Südindien, von den Philippinen über Afrika bis in die Karibik, von Nordamerika über die Balearen bis nach Schlesien, Ostpreußen und Westfalen“[1] reichten, kann man durchaus von einem globalen Konflikt sprechen.
Allerdings war das den damals Beteiligten kaum klar, was daran deutlich wird, dass er in unterschiedlichen Ländern unterschiedliche Bedeutungen und/oder Namen hatte. So nannten Deutsche und Österreicher den Siebenjährigen Krieg Dritter Schlesischer Krieg, die Schweden hingegen Pommerscher Krieg. Die Engländer betrachten ihn als die Geburtsstunde ihres Empires und in Nordamerika wird er als French and Indian War, in Indien wiederum als Third Carnatic War bezeichnet.[2]
Gegenstand dieser Arbeit soll der letztgenannte Teil des Siebenjährigen Krieges sein. Im Dritten Karnatischen Krieg konnte die East India Company den Grundstein für die britische Vorherrschaft über Indien legen und die Kolonialpläne der Franzosen in Indien nahezu beenden. Zu diesem Zweck griffen sowohl Briten wie auch Franzosen für ihre Ziele auf Einheimische zurück, wie sie es auch in beiden vorangegangenen karnatischen Kriegen getan hatten. Dabei schalteten sich beide europäischen Großmächte in Rivalitäten lokaler Machthaber als Bündnispartner ein.[3]
Die vorliegende Arbeit soll untersuchen, was Franzosen und Briten in Südindien (genauer gesagt: Im Gebiet der Koromandelküste) für Interessen verfolgt haben und wie die indische Beteiligung am Siebenjährigen Krieg einzuordnen ist. Letztlich stellt sich die Frage, ob der Dritte Karnatische Krieg tatsächlich als Teil des Siebenjährigen Krieges zu sehen ist und in dessen Kontext absichtlich geführt wurde oder ob es ggf. andere Gründe für die Kriegsführung auf dem indischen Subkontinent gab, wie etwa die Handelsinteressen der Kompanien oder sogar geplante Weltreichbestrebungen. Diese Frage wurde in der Vergangenheit durchaus kontrovers diskutiert.[4]
Leider existieren kaum neuere Darstellungen zum Siebenjährigen Krieg in Südindien[5] und ältere Darstellungen, wie Michael Mann sie aufführt, sind kaum bis nicht zu bekommen. Dies trifft in besonderem Maß auf Primärquellen jeglicher Art und Herkunft zu. Ich stütze meine Ausarbeitung daher auf den bereits genannten und einen weiteren Aufsatz[6] von Michael Mann, die Monographien von Marian Füssel[7], Dietmar Rothermund[8] und Daniel Baugh[9] sowie letztlich einen Nachdruck von Henry Dodwells Buch Clive and Dupleix.[10]
Vor Ausbruch des Krieges
Um den Verlauf des Siebenjährigen Krieges in Südindien und die jeweiligen Handlungen richtig einordnen zu können, ist es unerlässlich, die Vorgeschichte des Siebenjährigen Krieges in Indien zu erläutern.
Gegen Ende des 17. bzw. Anfang des 18. Jahrhunderts umfasste das Mogulreich mit seiner Hauptstadt in Delhi nahezu den gesamten indischen Subkontinent und Teile des heutigen Afghanistans. Durch die immense territoriale Ausdehnung unter Aurangzeb[11], war es nicht mehr möglich, „das Reich weiterhin als zentralen Verband von Provinzen mit gleichbleibender Intensität zu regieren.“[12] Dies liegt auch daran, dass es in dem immer größer werdenden Staat immer schwieriger geworden ist, Steuern einzutreiben und in die Hauptstadt Delhi zu bringen, womit wiederum die militärischen Möglichkeiten des Mogulreiches beschränkt wurden.[13] Hinzu kamen Parteikämpfe am Mogul-Hof, die die zentrale politische Macht infrage stellten. Als Folge strebten einzelne Regionen des Mogulreiches nach mehr Autonomie, die mit dem Aufstieg der Gouverneure etwa von Bengalen und Haiderabad in den 1720er Jahren zu semi-autonomen Herrschern auch gewährt wurde. Dies sollte allerdings nicht als Untergang des Mogulreiches missverstanden werden, sondern vielmehr als Transformationsprozess zu einem System geteilter Souveränität interpretiert werden, da auch keiner der neuen Machthaber formal seine Unabhängigkeit vom Mogul erklärte.[14]
In Bengalen trug die Konsolidierung der höchsten Verwaltungsämter der diwani[15] und der nawabi[16] in Personalunion mit dem Gouverneursamt (subadar) zur Territorialisierung bei und versetzte den nawab, wie sich der Gouverneur ab den 1720er Jahren zunehmend selbst bezeichnete, in die Lage, den Steuereinzug zu zentralisieren und die staatlichen Einkünfte binnen vier Jahrzehnten fast zu verdoppeln.[17] Ähnliche Entwicklungen gab es auch in Awadh, Haiderabad und dem südindischen Karnatak, jeweils verbunden mit dem Bestreben der jeweiligen Gouverneure, eigene dynastische Herrschaftsgrundlagen aufzubauen. Dies führte ab der Mitte des 18. Jahrhunderts allerdings auch mit zunehmenden Maße zu Erbfolgekriegen in den einzelnen Provinzen.[18]
Die Interessen der Briten und Franzosen
Nachdem unter anderem in Karnatak mit Zollerleichterungen und anderen staatlichen Subventionen Anreize geschaffen wurden, ließen sich vor allem europäische Händler in den Hafenstädten entlang der Küste nieder, was bis in die 1740er Jahre einen gewissen Aufschwung besonders im Textilgeschäft mit sich brachte. Da die südindischen Monarchen die wirtschaftliche Basis ihrer Herrschaft durch Investitionen in die landwirtschaftliche Infrastruktur stärkten, entstand eine wirtschaftlich prosperierende Situation, die die europäischen Ostindiengesellschaften dazu veranlasste, „von den lokalen Herrschern Privilegien zur Errichtung von Festungen nahe oder Faktoreien in den Hafenstädten des Karnatak zu kaufen.“[19] Die aufkommenden Erbfolgekriege in Südindien boten der englischen East India Company[20] und der französischen Compagne des Indes[21] die Möglichkeit, ihre jeweiligen Offiziere und Truppen an die lokalen Machthaber zu vermieten und so die eigenen Kosten zu senken.[22] Aus indischer Perspektive suchten die lokalen Machthaber europäische Allianzpartner, um ihre dynastischen Ziele verfolgen zu können. Dies bot den beiden europäischen Handelsgesellschaften andererseits die Gelegenheit, mit lokalen politischen Bündnispartnern den eigenen wirtschaftlichen Einfluss auszudehnen und wenn möglich die europäische Konkurrenz sogar auszuschalten. Als Optimum dieser Strategie wurde eine eigene territorial basierte Steuerverwaltung als eigene unabhängige Einnahmequelle angesehen.[23]
[...]
[1] M. Füssel, Der Siebenjährige Krieg. Ein Weltkrieg im 18. Jahrhundert (2. Aufl.), München 2012,
S. 7.
[2] Vgl. Ebd.
[3] Vgl. M. Füssel, Siebenjähriger Krieg, S. 68
[4] Vgl. M. Füssel, Siebenjähriger Krieg, S. 75
[5] Michael Mann, Der ungeliebte Krieg: Compagnie des Indes und East India Company als Kombattanten in einem globalen Konflikt, 1742-1763, In: Sven Externbrink (Hrg.), Der Siebenjährige Krieg 1756-1763. Ein europäischer Weltkrieg im Zeitalter der Aufklärung, München 2010, S. 99-102. Hier: S. 102, Fußnote 9.
[6] Michael Mann, Ein langes 18. Jahrhundert. Südasien, In: Bernd Hausberger & Jean-Paul Lehners (Hrg.), Die Welt im 18. Jahrhundert, Wien 2011, S. 274-301
[7] M. Füssel, Siebenjähriger Krieg (wie Fußnote 1)
[8] D. Rothermund, Geschichte Indiens. Vom Mittelalter bis zur Gegenwart, München 2002
[9] D. Baugh, The global Seven Years War 1754-1763, Harlow 2011
[10] H. Dodwell, Dupleix and Clive. The Beginning of Empire, London 2012
[11] Regierte von 1658 bis 1707
[12] M. Mann, Südasien, S. 277
[13] Vgl. D. Rothermund, Geschichte Indiens, S. 44
[14] Vgl. M. Mann, Südasien, S. 274-278
[15] Steuer und Zivilgerichtsbarkeit
[16] Kriminalgerichtsbarkeit
[17] Vgl. M. Mann, Südasien, S. 278
[18] Vgl. M. Mann, Der ungeliebte Krieg, S. 101
[19] M. Mann, Der ungeliebte Krieg, S. 101
[20] Nachfolgend mit EIC abgekürzt
[21] Nachfolgend mit CdI abgekürzt
[22] Vgl. M. Mann, Der ungeliebte Krieg, S. 101f.
[23] Vgl. M. Mann, Der ungeliebte Krieg, S. 103
- Quote paper
- Marcus Kasten (Author), 2015, Der Siebenjährige Krieg in Südindien. Interessenlagen und Ziele von Briten und Franzosen und indische Beteiligung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/304529
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