Die Erinnerungskultur an den Nationalsozialismus in Deutschland und die Shoah hat in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten verschiedene Etappen durchlaufen. Politik, Medien und Öffentlichkeit haben dabei über die Jahre äußerst unterschiedliche Strategien entwickelt mit der Vergangenheit umzugehen.
Auffällig dabei ist, dass trotz der mittlerweile recht breit gefächerten Diskussion die Frage nach Frauen als Täterinnen in der Erinnerungskultur zumeist nur eine untergeordnete Rolle spielt. In den geschichtswissenschaftlichen Betrachtungen wurden Frauen lange Zeit vor allem als unbeteiligte Zeitgenossinen oder Opfer des Nationalsozialismus behandelt. Erst mit dem Aufkommen der Frauenbewegung in den 1960er-Jahren begann die Auseinandersetzung mit der Rolle von Frauen im Nationalsozialismus. Hier wurde jedoch zunächst ein überwiegend positives Bild der Frauen im „Dritten Reich“ gezeichnet, da es primär darum ging „zwecks positiver weiblicher Identitätsstiftung emanzipierte Frauen in der Geschichte sichtbar zu machen“. Das heißt bei diesen Betrachtungen standen Frauen zunächst vor allem als Opfer des Nationalsozialismus und/oder als Widerstandskämpferinnen im Fokus der Betrachtungen.
Eine kritische Hinterfragung dieser positiven Frauenbilder erfolgte erst Ende der 1970er-Jahre, als Wissenschaftler/innen gezielt damit begannen auch die Frage nach der aktiven Beteiligung von Frauen an den Verbrechen des Nationalsozialismus zu stellen. In den folgenden Jahren und Jahrzehnten rückte zunehmend die Tatsache, dass auch Frauen als Täterinnen betrachtet werden können und müssen ins Bewusstsein der Wissenschaft. Die bis dahin vorherrschende Vorstellung, welche Frauen als Hausfrauen und Mütter oder als Opfer des Nationalsozialismus betrachtete, musste folglich revidiert werden.
Auch wenn es in der Zwischenzeit eine Vielzahl geschichtswissenschaftlicher Publikationen gibt, welche die Täterschaft von Frauen thematisieren, spielt die Thematik in der Erinnerungskultur und der öffentlichen Wahrnehmung bisher keine große Rolle. So schreibt etwa Kathrin Kompisch in ihrem Buch Täterinnen: „Diese Handlungsspielräume ganz normaler Frauen in der NS-Diktatur liegen für die Öffentlichkeit immer noch weitgehend im Dunkeln.“ Noch immer wird Schuld und Täterschaft primär mit männlichen Tätern assoziiert, während das Bild der passiven, unpolitischen Hausfrau und Mutter weiterexistiert.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Erinnern und Verdrängen
- Erinnerungskultur der beiden deutschen Staaten
- Gesamtdeutsche Erinnerungskultur nach 1989
- Täterinnen
- Verengung des Täter/innenkreises
- Nur Opfer und Zuschauerinnen?
- Wahrnehmung von Frauen in der Erinnerungskultur
- Fazit
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Rolle von Frauen in der Erinnerungskultur an den Nationalsozialismus. Sie untersucht, wie die Erinnerungskultur in Deutschland mit der Frage der weiblichen Täterschaft umgegangen ist und welche Strategien der Schuldabwehr dabei zum Einsatz kommen.
- Die Verengung des Täter/innenkreises in der Erinnerungskultur
- Die Wahrnehmung von Frauen als Opfer und Zuschauerinnen
- Die Rolle von Frauen in der öffentlichen Wahrnehmung und in Medienproduktionen
- Die Bedeutung von Strategien der Schuldabwehr in der Erinnerungskultur
- Die Relevanz der Auseinandersetzung mit weiblicher Täterschaft für die Aufarbeitung der Vergangenheit
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Problematik der weiblichen Täterschaft in der Erinnerungskultur an den Nationalsozialismus dar und erläutert die Relevanz der Thematik. Sie zeigt auf, dass die Frage nach Frauen als Täterinnen in der Erinnerungskultur lange Zeit eine untergeordnete Rolle spielte und erst mit dem Aufkommen der Frauenbewegung in den 1960er-Jahren verstärkt in den Fokus gerückt ist.
Das Kapitel "Erinnern und Verdrängen" befasst sich mit der Entwicklung der Erinnerungskultur an den Nationalsozialismus in Deutschland. Es analysiert die unterschiedlichen Strategien, die in den beiden deutschen Staaten nach dem Krieg verfolgt wurden, um mit der Vergangenheit umzugehen. Dabei wird deutlich, dass die Abgrenzung gegen den Nationalsozialismus als konstitutiv für die Staatsgründungen beider Staaten erachtet wurde.
Das Kapitel "Täterinnen" untersucht die Verengung des Täter/innenkreises in der Erinnerungskultur und die damit verbundene Wahrnehmung von Frauen als Opfer und Zuschauerinnen. Es analysiert die Gründe für die unzureichende Beschäftigung mit weiblicher Täterschaft und zeigt auf, dass diese Leerstelle der Erinnerungskultur in verschiedene Strategien der Schuldabwehr eingebettet ist.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Erinnerungskultur, den Nationalsozialismus, Frauen, Täterinnen, Opfer, Schuldabwehr, Verdrängung, Medien, Geschichte, Politik, Gesellschaft, Geschlechterrollen, Identität, feministische Geschichtsforschung.
- Citar trabajo
- Anónimo,, 2014, Frauenbilder in der Erinnerungskultur. Frauen als Täter im NS-Regime?, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/294826
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