Vorliegende Arbeit untersucht die politischen Institutionen „der Deutsche Bundestag“ und „das Britische Unterhaus“. Beide Organe sind einer parlamentarischen Regierungsform untergeordnet. Anhand eines Vergleichs sollen Parallelen und Unterschiede deutlich gemacht werden.
Der Schwerpunkt dieser Arbeit liegt in der Präsentation und im Vergleich der Organe des Deutschen Bundestages und des Britischen Unterhauses und ihrer Aufgaben. Eingeleitet wird das Thema im Zusammenhang mit der jeweiligen Verfassung, der die politischen Organe zugrunde liegen. Dies macht deutlich, unter welchen Voraussetzungen der jeweils typische Charakter und die unterschiedliche Arbeitsweise entstanden sind.
Gliederung
1. Einleitung
2. Verfassung und Parlament
2. Verfassung und Parlament
2.1. „Unwritten Constitution“
2.2 Die deutsche Verfassung und der Bundestag
3. Die Abgeordneten
4. Die Regierungsbildung
4. 1 Die britische Regierung
4.1.1 Das Kabinett
4.2. Die Bundesregierung
5. Opposition und Kontrolle
6. Parlamentarische Gestaltungsformen
6. 1 Das Redeparlament
6.2 Debattentypen im britischen Unterhaus
6.3. Plenarsitzungen im Bundestag
7. Ausschüsse
7.1. Ausschüsse im britischen Unterhaus
7.2. Ausschüsse des Deutschen Bundestages
8. Der Gesetzgebungsprozess
9. Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Die vorliegende Arbeit untersucht die politischen Institutionen „der Deutsche Bundestag“ und „das Britische Unterhaus“. Beide Organe sind einer parlamentarischen Regierungsform untergeordnet. Anhand eines Vergleichs sollen Parallelen und Unterschiede deutlich gemacht werden. Im Vordergrund stehen diejenigen Aspekte, die den jeweiligen Charakter belegen.
Der Schwerpunkt des Vergleichs wird weniger die historischen Aspekte und die Entwicklung hin zum heutigen britischen Parlament bzw. deutschen Bundestag berücksichtigen.
Der Schwerpunkt dieser Arbeit liegt vielmehr in der Präsentation der Organe und ihrer Aufgaben. Es sollen die struktur- und funktionsanalytischen Gesichtspunkte der Gegenwart Gegenstand dieser Untersuchung sein.
Eingeleitet wird das Thema im Zusammenhang mit der jeweiligen Verfassung, der die politischen Organe zugrunde liegen. Dies macht deutlich, unter welchen Voraussetzungen der jeweils typische Charakter und die unterschiedliche Arbeitsweise entstanden sind.
Eine detaillierte Analyse des politischen Systems von Großbritannien und der Bundesrepublik Deutschland sowie die Ankoppelung der Parlamente mit ihren charakteristischen Merkmalen für das jeweilige System würde das Thema bei weitem sprengen, auch wenn dadurch noch weiterreichende Aussagen im Vergleich Bundestag und Unterhaus ermittelt werden könnten.
2. Verfassung und Parlament
Eine Verfassung ist die vielfach in einer Verfassungsurkunde niedergelegte Grundordnung eines Staates. Sie bestimmt seine Organisation und Struktur und regelt das Verhältnis zu seinen Bürgern. Aus diesem Grunde steht bei der Analyse der entscheidenden Institutionen innerhalb eines politischen Systems in der Regel die Verfassung im Vordergrund. An ihr ist auszumachen, welche Rolle die einzelnen politischen Organe rechtlich gesehen spielen.
2.1. „Unwritten Constitution“
Viele Staaten Europas mit demokratischem Grundverständnis fußen auf einer einheitlichen, schriftlich niedergelegten Verfassung - nicht aber Großbritannien. Die britische Verfassung, so Kurt Sontheimer: „sei das Ergebnis der Erfahrungen einer Jahrhunderte langen Regierungspraxis und sie sei, eben weil sie nicht auf einem festen, nur schwer abänderbaren Gerüst von Normen beruhe, höchst flexibel. Die ungeschriebene Verfassung sei eher in der Lage als die fixierte, sich immer wieder an neu auftretende Bedingungen anzupassen.“[1]
Die Ursache für die „unwritten constitution“ ist in der staatlichen Entwicklung Großbritanniens zu suchen. Über zwei Jahrhunderte lang existierte das Land in einer gewissen Kontinuität bezüglich Gesellschaft, Politik und Geschichte. Großbritannien blieb über die eine lange Zeit hin von Revolution, neuer Staatsgründung und umfassender Reformen verschont.
Die britische Verfassung ist eine unkodifizierte und nur in Teilen schriftlich festgehaltene Verfassung. Die Rechtsquellen, die ihr zugrunde liegen, sind Verfassungskonventionen, vom Parlament verabschiedete Gesetze über die Beziehungen der einzelnen Verfassungsorgane zueinander und das „Common Law“.
Alle drei Rechtsquellen haben ihre spezifische Bedeutung und ihr spezifisches Gewicht. Doch über diesen Quellen steht die Vorherrschaft des Parlaments[2].
Die Verfassungskonvention „Sovereignty of Parliament“ übermittelt dem Parlament die oberste und unbeschränkte Rechtsetzungsgewalt. Das Parlament kann also im Gesetzgebungsverfahren die Grundordnung des Rechts Großbritanniens einschließlich des Verfassungsrechts durch den einfachen Mehrheitsbeschluss aufheben oder verändern.[3]
Entscheidend für die britische Verfassung ist demnach die Parlamentssouveränität, und dies bedeutet - im Unterschied zu vielen europäischen Verfassungsstaaten -, das britische Parlament ist rechtlich das oberste Staatsorgan.
2.2 Die deutsche Verfassung und der Bundestag
Der Deutsche Bundestag als eine parlamentarische Institution wurde unter einer Verfassung ausgebildet, die die Aufgaben und Funktionen des Parlaments vorgibt. Der Deutsche Bundestag verfügt über keine dem britischen Unterhaus vergleichbare Parlamentssouveränität.
Die Aufgabe des Parlaments besteht darin, gegenüber der Regierung die Interessen der Gesellschaft zu vertreten. Der Bundestag erfüllt im Verfassungssystem der Bundesrepublik Deutschland drei Hauptfunktionen[4] : Er ist das entscheidende Organ für die Regierungsbildung, er ist die zentrale Institution für den Gesetzgebungsprozess und er hat die Aufgabe, das deutsche Volk zu repräsentieren.
Wesentlich für den deutschen Parlamentarismus ist, dass er auf einer Verfassung ruht, die die Gewaltenteilung zwischen Legislative, Exekutive und Judikative als Prinzip anerkennt. Es zeichnet sich jedoch im heutigen parlamentarischen System der Bundesrepublik Deutschland die Tendenz ab, eine scharfe Trennung der Gewaltenteilung zu meiden.[5]
Emil Hübner spricht sogar von einer „Neuinterpretation der Gewaltenteilung“ und einer größeren Anzahl von „gewaltendurchbrechenden“ und „gewaltenvermischenden“ Regelungen[6]. Dies führt dazu, dass das Verständnis von der Funktion des Parlaments im parlamentarischen Regierungssystem nicht eindeutig geklärt ist und dem Bundestag „eine zwiespältige Rolle im Verfassungsleben“ zukommt[7] .
Einerseits ist der Bundestag der Auffassung, dass er als Ganzes der Regierung gegenübersteht und Funktionen wahrnimmt, die sich klar von den Funktionen der Exekutive unterscheiden. Andererseits ist zu beobachten, dass die Regierung mit ihrem politischen Interesse von einer Regierungsmehrheit unterstützt wird, was dazu führt, dass eine Reduzierung des Dualismus zwischen Parlament und Regierung deutlich wird. Doch gleichzeitig weist es auf den Dualismus zwischen parlamentarischer Opposition und Regierung und der Parlamentsmehrheit hin.
Im britischen System spricht man nicht von Gewaltenteilung. Legislative, Exekutive und Judikatur sind eng miteinander verflochten. Die Regierung gehört dem Unterhaus an, die Funktionen der Legislative werden heute nicht mehr vom Parlament ausgeübt, sondern von der Regierung in Verbindung mit den Verbänden. Dieser Prozess wird im Idealfall vom Votum der Wähler kontrolliert. Die Funktionen der Judikatur übernimmt das Oberhaus, also ein Teil des Parlaments.[8]
3. Die Abgeordneten
Abgeordnete des deutschen und britischen Parlaments unterscheiden sich im Wesentlichen in Fragen zur Position und Arbeitsweise.
Die Stellung des einzelnen deutschen Abgeordneten ist im Grundgesetz unter Art. 38 verankert und wird als so genanntes „freies Mandat“ bezeichnet. Der Bundestag jedoch setzt andere Schwerpunkte als das Grundgesetz: Zum einen werden die Fraktionen den Abgeordneten in der Reihenfolge vorgezogen und zum anderen sind die Abgeordneten bei wichtigen Initiativen an eine Mindestunterstützung in Fraktionsstärke gebunden[9] .
Charakteristisch für die Arbeit im Bundestag ist demnach der Abgeordnete der „nicht als unabhängige Persönlichkeit, sondern als Mitglieder einer Partei “[10] fungiert. Jedoch ist der Fraktionszwang der deutschen Abgeordneten viel schwächer als es die britischen im Unterhaus erfahren, da hier „nur bei so genannten Gewissensfragen (...) die Abstimmung der persönlichen Entscheidung des Abgeordneten überlassen“ wird.[11]
Die Bindung des britischen Abgeordneten an seine Fraktion ist um vielfaches stärker. Er sitzt fest in der Geschäftsordnung des Parteiapparates. Schon allein um gewählt zu werden, ist die Unterstützung der Partei unablässig.[12] Die Parteiloyalität ist demnach eine wesentliche Komponente des Abgeordneten im britischen Unterhaus. In der Labour Partei ist die Beziehung Abgeordnete - Fraktion sogar durch die Geschäftsordnung geregelt, die im Falle eines Bruchs mit der Loyalität des Abgeordneten zu seiner Partei auch Sanktionen vorsieht.[13]
Für das britische Unterhaus ist zudem eine Differenzierung bzw. eine Hierarchisierung der Abgeordneten angebracht. Jansen spricht von einer „Vierteilung“ der Abgeordneten[14]. Außer den Abgeordneten der Regierungspartei und Opposition kategorisiert er „Vorderbänkler“ und „Hinterbänkler“. „Vorderbänkler“ sitzen in den vorderen Bänken und gruppieren sich um den Premierminister, bzw. bei der Opposition um den „leader of opposition“ und sind in allen Belangen bevorzugt. Die Hinterbänkler werden von der Geschäftsordnung, bei der Verteilung von Redechancen und allgemeinen Informationen in der Regel benachteiligt. Zu den „Vorderbänklern“ und „Hinterbänklern“ gesellen sich noch die „Private Member“[15], die jedoch die gleiche Stellung wie die „Hinterbänkler“ einnehmen.
Im deutschen Parlament gibt es die Zuordnung „Hinterbänkler“ zwar auch, sie schlägt sich aber nicht in der Sitzordnung, wie es das britische Unterhaus praktiziert, nieder. Deutsche Abgeordnete, die als „Hinterbänkler“ bezeichnet werden, üben geringen Einfluss auf die Fraktion aus und sind nur am Rande an der parlamentarischen Arbeit beteiligt[16].
Der britische Abgeordnete vermittelt zudem eine zentrale Funktion zwischen Regierung und Wähler. Die Bindung zur Wählerschaft und zur Arbeit im Wahlkreis ist in Großbritannien stärker als in Deutschland. Ein Großteil der britischen Abgeordneten pflegt den intensiven Austausch mit der Wählerschaft. Der deutsche Abgeordnete dagegen findet sich mehr in Arbeitskreisen und Arbeitsauschüssen wieder als im Umfeld seines Wahlkreises.
4. Die Regierungsbildung
4. 1 Die britische Regierung
Entsprechend der gefestigten Verfassungskonvention bestimmt die Krone Großbritanniens den Führer der Partei mit den meisten Mandaten bei den Wahlen im „House of Commons“ zum Premierminister. Dieser erhält den Auftrag, die Regierung zu bilden. Das britische Unterhaus ist nicht an der Regierungsbildung beteiligt.
Der von seinen Mitgliedern gewählte Parteichef ist demnach ein potentieller Premierminister[17]. Er ist verantwortlich für die Zusammensetzung des Kabinetts, bestimmt die Richtlinien der Politik und weitgehend den parlamentarischen Gesetzgebungsprozess. Der Premierminister setzt die Minister für die entsprechenden Ressorts ein und entlässt sie auch wieder - wenn er es für notwendig hält. Der Premierminister kann darüber hinaus die Auflösung des Parlaments veranlassen und Neuwahlen anordnen.
Die Befugnisse des Premierministers sind nicht schriftlich festgelegt, weder in Verfassungsrechten noch in Gesetzesbestimmungen. Sie beruhen auf der Konvention und der faktischen Macht, die dem Premierminister als stärkstem Mann seiner Partei und Fraktion im Unterhaus zufällt. Bei soviel Machtansammlung in einer Hand wird das parlamentarische System Großbritanniens auch gerne als „Premierhegemonie“ bezeichnet[18].
Der Premierminister hat aber keineswegs unbegrenzte Macht. Er ist theoretisch auf die Unterstützung der Mehrheit im Parlament angewiesen und bemüht sich durch intensiven Kontakt mit den Abgeordneten seiner Fraktion oder durch Kompromissbereitschaft andere von seiner politischen Idee zu überzeugen und sie zur Loyalität zu bewegen. Der Premierminister gilt zudem als „Erster Lord des Schatzamtes“, wobei die eigentliche Arbeit dem Finanzminister, d.h. dem Kanzler des Schatzamtes, überlassen wird.
Gleichzeitig besitzt das parlamentarische Regierungssystem in Großbritannien das Abberufungsrecht der Regierung durch das Parlament. Ist dies auch angesichts des institutionalisierten Dualismus zwischen Regierung und Opposition realpolitisch nur schwer zu verwirklichen, so hat es verfassungsrechtlich dennoch eine Grundlage[19] . Das Recht der Abberufung der Regierung durch das Parlament kann als Gegengewicht zum Recht der Abberufung des Parlaments durch den Premierminister betrachtet werden.
[...]
[1] Sontheimer, Kurt: Das politische System Großbritaniens, 1972, S.16
[2] Das britische Parlament setzt sich zusammen aus Oberhaus, Unterhaus und der Krone. Spricht man aber in der heutigen Zeit vom britischen Parlament, so ist das Unterhaus gemeint, das eigentliche Entscheidungsorgan seit 1949.
[3] vgl.Hübner, Emil und Oberreuter, Heinrich: Parlament und Regierung, 1977, S. 84
[4] vgl. Sontheimer, Kurt, Grundzüge des politischen Systems der neuen Bundesrepublik Deutschland, 1993, S. 244f.
[5] vgl. ebda, S.243
[6] vgl. Hübner, Emil, Parlamentarisches Regierungssystem und Gewaltenteilung, in: Informationen zur politischen Bildung, Heft 227, S. 24
[7] Sontheimer, Kurt, 1993, S. 243.
[8] vgl. Rass, Heinz Heinrich, Großbritannien, 1969, S.76. Oberhaus (House of Lords): Die erste Kammer des Englischen Parlaments. Das Oberhaus ist das Repräsentationsorgan des erblich erworben oder auf Lebenszeit ernannten Adels sowie der hohen Geistlichkeit. Seine 6 Lordrichter bilden den „Supreme Court of Appeal“, den höchsten Gerichtshof.
[9] Hübner, Emil: Die Stellung der Abgeordneten und die Arbeitsweise des Bundestages, in: Informationen zur politischen Bildung, Heft 228, 1990, S. 3
[10] ebda, S. 5
[11] Rass, Heinz Heinrich, 1969, S.101
[12] vgl. Sontheimer, Kurt, 1972, S.102
[13] ebd. S.102
[14] Jansen, Jürgen: Britische Konservative und Europa, 1977, S.27
[15] Private Member- Abgeordnete die nicht Mitglieder der Regierungsmannschaft angehören.
[16] vgl. Sontheimer, Kurt,1993 , S.256
[17] vgl.Rass, Heinz Heinrich, 1969, S.79
[18] vgl. Loewenstein, Karl, Staatsrecht und Staatspraxis von Großbritannien, 1967, S. 291
[19] vgl. ebda, S. 392f.
- Citar trabajo
- Teresa Wanczura (Autor), 1995, Der Deutsche Bundestag im Vergleich zum Britischen Unterhaus, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/30275
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