Der Begriff innere Einheit erfreut sich seit Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands einer Hochkonjunktur in der öffentlichen Diskussion. Spätestens seitdem klar wurde, dass teilungsbedingte Probleme wohl doch nicht innerhalb weniger Jahre gelöst werden können, stellen insbesondere die politischen Akteure die Herstellung der inneren Einheit als vordringliches Ziel heraus.
Die vorliegende Arbeit versucht, der Bedeutung des Begriffs innere Einheit auf den Grund zu gehen. Dabei wird ein zweidimensionales Begriffsverständnis angewandt. Die Herstellung der inneren Einheit bedeutet demnach erstens die Überwindung eines kollektiven Benachteiligungsempfindens der Ostdeutschen gegenüber den Westdeutschen, welches als Bürger-zweiter-Klasse-Empfinden operationalisiert werden kann. Zweitens ist mit innerer Einheit die Überwindung der Präferenz für unterschiedliche Demokratiemodelle in beiden Teilen Deutschlands gemeint.
Umfrageergebnisse lassen die Annahme zu, dass Demokratie als Prinzip zwar in beiden Teilen Deutschlands eine gleichermaßen hohe Zustimmung erfährt und über Mindestanforderungen an Demokratie (z.B. Meinungsfreiheit, Demonstrationsrecht usw.) ebenfalls Einigkeit besteht, die Ostdeutschen aber anders als ihre westdeutschen Landsleute weitere, über dieses Maß hinausgehende Anforderungen an Demokratie stellen die in der Bundesrepublik nicht verwirklicht sind (etwa Recht auf Arbeit, Wohnung usw.), und somit ein anderes Demokratiemodell befürworten, als das in der Bundesrepublik implementierte.
Die Notwendigkeit einer gemeinsamen politischen Kultur wird vor allem in den zu bewältigenden Zukunftsaufgaben gesehen, vor denen Deutschland steht. Würde sich etwa herausstellen, dass ein Großteil der Bevölkerung mit dem Ziel der Herstellung möglichst großer materieller Gleichheit eher ein stärkeres Eingreifen des Staates in Wirtschaft und Gesellschaft wünscht, so wäre dies gerade in einer Zeit problematisch, in der unter dem Gesichtspunkt eines sich verstärkenden internationalen Wettbewerbs der Rückzug staatlicher Maßnahmen aus vielen Bereichen des öffentlichen Lebens diskutiert wird.
Im vorliegenden Buch überprüft der Autor anhand von Umfrageergebnissen beide Dimensionen der inneren Einheit und kommt zum Schluss, dass in Ostdeutschland eine sich vom Westen abgrenzende Identitätsbildung stattgefunden hat und außerdem ein anderes Demokratieverständnis besteht, welches zumindest Grundelemente eines demokratischen Sozialismus präferiert.
Inhaltsverzeichnis
- EINLEITUNG UND PROBLEMAUFRISS
- Datenlage
- Aufbau der Arbeit
- Literaturüberblick
- THEORETISCHER BEZUGSRAHMEN UND BEGRIFFSBESTIMMUNGEN
- Politische Transition in den neuen Bundesländern
- Phasen des politischen Wandels: Ein Transitionsmodell
- Politische Struktur und politische Kultur im Transitionsprozeß
- Politische Kultur in den neuen Bundesländern: Zur Ausgangslage 1990
- Legitimität, Stabilität und politische Unterstützung
- Zum Begriff der Legitimität
- Zum Begriff der Stabilität
- Zum Verhältnis von Legitimität und Stabilität in demokratisch verfaßten Systemen
- Politische Unterstützung
- Spezifische Unterstützung
- Diffuse Unterstützung
- Zusammenfassung und Hypothesen zur politischen Unterstützung in Ostdeutschland
- DER BEGRIFF DER INNERENEINHEIT UND SEINE DIMENSIONEN
- Innere Einheit als Modell
- Sozialisation und Situation: zwei grundlegende Erklärungsansätze mangelnder innerer Einheit
- Verstärkte Selbstidentifikation und kollektives Benachteiligungsempfinden der Ostdeutschen
- Persönliche Erfahrungen mit dem neuen System: Die Erfahrungshypothese
- Praktische, politische und charakterliche Diskriminierung der Ostdeutschen: Die Kompensationshypothese
- Sozioökonomische Aspekte: keine materielle Einheit
- Einstellungen zur Demokratie im vereinten Deutschland
- Objektebenen von Demokratie
- Normative Modelle der Demokratie
- Einordnung der bundesdeutschen Demokratie
- HYPOTHESEN ZU STAND UND VERLAUF DER INNEREN EINHEIT
- Der Begriff der „inneren Einheit" und seine Operationalisierung
- Der Zusammenhang zwischen politischer Struktur und politischer Kultur im Transformationsprozess
- Die Rolle von Legitimität und politischer Unterstützung für die Stabilität eines demokratischen Systems
- Die Bedeutung von Sozialisations- und Situationseffekten für die Entwicklung der inneren Einheit
- Die Analyse von Ost-West-Unterschieden in Bezug auf die Präferenz für unterschiedliche Demokratiemodelle
- Einleitung und Problemaufriß: Die Arbeit stellt den Begriff der „inneren Einheit" in den Mittelpunkt und beleuchtet die Bedeutung und den Verlauf dieses Prozesses elf Jahre nach der Wiedervereinigung Deutschlands. Sie problematisiert die unterschiedlichen Bedeutungen, die der Begriff in der öffentlichen Diskussion und in der wissenschaftlichen Literatur findet, und legt die Schwerpunkte der Arbeit fest.
- Theoretischer Bezugsrahmen und Begriffsbestimmungen: Dieses Kapitel legt die theoretischen Grundlagen für die Untersuchung der inneren Einheit. Es beleuchtet den Transformationsprozess in den neuen Bundesländern anhand eines Transitionsmodells, das die Phasen der Liberalisierung, Demokratisierung und Konsolidierung beschreibt. Es werden außerdem die Begriffe „Legitimität", „Stabilität" und „politische Unterstützung" definiert und in ihrem Zusammenhang erläutert.
- Politische Transition in den neuen Bundesländern: Dieses Kapitel beschreibt die politischen Veränderungen in den neuen Bundesländern nach der Wiedervereinigung. Es analysiert die Phasen des politischen Wandels im Kontext der Transformation anderer postkommunistischer Staaten und untersucht die Interaktionen zwischen politischer Struktur und politischer Kultur.
- Legitimität, Stabilität und politische Unterstützung: Dieses Kapitel beschäftigt sich mit der Bedeutung der Akzeptanz des neuen Systems durch die Ostdeutschen für dessen Stabilität. Es erläutert die Begriffe „Legitimität" und „Stabilität" und stellt den Zusammenhang zwischen beiden Konzepten dar. Anschließend werden die politischen Orientierungen der Ostdeutschen gegenüber dem neuen System anhand des Konzepts der politischen Unterstützung nach David Easton operationalisiert.
- Der Begriff der inneren Einheit und seine Dimensionen: Dieses Kapitel konstruiert ein Modell der inneren Einheit, das zwei wesentliche Dimensionen beinhaltet: das kollektive Benachteiligungsempfinden der Ostdeutschen gegenüber den Westdeutschen und die Präferenz für unterschiedliche Demokratiemodelle in beiden Teilen Deutschlands. Es werden zwei grundlegende Erklärungsansätze für eine eventuell noch nicht vollzogene innere Einheit vorgestellt: Sozialisation und Situation.
- Verstärkte Selbstidentifikation und kollektives Benachteiligungsempfinden der Ostdeutschen: Dieses Kapitel untersucht die verstärkte Selbstidentifikation der Ostdeutschen und das kollektive Empfinden der Benachteiligung. Es werden drei Erklärungsansätze vorgestellt: die Erfahrungshypothese, die Kompensationshypothese und sozioökonomische Aspekte.
- Einstellungen zur Demokratie im vereinten Deutschland: Dieses Kapitel analysiert die Einstellungen der Bürger in Ost- und Westdeutschland zur Demokratie der Bundesrepublik. Es unterscheidet zwischen den Objektebenen der Demokratie (Werteebene, Strukturebene, Performanzebene) und verschiedenen normativen Demokratiemodellen. Es wird untersucht, ob die Bürger in beiden Teilen Deutschlands der Demokratie dieselben minimalen Anforderungen zuordnen und ob eine Diskrepanz in der Zuordnung weiterer Anforderungen an Demokratie zwischen Ost und West besteht.
- Hypothesen zu Stand und Verlauf der inneren Einheit: Dieses Kapitel fasst die Ergebnisse der ersten Teil der Arbeit zusammen und formuliert Hypothesen zu Stand und Verlauf der inneren Einheit, die im zweiten Teil der Arbeit mithilfe von statistischen Umfragedaten überprüft werden sollen.
- Entwicklung des Bürger-zweiter-Klasse-Empfindens seit 1990: Dieses Kapitel untersucht die Entwicklung des Bürger-zweiter-Klasse-Empfindens der Ostdeutschen seit 1990. Es stellt das Phänomen den sozioökonomischen Daten, der politischen Unzufriedenheit und den von Kaase ermittelten Externalisierungswerten gegenüber.
- Ursachen des Bürger-zweiter-Klasse-Empfindens: Dieses Kapitel diskutiert die Ursachen des Bürger-zweiter-Klasse-Empfindens der Ostdeutschen. Es werden die Erfahrungshypothese, die Kompensationshypothese und sozioökonomische Aspekte als mögliche Erklärungsfaktoren analysiert.
- Einstellungen zur Demokratie im vereinten Deutschland: Dieses Kapitel untersucht die Einstellungen der Bürger in Ost- und Westdeutschland zur Demokratie der Bundesrepublik. Es betrachtet die normative Ebene der Demokratie und die Präferenz für unterschiedliche Demokratiemodelle. Es wird untersucht, ob die Bürger in beiden Teilen Deutschlands der Demokratie dieselben minimalen Anforderungen zuordnen und ob eine Diskrepanz in der Zuordnung weiterer Anforderungen an Demokratie zwischen Ost und West besteht.
- Die Demokratie der Bundesrepublik Deutschland: Dieses Kapitel analysiert die Demokratie der Bundesrepublik Deutschland im Kontext der in Kapitel 4 vorgestellten Demokratiemodelle. Es untersucht die gewünschte Anpassung der implementierten Struktur an normative Prinzipien und stellt fest, dass die Ostdeutschen in größerem Maße soziale Rechte und stärkere staatliche Eingriffe in Wirtschaft und Gesellschaft wünschen.
- Die Performanz der Demokratie im vereinten Deutschland: Dieses Kapitel untersucht die Performanz der Demokratie im vereinten Deutschland, also die Zufriedenheit mit dem Funktionieren des politischen Systems. Es wird festgestellt, dass die Ostdeutschen mit dem Funktionieren des Systems deutlich unzufriedener sind als die Westdeutschen.
- Zusammenfassung und Ausblick: Ein Staat - zwei politische Kulturen?: Dieses Kapitel fasst die Ergebnisse der Arbeit zusammen und zieht Schlussfolgerungen zur Frage, ob elf Jahre nach der Wiedervereinigung Deutschlands ein Staat mit zwei politischen Kulturen existiert. Es wird die zukünftige Entwicklung der inneren Einheit Deutschlands diskutiert.
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert die Bedeutung und den Verlauf der „inneren Einheit" Deutschlands elf Jahre nach der Wiederherstellung der staatlichen Einheit. Die Arbeit ist als wissenschaftliche Halbjahresarbeit zur Erlangung des akademischen Grades Diplom angelegt. Sie untersucht die politischen Einstellungen der Bürger in Ost- und Westdeutschland, insbesondere in Bezug auf das Bürger-zweiter-Klasse-Empfinden der Ostdeutschen und die Präferenz für unterschiedliche Demokratiemodelle.
Zusammenfassung der Kapitel
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die „innere Einheit" Deutschlands, die politische Transition in den neuen Bundesländern, die politische Kultur, die Legitimität, die Stabilität, die politische Unterstützung, das Bürger-zweiter-Klasse-Empfinden, die Selbstidentifikation, die Kompensationshypothese, die sozioökonomische Benachteiligung, die Einstellungen zur Demokratie, die normative Ebene der Demokratie, die implementierte Struktur der Demokratie, die Performanz der Demokratie, der demokratische Sozialismus, die soziale Gerechtigkeit, die Wohlfahrtsentwicklung, die internationale Wettbewerbsfähigkeit und die Reformfähigkeit des vereinten Deutschlands.
- Citation du texte
- Yves Winkler (Auteur), 2002, Bedeutung und Verlauf der inneren Einheit Deutschlands elf Jahre nach Wiederherstellung der staatlichen Einheit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/3021
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