Die Fähigkeit, mathematische Modelle zu erstellen und auf Realsituationen anzuwenden, spielt eine zentrale Rolle im modernen anwendungsorientierten Mathematikunterrichtes. Gerade bei der Förderung dieser Kompetenzen bietet der Computer als Werkzeug im Mathematikunterricht neue Möglichkeiten und Methoden bereit, die es oft erst ermöglichen, mathematische Inhalte zu modellieren und dadurch den Schüler zur Anwendung von Mathematik zu befähigen. In der Arbeit wird aufgezeigt, wie mit Hilfe des Arbeitsmittels Computer die altbewährten Ziele des Mathematikunterrichtes ergänzt und unterstützt werden können und in welcher Weise neue Informations- und Kommunikationstechnologien das Lernen verändern kann.
Im ersten Teil werden verschiedene Fragestellungen zum Thema Computereinsatz im Unterricht diskutiert: Warum überhaupt den Computer im Unterricht einsetzen? Welche Chancen und Möglichkeiten bietet er? Welche Probleme und Gefahren können auftreten? Was bedeutet dies für den Unterricht?
Anschließend werden unterschiedliche Programme und Programmtypen und ihre Fähigkeit, den Modellierungsprozess zu unterstützen besprochen.
Anhand von zwei Beispielen werden danach konkrete Modellierungen für den Unterrichteinsatz vorgestellt. Dabei werden drei Werkzeuge verwendet: Fathom, Excel und Dynasys.
Inhaltsverzeichnis:
1 Einleitung
2 Der Computer im Mathematikunterricht
2.1 Ausgangslage
2.1.1 Zum Nutzen mathematischer Modelle
2.1.2 Schwierigkeiten
2.1.3 Konsequenzen
2.2 Der Computer im Modellkreislauf
2.2.1 Einsatzarten des Computers
2.2.2 Geeignete Modellarten
2.2.3 Dynamische Modellierung und Simulation
2.3 Chancen und Möglichkeiten durch Computereinsatz
2.3.1 Trivialisieren
2.3.2 Konzentration
2.3.3 Experimentieren
2.3.4 Visualisieren
2.4 Probleme und Gefahren des Computereinsatzes
2.4.1 Überschätzung des Computers
2.4.2 Ablenkung
2.4.3 Computereinsatz erfordert Lehrereinsatz
2.4.4 Äußere Bedingungen
2.5 Konsequenzen für den Unterricht
2.5.1 Prozessorientierter Unterricht
2.5.2 Weniger Lehrerdominanz
2.5.3 Fächerübergreifender, projektartiger Unterricht
3 Modellbildungssoftware
3.1 Grafische Modellierungssoftware
3.2 Tabellenkalkulation
3.3 Computeralgebrasysteme (CAS)
3.4 Dynamische Geometrie Software (DGS)
3.5 Programmiersprachen
3.6 Sonstige Software
4 Beispiele
4.1 Räuber-Beute Modell
4.1.1 Das Modell in Dynasys
4.1.2 Das Modell in Excel
4.2 Auf Entdeckungsreise mit Kepler
5 Fazit
6 Literatur
1 Einleitung
Die Entwicklung neuer Werkzeuge hat sich in der Geschichte der Menschheit schon oft als Ausgangspunkt für neue Denk-, Arbeits- und Verfahrensweisen erwiesen, man denke nur an Erfindungen wie das Rad, der Hammer oder Baukrans.
So kontrovers der Computereinsatz im Mathematikunterricht diskutiert wird, bietet der Computer als Werkzeug im Mathematikunterricht neue Möglichkeiten und Methoden die es oft gar erst ermöglichen, mathematische Inhalte zu modellieren und dadurch den Schüler zur Anwendung von Mathematik zu befähigen.
In der heutigen Diskussion stellt sich nicht mehr die Frage ob, sondern wie der Computer die altbewährten Ziele des Mathematikunterrichtes ergänzen und unterstützen kann und in welcher Weise neue Informations- und Kommunikationstechnologien das Lernen und die Schule verändert.
Im ersten Teil gehe ich auf die verschiednen Fragestellungen zum Thema Computereinsatz im Unterricht ein: Warum überhaupt den Computer im Unterricht einsetzen? Welche Chancen und Möglichkeiten bietet er? Welche Probleme und Gefahren können auftreten? Was bedeutet dies für den Unterricht?
Anschließend werden unterschiedliche Programme und Programmtypen und ihre Fähigkeit, den Modellierungsprozess zu unterstützen besprochen.
Anhand von zwei Beispielen werden danach konkrete Modellierungen für den Unterrichteinsatz vorgestellt. Dabei werden drei unterschiedliche Werkzeuge verwendet: Fathom, Excel und Dynasys.
Um die Lesbarkeit des Textes zu verbessern, wurde statt „Schülerinnen und Schü- ler“, „ Lehrerinnen und Lehrer“ usw. einfach „Schüler“ bzw. „Lehrer“ geschrieben.
2 Der Computer im Mathematikunterricht
2.1 Ausgangslage
Die Fähigkeit, mathematische Kenntnisse und Methoden als Werkzeug, Strukturierungs- und Orientierungsmittel im Alltag anwenden zu können, ist eines der Hauptziele mathematischer Bildung1.
Die Mathematisierung bzw. Modellierung von realen Sachverhalten wird in diesem Zusammenhang meist als besonders schwierig erlebt, da hier nicht nach einem „Rezept“ vorgegangen werden kann.
2.1.1 Zum Nutzen mathematischer Modelle
Mathematische Modellierung ist kein Selbstzweck, sondern eine Orientierungs- und Strukturierungshilfe in der Welt. Wir brauchen Modelle, um die Muster unserer Er- fahrungen in oft komplexen Situationen zu verstehen und interpretieren zu können.
Das Grundschema jedes Modellbildungsprozesses sieht wie folgt aus:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Eine komplexe, unübersichtliche Situation wird durch Reduktion der Komplexität mit Hilfe von Idealisierungen auf ein Modell abgebildet, das eine Bearbeitung der Problemstellung mit mathematischen Mitteln erlaubt.
Die durch die Verarbeitung der Modellgrößen mittels mathematischer Kalküle erhal- tenen Ergebnisse müssen in Bezug auf den realen Kontext interpretiert und an- schließend - besonders im Hinblick auf die Modellannahmen - geprüft werden.
2.1.2 Schwierigkeiten
Relative Schwierigkeiten haben viele deutsche Schüler mit dem Prozess des Mathematisierens, d.h. der sinnvollen Übertragung und Anwendung von Mathematik, was auch empirische Studien wie TIMS und PISA belegen. Dagegen sind deutsche Schüler vergleichsweise gut im Ausführen von Rechenalgorithmen.
Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass der Mathematikunterricht in Deutschland zu einem großen Teil aus dem Abarbeiten und Einschleifen von Rechenverfahren besteht und das Thema Problemlösen nur halbherzig angegangen wird. Oft wird die Mathematisierung von realen Situationen im Unterricht schon allein dadurch erschwert, dass Schüler lieber „Rechnen“ als „Denken“ und deshalb gerade algorithmische Verfahren dem kreativen Prozess des Mathematisierens vorziehen. Ein großer Teil der Aufgaben im Mathematikunterricht sind ergebnisorientierte, eingekleidete Textaufgaben oder Rechenaufgaben, bei denen die Schüler bereits bekannte Lösungswege „blind“ übertragen können.
Offene, prozessorienterte Aufgabenstellungen und Arbeitsweisen, mit denen entdeckend und experimentell mathematische Zusammenhänge erarbeitet werden, spielen kaum eine Rolle.
Albrecht Beutelspacher bringt dies auf den Punkt:
"[...] [Die Mathematik] stellt sich [...] für die meisten Schüler als undurchdringli- cher und sinnleerer Formelwald dar. Auch wer im Abitur noch ganz gut ist, weißnicht, was Mathe wirklich ist. Es wird ihm ein völlig falsches Bild suggeriert. Dass Mathematik mit Spaß, Neugier und Kreativität zu tun hat, kommt in der Schule nicht vor." 1
Diese Missstände sind wohl auch der Hauptgrund, warum Mathematik von den Schülern oft als sinnlos und unnützlich für die eigene Lebenssituation empfunden wird.
2.1.3 Konsequenzen
Deshalb muss im Mathematikunterricht, der zur Anwendung von Mathematik befähigen will, mehr Gewicht auf Problemlösen, d.h. die Mathematisierung bzw. Modellierung von realen Situationen gelegt werden.
Der Computer kann dabei den Mathematikunterricht bereichern und (ob zum Positiven oder zum Negativen sei dahingestellt) verändern.
Während früher die Handhabung von Computersystemen nur mit Expertenwissen möglich war, kann heute jeder per Knopfdruck Berechnungen durchführen. Der Computer reiht sich damit in die Liste der (für dem MU) nützlichen Hilfsmittel wie Taschenrechner, Abakus, Rechenschieber, usw. ein, und soll deshalb Werkzeug, aber nicht selbst Inhalt des Unterrichts sein.
Ziel des Einsatzes von Hilfsmitteln und Werkzeugen im Mathematikunterricht muss es sein, die Umsetzung von Lernzielen zu unterstützen.
Weigand schreibt dazu1:
"Unsere zentrale These ist, dass der Computer die lange Kette mathematischer Werkzeuge wie Ziffernsysteme, Abakus, Rechenmaschine und Taschenrechner fortsetzt und die Entwicklung mathematischer Denk- und Arbeitsweisen, wie strukturiertes, modulares und funktionales Denken unterstützt oder manchmal gar erst ermöglicht."
Die Nutzung neuer Medien im Unterricht ist kein Selbstzweck und fordert vom Lehrer einen verantwortlichen Umgang als pädagogisch sinnvolles Werkzeug, dass die Ziele mathematischer Bildung unterstützt.
2.2 Der Computer im Modellkreislauf
Unten ist noch einmal das Grundschema jedes Modellbildungsprozess dargestellt. Das Computersymbol soll andeuten, dass in dieser Phase der Computer unterstützend eingesetzt werden kann.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2.2.1 Einsatzarten des Computers
Der Computer kann folglich im Modellierungsprozess sinnvoll und nutzbringend eingesetzt werden bei…2
- Rechenintensiven, deterministischen Tätigkeiten,
- der Gewinnung, Verwaltung, Strukturierung und Auswertung großer Daten- mengen,
- der Visualisierung von Prozessen und Ergebnissen,
- Experimentellen Erkundungen,
- dem „Durchmustern“ von Modellen hinsichtlich Adäquatheit und Effizienz.
2.2.2 Geeignete Modellarten
Für den Einsatz des Computers sind beim Modellierungsprozess besonders Modelle geeignet…1
- in denen große Datenmengen elementar verarbeitet werden. Dabei kommt die Fähigkeit des Computers zu tragen, riesige Datenbestände sehr schnell zu strukturieren, verwalten und auszuwerten/ visualisieren.
- deren Lösungen durch systematisches Probieren ermittelt werden können. Durch die extrem schnelle Berechnung und Visualisierung durch den Compu- ter, können z.B. durch Parametervariation verschiedene Möglichkeiten „durchprobiert“ werden ohne dass dies mit einem erhöhten Rechenaufwand für den Schüler verbunden ist.
- die auf Iteration und Rekursion aufbauen, Daten und Datenstrukturen diskre- tisiert werden, da der Computer selbst nur mit diskreten Werten rechnen kann.
- die Repräsentation qualitativer und quantitativer Auswertung von Daten sind und funktionalen Zusammenhängen genügen. Durch die Darstellung als Funktion können dann z.B. Prognosen abgegeben werden.
- in denen durch Situationssimulation als dynamisch-prozessuale Betrach- tungsweise von Vorgängen sich die mathematischen Modellösungen ablei- ten lassen.
2.2.3 Dynamische Modellierung und Simulation
Bei der Modellierung von komplexen Situationen gelingt die Konstruktion eines an- gemessenen Modells selten auf Anhieb. Oft muss zunächst ein einfaches Modell er- stellt werden, das Modellverhalten an der Realität überprüft und ggf. dann das Mo- dell modifiziert bzw. verfeinert werden. Dies soll durch das folgende Schaubild2 ver- anschaulicht werden
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Der Computer ist für diese Zwecke das adäquate Werkzeug, da Modellmodifikationen in sekundenschnelle auf das Modell umgerechnet werden können und damit Veränderungen und Reaktionen sehr schnell sichtbar werden.
Dynamische Modellierung mit dem Computer ermöglicht also…
- zielgerichtetes Experimentieren mit verschieden Modellen z.B. durch Parame- tervariation, Approximation, usw.
- entdecken von Gesetzmäßigkeiten und Zusammenhängen.
- das entlarven von schlechten Modellen.
- das beurteilen und vergleichen von Modellen und der enthalten Idealisierun- gen.
- auch komplexe Probleme zu bearbeiten.
- Entwicklung von Problemlösestrategien und Übertragung von Erkenntnissen.
Das Prinzip „Was passiert wenn….“ spielt in vielen Bereichen eine wichtige Rolle, insbesondere bei Voraussagen und Simulationen.
Unter Simulation versteht man die Technik des Experimentierens mit dem Modell, insbesondere die experimentelle Auswertung von Modellen im Zeitablauf. Diese Technik ist vor allem für komplizierte technische, ökonomische und soziale Systeme entwickelt worden, bei denen dem Experiment mit dem realen Objekt enge Grenzen gesetzt sind.1
2.3 Chancen und Möglichkeiten durch Computereinsatz
Man kann (nach [Kutzler2000]) grundsätzlich zwei Verwendungen des Computers unterscheiden: das Automatisieren und das Kompensieren.
Automatisieren
Vergleichbar mit der Verwendung des Computers in der Mathematik ist das Autofahren. Anstatt lange und mühsame Strecken zu Fuß zurückzulegen, benutzt man sinnvollerweise das Auto, dagegen wird man um an einem 100m entfernten Kiosk eine Zeitung zu holen nicht das Auto starten.
In der Mathematik ist dies entsprechend: leichte Rechnungen wie das Addieren von zwei kleinen Zahlen kann man im Kopf erledigen, für große und fehleranfällige Rechnungen wird man den Taschenrechner oder Computer zu Hilfe nehmen. Natürlich besteht wie auch beim Auto die Gefahr des Missbrauchs von Technologie. Genauso wie es Autofahrer gibt, die 100m bis zum nächsten Kiosk fahren, wird es Schüler geben, die „6 mal 8“ mit dem Taschenrechner rechnen. Das reicht (zumin- dest im Falle des Autos) nicht aus, um gleich die Abschaffung der Technologie zu fordern. Vielmehr muss das Bewusstsein beim Schüler erzeugt werden, dass geistige Aktivitäten (wie das Kopfrechnen) erforderlich sind für die „intellektuelle Fitness“.
[...]
1 Vgl. z.B. Lernziele das Mathematikunterrichts nach Heinrich Winter, PiSA-Kompetenzen usw.
1 mathematische Zitatesammlung unter www.stauff.de
1 [Weigend&Weth2002]
2 [Leneke&Henning1998]
1 [Henning&Leneke1998]
2 [Ziegenbalg1996] S.158
1 www.ikarus.uni-dortmund.de
- Citar trabajo
- Christian Urff (Autor), 2003, Der Computer als Werkzeug zur Modellbildung im Mathematikunterricht, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/29787
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