Die Novelle “Das Portrait” des russischen Schriftstellers Nikolaj Gogol, erstmals im Jahre 1835 erschienen, stellt die Figur des Künstlers und sein künstlerisches Werk in den Mittelpunkt der Betrachtung. Hierbei stellt der Gedanke des Religiösen eines der wichtigsten Leitideen des Werkes dar, was nicht zu letzt dazu führt, dass sowohl der Kunst als auch dem Künstler eine Aura des Religiösen anhaftet. Von diesem Aspekt des Werkes ausgehend, ist eine polarisierende Teilung der Kunst, in eine “wahre” und eine “falsche” Kunst unerlässlich. Die “wahre”, talentreiche Kunst wird dabei als von gottgegebenen Charakterzug verstanden, während die “falsche” Kunst, als Kunst ohne Leidenschaft aufzufassen ist, die nur persönlichen Vorzügen zu dienen hat.
Die Novelle “Das Portrait” des russischen Schriftstellers Nikolaj Gogol`, erstmals im Jahre 1835 erschienen, stellt die Figur des Künstlers und sein künstlerisches Werk in den Mittelpunkt der Betrachtung. Hierbei stellt der Gedanke des Religiösen eines der wichtigsten Leitideen des Werkes dar,1 was nicht zu letzt dazu führt, dass sowohl der Kunst als auch dem Künstler eine Aura des Religiösen anhaftet. Von diesem Aspekt des Werkes ausgehend, ist eine polarisierende Teilung der Kunst, in eine “wahre” und eine “falsche” Kunst unerlässlich. Die “wahre”, talentreiche Kunst wird dabei als von gottgegebenen Charakterzug verstanden, während die “falsche” Kunst, als Kunst ohne Leidenschaft aufzufassen ist, die nur persönlichen Vorzügen zu dienen hat.
Einer der Vertreter der “wahren” Kunst ist der Schöpfer des Portraits, der seinem Talent folgend, das Portrait des Wucherers, der zu seiner Lebzeit ein böser Mensch war, so lebendig wie möglich gestaltet. Das Kunstwerk des Malers wird jedoch vom Wucherer dafür missbraucht, sein böses Werk über seinen Tod hinaus weiter zu führen. Auf diese Weise wird das Portrait allen seiner Besitzern zum Verhängnis. Das Gemälde vermag seinen Besitzer zu korrumpieren und bringt das Schlechte in Menschen hervor, indem es ihre Ideale zu verteufeln sucht. Auch der Maler des Werkes erliegt der Versuchung des Portraits und verliert sein “wahres” Talent als Künstler. Er verspürt Neid und Missgunst gegenüber seinem Schüler und vermag zunächst nicht mehr eine Ikone oder dergleichen zu malen. Der Gegenstand des Portraits kann somit als eine “Antiikone” aufgefasst werden, die in Menschen das Schlechte zum Vorschein bringt und die Merkmale einer Ikone ins Gegensätzliche kehrt. So verfällt der junge Künstler ýartkov2 ebenfalls dem Portrait, als er dieses für ein paar Münzen erwirbt.
Die Lebendigkeit der Augen zieht ihn gleichzeitig an und versetzt ihn in Furcht. In einem seiner Träume wird das Portrait sogar lebendig und steigt aus seinem Rahmen aus. Am kommenden Tag findet ýartkov im Rahmen des Portraits Goldstücke versteckt und wird auf diese Weise in Versuchung gebracht ein Leben in Wohlstand zu führen und von der Gesellschaft anerkannt zu werden. Somit erlangt ýartkov alsbald einen Ruhm als Modemaler, der sich selbst durch ein Zeitungsartikel vermarktet, wovon ihn sein ehemaliger Lehrer eigentlich eindringlich gewarnt hat.
Sein Talent als “wahrer” Künstler gibt er auf diese Weise auf. ýartkov widmet sich der seelen- und leidenschaftslosen Malerei zu und verlernt im Laufe der Zeit das richtige Malen. Seine Zeichnungen gleichen sich zusehends und ihnen fällt es an Lebendigkeit. Als er dies erkennt, verfällt er dem Wahn und kauft Bilder anderer Künstler, um diese schließlich eigenhändig zu zerstören. Als Modemaler, als “falscher” Künstler also, ist er nicht mehr in der Lage ein Kunstwerk zu erschaffen, sondern vernichtet die “wahre” Kunst anderer Maler.
Das Portrait das ein mal von einem “wahren” Künstler erschaffen wurde, zerstört nun solche Künstler, wie ýartkov , indem es diese moralisch zersetzt. Diese dämonische Eigenschaft des Portraits korrespondiert mit der Aura des Unheimlichen und des Wundersamen, die die Ereignisse um das Gemälde zu umfassen scheint. So zeugt das plötzliches Verschwinden des Portraits zum Schluss der Novelle oder dessen Rettung vor dem Feuer, als der Portraitmaler sein Gemälde eigenhändig zerstören will, von teuflischen Eigenschaften des Portraits.
Die “Antiikone”, das Portrait, ist auch durch seine Darstellung in der Novelle ein durch und durch unheiliges Objekt. Dies wird sowohl durch den Aspekt der Käuflichkeit des Gemäldes3 signalisiert als auch durch die Materialisation des Teuflischen auf der physischen Ebene des Portraits, dessen Augen vor Lebendigkeit und Bösartigkeit sprühen. Die böse dreinblickenden Augen des abgebildeten Wucherers scheinen dabei die Grenze zwischen malerisch abgebildeten Realität und der Wirklichkeit zu überschreiten und offenbaren die unheilige Tatkraft des Gemäldes. Das Gemälde erwidert den Blick des Betrachters und kann auf diese Weise nicht mehr nur als Objekt betrachtet werden. Mehr noch: durch die Tatsache des Zurückblickens des Portraits, wird der abgebildete Wucherer selbst zum Subjekt und starrt sein Gegenüber durchdringend an, was das harmonische Innenleben des Gemäldes buchstäblich zerstört.
Nichtsdestotrotz vermag das Portrait buchstäblich die Lebensenergie seines Besitzers für sich in Anspruch zu nehmen und übt auf diese Weise eine unheilige Macht auf den jeweiligen Menschen aus, der vom bösen Geist des Wucherers förmlich in Besitz genommen wird. Darüber hinaus ist es die Gesamterscheinung des Portraitierten, die den Betrachtern Furch einflößt. So wird der Wucherer von Betrachter als eine hochgewachsene Gestalt wahrgenommen,4 die durch glühende, bronzene Gesichtsfarbe5 und unverhältnismäßig dichten Brauen besonders auffällig zu sein scheint. Außerdem kommt stets das asiatisch anmutende Kostüm des Wucherers zur Sprache, der das südländische (bzw. fremdländische) Erscheinungsbild6 des Abgebildeten zu verstärken weiß. Auf diese Weise findet in Gogol`s Novelle eine Umsetzung der oppositionellen Gegenüberstellung vom Eigenen und Fremden statt, wobei das Fremde mit dem Teuflischen gegebenenfalls Unbekanntem gleichzusetzen ist.
In einer Gesamtbetrachtung des Aspekts der religiösen Motivik in Nikolaj Gogol`s Werk “Das Portrait” lässt sich zwischen dem Glauben und der Kunst eine Verbindung feststellen, die die Kunst auf einer sakralen Ebene zu Malvorgang der “Antiikone” trägt Zeichen von Besessenheit und der Künstler Georgij verspürt in seinem Innern ein seltsames Widerwillen und eine unerklärliche Gedrücktheit, die ihn beim Malen hindert. verorten scheint. Dabei soll der Kunstakt einem göttlichen Schöpfungsakt nahe kommen und den Künstler als Schöpfer in Erscheinung treten lassen.
Die Unterscheidung zwischen einer “wahren” und einer “falschen” Kunst lässt sich auf das vom Autor vermittelte Verständnis von der Kunst als eine Form der Glaubensbekenntnis bzw. Glaubensausübung zurückführen. Auf diese Weise lässt sich auch die wundersame “Widerauferstehung” des Portraitmalers als “wahrer” Künstler erklären. Durch das Portrait korrumpiert und durch die Selbsterkenntnis ein schlechter Mensch geworden zu sein, verlässt dieser nämlich das weltliche Leben und geht in ein Kloster. Hier lebt er gottesfürchtig jahrelang, bis er sich schließlich als Künstler wieder findet und in der Lage ist eine Ikone zu malen. Durch einen Akt der Askese, was für die meisten Ikonenmaler charakteristisch war, gelingt es ihm sich als Vertreter der “wahren” Kunst neu zu etablieren.
Literaturverzeichnis:
- Florenskij, Pavel. Ikonostase. Urbild und Grenzerlebnis im revolution ä ren Russland. Stuttgart 1990.
- Koschmal, Walter. Gogol`s Portret als Legende von der Teufelsikone. In: Wiener Slawischer Almanach (14). Wien 1984. S. 207-218.
- Schreier, Hildegund. Gogol`s religiöses Weltbild und sein literarisches Werk. Zur Antagonie zwischen Kunst und Tendenz. München 1977. S. 111-113.
- Stempf, Eliot. Gogol`s “ The Portrait ” and Russian Orthodox Iconography. www.sras.org/gogol_portrait_russian_orthodox_iconography.Gesehen am: 21.11.2011.
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1 Nikolaj Gogol` war zu seiner Lebzeit sehr religiös, was die Thematik seiner Werke stark beeinflusst hat. In Anbetracht dessen lässt sich auch Gogol`s Hang zum Mystischen erklären, das häufig in Gestalt des Teufels (hier: der Wucherer) auf der Sujetebene in Erscheinung tritt.
2 Der Künstler ýartkov trägt in einer der vorhergehenden Versionen der Novelle den Namen “Certkov”, was im Russischen soviel wie “Verteufelter” heißt. Der Künstler wird somit von vorne aus verteufelt und direkt als “falscher” Künstler entlarvt.
3 Eine Ikone kann nicht gekauft bzw. verkauft werden, was an dieser Stelle die Annahme das Portrait sei eine “Antiikone” bestätigt. Darüber hinaus wird das Portrait in einem mehrteiligen Malvorgang angefertigt und wird zum Schluss von Georgij nicht fertig gestellt. Der seelische Akt der Ikonenmalerei erfährt beim Malvorgang des Portraits eine Umkehrung. Der gesamte
4 Dies lässt vermuten, dass Gogol`s Teufel, der Wucherer, in Anlehnung an Fausts Mephisto entstanden sein mag.
5 Die Ikonenmalerei bedient sich des gleichen Farbenspektrums.
6 In der Novelle wird eine “fremde” Religion des Wucherers erwähnt, was als Opposition vom Eigenen und Fremden zu erklären wäre.
- Citar trabajo
- Irina Frey (Autor), 2012, Religiöse Motivik in Nikolaj Gogols Novelle “Das Portrait”, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/303232