Einführung
Mit dem am 24. April 1998 in Kraft getretenen Kapitalaufnahmeerleichterungsgesetz (KapAEG) ist § 292a Handelsgesetzbuch (HGB) in das deutsche Bilanzrecht eingeführt
worden. Er gibt börsennotierten deutschen Unternehmen die Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen, einen Konzernabschluss nach international anerkannten Rechnungslegungsnormen zu erstellen. Diese Regelung hat bezüglich der Aufstellung eines Konzernjahresabschlusses nach deutschen Vorschriften eine befreiende Wirkung und gilt gemäß Artikel 5 KapAEG letztmals für das Geschäftsjahr, das längstens bis zum 31.
Dezember 1994 dauert. Mit dieser Regelung soll zum einen die ”Inländerdiskriminierung” des § 292 HGB aufgehoben werden und zum anderen sollen deutsche Konzerne, die auf dem internationalen Kapitalmarkt agieren, von einem doppelten Arbeitsaufwand entlastet
werden.(1) Vor allem Konzerne, die eine Börsennotierung an der New Yorker Börse (New York Stock Exchange) anstreben, um einen Zugang zum amerikanischen Kapitalmarkt zu erhalten, profitieren von der Gesetzesnovelle. Die dortige Börsenaufsicht Securities and
Exchange Commission (SEC) verlangt sowohl für das einzelne Quartal als auch für das gesamte Geschäftsjahr einen geprüften Abschluss entweder nach den dortigen Rechnungslegungsvorschriften United States Generally Accepted Accounting Principles (US-GAAP) oder den International Accounting Standards (IAS). Abgesehen davon sind
bei vielen Aktiengesellschaften, unabhängig von der Frage des Börsenplatzes, die Investoren und Finanzanalysten durch die Globalisierung der Kapitalmärkte international.
Um deren Informationserwartungen gerecht zu werden und eine Vergleichbarkeit von Konzernen zu ermöglichen, erwägen viele deutsche Aktiengesellschaften eine Bilanzierung nach IAS/US-GAAP bzw. haben diesen Schritt, wie z.B. der damalige Daimler-Benz-Konzern, die Deutsche Telekom oder die Allianz Group, bereits vollzogen.(2)
Der Konzernabschluss in Deutschland ist - unabhängig von der Anwendung von IAS / USGAAP - weder Steuer- noch Ausschüt-tungsbemessungsgrundlage, ihm kommt ausschließlich Informations-funktion zu.
[...]
_____
1 Vgl. Mujkanovic, R. (1999), S.999.
2 Vgl. KPMG (1999), S. XXIII.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Einführung
- Problemstellung und Abgrenzung
- Vorgehensweise
- Grundlegende Bemerkungen zu Produkten im deutschen Lebensversicherungsmarkt sowie aktuelle politische und wirtschaftliche Einflüsse
- Lebensversicherungsspezifische versicherungstechnische Rückstellungen eines deutschen Erstversicherungskonzerns nach HGB
- Grundlagen der Rechnungslegung nach HGB
- Rechnungsgrundlagen der Lebensversicherung
- Definition und Erfordernis von versicherungstechnischen Rückstellungen
- Beitragsübertrag
- Rechtliche Fixierung und Definition des Beitragsübertrags
- Besondere Behandlung von Kosten bzw. Zuschlägen
- Deckungsrückstellung
- Rechtliche Fixierung und Definition der Deckungsrückstellung
- Entstehung und Verlauf der Deckungsrückstellung
- Das Zillmerverfahren bei der Deckungsrückstellung
- Rückstellung für noch nicht abgewickelte Versicherungsfälle
- Rechtliche Fixierung und Definition der Rückstellung für noch nicht abgewickelte Versicherungsfälle
- Schadenrückstellung
- Spätschadenrückstellung - IBNR
- Rückstellung für Beitragsrückerstattungen (RfB)
- Entstehung und Verteilung der Überschüsse als Basis für die RfB
- Rechtliche Fixierung und Definition der RfB
- Sonstige versicherungstechnische Rückstellungen
- Versicherungstechnische Rückstellungen im Bereich der Lebensversicherung, soweit das Anlagerisiko von den Versicherungsnehmern getragen wird
- Lebensversicherungsspezifische versicherungstechnische Rückstellungen eines deutschen Erstversicherungskonzerns nach US-GAAP
- Grundlagen der Rechnungslegung nach US-GAAP
- Zweck der Rechnungslegung nach US-GAAP
- Grundsätze von US-GAAP
- Materiality-Konzept
- Income Concepts
- Versicherungsspezifische Regelungen und Rechnungsgrundlagen für Erstversicherungsunternehmen nach US-GAAP
- Übersicht und Abgrenzung der drei relevanten "Financial Accounting Standards"
- Rechnungsgrundlagen von SFAS 60
- Rechnungsgrundlagen von SFAS 97
- Rechnungsgrundlagen von SFAS 120
- Betrachtung der einzelnen versicherungstechnischen Rückstellungen in US-GAAP
- Beitragsübertrag (Unearned Premium)
- Deckungsrückstellung (Liability for future Policy benefits)
- Die Behandlung von Deferred Acquisition Costs (DAC)
- Rückstellung für noch nicht abgewickelte Versicherungsfälle (Liability for unpaid claims)
- Rückstellung für Beitragsrückerstattungen (Liability for policy holders share in accumulated participating earnings)
- Sonstige versicherungstechnische Rückstellungen (Other Policy liabilities)
- Versicherungstechnische Rückstellungen im Bereich der Lebensversicherung, wenn das Anlagerisiko von den Versicherungsnehmern getragen wird
- Grundlagen der Rechnungslegung nach US-GAAP
- Umbewertungs- und Umgliederungsdifferenzen von versicherungstechnischen Rückstellungen aus der Umstellung von HGB auf US-GAAP
- Zusammenfassung und Ausblick
- Anhang
- Literaturverzeichnis
- Gesetzesmaterialien
- Urteile
- Internet-Quellen
- Erklärung des Verfasseres gemäß 12 Abs. 5 PO
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Abschlussarbeit befasst sich mit der Bilanzierung lebensversicherungsspezifischer versicherungstechnischer Rückstellungen eines deutschen Erstversicherungskonzerns nach HGB und US-GAAP. Die Arbeit analysiert die Unterschiede in der Rechnungslegung nach beiden Systemen und untersucht, welche Auswirkungen diese Unterschiede auf die Bilanzierung und das Jahresergebnis des Konzerns haben.
- Die Arbeit analysiert die rechtlichen Grundlagen und die Definition der versicherungstechnischen Rückstellungen nach HGB und US-GAAP.
- Sie untersucht die verschiedenen Methoden zur Ermittlung der versicherungstechnischen Rückstellungen in beiden Systemen.
- Die Arbeit beleuchtet die Auswirkungen der Unterschiede in der Rechnungslegung auf die Bilanzierung und das Jahresergebnis.
- Sie analysiert die Umbewertungs- und Umgliederungsdifferenzen, die bei der Umstellung von HGB auf US-GAAP entstehen.
- Die Arbeit befasst sich mit den Vor- und Nachteilen beider Rechnungslegungssysteme und gibt einen Ausblick auf die zukünftige Entwicklung.
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 2 gibt einen Überblick über die wichtigsten Lebensversicherungsverträge, die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen auf dem deutschen Markt und die Bedeutung der Überschussbeteiligung.
Kapitel 3 erläutert die Grundlagen der Rechnungslegung nach HGB, die Merkmale der Lebensversicherung und die Definition der versicherungstechnischen Rückstellungen. Es werden die einzelnen Rückstellungen wie Beitragsübertrag, Deckungsrückstellung, Rückstellung für noch nicht abgewickelte Versicherungsfälle und Rückstellung für Beitragsrückerstattungen im Detail betrachtet.
Kapitel 4 untersucht die Grundlagen der Rechnungslegung nach US-GAAP und die Besonderheiten der Rechnungslegung für Erstversicherungsunternehmen. Es werden die relevanten Financial Accounting Standards (SFAS) vorgestellt und die einzelnen Rückstellungen im Hinblick auf die US-GAAP-Bilanzierung analysiert.
Kapitel 5 beleuchtet die Umbewertungs- und Umgliederungsdifferenzen, die bei der Umstellung von HGB auf US-GAAP entstehen können.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen Lebensversicherung, versicherungstechnische Rückstellungen, HGB, US-GAAP, Bilanzierung, Rechnungslegung, Deckungsrückstellung, Beitragsübertrag, Rückstellung für noch nicht abgewickelte Versicherungsfälle, Rückstellung für Beitragsrückerstattungen, Deferred Acquisition Costs (DAC), Materiality-Konzept, Income Concepts, SFAS 60, SFAS 97, SFAS 120, Umbewertungsdifferenzen, Umgliederungsdifferenzen, Konzernabschluss, internationales Rechnungslegungssystem.
- Arbeit zitieren
- Christian Guth (Autor:in), 2002, Lebensversicherungsspezifische versicherungstechnische Rückstellungen eines deutschen Erstversicherungskonzerns nach HGB und die Behandlung nach US-GAAP, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/2959
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