Die Debatte über Zwangsheirat und häusliche Gewalt in Migrantenfamilien wurde ausgelöst durch die bundesweite Kampagne der Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes im Jahr 2003 unter dem Titel "Stoppt Zwangsheirat". Besonderen Nachdruck gewann die Diskussion aber durch die allgemein als Ehrenmord verstandene Bluttat an Hatun Aynur Sürücü am 7. Februar 2005 in Berlin. Auf politisch-rechtlicher Ebene gab es diesbezüglich eine lange Diskussion, welche auf die Anhebung des Nachzugsalters für Ehegatten von bisher 18 Jahren auf 21 Jahre zielte. Kritiker hielten die geplante Maßnahme zur Verhinderung von Zwangsehen nicht nur für wirkungslos, sie äußerten vielmehr verfassungsrechtliche Bedenken.
Die Arbeit möchte einen Beitrag leisten zu einer differenzierteren Sichtweise des Phänomens der Zwangsverheiratung. In diesem Zusammenhang werden die Möglichkeiten rechtlicher Regelungen vor dem Hintergrund des aus den Grund- und Menschenrechten erwachsenden normativen Anspruchs in ihrem Für und Wider dargestellt. Daran anschließend skizziert der Autor die politische Auseinandersetzung zum Thema in ihrem Spannungs-verhältnis zu den genannten normativen Erwartungen und reflektiert die Frage der Fundierung des universalen Geltungsanspruchs der Menschenrechte.
Ein weiterer Schritt fragt aus soziologischer Sicht nach einer Erklärung für die fortwährende Diskrepanz zwischen normativem Anspruch und politischer Handhabung. Die Ursache hierfür wird in der empirischen Unvereinbarkeit nationalstaatlicher Verfasstheit der Politik mit dem universalen Anspruch der Grund- und Menschenrechte identifiziert. Auf dieser Grundlage wird schließlich ein Fazit als Beitrag für weitere Diskussionen formuliert.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Zwangsverheiratung oder arrangierte Ehe?
- Die arrangierte Ehe
- Definition und Formen von Zwangsverheiratung
- Fließende Übergänge zwischen verschiedenen Formen der Eheschließung
- Rechtliche Möglichkeiten der Regulierung
- Strafrecht
- Aufenthaltsrecht
- Zivilrecht
- Staatsangehörigkeitsrecht
- Politik: Zuwanderungsbegrenzung im Namen der Bekämpfung von Zwangsheirat?
- Politischer Diskurs: Der Nationale Integrationsplan
- Realisierung: Aufenthaltsgesetz und Richtlinienumsetzungsgesetz
- Normativer Anspruch, Kulturpluralismus und Menschenrechte
- Die Debatte um Zwangsverheiratung aus soziologischer Perspektive
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht das Phänomen der Zwangsverheiratung in Deutschland, insbesondere im Kontext von Zuwanderung und Integration. Sie beleuchtet die unterschiedlichen Perspektiven und Herausforderungen, die mit diesem komplexen Thema verbunden sind.
- Abgrenzung zwischen arrangierter Ehe und Zwangsverheiratung
- Rechtliche Rahmenbedingungen und Möglichkeiten der Regulierung
- Politische Debatten und Maßnahmen zur Bekämpfung von Zwangsverheiratung
- Soziologische Perspektiven auf die Ursachen und Folgen von Zwangsverheiratung
- Der Spannungsbereich zwischen normativen Ansprüchen und der politischen Praxis
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema ein und stellt die Relevanz der Thematik im Kontext von Zuwanderung und Integration dar. Kapitel 2 befasst sich mit der Abgrenzung zwischen arrangierter Ehe und Zwangsverheiratung und analysiert verschiedene Formen von Zwangsverheiratung. Kapitel 3 beleuchtet die rechtlichen Möglichkeiten der Regulierung von Zwangsverheiratung in Deutschland, wobei verschiedene Rechtsgebiete wie Strafrecht, Aufenthaltsrecht, Zivilrecht und Staatsangehörigkeitsrecht betrachtet werden. Kapitel 4 skizziert die politische Auseinandersetzung zum Thema Zwangsverheiratung, insbesondere im Zusammenhang mit der Debatte um die Zuwanderungsbegrenzung. Kapitel 5 befasst sich mit der soziologischen Perspektive auf Zwangsverheiratung und analysiert die Ursachen und Folgen des Phänomens. Das Fazit fasst die wichtigsten Erkenntnisse der Arbeit zusammen und bietet einen Ausblick auf weitere Forschungsbedarfe.
Schlüsselwörter
Zwangsverheiratung, arrangierte Ehe, Zuwanderung, Integration, Recht, Politik, Soziologie, Kulturpluralismus, Menschenrechte, normative Erwartungen, Integrationsplan, Aufenthaltsrecht, Strafrecht, Zivilrecht, Staatsangehörigkeitsrecht.
- Arbeit zitieren
- Tobias Keßler (Autor:in), 2009, Zwangsverheiratung in Deutschland im Spannungsfeld von Politik, Recht und normativer Erwartung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/299468
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