Das Krankheitsspektrum der Hauptursachen für Morbidität und Mortalität hat sich bis zu den ersten Jahrzehnten des letzten Jahrhunderts deutlich gewandelt: Die Infektionskrankheiten wurden als führende Ursachen für Krankheit und Sterblichkeit abgelöst durch chronisch degenerative Erkrankungen. Diese einschneidenden Veränderungen wurden zum einen durch den sozialen und medizinischen Fortschritt in den heutigen Industrienationen und zum anderen durch die demographische Entwicklung mit zunehmend steigender Lebenserwartung verursacht und begünstigt. An der grundsätzlich positiven Entwicklung eines zunehmenden Gesundheitszustandes der Bevölkerung nehmen jedoch nicht alle Bevölkerungsgruppen gleichermaßen teil. In Bevölkerungsgruppen mit einem niedrigen Sozialstatus vollzieht sich dieser Trend deutlich langsamer als in solchen mit einem hohen sozialen Status (Graham und Kelly 2004). Es findet sich eine von sozioökonomischen Faktoren abhängige Ungleichverteilung von Gesundheit und Krankheit (Marmot 1996).
In dieser Arbeit wird der Zusammenhang zwischen sozialer Lage und Gesundheit verdeutlicht und gezeigt, dass verschiedene soziale Determinanten von Gesundheit unmittelbar die Inzidenz, Morbidität und Mortalität chronischer Erkrankungen wie KHK maßgeblich beeinflussen können. Dabei führt soziale Ungleichheit zu gesundheitlicher Ungleichheit: Ein niedriger sozioökonomischer Status ist über komplexe Wechselwirkungen mit geringeren Gesundheitschancen und mit höheren Gesundheitsrisiken verbunden als ein hoher Sozialstatus.
Es werden verschiedene Ansätze wie individuelle Verhaltens- und Lebensweisen sowie materielle und psychosoziale Faktoren zur Erklärung der Genese der gesundheitlichen Ungleichheit beschrieben. Nachteilige materielle Gegebenheiten sind mit entsprechend ungünstigen soziostrukturellen Faktoren assoziiert, die allein durch Verhaltensänderungen nicht erfolgreich adressiert werden können. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob bei der Gesundheitsförderung und Prävention nicht dem Aspekt der Verhältnisprävention gegenüber der Verhaltensprävention mehr Beachtung geschenkt werden müsste. Diesbezügliche Fragestellungen und auch die Frage nach der relativen Bedeutung der unterschiedlichen sozialen Determinanten hinsichtlich der gesundheitlichen Ungleichheit bei chronischen Erkrankungen wie KHK könnten Gegenstand zukünftiger Forschung sein.
Gliederung
1 Einleitung
1.1 koronare Herzkrankheit (KHK)
1.2 Ungleiche Morbidität und Mortalität bei KHK
2 Beschreibung der gesundheitlichen Ungleichheit und Determinanten der Gesundheit
2.1 Biologische Determinanten
2.2 Soziale Determinanten
2.2.1 Soziale und gesundheitliche Ungleichheit in der Gesellschaft
2.2.2 Arbeitsbedingungen
2.2.3 Umwelt- und Lebensbedingungen
2.2.4 Verhaltens- und Lebensweisen
2.2.5 Psychosoziale Faktoren
3 Erklärungsansätze
3.1 Lebens- und Verhaltensweisen
3.2 Folgen materieller Benachteiligung
3.3 Kulturelle Erklärungen
3.4 Lebenslaufperspektive
3.5 Zugang zu Gesundheitsversorgung
3.6 Selektionsprozesse (Drifttheorie)
3.7 Pathophysiologischer Erklärungsansatz
4 Mögliche Maßnahmen zur Reduzierung gesundheitlicher Ungleichheit
4.1 Gesundheitsfördernde Gesamtpolitik
4.2 Stärkung gesundheitsbezogener Gemeinschaftsaktionen
4.3 Stärkung individueller Kompetenzen
4.4 Verbesserung des Zugangs zu Gesundheitsangeboten und Gesundheitsdiensten
5 Fazit
6 Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Das Krankheitsspektrum der Hauptursachen für Morbidität und Mortalität hat sich bis zu den ersten Jahrzehnten des letzten Jahrhunderts deutlich gewandelt: Die Infektionskrankheiten wurden als führende Ursachen für Krankheit und Sterblichkeit abgelöst durch chronisch degenerative Erkrankungen. Diese einschneidenden Veränderungen wurden zum einen durch den sozialen und medizinischen Fortschritt in den heutigen Industrienationen und zum anderen durch die demographische Entwicklung mit zunehmend steigender Lebenserwartung verursacht und begünstigt.
An der grundsätzlich positiven Entwicklung eines zunehmenden Gesundheitszustandes der Bevölkerung nehmen jedoch nicht alle Bevölkerungsgruppen gleichermaßen teil. In Bevölkerungsgruppen mit einem niedrigen Sozialstatus vollzieht sich dieser Trend deutlich langsamer als in solchen mit einem hohen sozialen Status (Graham und Kelly 2004). Es findet sich eine von sozioökonomischen Faktoren abhängige Ungleichverteilung von Gesundheit und Krankheit (Marmot 1996).
Zahlreiche epidemiologische Studien belegen eine allgemeine Zunahme der Mortalität bei einem sinkenden sozioökonomischen Status. Klosterhuis und Müller-Fahrnow fanden 1994, dass Personen mit einem niedrigen Einkommen wesentlich häufiger frühzeitig versterben als Personen mit einem höheren Einkommen. Die allgemeinen Erkenntnisse über die sozial bedingte Ungleichheit von Gesundheitschancen (Babitsch 2005; Marmot und Feeney 1997; Marmot 1999; Mielck 2000; Rosenbrock 2004) können nahtlos auf die krankheitsbezogene gesundheitliche Ungleichheit bei der koronaren Herzkrankheit (KHK) übertragen werden. Die Ungleichheit der Gesundheitschancen (gesundheitliche Ungleichheit/health inequality) als Folge der sozial bedingten Chancenunterschiede soll im Folgenden am Beispiel der KHK verdeutlicht werden.
1.1 koronare Herzkrankheit (KHK)
Unter den chronischen Erkrankungen ist die koronare Herzkrankheit (KHK) aus epidemiologischer Sicht eine der bedeutendsten Erkrankungen unserer Zeit. Sie ist die Manifestation einer Arteriosklerose an den Herzkranzarterien mit Verengung(en) der Herzkranzgefäße und einer Mangeldurchblutung des Herzens ggf. mit Brustschmerzen (Angina pectoris) und Herzinfarkt. Die KHK ist die häufigste Todesursache in Deutschland und war 2007 für fast 23,0 % aller Todesfälle verantwortlich (Statistisches Bundesamt 2007). Ätiologische Ursachen bei der Pathogenese und Morbidität von KHK stellen kardiovaskuläre Risikofaktoren wie unter anderem Nikotinkonsum, Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus), Bluthochdruck, Bewegungsmangel und Adipositas dar.
1.2 Ungleiche Morbidität und Mortalität bei KHK
Die Erkenntnisse aus zahlreichen epidemiologischen Studien zeigen, dass ein niedriger sozioökonomischer Status mit einer höheren Inzidenz von KHK und mit einer bis zu dreifach erhöhten Mortalität von KHK verbunden ist (Marmot et al. 1978, 1991: Whitehall I- und II-Studie; Steptoe et al. 2007). Eine Studie mit Daten von über 132.000 Versicherten der AOK von 1987 bis 1996 ergab für Personen mit einem niedrigen Sozialstatus eine nahezu um den Faktor vier erhöhte Herzinfarktinzidenz im Vergleich zu Personen mit einem hohen sozioökonomischen Status (Geyer und Peter 1999).
Die Deutsche Herz-Kreislauf-Präventionsstudie (Forschungsverbund DHP 1998) ergab über alle Altersgruppen eine erhöhte Herzinfarktinzidenz für Angehörige der unteren im Vergleich zur oberen sozialen Schicht (Helmert 2003) und wies den Zusammenhang zwischen der Mortalität und Sozialstatus nach: Nach der Auswertung der Sterbefälle im Zeitraum 1984/1986 bis 1998 war die Sterblichkeit der KHK umso höher, je niedriger der soziookönomische Status war.
2 Beschreibung der gesundheitlichen Ungleichheit und Determinanten der Gesundheit
Das Konzept der Determinanten von Gesundheit (Marmot 2005; Naidoo und Wills 2003; Wilkinson und Marmot 2003) veranschaulicht die Interaktionen der folgenden Determinanten und ihren Einfluss auf die Gesundheit: Biologische Determinanten wie z. B. Alter und Geschlecht und soziale Determinanten wie gesellschaftliche Faktoren und sozialer Gradient, Arbeits- und Lebensbedingungen, Zugang zu Gesundheitseinrichtungen, soziale Netzwerke und soziales Kapital sowie Lebensweisen und psychische Faktoren. Soziale Ungleichheit, die zum einen bedingt ist durch die unterschiedliche Ausprägung dieser Determinanten und zum anderen durch ihr gegenseitiges Bedingen und komplexes Zusammenwirken untereinander, führt letztlich zu ungleichen Gesundheitschancen mit gesundheitlicher Ungleichheit unter den verschiedenen Sozialschichten. Im Folgenden werden die beschrieben.
2.1 Biologische Determinanten
Die genannten Risikofaktoren für KHK werden unmittelbar durch biologische Determinanten der Gesundheit beeinflusst. So hängen Ausprägung und Krankheitsverlauf der KHK von Erkrankungen wie z. B. Diabetes mellitus, pathologischer Cholesterinstoffwechsel oder Bluthochdruck ab, die ihrerseits durch Alter, Geschlecht und genetische Prädisposition mit bedingt sein können. Der Funktionszustand des Bewegungsapparates kann eine körperliche Inaktivität bedingen und zu einer Ursache für Fettleibigkeit werden. Die genannten biologischen Determinanten liegen in der Regel jenseits der Beeinflussbarkeit durch Individuen und bieten kaum Ansatzpunkt für Prävention und andere Interventionen. Rein bio-medizinische Interventionen haben nur einen relativ geringen Einfluss auf Mortalitätsraten (McKeown und Lowe 1974). Daraus lässt sich ableiten, dass Gesundheit und Krankheit nicht nur durch biologische Determinanten bestimmt werden.
2.2 Soziale Determinanten
Die sozialen Determinanten bieten im Vergleich zu den biologischen Determinanten einen Ansatzpunkt für Gesundheitsförderung und Prävention. Nach der Ottawa-Charta der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zur Gesundheitsförderung (Health Promotion) von 1986 zielt Gesundheitsförderung auf einen Prozess, „allen Menschen ein höheres Maß an Selbstbestimmung zu ermöglichen und sie damit zur Stärkung ihrer Gesundheit zu befähigen“. Dies umschreibt den heute oft benutzten Begriff des Empowerments, das zu einer effektiven und nachhaltigen Gesundheitsförderung und Prävention ein wesentlicher Bestandteil ist. Unter Prävention werden gezielte Interventionsmaßnahmen zur Verhinderung oder Verzögerung des Auftretens von Krankheit und gesundheitsgefährdenden Zuständen verstanden. Dabei werden je nach Zeitpunkt der Intervention Primär-, Sekundär- und Tertiärprävention unterschieden. Während Prävention in erster Linie auf die Reduzierung gesundheitlicher Risikofaktoren abzielt, verfolgt Gesundheitsförderung mehr einen ressourcenorientierten Ansatz.
Es gibt zahlreiche Belege über einen Zusammenhang zwischen der Morbidität und Mortalität chronischer Erkrankungen wie KHK und verschiedenen sozialen Determinanten von Gesundheit, die die Pathogenese und den Krankheitsverlauf der KHK mittelbar determinieren. Zu diesen Determinanten gehören wie bereits erwähnt soziale Ungleichheit bzw. sozialer Gradient, Arbeits- und Lebensbedingungen, Verhaltens- und Lebensweisen, psychische und soziale Faktoren (Naidoo und Wills 2003). Im Folgenden werden diese Determinanten im Hinblick auf ihre Bedeutung für chronische Erkrankungen wie KHK beschrieben.
2.2.1 Soziale und gesundheitliche Ungleichheit in der Gesellschaft
Der soziale Status, der die soziale Stellung eines Menschen in der Sozialstruktur einer Gesellschaft beschreibt, hat maßgeblichen Einfluss auf seine Gesundheit (Mielck 2000; Mackenbach 2006). Soziale Ungleichheit, die die Disparität bezüglich bestimmter Merkmale zwischen unterschiedlichen Personen bezeichnet, wird in der Regel durch den erworbenen Status im Sinne einer vertikalen Ungleichheit beschrieben. Dabei steht das leistungszentrierte Statusmodell sozialer Ungleichheit hinsichtlich Berufsstatus, Bildung und Einkommen eines Menschen im Mittelpunkt. Die schichtabhängige Ungleichheit bezüglich dieser sogenannten meritokratischen Triade geht mit einer gesundheitlichen Ungleichheit einher, die sich in einer unterschiedlichen Inzidenz und Prävalenz gesundheitlicher Beeinträchtigungen zwischen höheren und niedrigeren Sozialschichten ausdrückt. Neben der beschriebenen vertikalen erworbenen Ungleichheit gibt es zugeschriebene Merkmale wie z. B. Geschlecht, Alter, Herkunft, Ethnie und Migrationshintergrund, die die sogenannte horizontale soziale Ungleichheit determinieren und die sozioökonomisch bedingte gesundheitliche Ungleichheit mit beeinflussen.
2.2.2 Arbeitsbedingungen
Die Erwerbsarbeit ist ein in vielerlei Hinsicht wichtiger Einflussfaktor auf die Gesundheit. Sie bestimmt die Höhe des Einkommens, die maßgeblich die Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Schicht definiert, welche wiederum in komplexer Weise die ungleichen Gesundheitschancen bedingen können. Diese führen wiederum zu einer unterschiedlichen Inzidenz, Krankheitsverläufen und Sterblichkeitsraten von chronischen Erkrankungen wie KHK. Die Art der Erwerbsarbeit, die Höhe des Einkommens und die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Sozialschicht beeinflussen nach der Habitustheorie von Pierre Bordieu psychische Faktoren wie Selbstwertgefühl und Selbstbewusstsein. Die Art der Erwerbsarbeit kann neben psychischen Auswirkungen auch unmittelbaren Effekt auf die physische Gesundheit haben wie etwa bei Lärmbelästigung oder gesundheitsgefährdenden Stoffen am Arbeitsplatz. Hohe Arbeitsanforderungen und ein geringer Grad der Selbständigkeit der Arbeitsprozesse resultieren in einem hohen psychophysischen Stress, der die Morbidität und Mortalität chronischer Erkrankungen wie KHK erhöht.
Ein wichtiger Aspekt in diesem Kontextist ist die hohe psychosoziale Belastung und Stress bei Arbeitslosigkeit, die einen nachhaltig negativen Effekt auf chronische Erkrankungen wie KHK haben. So erhöht eine Arbeitslosigkeit nach einer neueren prospektiven Beobachtungsstudie bei Menschen über 50 das Herzinfarktrisiko im gleichen Maße wie Rauchen, Diabetes mellitus oder Bluthochdruck (Dupre et al. 2012), wobei unklar ist, ob die Arbeitslosigkeit per se oder die damit einhergehende Armut mit sozialem Abstieg dafür verantwortlich ist. Diese Erkenntnisse zeigen, dass soziale Faktoren im Zusammenhang mit der beruflichen Situation in einem hohen Maße untrennbar mit Gesundheit und Krankheit verbunden sind.
2.2.3 Umwelt- und Lebensbedingungen
Eine sozial geprägte politische Kultur, eine ausgewogene Ausgestaltung der sozialen Sicherungssysteme mit hoher Qualität der Gesundheitsversorgung und einem chancengleichen Zugang zur Gesundheitsversorgung sind im Allgemeinen entscheidend für eine möglichst geringe Morbiditätslast und Wohlfahrt einer Gesellschaft. So sind größere Einkommensunterschiede einer Gesellschaft mit einem schlechteren Gesundheitszustand der Menschen und einer höheren Morbidität und Mortalität assoziiert, d. h. nicht die Länder mit dem höchsten Durchschnittseinkommen haben den besten Gesundheitszustand der Menschen, sondern in der Regel die Gesellschaften mit dem höchsten Grad an sozialer Gerechtigkeit und Chancengleichheit (Wilkinson 1996; Wilkinson und Pickett 2006). Dies unterstreicht aus Public-Health-Sicht die Wichtigkeit der politischen und soziokulturellen Rahmenbedingungen für die Gesunderhaltung und das Wohl einer Bevölkerung.
Über die genannten Rahmenbedingungen auf der Makroebene hinaus sind die persönlichen Umweltbedingungen auf der Mikroebene wichtige Determinanten der Gesundheit. Menschen mit einem niedrigen sozialen Status gehen regelhaft einer belastenden Arbeit nach und haben in der Regel ungünstige Wohnverhältnisse mit engem Wohnraum in eher weniger bevorzugten Wohnlagen. Erfahrungsgemäß sind sie dadurch einer höheren Umweltbelastung wie z. B. Lärm und Luftverschmutzung ausgesetzt als in bevorzugten Wohngebieten. So gibt es Hinweise auf ein erhöhtes KHK-Risiko durch chronische Lärmbelastung (Gonsch 2008).
2.2.4 Verhaltens- und Lebensweisen
Die Verhaltens- und Lebensweisen von Menschen stehen in enger Beziehung zu den sozialen Faktoren und den Lebens- und Arbeitsbedingungen, die auf den sozioökonomischen Status zurückzuführen sind. Armut und finanzielle Not können nicht nur mit schlechtem Wohnverhältnissen verbunden sein, sondern verursachen dauerhaften Stress und mangelnden sozialen Rückhalt. Diese Faktoren führen oft zu gesundheitsschädigenden Verhaltens- und Lebensweisen, die zur Bewältigung und Erduldung der Probleme und Benachteiligungen dienen sollen. Dazu gehören z. B. ein übermäßiger Alkohol- und Tabakkonsum, falsche und übermäßige Ernährung und Mangel an körperlicher Aktivität. Die Faktoren führen in einem unterschiedlichen Maße zu einem metabolischen Syndrom mit Fettleibigkeit, prädiabetischen Zuständen und Bluthochdruck, das nachweislich das Krankheits- und Mortalitätsrisiko für KHK und andere chronische Erkrankungen erhöht.
Erschwerend kann bei falschen Sozialbeziehungen Drogenkonsum und -abhängigkeit hinzutreten, die zu Dauerarbeitslosigkeit, zur sozialen Ausgrenzung und zu weiterem sozialen Abstieg bis hin zu Obdachlosigkeit mit all ihren negativen Folgen für die Gesundheit führen können.
Ein niedriges Einkommen vermindert die Teilhabe- und Verwirklichungschancen sowie Entscheidungsmöglichkeiten der Menschen zu einer gesunden Verhaltens- und Lebensweise. So sind qualitativ gute Lebensmittel in der Regel teurer als ungesunde Lebensmittel mit hohem Fett- und Zuckergehalt, die erfahrungsgemäß auch übermäßig verzehrt werden. Unter Umständen fehlen auch finanzielle und andere Ressourcen wie Zeit (oft belastende Tätigkeit, mehrere Kinder und Haushalt), um an medizinischen Vorsorgenmaßnahmen teilzunehmen, sich einer Sport- oder Bewegungsgruppe anzuschließen und/oder gesundheitsfördernde Verhaltenstechniken zur Stressreduktion und -bewältigung zu erlernen.
2.2.5 Psychosoziale Faktoren
Psychische Faktoren wie z. B. Stress, Depression und Angst können das Risiko für KHK und ggf. ihren ungünstigen Verlauf fördern (Steptoe und Marmot 2004). Gegebene und erlernbare Bewältigungsstrategien (Coping) können eine Person befähigen, mit ungünstigen psychischen Faktoren umzugehen, so dass vielfältige negative Effekte, die mit ihnen verbunden sind, vermindert bzw. vermieden werden können. Dabei spielen bestimmte psychische und Lebenseinstellungen eine wichtige Rolle. In diesem Zusammenhang fördert die Existenz des sogenannten Kohärenzgefühls das Vermögen einer Person zu einem erfolgreichen Coping und zu einer dauerhaften Gesunderhaltung ungeachtet des Vorliegens ungünstiger psycho-emotionaler Umstände (Antonovsky 1979, 1987, 1993a).
Psychische Faktoren können in der Regel nicht unabhängig von sozialen Faktoren betrachtet werden. Die Integration und Einbindung eines Menschen in die Gesellschaft und in soziale Netzwerke wie z. B. Familie, Nachbarschaft, Freunde, Kollegen, Bürgerinitiativen Selbsthilfegruppen mit Unterstützung und sozialem Rückhalt sind unabdingbare Voraussetzungen für psychische und physische Gesundheit. Soziale Ausgrenzung und Isolation können dagegen früher oder später zu schwerwiegenden chronischen Erkrankungen wie KHK mit erhöhter Morbidität und Sterblichkeit führen, die die sozioökonomische Lebenssituation weiter verschlechtern (Armut, Sozialhilfe nach SGB XII) und in einem Circulus vitiosus wiederum die soziale Ausgrenzung verstärken. Ärmere Menschen sterben früher und sind öfter krank als reiche Menschen (Wilkinson und Marmot 2003).
- Quote paper
- Dr. Jae Hyong Sorgenfrei (Author), 2013, Soziale Ungleichheit = gesundheitliche Ungleichheit? Der sozioökonomische Status als Faktor der koronaren Herzkrankheit (KHK), Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/303958
-
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X.