Einleitung
Im Sommer 1983 erschien ein Artikel von JÜRGEN HABERMAS, in dem er im Kontext des `heißen Herbstes´ zivilen Ungehorsam rechtfertigte(1) . Habermas bezog sich maßgeblich auf den entsprechenden Abschnitt in JOHN RAWLS Theorie of Justice(2) . Mehr als zehn Jahre später führten Rawls und Habermas in drei Artikeln eine Debatte über Unterschiede in ihren grundlegenden philosophischen Positionen(3) . In dieser Arbeit sollen eben diese Unterschiede am Beispiel des zivilen Ungehorsams aufgezeigt werden. Zuerst wird dargestellt, inwieweit die beiden Philosophen bei diesem Thema übereinstimmen. Da Habermas sich stark an Rawls anlehnt, finden sich weitgehende Parallelen. In einem zweiten Schritt werden die Unterschiede in der Einschätzung des zivilen Ungehorsams aufgezeigt. Diese Unterschiede finden sich vor allem in der Art und im Ausmaß der Rechtfertigung. Als drittes soll dann dargestellt werden, wie die gefundenen Unterschiede in den grundlegenderen Differenzen der verschiedenen Theorien gründen. Zuletzt wird bewiesen werden, dass zwar ein Teil der vermeintlichen Unterschiede aus Missverständnissen herrührt, Habermas` und Rawls` Theorien dennoch an einigen Punkten substantiell verschieden sind. In der Schlussbetrachtung werden die Ergebnisse zusammengefasst und gewertet. Es soll dabei gezeigt werden, dass Habermas Theorie eine stärkere Legitimation, Rawls eine bessere Realisierbarkeit für sich hat.
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Jürgen Habermas, „Ziviler Ungehorsam – Testfall für den demokratischen Rechtsstaat“, in: Ders., Die neue Unübersichtlichkeit. Kleine Politische Schriften V, Frankfurt a.M.1996, S.79-99. Erste Auflage Frankfurt a.M.1983.
John Rawls, A Theory of Justice. Revised Edition, Cambridge 1999. Erste Auflage Cambridge 1971.
Jürgen Habermas, „Versöhnung durch öffentlichen Vernunftgebrauch“, in: Ders., Die Einbeziehung des Anderen, Frankfurt a.M. 1999, S. 65-94. Ders., „`Vernünftig´ versus `wahr´ - oder die Moral der Weltbilder“, in: Ebd., S. 95-127. Sowie John Rawls, „Erwiderung auf Habermas“, in: Philosophische Gesellschaft Bad Homburg/ Wilfried Hinsch (Hrsg.), Zur Idee des politischen Liberalismus. John Rawls in der Diskussion, Frankfurt a.M. 1997, S.196-262.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Gemeinsamkeiten
- Die Definition
- Der Umgang mit zivilen Ungehorsam
- Rechtfertigung des zivilen Ungehorsams — Übereinstimmungen
- Die Unterschiede
- Weigerung aus Gewissensgründen und ziviler Ungehorsam
- Die Rolle von Stabilität
- Wie festgelegt sind die Grundrechte?
- Die Wertigkeit von Grundrechten
- Die Unterschiede in den Theorien
- Die Trennung zwischen Politik und Moral
- Original Position vs. Ideale Sprechsituation
- Schlussbetrachtung: Legitimation und Realität
- Literaturverzeichnis
- Quellen
- Sekundärliteratur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit vergleicht die Theorien von Jürgen Habermas und John Rawls am Beispiel des zivilen Ungehorsams. Sie analysiert die Gemeinsamkeiten und Unterschiede in ihren Ansätzen, insbesondere im Hinblick auf die Rechtfertigung und Legitimation dieser Protestform. Die Arbeit soll verdeutlichen, wie die unterschiedlichen theoretischen Konzepte der beiden Philosophen zu unterschiedlichen Einschätzungen des zivilen Ungehorsams führen.
- Definition und Legitimation des zivilen Ungehorsams
- Die Rolle von Stabilität und die Bedeutung von Grundrechten
- Die Trennung zwischen Politik und Moral in den Theorien von Habermas und Rawls
- Die Konzepte der idealen Sprechsituation und der Original Position
- Legitimation und Realisierbarkeit der Theorien von Habermas und Rawls
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema des zivilen Ungehorsams ein und stellt die beiden Philosophen Jürgen Habermas und John Rawls vor. Sie erläutert die Zielsetzung der Arbeit und die Herangehensweise an die Analyse der Theorien.
Im zweiten Kapitel werden die Gemeinsamkeiten in den Theorien von Habermas und Rawls zum zivilen Ungehorsam herausgearbeitet. Beide Autoren definieren zivilen Ungehorsam als einen öffentlichen, gewaltlosen und moralisch begründeten Protest, der die vorsätzliche Verletzung von Gesetzen beinhaltet. Sie stimmen auch darin überein, dass ziviler Ungehorsam nicht als Gefahr für den Rechtsstaat betrachtet werden sollte, sondern im Gegenteil als Prüfstein für dessen moralische Grundlagen.
Das dritte Kapitel beleuchtet die Unterschiede in den Theorien. Rawls differenziert zwischen „conscientious refusal" und „civil disobedience", während Habermas diese Unterscheidung nicht explizit vornimmt. Rawls betont zudem die stabilisierende Funktion des zivilen Ungehorsams, während Habermas diesen Aspekt nicht hervorhebt. Darüber hinaus werden Unterschiede in der Festlegung von Grundrechten und in der Wertigkeit von Freiheits- und Teilhaberechten aufgezeigt.
Im vierten Kapitel werden die Unterschiede in den Theorien von Habermas und Rawls eingeordnet und so deren grundlegende Differenzen herausgearbeitet. Die Trennung zwischen Politik und Moral wird mit der Unterscheidung zwischen „conscientious refusal" und „civil disobedience" sowie der Betonung der Stabilität bei Rawls in Verbindung gebracht. Es wird gezeigt, dass beide Philosophen ihre Theorien nicht freistehend, also nicht ohne gewisse substantielle Grundannahmen konstruieren können. Die unterschiedlichen Konzepte der idealen Sprechsituation und der Original Position werden mit der Wertigkeit von Freiheits- und Teilhaberechten sowie der Veränderbarkeit von Grundrechten in Verbindung gebracht.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen den zivilen Ungehorsam, die Legitimation, die Theorie der Gerechtigkeit, die Diskursethik, die ideale Sprechsituation, die Original Position, die Trennung zwischen Politik und Moral, die Grundrechte, die Freiheitsrechte, die Teilhaberechte, die Stabilität des Rechtsstaates, die politische Philosophie, Jürgen Habermas und John Rawls.
- Citar trabajo
- Sebastian Karcher (Autor), 2000, Habermas und Rawls im Vergleich: Legitimation und Realität, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/3000
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