Zwischen 1967 und 1969 entwickelte sich ein fast die ganzen Studentenbewegung umfassender Anti-Israel-Konsens, der erkennbare antisemitische Züge trug und sich nicht auf den Staat Israel und die dort lebenden Juden beschränkte, sondern sich teilweise auch verschwörungstheoretisch gegen die gesamte Judenheit richtete. Diese Entwicklung zum Antizionismus soll anhand der Zeitschrift „konkret“ untersucht werden. „konkret“ war ein linksgerichtetes Blatt, das als Sprachrohr der linkssozialistischen Strömungen um 1968 fungierte und so ein wichtiges Organ der Studentenbewegung war. Die Magisterarbeit wird untersuchen, inwiefern sich ein Einstellungswandel zum Staat Israel und zu den Juden in der Berichterstattung der Zeitschrift innerhalb des untersuchten Zeitraums (vom Eichmann-Prozess bis zum Olympia-Attentat) nachweisen lässt und inwiefern bei den in der Zeitschrift abgedruckten antizionistischen Ausführungen antijüdische Vorurteile und sekundärantisemitische Komponenten zu erkennen sind.
Die vorliegende Arbeit hat die Analyse des Antizionismus in der Berichterstattung der Zeitschrift „konkret“ in dem Zeitraum zwischen dem Eichmannprozess 1961 und dem Olympiaattentat in München 1972 zum Thema. In der Studentenbewegung zeichnete sich innerhalb die-ses Zeitraums, genauer zwischen 1967 und 1969, ein Wandel von einer kritischen Solidarität gegenüber Israel hin zu einer dogmatisch antizionistischen Beziehungsweise antiisraelischen Sicht auf den Nahostkonflikt ab. Die antizionistischen Äußerungen innerhalb der bundesrepublikanischen Neuen Linken fungierten nicht selten als ein Ventil für antisemitische Ressentiments.
Die Zeitschrift „konkret“ war seit ihren Anfängen 1958 eng an die Studentenbewegung gebunden und fungierte von Anfang an, aber vor allem während der Zeit um die Studentenrevolte als eine wichtiges Sprachrohr von ihr.
Diese Magisterarbeit wird der Frage nachgehen, ob sich dieser Wandel der Einstellung Israel und den Juden gegenüber auch in der „konkret“-Berichterstattung wiedererkennen lässt, so wie auch die möglichen Ursachen für diesen Wandel beleuchten. Darüber hinaus soll unter-sucht werden, ob sich in der Berichterstattung über Israel und die Juden primärantisemitische Stereotype oder sekundärantisemitische Elemente erkennen lassen.
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Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1. Konzeptualisierung und Begriffseingrenzung
- 1.1. Antisemitismus
- 1.2. Sekundärantisemitismus
- 1.3. Antizionismus
- 1.3.1. Die marxistisch-leninistische Ideologie
- 1.3.2. Der marxistisch-leninistischer Antiimperialismus
- 1.3.3. Der antiimperialistische Antizionismus
- 1.3.4. Antisemitismus- und Faschismusinterpretation innerhalb der marxistisch-leninistischen Theorie
- 1.4. Kriterien um klassischen und Sekundärantisemitischen Elementen in israelkritischen Argumentationen zu erkennen
- 2. Die 68er Bewegung
- 2.1. Der SDS
- 2.2. Neue Linke
- 2.3. Die Große Koalition, die Notstandsgesetze, und die APO
- 2.4. Enteignet-Springer-Kampagne
- 3. Die 68er Bewegung und ihre Beziehung zu Israel
- 3.1. Einstellung der Studentenbewegung zu Israel bis zur Aufnahme der diplomatischen Beziehungen zu Israel
- 3.2. Einstellung der Studentenbewegung zu Israel vor und nach dem Sechstagekrieg
- 3.3. Die Antispringerkampagne und der Antizionismus
- 3.4. Das Bedürfnis nach einer „Normalisierung“ der nationalen Identität
- 3.5. Die Identifikation mit den Befreiungsbewegungen aus der Dritten Welt
- 3.6. Terroristische Dimension des Antizionismus in der Bundesrepublik
- 4. Die Zeitschrift „konkret“
- 4.1. Konkret und die Studentenbewegung der ersten Hälfte der 60er Jahre
- 4.2. 1964 Bruch mit der DDR und kapitalistischer Neubeginn
- 4.3. „konkret“ und die APO
- 4.4. „konkret“ und die SED
- 4.5. Radikalisierung von Ulrike Meinhof
- 4.6. Röhls Abgrenzung von der Radikalen Linke
- 4.7. Entwicklung zum „Mezzo Porno“
- 5. Analyse
- 5.1. Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Judenverfolgung
- 5.2. Auseinandersetzung mit dem aktuellen Antisemitismus der BRD
- 5.3. Darstellung Israels vor dem Sechstagekrieg
- 5.4. Darstellung von Israel nach dem Sechstagekrieg bis 1968
- 5.5. Darstellung Israels ab 1969 bis 1972
- 5.6. Idealisierte Darstellung Al Fatahs
- 5.6.1. Identifikation Al-Fatahs als Teil der „Befreiungsbewegungen aus der Dritten Welt“
- 5.6.2. Unkritische Darstellung der Waffenausbildung von Minderjährigen
- 5.6.3. Idealisierung der Gewaltanwendung von Al Fatah
- 5.6.4. Al Fatah und die Juden
- 5.7. Auseinandersetzung mit dem antizionistisch motivierten Terror in der BRD
- 5.8. Die Antispringerkampagne und der Antizionismus in „konkret“
- 5.8.1. „Springers liebster Jude“
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Magisterarbeit untersucht die Berichterstattung über Israel und die Juden in der Zeitschrift „konkret“ zwischen 1961 und 1972, um den Wandel der Einstellung der Studentenbewegung gegenüber Israel zu analysieren. Dabei wird die Frage gestellt, ob sich dieser Wandel in der Berichterstattung der Zeitschrift widerspiegelt und welche Ursachen dafür verantwortlich sind. Darüber hinaus soll untersucht werden, ob in der Berichterstattung antisemitische Stereotype oder Elemente des Sekundärantisemitismus zu finden sind.
- Analyse der Entwicklung des Antizionismus in der Studentenbewegung
- Untersuchung der Rolle der Zeitschrift „konkret“ als Sprachrohr der Studentenbewegung
- Identifizierung von antisemitischen Stereotypen und Sekundärantisemitismus in der Berichterstattung
- Bedeutung des Sechstagekrieges und der Antispringerkampagne für die Entwicklung des Antizionismus
- Analyse der Darstellung von Al Fatah und der palästinensischen Befreiungsbewegung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Forschungsfrage und den Untersuchungszeitraum dar. Kapitel 1 definiert die Begriffe Antisemitismus, Sekundärantisemitismus und Antizionismus und erläutert die marxistisch-leninistische Ideologie, die den Antizionismus der Studentenbewegung prägte. In Kapitel 2 werden die 68er Bewegung, der SDS, die Neue Linke und die APO vorgestellt. Kapitel 3 analysiert die Beziehung der Studentenbewegung zu Israel vor und nach dem Sechstagekrieg. Kapitel 4 befasst sich mit der Zeitschrift „konkret“ und ihrer Verbindung zur Studentenbewegung. In Kapitel 5 werden die Berichterstattung über Israel und die Juden in „konkret“ analysiert, wobei die Darstellung des Antisemitismus, Israels und Al Fatahs im Vordergrund steht. Das Fazit fasst die Ergebnisse der Arbeit zusammen.
Schlüsselwörter
Antizionismus, Antisemitismus, Sekundärantisemitismus, Studentenbewegung, Neue Linke, Sechstagekrieg, Israel, Al Fatah, „konkret“, Berichterstattung, Bundesrepublik Deutschland, marxistisch-leninistische Ideologie, Antiimperialismus, Terrorismus.
- Citation du texte
- Katya Salomon (Auteur), 2014, Antizionismus von Links. Die Berichterstattung über Israel und die Juden in der Zeitschrift „konkret“ zwischen 1961 und 1972, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/301626