Peter Struck mahnt eine "Wiederentdeckung der Lehre von den sinnvollen Größen in der Pädagogik" an. Von einem "enormen Reformstau" spricht Rainer Winkel. Klaus Hurrelmann warnt, viele Schüler betrachteten ihre Schulzeit als "verlorene Lebenszeit". Eine Umfrage von 1990/91 ergab, dass gerade einmal ein Drittel der westdeutschen Jugendlichen gerne in die Schule gehen bzw. gingen.
Die seit Mitte der sechziger Jahre laufende Bildungsreform in der BRD scheint steckengeblieben zu sein. Die Diskussion darüber ist so alt wie die Reform selbst und wird nicht leichter dadurch, dass Lautstärke und Publizität einer Äußerung oft im Gegensatz zu ihrer Differenziertheit und ihrem Gehalt stehen. In der Öffentlichkeit dominiert ein Gemisch von Halbbildung und Weltanschauung.
Zu den gleichwohl zahlreichen Stimmen, die differenziertere Thesen für eine fortgesetzte oder auch neue Reform entwickelt haben, gehört der Bielefelder Pädagoge Hartmut von Hentig, dessen Schulprojekte große Aufmerksamkeit erregt haben. 1994 wandte sich von Hentig mit neuen Anregungen an die Fachwelt. Unüberlegte Veränderungen in der Schule hielt er für Kurieren an Symptomen. Nötig sei, die Schule "neu zu denken".
Die folgende Arbeit skizziert von Hentigs Ansatz, ergänzt ihn um ältere Überlegungen und stellt ihm Äußerungen einiger seiner Fachkollegen gegenüber. Daneben beleuchtet sie kurz die Frage, inwieweit sich einige der Reformansätze praktisch verwirklichen lassen. Daß ich im Verlauf einer einwöchigen Hospitation an meinem alten Gymnasium noch einmal verschiedene Arten von Unterricht miterlebt habe - darunter auch einen unfreiwillig wohl der Laborschule verwandten -, regte mich an, an einigen Stellen auf diese Erlebnisse zurückzugreifen.
Inhalt
I. Einleitung
II. Von Hentigs Ansatz und Möglichkeiten seiner Verwirklichung
1. Zur Notwendigkeit, "die Schule neu zu denken"
a) Das erste Problem des Status quo: Die Schule als Vorbereitung aufs Leben und der nicht vorhersehbare zukünftige Wandel
b) Das zweite Problem: Das Verhältnis der Schule zur Gesellschaft
c) Das dritte Problem: Schulische Praxis und Erziehungswissenschaft
2. Ideen von Hentigs zu einer neuen Theorie der Schule
a) Die drei Grundbedingungen jeder Schultheorie
b) Vorbereitung einer Theorie: Zur Zweckbestimmung der Schule
c) Der Kern der Theorie: Konkrete Leitgedanken für die Schule
d) Der ergänzende Baustein der Theorie: Zu den pädagogischen Wirkungen der Außenwelt
3. Zur Umsetzung neu erdachter Konzepte im Zusammenspiel von Bildungspolitik, Erziehungswissenschaft und Praxis
III. Schlußbemerkung
Literatur
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