Seit dem Umbruch der Jahre 1989/90 ist die sozialliberale Ostpolitik der Ära Willy Brandt abermals in die Diskussion geraten. Hat sie, so fragen ihre Kritiker, etwa die Verhärtung der späten siebziger Jahre verhindern können? Wollte sie die Teilung Deutschlands überhaupt überwinden? Trug sie nicht im Gegenteil dazu bei, die DDR noch lange Jahre zu stabilisieren? Lag nicht die Ursache für das Ende des Ost-West-Konfliktes in Moskau, im Machtantritt des KPdSU-Generalsekretärs Gorbatschow 1985, und nicht etwa in der "Politik der kleinen Schritte" fünfzehn Jahre zuvor?
Neben den Erinnerungen des Protagonisten ist zum Themenbereich der Brandt/Bahrschen Ostpolitik jüngst eine Untersuchung des Berliner Politikwissenschaftlers Andreas Vogtmeier erschienen. Anhand beider Werke geht diese Arbeit der Frage nach, inwiefern jene Politik einen Beitrag leisten konnte, die deutsche Teilung zu überwinden. Da Bahrs Erinnerungen über weite Strecken den Verlauf der Verhandlungen schildern, liegt das Schwergewicht hier auf der Behandlung des Vogtmeier-Buches.
Beide Werke stammen aus dem sozialdemokratischen Spektrum und setzen die Entspannungspolitik nur begrenzt Prüfungen aus; diese Arbeit stellt ihnen daher die Einschätzung dritter Stimmen gegenüber. Dabei ist von Bedeutung, daß Bahr seine Konzeption bereits in den sechziger Jahren - und nicht erst nach 1989 - in der Form begründete, wie sie hier geschildert wird. Der gebotenen Kürze wegen steht die eigentliche Ostvertragspolitik gegenüber Ost-Berlin und Moskau in ihren groben Zügen im Mittelpunkt, da in ihr die zentralen Weichenstellungen Bahrscher Politik liegen.
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung
II. Entspannungspolitik: Idee und Umsetzung
1. Von Tutzing ins Auswärtige Amt
2. "Egon Bahrs große Jahre": Die neue Ostpolitik 1970-1972
a) Ein erster Schritt: Der Vertrag von Moskau
b) "Bonn spricht mit der DDR": Der Grundvertrag als Kern der Ostpolitik
3. Bewährungsphase: Die neue Ostpolitik vor dem Hintergrund der Folgejahre
a) "Eine schwere Beeinträchtigung unserer Lebensinteressen" - Die neue Ostpolitik im Kreuzfeuer zeitgenössischer Kritik
b) "Koexistenz bis aufs Messer"? - Das Verhältnis zu Moskau und Ost-Berlin nach 1972
c) Deutsch-deutsche Abkühlung
4. Die neue Ostpolitik und das Ende der DDR
III. Egon Bahrs Entspannungspolitik - im Rückblick entbehrlich?
Abkürzungen
Nachweis der auf Seite 3 wiedergegebenen Zitate
Literatur und zeitgenössische Texte
- Citar trabajo
- Michael Kuhlmann (Autor), 1997, "Vordenken über Deutschland". Die Ostvertragspolitik des Staatssekretärs Egon Bahr aus Sicht der neunziger Jahre, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/303213
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