1. Ausschnitte aus dem Leben Bonaventuras1
Bonaventura, der siebente Nachfolger des heiligen Franz, wird um das Jahr 1217 in Bagnoreggio bei Viterbo als Giovanni Fidanza geboren. Er wählt die Lebensweise des heiligen Franziskus, weil nicht Menschenklugheit, sondern Christus selber sie eingesetzt habe und tritt dem Orden der Franziskaner bei. Er habe sich dazu entschlossen aufgrund der Ähnlichkeit zwischen der Geschichte der Kirche und dem Orden des seraphischen Heiligen, die beide ursprünglich aus einfachen Menschen bestanden und bald auch gelehrte Menschen angezogen haben. Bonaventura studierte an der Universität von Paris, wo er später zusammen mit Thomas von Aquin als Professor der Theologie am Pariser Institut für arme Theologiestudierende lehrte. 1257 wird er aufgrund seiner Gelehrsamkeit zum Ordensgeneral der Franziskaner gewählt. Es ist die Zeit der inneren Spaltung des Ordens, bedingt durch die Frage, wie streng der Orden die von Franz von Assisi geforderte Verpflichtung zur Armut befolgen müsse. Es gelingt Bonaventura die Spaltung zu überwinden, was ihm den Ruf eines zweiten Stifters einträgt. [...]
Inhalt
1. Ausschnitte aus dem Leben Bonaventuras
2. Bonaventuras Schriften über das Leben des heiligen Franziskus
3. Boten Gottes und Verkünder einer neuen Heilszeit
3.1 Franziskus als praeco Dei
3.2 Franziskus als angelus ascendens ab ortu solis
4. Zeichen der Endzeit
4.1 Eschatologie
4.2 Eschatologie im Alten und Neuen Testament
4.3 Eschatologie in der Antike und im Mittelalter
5. Geschichtstheologie bei Bonaventura
5.1 Einfluss Joachims von Fiore
5.2 Was heißt Offenbarung?
6. Franziskus – exemplum und angelus
7. Literaturangaben:
7.1 Primärliteratur:
7.2 Sekundärliteratur:
1. Ausschnitte aus dem Leben Bonaventuras
Bonaventura, der siebente Nachfolger des heiligen Franz, wird um das Jahr 1217 in Bagnoreggio bei Viterbo als Giovanni Fidanza geboren. Er wählt die Lebensweise des heiligen Franziskus, weil nicht Menschenklugheit, sondern Christus selber sie eingesetzt habe und tritt dem Orden der Franziskaner bei. Er habe sich dazu entschlossen aufgrund der Ähnlichkeit zwischen der Geschichte der Kirche und dem Orden des seraphischen Heiligen, die beide ursprünglich aus einfachen Menschen bestanden und bald auch gelehrte Menschen angezogen haben. Bonaventura studierte an der Universität von Paris, wo er später zusammen mit Thomas von Aquin als Professor der Theologie am Pariser Institut für arme Theologiestudierende lehrte. 1257 wird er aufgrund seiner Gelehrsamkeit zum Ordensgeneral der Franziskaner gewählt. Es ist die Zeit der inneren Spaltung des Ordens, bedingt durch die Frage, wie streng der Orden die von Franz von Assisi geforderte Verpflichtung zur Armut befolgen müsse. Es gelingt Bonaventura die Spaltung zu überwinden, was ihm den Ruf eines zweiten Stifters einträgt[1].
Die eigentliche Ursache des Kampfes der Medikantenorden, der zwischen dem Weltklerus und den Orden der Dominikaner und Franziskaner von 1252 – 1272 ausgetragen wurde, war der neue Charakter ihrer Orden, der die bisherige kirchliche Ordnung durchbrach, die zwischen tätigem und beschaulichem Leben trennte. Bis dahin kannte die Kirche nur den Priesterstand, der zuständig für Predigt, Lehrtätigkeit und Sakramentenspendung war, und den Ordensstand, dessen Aufgaben in Kontemplation und Selbstheiligung lagen. Die Kirche hatte sich gegen jede Durchbrechung dieser Ordnung bis zu Papst Innozenz III. gewehrt. Innozenz III., der von 1198 bis 1216 lebte, erkannte jedoch die Gefahren, die für die Kirche hätten entstehen können, wenn die Kräfte dieser neuen Ordensbewegungen in Opposition zur Kirche geblieben wären. Er versuchte diese Bewegungen wieder in die Kirche zu integrieren, sofern diese die Glaubenslehren und das hierarchische Priestertum der Kirche anerkannten. Aus dieser Haltung wurde Innozenz zum Förderer des heiligen Franz. Auch Bonaventura kämpfte als Ordensgeneral überzeugt von der Richtigkeit seiner Lebensweise, aus den Worten Christi, in der Nachfolge Christi um die Anerkennung seines Ordens und dessen Grundlagen, die der vollkommene Verzicht und die Bettelarmut waren, die Bonaventura als erlaubt und erstrebenswert ansah. Denn Christus selber sei arm zur Welt gekommen, habe zeit seines Lebens in Armut gelebt, sei auch arm gestorben und habe auch seinen Jüngern Armut gelehrt.
Zu der Zeit als Bonaventura Ordensgeneral war, herrschten Spannungen auch in den eigenen Reihen aufgrund des Minderbruders Gerhard von Borgo San Donnino, der die Schriften Joachims von Fiore missdeutend, das Neue Testament durch diese Schriften abgelöst sah. Wie das Evangelium Christi die Gottesoffenbarung des Alten Testaments abgelöst habe, so würde das neue „Evangelium“ Joachims im Zeitalter des Geistes die Heilige Schrift ablösen. In diesem letzten Zeitalter vor der Wiederkunft Christi würden die Söhne des heiligen Franziskus die Apostel der reinen Geistkirche bilden. Gehard hat damit den Feinden des Franziskanischen Orden einen Grund für die Anklage geliefert, die Nachfolger des heiligen Franz seien wie andere Strömungen der Armutsbewegung der Irrlehre verfallen. Bonaventura hat sich und seinen Orden von solchen Lehren distanziert. Um seinen Orden besser verteidigen zu können, wohnte Bonaventura auch als Ordensgeneral nicht in Italien, sondern in Paris.
Bonaventura schuf für seinen Orden einen institutionellen Rahmen, den Franziskus vielleicht abgelehnt hätte. Doch die Verwirklichung der Ordensideale kann nicht unabhängig von ihrer geschichtlichen Situation geschehen. Je mehr die Brüderschar der Franziskaner wuchs, umso mehr musste Bonaventura sein persönliches Ideal zu einer einem Weltorden möglichen Lebensform verallgemeinern. Daher handelt es sich bei dem Prozess der Institutionalisierung des Ordens weniger um einen Abfall vom ursprünglichen franziskanischen Ideal als um einen Vorgang, den man bei allen Ordensgründungen beobachten kann. Bonaventuras Geschichtstheologie ist von daher auch interessant, weil sie seine Schritte in der Festlegung der Ordensregeln zu rechtfertigen versucht. Denn bei ihm gilt der „sechste Tag“ noch nicht als beendet, d.h. für ihn ist das siebente Zeitalter noch nicht angebrochen. Bonaventura versuchte in den Ordensregeln von der eschatologischen Lebensform zu retten, was möglich war. Doch der Orden befand sich in einer Krise und die radikale Lebensform war (noch) nicht durchzuhalten. Bonaventura erkannte, dass die Lebensform des Franziskus in dieser Welt noch nicht – auch nicht in der Institution, sondern nur im einzelnen existieren kann – als Durchbruch der Gnade. Bonaventura sah in Franziskus als Siegelengel eine apokalyptische Situation einbrechen (vgl. Offb7, Ruhe vor dem Sturm). Das endzeitliche Gottesvolk würde eine Gemeinschaft kontemplativer Menschen sein, in der die Lebensform des heiligen Franziskus zur allgemeinen werden könne. Aufgrund der Schuld der Mitglieder des Franziskanerordens könne dieser noch nicht als der wahre, letzte Orden gesehen werden. Aber die eschatologische Gemeinschaft würde eine franziskanische sein. Bonaventura gab dem Orden eine realisierbare Gestalt, damit er in dieser Welt möglich wurde. Institutionalisierung war daher nicht bloß eine Verwässerung der franziskanischen Lebensform.
Bonaventura starb 1274 in Lyon, 1482 wurde er von Papst Sixtus IV heilig gesprochen und 1588 von Papst Sixtus V zum Kirchenlehrer ernannt.
2. Bonaventuras Schriften über das Leben des heiligen Franziskus
Anerkannte (weil in Auftrag gegebene) Franziskus-Viten wurden von Thomas von Celano, Bruder Leo, Julian von Speyer und Bonaventura verfasst. Bonaventura bekam seinen Auftrag, für Tischlesung und Chorgebrauch ein wahrheitsgetreues Franziskusleben zu verfassen, 1260 beim Pfingstkapitel von Narbonne. Denn Celanos Franziskusbücher waren sehr ausführlich und enthielten zahlreiche Wiederholungen. Wer das Leben des Franziskus kennenlernen wollte, musste ein umfangreiches (dreibändiges) Werk lesen (da jeder Teil für sich unvollständig blieb). Deshalb wurde auf dem Generalkapitel zu Narbonne entschieden, Bonaventura um eine Neufassung der Franziskusviaten zu bitten, die dann als offizieller Text für den gesamten Orden dienen sollten. Obwohl Bonaventura Franziskus nicht mehr zu Lebzeiten kennengelernt hat, spricht man seiner zweifachen Lebensbeschreibung des heiligen Franziskus ein tiefes theologisches Verstehen zu. Bonaventuras Viten können sich wahrheitsgetreu nennen, weil er Kontakte zu den Gefährten des Franziskus gepflegt und auf seinen Italienreisen die im Leben Franziskus bedeutenden Stätten besucht hat.[2] Seine Legenda maior und Leganda minor versuchen die Handlungen und Worte des Heilige neu darzustellen. Der chronologische Ablauf wird vernachlässigt, weil es Bonaventura vor allem um das Ziel der Erbauung seiner Leser ging. Legenda bedeutet aber nicht, dass der Inhalt seiner Schriften gar nicht der Wirklichkeit entspräche, sondern meint im Sinne der lateinischen Sprache des Mittelalters zunächst nur, dass es sich um Bücher handelt, die zu verlesen sind. Bonaventuras Legenda maior war bei Tisch, seine minor beim kirchlichen Stundengebet als Lektionen der Mette während der Franziskusoktav zu verlesen. Das Pfingstkapitel von Pisa (1263) machte das zweifache Franziskusleben zur offiziellen Franziskusbiographie des Ordens, wodurch es vor jeder willkürlichen Veränderung geschützt war. Das Generalkapitel von 1266 ging noch weiter und erklärte diese Schriften Bonaventuras zum einzig zulässiges Franziskusleben. Später erkannte man, dass es noch mehr Berichte über Franziskus gab, die Bonaventura nicht gekannt hatte und es wurden Bonaventuras Werk Ergänzungen beigefügt.[3] Neben dem zweifachen Franziskusleben hat Bonaventura auch andere Schriften, Einzelberichte und Predigten auf Franziskus geschrieben[4], die aber in dieser Arbeit nicht näher besprochen werden. Nennenswert sind jedoch seine „Vorträge über das Sechstagewerk“, die neben sonst nirgends überlieferten Worten des Heiligen (Ein Armer könne eher freigebig sein als ein Reicher...) auch geschichtstheologische Hinweis beinhalten. In einem großartigen Aufriss vergleicht Bonaventura „die verschiedenen Stände in der Kirche mit der himmlischen Hierarchie; dabei entsprechen drei Orden (...) den drei höchsten Engelchören. Während er [Bonaventura] in dieser Darlegung den Dominikaner- und Franziskanerorden jener Ordnung zuweist, die der Rangordnung der Cherubim entspricht (...), zählt er Franziskus zu der höchsten, der seraphischen Rangstufe, die ganz für Gott lebt und sich in der Ekstase zu ihm erhebt.“ Von daher muss auch die eschatologische Stellung des heiligen Franziskus verstanden werden, auf die auch Predigten Bonaventuras Bezug nehmen: Anhand des Schriftwortes „Ich will dich annehmen (...), du mein Knecht und dich zum Siegel machen; denn ich habe dich erwählt“ (Apg2,24) wird versucht den Gehorsam, die sichtbare Heiligkeit und die göttliche Auserwählung des Heiligen zu erläutern und in der Stigmatisation, die Franziskus als „den Engel des sechsten Siegels“ zeige, seine Heiligkeit vor aller Welt zu begründen.[5] Eine Predigt, die auf ein anderes Bibelzitat baut („Hierauf wird das Zeichen des Menschensohnes am Himmel erscheinen“, Mt24,30), erklärt Franziskus zum „Engel, der vom Aufgang der Sonne heraufkommt und das Siegel des lebendigen Gottes trägt“[6] und setzt es in Verbindung mit der Vision des Mannes bei Ezechiel, der das Tau-Zeichen auf die Stirn der Männer drückt (was Bonaventura bereits in seiner Legenda maior geschrieben hat.[7] ) An dieser Stelle soll ein kleiner Exkurs den Begriff Engel erläutern und auf zwei Linien der Franziskustheologie hinweisen.
[...]
[1] Vgl. Clasen, S. 20-128.
[2] Vgl. Clasen, S. 39-53.
[3] Vgl. Clasen, S. 135-142
[4] Vgl. Clasen, S. 143-162.
[5] Vgl. Clasen, S. 151-153.
[6] Clasen, S. 252 (Vgl. Offb7,2; Ez9,4)
[7] Legenda maior, S.
- Citar trabajo
- Renate Enderlin (Autor), 2003, Franziskus als Zeichen der Endzeit in Bonaventuras Schriften, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/29414
-
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X.