Japan hat sich jahrhundertelang gegenüber Kontakten mit dem Westen abgeschottet. Bei Japan hat man es mit einer östlichen Gesellschaft und politischen Kultur zu tun, der ein westlicher Regierungsaufbau verordnet wurde. Denn, nachdem die japanischen Kriegsaktivitäten zur Expansion des japanischen Territoriums mit den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki und der nachfolgenden Kapitulation im Jahre 1945 ein Ende fanden, bildeten die drei Siegermächte des 2. Weltkrieges (USA, Sowjetunion, England) und China eine Kommission (Far Eastern Commission, FEC) zur Formulierung einer Besatzungspolitik für Japan.
Die USA übernahmen die Leitung und Ausführung der Besatzungspolitik und beschlossen eine radikale Demokratisierung des politischen Systems. Als Vorlage diente das britische Demokratiemodell, das wiederum in der asiatischen Gesellschaft eine spezifische Ausgestaltung erfuhr, die Raum für die japanische gesellschaftlichen Traditionen bot. Als Grundlage für die Reform des politischen Systems diente eine neue Verfassung, die auf den drei Prinzipien Volkssouveränität, Pazifismus und Respektierung der Menschenrechte basiert, und ein Ausmaß an garantierten Rechten beinhaltet, das aus der alten Meiji-Verfassung niemals hätte interpretiert werden können. Die Staatsform des Nachkriegsjapan (sengo Nihon) ist durch die Besatzungspolitik und die daraus entstandene Verfassung zu einer parlamentarischen Demokratie geworden.
Um jedoch Japans Regierungssystem bewerten und vergleichen zu können, dienen Typologien als Voraussetzung. Sie sind für die vergleichende Forschung und die Gesamtbewertung demokratischer Institutionensysteme von hoher Bedeutung und müssen trennscharf die Zuordnung aller empirischen Fälle ermöglichen. Für die Zuordnung sollen zudem wenige Kriterien ausreichen, um das Universum demokratischer Systeme so zu ordnen, dass die Komplexität eingebetteter politischer Systeme beachtet wird. Von Arendt Lijphart stammt die wohl gebräuchlichste neuere Typologie, in der er die enorme Vielfalt institutioneller Arrangements auf lediglich zwei Institutionenkombinationen reduziert. Er stellt in seiner vergleichenden Untersuchung[…]
Verzeichnis
1. Einleitung
2. Die politische Nachkriegsgeschichte Japans
3. Exekutive-Parteien-Dimension
3.1 Konzentration der Exekutivmacht bei einer Einparteien-Mehrheitsregierung, oder Aufteilung der Exekutivmacht auf eine Vielparteien-Koalitionsregierung?
3.2 Dominanz der Exekutive gegenüber der Legislative oder formelles und informelles Kräftegleichgewicht zwischen Exekutive und Legislative?
3.2.1 Institutionelle Regelungen zwischen Exekutive und Legislative
3.2.2 Der Einfluss der Regierungspartei vor der Verwaltungsreform
3.2.3 Der Einfluss der Regierungspartei nach der Verwaltungsreform
3.3 Zweiparteiensystem oder Vielparteiensystem?
3.4 Mehrheitswahlsystem mit disproportionaler Stimmen- und Sitzverteilung oder Verhältniswahlsystem?
3.4.1 Exkurs auf die Wirkung des neuen japanischen Wahlsystems auf das Parteiensystem
3.5 Pluralistisches Interessengruppensystem oder koordiniertes, korporatistisches Interessengruppensystem?
4. Föderalismus - Unitarismus - Dimension
4.1 Japan als unitarischer, zentralistischer Staat oder als föderaler, dezentralisierter Staat?
4.2 Einkammernparlament oder Zweikammernparlament mit gleich starken, unterschiedlich konstituierten Kammern?
4.3 Gibt es in Japan eine mit einfachen Mehrheiten veränderbare Verfassung oder eine schwer und nur mit sehr großen Mehrheiten zu verändernde geschriebene Verfassung?
4.4 Liegt in Japan das Letztentscheidungsrecht über die Konstitutionalität der Verfassung bei der Legislative, oder bedarf es in Japan einer richterlichen Überprüfung der Konstitutionalität der Verfassung durch ein Verfassungsgericht oder ein Oberstes Gericht?
4.5 Gibt es in Japan eine von der Regierung abhängige oder unabhängige Zentralbank?
4.5.1 Messung der Unabhängigkeit von Zentralbanken
4.5.2 Wie unabhängig ist die Bank of Japan?
5. Fazit
6. Schluss
- Citation du texte
- Bettina Kleber (Auteur), 2010, Das politische System Japans. Mehrheits- oder Konsensusdemokratie?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/300417
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