„Memento“, der zweite abendfüllende Film des jungen Regisseurs Christopher Nolan wurde mit einem relativ kleinen Budget von 5 Millionen Dollar in nur 25
Drehtagen fertiggestellt. Dank Mundpropaganda und durchweg guter Kritiken , wurde er der erfolgreichste Independent Film des Jahres 2000 in Amerika und
spielte über 24 Millionen Dollar ein. Das Drehbuch erhielt auf dem Sundance Filmfestival mit dem Waldo Salt Award. 1
Als Vorlage für den Film diente Nolan die Kurzgeschichte „Memento Mori“ geschrieben von seinem Bruder Jonathan. Es war ihr erstes gemeinsames Projekt
und Nolan erinnert sich: „He was in the process of writing this story as we were driving cross-country from Chicago to L.A. […]. He told me the bare bones, and
I immediately responded, told him what I felt I coud do with it. We scribled away at the same time, so we had an interesting parallel development of the same
themes.” 2
Nolans Interesse an der Umsetzung der Geschichte in einen Film war es, den Zuschauer in die Position des Protagonisten zu versetzen, sie aus einer extrem
subjektiven Weltsicht zu erzählen. „The protagonist has this condition whereby his mind can´t make new memories, so I was interested in that: if we apply it to
ourselves, we see how fragile our systems are for placing ourselves, in the world, in time and in space. How do we know people can be trusted? I wanted to put
the audience in his head, make them think that way, question things he does.”3
Die These dieser Arbeit ist, dass Nolan dieses Vorhaben, den Zuschauer dazu zu bringen, sich in die Lage der Hauptfigur einzufühlen, durch seinen effektvollen
dramaturgischen Trick, die Geschichte nicht linear, sondern in verschiedenen Richtungen zu erzählen, gelungen ist.
1 Siehe www.filmspiegel.de
2 Zitiert aus dem Interview vom 17.10.2000 mit Chris Roberts siehe www.christophernolan.net
3 ebd.
Inhaltsverzeichnis
1. Einführung
2. Inhalt
2.1. Inhaltsangabe zum Film
2.2. Inhalt der Sequenz
3.Sequenzanalyse
3.1. Sequenzanalyse des 1. Parts
3.2. Sequenzanalyse des 2. Parts
4. Erzählstruktur
4.1. Erzählstruktur des Films
4.2. Einordnung der analysierten Sequenz
5. Schlussfolgerungen
Literaturverzeichnis
Anhang: Sequenzprotokoll
1. Einführung
„Memento“, der zweite abendfüllende Film des jungen Regisseurs Christopher Nolan wurde mit einem relativ kleinen Budget von 5 Millionen Dollar in nur 25 Drehtagen fertiggestellt. Dank Mundpropaganda und durchweg guter Kritiken , wurde er der erfolgreichste Independent Film des Jahres 2000 in Amerika und spielte über 24 Millionen Dollar ein. Das Drehbuch erhielt auf dem Sundance Filmfestival mit dem Waldo Salt Award.1
Als Vorlage für den Film diente Nolan die Kurzgeschichte „Memento Mori“ geschrieben von seinem Bruder Jonathan. Es war ihr erstes gemeinsames Projekt und Nolan erinnert sich: „He was in the process of writing this story as we were driving cross-country from Chicago to L.A. […]. He told me the bare bones, and I immediately responded, told him what I felt I coud do with it. We scribled away at the same time, so we had an interesting parallel development of the same themes.”2
Nolans Interesse an der Umsetzung der Geschichte in einen Film war es, den Zuschauer in die Position des Protagonisten zu versetzen, sie aus einer extrem subjektiven Weltsicht zu erzählen. „The protagonist has this condition whereby his mind can´t make new memories, so I was interested in that: if we apply it to ourselves, we see how fragile our systems are for placing ourselves, in the world, in time and in space. How do we know people can be trusted? I wanted to put the audience in his head, make them think that way, question things he does.”3
Die These dieser Arbeit ist, dass Nolan dieses Vorhaben, den Zuschauer dazu zu bringen, sich in die Lage der Hauptfigur einzufühlen, durch seinen effektvollen dramaturgischen Trick, die Geschichte nicht linear, sondern in verschiedenen Richtungen zu erzählen, gelungen ist.
2. Inhalt
2.1 Inhaltsangabe von Memento
Lennart Shelby, die Hauptfigur des Films irrt durch die Stadt um den Mörder seiner über alles geliebten Frau zu finden und zu töten. Die Suche wird dadurch erschwert, dass Lennart seit dem Tod seiner Frau an Gedächtnisschwund leidet, das heißt er kann sich alles nur für kurze Momente merken und vergisst danach vollständig, was und mit wem er gesprochen hat, wo er wohnt, wer Freund, wer Feind ist. Das letzte, woran er sich aus seinem Leben erinnert, ist die Nacht, in der seine Frau starb. Deshalb hat er sich ein System erarbeitet, dass es ihm ermöglicht, Informationen und Erkenntnisse über die Momente hinaus zu behalten.
Er macht von Personen und Orten ein Foto mit seiner Polaroidkamera, die den Vorteil hat, dass sie schon kurz nach der Aufnahme das fertige Bild liefert.
Außerdem notiert er auf diesen Photos alles für ihn relevante zu der jeweiligen Person. So kann er anhand der Notizen und Fotos nach dem Erwachen seine momentane Situation immer wieder neu rekonstruieren. Unerlässliche Dinge, wie beispielsweise „ John G. raped and murdered my wife“ „find and kill him“ tätowiert sich Lennart auf den eigenen Körper. So kann er diese, für die Erreichung seines Ziels unentbehrlichen Fakten auf keinen Fall verlieren oder vergessen. So übernimmt sein Körper die Funktion seines beschädigten Gedächtnisses. Er nennt dies dauerhafte Notizen machen. Die wohl wichtigste tätowierte Erinnerung ist die Aufforderung, sich an Sammy Jankis zu erinnern, die er sich auf der linken Hand tätowiert hat, wo sie sofort ins Auge fällt, denn anhand der tragischen Geschichte von Sammy, die dem Zuschauer parallel zur Hauptgeschichte von Lennart selbst erzählt wird, kann sich Lennart seines eigenen Zustandes immer wieder bewusst werden. Die Geschichte mit Sammy ereignete sich vor dem Mord an Lennarts Frau, so dass er sich ihrer noch immer entsinnen kann. Den Fall von Sammy Jankis hatte Lennart, der für eine Versicherungsgesellschaft arbeitete, damals zu bearbeiten. Sammy litt wie Lennart nun unter einer bestimmten Art des Gedächtnisschwunds auch, Kurzzeitgedächtnis genannt. Er konnte sich Dinge nur für den Moment merken, aber er war fähig komplizierte Arbeiten, wie das Spritzen seiner Frau mit Insulin auszuführen, wenn er sie vor seiner Krankheit erlernt hatte. Lennarts Aufgabe bestand darin festzustellen, ob Sammy Jankis simulierte und die Versicherung nicht zahlen müsste. In einem vertraulichen Gespräch der Frau von Sammy und Lennart gab er ihr gegenüber zu, dass nach Meinung der Ärzte Sammy fähig sein müsse, neue Erfahrungen zu speichern und anzuwenden. In ihrer Verzweiflung stellte sie ihren Mann auf die Probe und ließ ihn ihr im Viertelstundentakt Insulin spritzen bis sie an der Überdosis starb, denn Sammy war es gegen der Meinung der Experten nicht möglich, wiederholte Ausführungen zu behalten. Lennart hatte sich geirrt.
In seinem eigenen Fall ist Lennart aber davon überzeugt, dass er fähig ist, sich Dinge durch Konditionierung zu merken, dass heißt durch ein kontinuierliches, systematisches Erarbeiten der Fakten und dem Ziehen von Schlüssen aus ihnen den wirklichen Mörder seiner Frau zu finden.
Der Film Memento bezieht seine Spannung zu großen Teilen aus seiner Erzählstruktur.
Es laufen für den Zuschauer zwei Geschichten parallel, die sich in ihrer Farbgebung und ihrer Erzählrichtung unterscheiden, was den Zuschauer in einen Dauerzustand der Aufmerksamkeit versetzt, da er extrem gefordert wird dem Verlauf der Geschichte zu folgen und nicht durch das Übersehen eines Details den Überblick zu verlieren .
Bei meiner Analyse werde ich daher der Frage nachgehen, wie die Art und Weise der Informationsvergabe an den Zuschauer durch die gewählte Erzählstruktur funktioniert und er in einen ähnlichen Zustand, wie den des Hauptdarstellers versetzt wird. Für die geforderte Sequenzanalyse wähle ich die 2 Anfangsszenen, denn sie führen den Zuschauer in die Geschichte ein und haben somit einen exemplarische Stellenwert für die gesamte Geschichte inne.
2.2. Inhalt der Sequenz
2.2.1. der ersten Szene
Nach der Einführung des Titels des Filmes wird der schwarze Hintergrund mit der weißen Titelschrift in das Anfangsbild überblendet. Man sieht ein entwickeltes Polaroidfoto, das einen getöteten, auf dem Boden liegenden Mann zeigt. Dieses Foto wird von einer unbekannten Person ruhig in die Kamera gehalten. Nach einigen Sekunden wedelt diese das Foto, als ob es sich noch im Entwicklungszustand befände. Das Foto verblasst mit jedem Wedeln mehr. Als das Foto in seinen Urzustand, d.h. weiß ist, wird es in eine Polaroidkamera gesteckt, allerdings in die Öffnung, wo normalerweise das gemachte Foto die Kamera verlässt. Darauf erfolgt das Blitzen der Kamera und das Gesicht Lennarts, der das Foto gemacht hat, wird sichtbar. Dann folgen kurze, Naheinstellungen von Dingen in der Umgebung. Eine Mauer an der Blut hinauf läuft, eine Patrone auf Fliesenboden, eine verkehrt herum liegende Brille, der tote Mann in seiner Blutlache mit den blutbeschmierten Wände. In der nun folgenden Einstellung fliegt Lennart eine Pistole in die Hand und er kniet sich nieder. Dann folgen wieder sehr kurze Einstellungen von den vorher eingeführten Gegenständen, diesmal aber in Bewegung. Die Patrone rollt auf dem Fliesenboden nach hinten. Die Brille fliegt nach oben. Der Tote erhebt sich und die Brille fliegt ihm auf die Nase. Die Patrone springt in den Pistolenlauf. Lennart schießt. Der Tote dreht sich zur Kamera um, die Wände sind nun ohne Blut, der „Tote“ schreit. Schwarz.
2.2.2. der zweiten Szene
Lennart sitzt in einem ihm unbekannten Hotelzimmer. Seine, uns über den gesprochenen inneren Monolog zugänglichen Gedanken verraten, dass er nicht weiß, wie lange er schon hier wohnt oder wie er hierher gekommen ist. Der Zuschauer schaut sich mit ihm im Zimmer um, aber es ist und bleibt für beide Seiten ein anonymes Zimmer.
3. Sequenzanalyse
3.1. Sequenzanalyse der 1. Szene
Spätestens beim Anblick des Blutes, das die Wand hoch läuft, wird dem Zuschauer klar, dass diese Bilder rückwärts gezeigt werden. Vorwärts erzählt geht die Geschichte so: Lennart erschießt Teddy während dieser Nein schreit. Die Patrone fliegt aus dem Pistolenlauf auf den Boden. Teddys Brille fliegt ihm beim Aufschlagen auf den Boden von der Nase. Lennart steht auf, wirft die Pistole weg und macht ein Foto mit der Polaroidkamera von seinem Opfer und betrachtet dieses bis es entwickelt ist.
Auffällig an den verwendeten Bildern ist, dass es nur sehr wenig Bewegung, sowohl der Figuren als auch der Kamera gibt. Die Einstellungen bestehen zum großen Teil aus Nah- oder Detailaufnahmen der Personen und Gegenstände, was es dem Zuschauer erschwert den Raum zu erschließen, in dem der Mord geschieht. Nur die Fliesen an den Wänden und auf dem Boden geben ein so ungefähres Bild, um was für einen Ort es sich handeln könnte. Die Wahl von zumeist Standbildern oder Einstellungen mit nur minimalen Bewegungen erschwert beim ersten Sehen das Erkennen, dass es sich hierbei um rückwärts gespielte Bilder handelt. Erst bei der Erschießung gibt sich das hier verwendete Mittel zu erkennen, denn hier werden die Bewegungen komplexer und dadurch im Rückwärtslauf unnatürlich und unlogisch.
Die Dauer der Einstellungen nimmt zum Ende der Sequenz stark ab. Dauert die erste Einstellung noch 72 Sekunden, so liegen die letzten drei unter einer Sekunde. Dadurch werden die Ereignisse in ihrer Spannung unterstützt, denn die letzten drei Einstellungen, die gleichzeitig die kürzesten sind, zeigen den Sprung der Patrone in den Lauf, den Schuss und den Schrei des „Toten“ .
Das Licht ermöglicht eine geringe Orientierung im dargestellten Raum, denn es gibt nur eine Lichtquelle. Ein mit Folie bespanntes Tor, dass ungefähr in der Mitte der Szene neben Lennart zu sehen ist, scheint die einzige Lichtquelle im Raum zu sein. Jeweils die Seite, von welcher der gezeigte Gegenstand Licht erhält, gibt ihm seine Position im Raum. Diese Beobachtung greift am besten bei den sich gegenüber stehenden Personen Lennart und Teddy. Wenn Lennart im Bild zu sehen ist, erhält er Licht von der rechten Seite (seine linke Seite). Teddy aber ist immer von der linken Seite ( seine linke Seite, da er ja auf dem Bauch, also mit dem Rücken zu Lennart liegt) beleuchtet. Dies gestattet dem Zuschauer etwas Orientierung in dem sonst sehr dunkel gehaltenen Raum. Der, die Bilder begleitende Ton läuft vorwärts. Die ersten Einstellungen sind mit einer Geigenmusik unterlegt, die von diegetischen Geräuschen wie dem Wedeln des Polaroids, dem Schuss, dem Schrei oder dem Blitzlicht begleitet werden. Ab Einstellung 16 beginnt sich eine Art Soggeräusch aufzubauen, welches sich zum Ende hin an Lautstärke und Intensität steigert und so, wie die schnellere Bildfolge die Spannung der Situation verstärkt.
Der erste Teil der gewählten Sequenz ist in Farbe gedreht worden, was im ersten Moment keine bemerkenswerte Wirkung hat, aber durch die Absetzung zum 2. Teil eine Bedeutung erhält.
3.2. Sequenzanalyse der 2. Szene
Die Szene beginnt mit der Einstellung von Lennarts unbeweglichen Mund in der Profilaufnahme seines Gesichts. Die Kamera fährt dieses bis zu den Augen hinauf. Lennart blinzelt leicht und dreht den Kopf nach rechts zur Kamera. Währendessen hören wir seine Stimme aus dem Off, die uns verrät, dass er kein Gefühl für die Zeit hat, die er an diesem Ort schon verbracht hat und sich auch nicht an die Ereignisse vor seinem Erwachen erinnert. Er betrachtet das Zimmer und der Zuschauer tut es ihm gleich, wenn er sodann die Bilder des Raumes von Lennarts Position vom Bett aus zu sehen bekommt. Er ertastet den Schlüssel, betrachtet den Spiegel auf der Kommode und den Wandschrank in der Ecke. Die Schlussaufnahme in der Aufsicht zeigt Lennarts Position im Zimmer.
[...]
1 Siehe www.filmspiegel.de
2 Zitiert aus dem Interview vom 17.10.2000 mit Chris Roberts siehe www.christophernolan.net
3 ebd.
- Arbeit zitieren
- Andrea Wildt (Autor:in), 2004, Analyse der Erzählstruktur von Memento, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/29943
-
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen.